Einseitige Spekulation auf steigende Preise

Grüß euch,

bei einer Finanzwette muss es wie bei jeder Wette Gewinner und Verlierer geben. Wenn nun aber beispielsweise eine überwiegende Mehrheit auf steigende Preise (Kurse) setzt und nur eine Minderheit auf fallende, kommen dann diese Wetten gar nicht zustande? Es wird immer wieder behauptet, dass die Mehrzahl der Spekulanten auf steigende Nahrungsmittelpreise setzt, aber wie soll das gehen, wenn nicht eine gleiche Anzahl (im Wert) auf fallende Preise setzt?

Danke

Martin

Hallo,

bei einer Finanzwette muss es wie bei jeder Wette Gewinner und
Verlierer geben.

nichtzwangsläufig bzw. es kann sein, daß der Verlierer gar nicht weiß, wer der korrespondierende Gewinner 5 Derivate und 2 Makrohedges weiter am anderen Ende der Welt in einer ganz anderen Branche sitzt.

Wenn zwei Leute auf den Ausgang eines Fußballspieles wetten, gibt es einen Gewinner und einen Verlierer. Das ist offensichtlich und nachvollziehbar. Bei einem Future auf eine Aktie gibt es einen Gewinner und einen Verlierer bzw. einen, der weniger Gewinn hat als vorher. Schon etwas unübersichtlicher. Wenn ein Kreditinstitut einem Kunden kostenneutral sowohl zukünftige Rohstoffeinkäufe im Dollar absichert als auch seine Sollzinsen auf einen bestimmten Zinssatz begrenzt, dann kann so ein Geschäft aus hunderten von Einzelgeschäften bestehen, die ihrerseits von den Kontrahenten irgendwie abgesichert werden. Sehr unübersichtlich.

Bei den Nahrungsmitteln ist es aber wieder ganz einfach: jemand kauft per Termin 100 Tonnen Schweinehälften und spekuliert darauf, daß er die Schweinehälften in sechs Monaten (bei Auslieferung) teurer verkaufen kann. Wenn immer mehr auf steigende Preise spekulieren, steigen aufgrund der Nachfrage die Preise. Gibt es da Verlierer? Höchstens denjenigen, der am Ende im Supermarkt bezahlt.

Natürlich gibt es auch die Möglichkeit, auf bestimmte Nahrungsmittel zu spekulieren wie auf Währungen oder Aktien aber wenn ich mich recht entsinne, spielt der Terminmarkt mit Auslieferung der Ware immer noch die größere Rolle.

Im übrigen ist nicht jede (sogenannte) Spekulation moralisch fragwürdig. Nicht zuletzt aufgrund der Veränderungen bei den Subventionen bei der EU führen dazu, daß es sehr oft die Landwirte (oder Kooperationen) sind, die mit den gängigen Instrumenten versuchen, sich gegen Marktpreisschwankungen abzusichern.

Gruß
C.

Hallo,
ich kenne einen Landwirt, der ganz bewusst seinen Weizen nicht verkauft sondern lagert, wenn am Markt gerade ein Überangebot wegen weltweit guter Ernteerträge vorherrscht und dann in Zeiten schlechter Ernten (wie aktuell) verkauft.
Er meint, dass würde sich für ihn immer lohnen. Und das alles ohne Derivate und Terminbörsen.
Ist das die berühmte Bauernschläue?? :wink:
Gruß vom Money-Schorsch

Hallo,

ich kenne einen Landwirt, der ganz bewusst seinen Weizen nicht verkauft sondern lagert, wenn am Markt gerade ein Überangebot wegen weltweit guter Ernteerträge vorherrscht und dann in Zeiten schlechter Ernten (wie aktuell) verkauft.

Und der kann selbst immer auch ganz bewusst im Vorraus festlegen wieviel er selbst ernten wird und wieviel die anderen ernten? Und was kostet die Lagerung?

Er meint, dass würde sich für ihn immer lohnen. Und das alles ohne Derivate und Terminbörsen.
Ist das die berühmte Bauernschläue?? :wink:

Ein bißchen davon und sicher auch eine Portion von den Bauern mit den größten Kartoffeln. Dabei ist noch nicht beantwortet, ob er für sich alle Kosten berücksichtigt hat. Möglicherweise hätte der Anbau anderer Produkte noch mehr gebracht. Daneben ist ja nie sicher, ob es jedes Jahr klappt.

Grüße

Hallo

Und der kann selbst immer auch ganz bewusst im Vorraus
festlegen wieviel er selbst ernten wird und wieviel die
anderen ernten?

Na ja, ich schrieb ja über einen Landwirt und nicht über den lieben Gott. Die Entscheidung fällt natürlich zum Erntezeitpunkt. Da weiss er dann schon, wie die Ernte auf dem Rest der nördlichen Erdhalbkugel ausfällt.

Und was kostet die Lagerung?

Ich kann Dir das nicht sagen, der Landwirt weiss es allerdings ganz genau.

Ein bißchen davon und sicher auch eine Portion von den Bauern
mit den größten Kartoffeln.

Das ist jetzt vielleicht ein bißchen viel Klischee, oder?

Dabei ist noch nicht beantwortet,
ob er für sich alle Kosten berücksichtigt hat. Möglicherweise
hätte der Anbau anderer Produkte noch mehr gebracht.

Die Entscheidung was angebaut wird fällt natürlich zu einem anderen Zeitpunkt und hat mit der Frage wann die Ernte verkauft wird mal gar nichts zu tun.

Daneben ist ja nie sicher, ob es jedes Jahr klappt.

Und was willst Du damit eigentlich sagen, außer dass Deine Meinung über das unternehmerische Geschick von Landwirten im Allgemeinen nicht sehr hoch ist…?

Gruß vom Money-Schorsch

Danke für die Ausführungen (owT)
Danke für die Ausführungen,

beste Grüße

Martin

Risikomanagement bei Landwirten
Hallo,

Er meint, dass würde sich für ihn immer lohnen. Und das alles
ohne Derivate und Terminbörsen.
Ist das die berühmte Bauernschläue?? :wink:

nein, das ist Spekulation, deren Risiko allenfalls durch Erfahrung ein wenig gemildert wird. Während der Lagerung fallen Opportunitäts- bzw. Finanzierungskosten an und ein Teil des Getreides verrottet. Diese beiden (mit dem Zeitablauf steigenden) Aufwendungen bzw. Kosten müssen durch die zukünftig (hoffentlich) höheren Preise ausgeglichen werden. Ein ziemlich risikoreiches Spiel und eine Herausforderung für jeden Kreditgeber und nicht die einzige Besonderheit, die Kreditgeber von landwirtschaftlichen Betrieben in die pure Verzweiflung treiben kann.

Gerade weil in der Landwirtschaft so vieles von der Natur (Wetter bzw. einzelne Wetterereignisse, Schädlingsbefall und Krankheiten an der stehenden Frucht bzw. gelagerten Ernte, Wildschäden usw.) abhängt, sind Rechnungslegung und Ertragsplanung eher Glückssache.

Sowohl für den Landwirt (bzw. Kooperationen) als auch dessen Kreditgeber ist es daher überaus sinnvoll, zumindest einen Teil der erwarteten Ernte über Termingeschäfte abzusichern. Wer dazu noch mit Wetterderivaten hantiert, hat gute Chancen, daß sein persönlicher Bankmensch beim nächsten Kreditwunsch nicht weinend zusammenbricht, während er eine Zwischenbilanz zum 30.06. studiert, deren Aktivseite zu fröhlichen 80% aus stehender Frucht besteht.

Gruß
C.

Hallo,

Na ja, ich schrieb ja über einen Landwirt und nicht über den lieben Gott. Die Entscheidung fällt natürlich zum Erntezeitpunkt. Da weiss er dann schon, wie die Ernte auf dem Rest der nördlichen Erdhalbkugel ausfällt.

O.K. Dann beginnt die Spekulation aber schon an dem Zeitpunkt, wo er sich entscheidet überhaupt Weizen anzubauen. Und wenn dann dummerweise Mäuse, Trockenheit, Kälte, Hitze was weiß ich die Ernte vernichten hat er wahrscheinlich nichts zum sofort verkaufen oder lagern.

Und was kostet die Lagerung?

Ich kann Dir das nicht sagen, der Landwirt weiss es allerdings ganz genau.

Ich kenne Landwirte, die noch nichts von Opportunitätskosten gehört haben und die ihren Hof geerbt haben und deswegen meinen, dass ihre Gebäude usw. nichts kosten. Aber grundsätzlich ist dieses beschriebene Vorgehen nicht neu. Irgendwer hat das wohl mal bei Schweinen erkannt und das dann Schweinezyklus genannt.
Dieser eine landwirt kann das eben machen. Andere bauen ihren Weizen an, um Tiere zu füttern oder müssen verkaufen, weil sie laufende Ausgaben für Personal, Kredite, sich selbst und ihre Familie haben.

Das ist jetzt vielleicht ein bißchen viel Klischee, oder?

Ich hatte es ja im Konjunktiv formuliert und meine damit vor allem die Spekulation zum Zeitpunkt der Aussaat. Da gehört auch etwas Glück dazu, dass am Ende soviel geerntet wird, dass man am Ende auch damit spekulieren kann.

Dabei ist noch nicht beantwortet,
ob er für sich alle Kosten berücksichtigt hat. Möglicherweise
hätte der Anbau anderer Produkte noch mehr gebracht.

Die Entscheidung was angebaut wird fällt natürlich zu einem
anderen Zeitpunkt und hat mit der Frage wann die Ernte
verkauft wird mal gar nichts zu tun.

Naja, aber ganz von der Frage, ob etwas geerntet wird, kann es auch nicht getrennt werden

Daneben ist ja nie sicher, ob es jedes Jahr klappt.

Und was willst Du damit eigentlich sagen, außer dass Deine Meinung über das unternehmerische Geschick von Landwirten im Allgemeinen nicht sehr hoch ist…?

Ich will damit sagen, dass es jedes Jahr Landwirte gibt, die 100% Ernteausfall zu verzeichnen haben. Daneben noch eine Reihe, die eben irgendwo zwischen 0 und 100 liegen. Und selbstverständlich auch solche, die eine Rekordernte einfahren. Manchmal liegen die mit den 100% Ausfall und die mit der Rekordernte nur wenige Kilometer auseinander.
Und wer dann seine Entscheidungen darauf aufbaut, dass es die letzten Jahre geklappt hat und die nächsten Jahre deswegen auch klappen müsse, hat eben Glück, wenn es wieder klappt. Mit Cleverness hat das nichts zu tun.
Daneben sind Landwirte natürlich heutzutage nicht blöd und immer mehr haben auch studiert. Aber es gibt eben auch die anderen, die gar nicht merken, dass sie ihr Land und sonstigen Ressourcen vielleicht besser einsetzen könnten.
Und im Moment ist die Lage wohl so, dass es einfacher ist keine Verluste zu machen. Könnte auch ein Faktor sein und es gibt keine Garantie, dass das so bleibt.
Wir werden das hier aber auch in dem speziellen Fall nicht klären können und gehen einfach davon aus, dass Weizen in dieser Lage, dass Beste ist und sie auch vor jeglichen Wetterunbilden geschützt ist.

Grüße

Hallo,

die Entscheidung was angebaut wird hängt von verschiedenen Faktoren ab und ist in gewissen Grenzen natürlich spekulativ.
Es spielt aber z.B. auch ein Rolle, was in den Vorjahren angebaut wurde und wie die Preise für Saatgut liegen.
Jedes Jahr Weizen führt irgendwann zu schlechter Ernte oder extremen Kosten für Dünger. Der Boden muss sich immer erstmal „erholen“.

Auch die Hoffnung auf einen Ernteertrag kann natürlich grundsätzlich als Spekulation betrachtet werden. So gesehen spekuliert aber jeder Unternehmer darauf, Geschäfte zu machen. Und jeder Arbeitnehmer darauf, seinen Job zu behalten.
Das hat wohl wenig mit denjenigen zu tun, die über Derivate in diesen Märkten agieren, ohne irgendwie mit dem Rohstoff an sich etwas zu tun zu haben.

Das mit dem Weizen war natürlich nur ein Beispiel. Es hätten auch andere Getreidesorten sein können … .

Gruß vom Money-Schorsch

Hallo,

die Entscheidung was angebaut wird hängt von verschiedenen Faktoren ab und ist in gewissen Grenzen natürlich spekulativ.

So ist es.

Es spielt aber z.B. auch ein Rolle, was in den Vorjahren angebaut wurde und wie die Preise für Saatgut liegen.
Jedes Jahr Weizen führt irgendwann zu schlechter Ernte oder extremen Kosten für Dünger. Der Boden muss sich immer erstmal „erholen“.

Na genau dafür studieren die ja auch.

Auch die Hoffnung auf einen Ernteertrag kann natürlich grundsätzlich als Spekulation betrachtet werden.

Ja, das wäre nur ein anderer Begriff. Der Unterschied ist, dass der eine davon negativ belegt ist. Würde man einer Gemeinde die eine Feuerwehr unterhält, Spekulation vorwerfen?

So gesehen spekuliert aber jeder Unternehmer darauf, Geschäfte zu machen.

So ist es. Es gibt keine Garantien.

Und jeder Arbeitnehmer darauf, seinen Job zu behalten.

Die Spekulation/Hoffung fängt schon in der Schule und der Wahl des Studiengangs bzw. des Ausbildungsberufes und dann der Wahl des Arbeitgebers an.

Das hat wohl wenig mit denjenigen zu tun, die über Derivate in diesen Märkten agieren, ohne irgendwie mit dem Rohstoff an sich etwas zu tun zu haben.

Doch es ist das Gleiche. Es wird nur anderes bezeichnet. Einen Lottospieler kann man als Glückspieler, hoffnungslosen Irren oder Spekulanten bezeichnen.
Und da es Landwirte gibt, die in einem halben Jahr eine Millionen Euro für die nächste Rate brauchen, aber nicht darauf vertrauen/hoffen/spekulieren wollen, dass genau dann der „richtige“ Preis am Markt zu erzielen ist, sichern sie sich mit solchen Geschäften ab. Das funktioniert nur, wenn auf der anderen Seite jemand darauf eingeht. Und das werden Produzenten/Händler sein, die ihrerseits nicht darauf angewiesen sein wollen zu jedem beliebigen Preis kaufen zu müssen. Oder jeder andere, der eben meint, dass zu diesem Zeitpunkt die Nahcfrage über dem Angebot liegen und somit eine Gewinn realisiert werden kann. Solche Spekulationen können also nie dauerhaft die realen Preise erhöhen, wenn dies nicht die Nachfrage/Angebotssituation hergibt. Aber es ist natürlich dann bequemer auf Spekulanten zu schimpfen anstatt einfach die Realität anzuerkennen, dass die Nachfrage über dem Angebot liegt.

Das mit dem Weizen war natürlich nur ein Beispiel. Es hätten auch andere Getreidesorten sein können … .

Ist mir schon klar. Und alle sind von Verderb auf dem Acker oder der Lagerung bedroht und niemand weiß vorher genau, wie sich, die Preise entwickeln. Da hofft man vielleicht drauf oder spekuliert.

Grüße