Eisbrecherfragen in einem Experteninterview

Hallo liebe Mitglieder,

ich stehe momentan vor einem kleinen Problem… der empirische Anteil meiner Diplomarbeit soll durch div. Experteninterviews dargestellt werden.

Kurze Info zu meiner Arbeit:
Das Thema bewegt sich in den Wirtschaftswissenschaften. Trotzdem schreibe ich in dieses Forum, da ich Hoffungen habe ein paar Tipps von Sozialwissenschaftlern zu erhalten, die mit den Forschungsmethodiken evtl. vertrauter sind, als ich es bin.

Die Experten, die ich befragen möchte, sind Personen mit hohen Rängen in der Wirtschaft. Folglich ist der Fragebogen sehr spezifisch und zielt darauf ab die notwendige Expertise dieser Experten für die Diplomarbeit aufzunehmen. Nun sagte mir mein Prof. ich sollte auf jeden Fall mit einer „Eisbrecherfrage“ beginnen… Da er selten Zeit hat, stehe ich nun alleine vor dem Problem, wie ich eine solche Frage denn aufziehen könnte. Eigentlich wehre ich mich ganz stark gegen so eine Eisbrecherfrage in meinem Fall. Laut meinem Verständnis sollte eine Eisbrecherfrage gar nichts mit dem Thema zu tun haben…?! Ist das richtig so? Ich stelle es mir sehr peinlich vor einen Menschen, der sich extra die Zeit für mich nimmt, mit einer belanglosen Frage zu konfrontieren! Diese würde es vermutlich als Verschwendung seiner kostbaren Zeit ansehen und das ganze reflektiert als Inkompetenz auf meine Person…

Kann mir hier jemand irgendeinen Tipp geben oder evtl. ein Buch empfehlen, in dem das Thema Eisbrechfrage in mehr als zwei Absätzen abgehandelt wird?

Viele Grüße

Schokolina

Hallo,

warum nicht ein paar einleitende aber nicht sachfremde Fragen bereithalten und dem Gesprächspartner anbieten, diese als nicht so dringlich zu überspringen?
Aber einen Kotzkübel würde ich auf jeden Fall anbieten.

Gruß

Marzeppa

Hallo!

meiner Diplomarbeit

Laut meinem Verständnis sollte
eine Eisbrecherfrage gar nichts mit dem Thema zu tun
haben…?! Ist das richtig so?

Das ist nur bedingt richtig.
Die Funktion einer Eisbrecherfrage ist eben die, das Eis zu brechen, sprich: eine Art soziale Beziehung zwischen Interviewer und Interviewtem herzustellen, die dazu beiträgt, dass das Interview gut funktioniert. Nicht mehr und nicht weniger.

Es ist keineswegs eine eherne Regel, dass eine Eisbrecherfrage völlig themenfremd sein muss. Sie sollen halt den Interviewten quasi ganz sanft in die Interviewsituation hineinführen, indem sie ein für ihn interessantes Thema ansprechen und ein paar schnelle Antworten zulassen. Dafür müssen sie nicht zwingend themenfremd sein (find ich sogar eher unsinnig), aber halt eher unverbindlich, locker, plaudernd, und nicht gleich was heikles oder hochdifferenziertes zu Beginn abverlangen.
Das ist eigentlich schon alles. Gesprächseinleitung halt.

Warum dein Prof. allerdings gerade bei Interviews mit einer Klientel, die mit der Interviewsituation sowieso gut vertraut sein dürfte, unbedingt auf solche Einleitungsfragen pocht, dürfte sein Geheimnis bleiben.
Dein Einwand, den du hier formulierst, scheint mir jedenfalls korrekt, und ich würde den auf jeden Fall auch in der Arbeit anführen als Begründung, weshalb du eher sparsam damit umgegangen bist oder dergleichen.

Ich stelle es mir sehr peinlich
vor einen Menschen, der sich extra die Zeit für mich nimmt,
mit einer belanglosen Frage zu konfrontieren! Diese würde es
vermutlich als Verschwendung seiner kostbaren Zeit ansehen und
das ganze reflektiert als Inkompetenz auf meine Person…

Ach was, auch so ein Mr. Wichtig hat einen Sinn dafür, dass man ein Gespräch kurz einleitet und nicht mit der Tür ins Haus fällt.

Vielleicht verstehst du das mit der „Eisbrecherfrage“ aber auch einfach falsch. Die soll schon auch für den Interviewten als lockerer Konversationsbeginn erkennbar sein, und nicht als ein Apparat von sinnlosen Fragen auf ihn wirken, die dem eigentlichen Interview vorgeschaltet werden, nur weil die Interviewerin meint, dass der Prof. das so will … :wink:

_ ℂ Λ ℕ Ð I Ð € _

Moin,

Die Experten, die ich befragen möchte, sind Personen mit hohen Rängen in der Wirtschaft.

Kann mir hier jemand irgendeinen Tipp geben oder evtl. ein
Buch empfehlen, in dem das Thema Eisbrechfrage in mehr als
zwei Absätzen abgehandelt wird?

Diese Personen sind es gewohnt interviewt zu werden und haben sicher auch schon etliche Eisbrecherfragen über sich ergehen lassen müssen. Und glaub mir sicher auch solche, die in diesen Bücher zum Besten gegeben werden.
Die Reaktion auf solcherart ‚originelle‘ Fragen wird günstigstenfalls Belustigung sein, viel eher aber (gähnende) Langeweile oder gar Abneigung/Ablehnung (oh je, nicht schon wieder!).
Vertraue einfach Deiner eigenen Spontanität und Kreativität, Du wirst Dich wundern, was da alles geht.
Und auch Dein Gegenüber wird es merken.
Er/Sie wird augenblicklich merken, daß Du Anfängerin bist, aber wenn Du einigermaßen originell rüberkommst, merken sie es auch.
Das bricht das Eis am ehesten.

Gandalf

Meines Wissens gibt es keine Forschungsliteratur, die sich mit „Eisbrecherfragen“ im Interview befasst. Ich finde die Grundannahme auch schon schädlich, nämlich die, dass das Eis gebrochen werden müsse um ein Interview führen zu können, bzw. dass überhaupt Eis vorhanden ist. Und passiert während des Interviews? Welche Fehler können da gemacht werden, die zum vorzeitigen Abbruch oder auch zu Antworten von sozaler Erwünschtheit führen?

Seriöse Foschungsliteratur geht sehr kritisch mit Allgemeinplätzen um. Die „Eisbrecherfrage“ gibt es nicht.

Es gibt aber folgende Artikel, die für die Anlage des Interviews herangezogen werden können:

„Experteninterview“ von Liebold, Trinczek in „Handbuch Methoden der Organisationsforschung“

„Qualitative Interviews“ von Christel Hopf in „Qualitative Forschung“

Davon abgesehen empfehle ich:
Respekt (Den Interviewpartner und seine Arbeit befragen, aber nicht in Frage stellen. Das machen nur Journalisten, aber keine Wissenschaftler.)
unaufdringliches „Anwärmen“ vor Beginn des Interviews
Klare Information über Nutzen und den Ablauf des Interviews und ggf. Information über Einsatz von Technik und Auswertung.
Klares Startsignal setzen: „Können wir jetzt mit dem Interview beginnen…?“
Für störungsfreien Ablauf sorgen.
Klares Ende setzen: „Vielen Dank für Ihre Unterstützung!“