Die neue Elternzeit, die auch dazu beitragen soll, dass Väter
ihren Anteil an der frühen Erziehung wahrnehmen können und
sollen, scheint ja noch nicht wirklich umfassend genutzt zu
werden.
Ich habe den Eindruck, dass viele sich noch scheuen, aus Angst
in die „Weichei“ -Ecke gestellt zu werden.
Mir ist noch nicht untergekommen, dass sich jemand diesen Gedanken so gemacht hätte.
Ich kann mir allerdings vorstellen, dass dieser Gedanke - anders formuliert - durchaus ein Gesichtspunkt sein kann: Kindererziehung ist nun einmal ein „Zeitvertreib“, dem unsere Gesellschaft bedauerlicherweise weitgehend die Wertschätzung verweigert. Sie erfordert keine besondere (Aus-)Bildung und ist keine „Leistung“, die zu gesellschaftlicher Anerkennung führt. Mit anderen Worten: Kindererziehung generiert keinen gesellschaftlichen oder sozialen „Status“. Wer (überspitzt formuliert) gewohnt ist, täglich Unternehmensentscheidungen zu treffen, deren Erfolg oder Mißerfolg sich in Euro in der Gewinn- und Verlustrechnung ablesen läßt und - im Erfolgsfall - entsprechend honoriert und anerkannt wird, wird sich womöglich - wenn er nicht mit dem nötigen Selbstwertgefühl ausgestattet ist - schwer damit tun, auf eine „statusfreie“ Tätigkeit wie Kindererziehung umzusteigen.
Außerdem habe ich im Bekanntenkreis ganz konkret den Fall,
dass ein Vater gerne Elternzeit nehmen würde aber auf Anfrage
bei seinem Arbeitgeber knallhart die Antwort bekam, dass er
sich dann schon mal einen neuen Job suchen dürfe
Das habe ich - wenn auch nicht in dieser scharfen Form - ebenfalls erlebt. Viele, auch und gerade große, Beratungsunternehmen etwa knüpfen die Möglichkeit, zum Partner aufzusteigen und am Unternehmensertrag unmittelbar teilzuhaben, an die Erzielung eines bestimmten Mindestumsatzes, der aus dem persönlichen Kundenstamm erbracht werden muß. In der Regel sind diese Umsatzerwartungen so beschaffen, dass sie mit einer Ausfallzeit von zwei oder mehr Monaten im Jahr nicht zu realisieren sind. Mein erster Arbeitgeber (der heute nicht mehr existiert) signalisierte dementsprechend: ‚Familienfreundliche Teilzeitlösungen? Kein Problem. Aber Partnerschaft ist dann nicht mehr…‘ Und wenn das Unternehmen dann außerdem nach dem Prinzip „up or out“ verfährt, ist die Idee mit der Erziehungspause ganz fix wieder vom Tisch - es sei denn, man ist bereit, sich einen anderen Job zu suchen, was ja heutzutage bekanntlich nicht ganz risikofrei ist.
Schließlich kann das aber auch kann handfeste finanzielle Gründe haben. Denn noch immer gibt es Familien, in denen der Mann der einzige erwerbstägige oder zumindest der wesentlich besser bezahlte Teil ist. Hat man seinen Lebensstil auf diesen Verdienst eingerichtet, dann kann man auf diese Einnahmequelle nicht einfach verzichten. Daran ändern dann auch die max. 1500 EUR Elterngeld nichts, da sie die Einbuße nicht ausgleichen können. Das gilt vor allem dann, wenn das Gehalt benötigt wird, um z.B. ein Haus abzuzahlen.
Gerade vor dem Hintergrund der beiden letzten Punkte halte ich den Versuch, Väter geradezu in die Elternzeit zu zwingen, indem die beiden Extramonate Elterngeld nur gewährt werden, wenn auch der Vater eine Auszeit nimmt, für lebensfremden Blödsinn. Aus der Lebensgestaltung der Familien und ihrer internen Aufgabenverteilung hat der Staat sich rauszuhalten.