Emanzipation bei Vätern

Die neue Elternzeit, die auch dazu beitragen soll, dass Väter ihren Anteil an der frühen Erziehung wahrnehmen können und sollen, scheint ja noch nicht wirklich umfassend genutzt zu werden.
Ich habe den Eindruck, dass viele sich noch scheuen, aus Angst in die „Weichei“ -Ecke gestellt zu werden.
Außerdem habe ich im Bekanntenkreis ganz konkret den Fall, dass ein Vater gerne Elternzeit nehmen würde aber auf Anfrage bei seinem Arbeitgeber knallhart die Antwort bekam, dass er sich dann schon mal einen neuen Job suchen dürfe …(es handelt sich nicht um ein Kleinunternehmen sondern eine weltweit agierende große Firma)

Wie sind denn Eure Erfahrungen/Meinungen so?

Viele Grüße
Alexa

Hallo,
meine Erfahrungen bezieht sich auf den ÖD: bei uns nehmen immer mehr Väter Elternzeit und ich finde es auch insofern gut, als dass es nun eben nicht mehr geschlechtsspezifisch ist, wer wegen Elternzeit mal „ausfällt“.
Was die „Emanzipation“ betrifft, so denke ich aber, dass nicht unbedingt die Elternzeit das allein ausmacht. Obwohl mein Mann bei unseren Kindern keine Elternzeit hatte, ist er trotzdem als Vater völlig gleichberechtigt, was Kindererziehung und Haushalt angeht. Er bleibt auch zu Hause, wenn das Kind krank ist oder betreut es ohne Probleme, während ich auf Dienstreise bin.

Beatrix

Was die „Emanzipation“ betrifft, so denke ich aber, dass nicht
unbedingt die Elternzeit das allein ausmacht. Obwohl mein Mann
bei unseren Kindern keine Elternzeit hatte, ist er trotzdem
als Vater völlig gleichberechtigt, was Kindererziehung und
Haushalt angeht. Er bleibt auch zu Hause, wenn das Kind krank
ist oder betreut es ohne Probleme, während ich auf Dienstreise
bin.

Beatrix

Da hast du völlig Recht, geht aber am Thread vorbei …

Hallo erstmal,

was erwartest Du? Veränderung braucht Zeit, und nur weil es ein neues Gesetz und einen kleinen finanziellen Anreiz gibt, ändert sich nicht eine über Generationen eingefahrene Struktur von heute auf morgen. Und man muss auch ganz realistisch sein, dass man zumindest auf absehbare Zeit hin sicherlich keine 50%-Quite erreichen kann und wird.

Aber was sich schon in der kurzen Zeit bewegt hat, ist doch durchaus ermutigend. Bei uns im Unternehmen gibt es die ersten Fälle, und die werden auch nicht komisch angesehen. Und da ich oft in Projekten bei unseren Kunden arbeite, sehe ich auch da, wie sich in Großkonzernen Dinge bewegen.

Ganz unabhängig von der neuen Gesetzeslage war ich vor ein paar Jahren mal auf einer Zertifizierungsveranstaltung „Familienfreundliche Unternehmen“ der Hertie-Stiftung, und das werden von Jahr zu Jahr mehr Unternehmer, die begriffen haben, dass die Leute nicht nur Geld und einen sicheren Arbeitsplatz haben wollen, sondern dass sie auch Beruf und Familie unter einen Hut bekommen wollen. Dies hat aber viel mehr Aspekte als die Frage, wieviel Väter im Vergleich zu Müttern für die Kinder mal aussetzen.

Ganz wichtig finde ich zudem, dass die offiziellen Zahlen insoweit „lügen“ als sich nur die aktenkundigen Fälle belegen. Es gibt aber außerhalb dieser Statistik gerade im Bereich der Freiberufler und Selbständigen viele Fälle, die anders gelöst werden. Ich bin damals auch für ein paar Jahre aus einem Unternehmen raus und in die Freiberuflichkeit gewechselt, weil ich dort Umfang und Art meiner Arbeitsweise besser mit dem Familienzuwachs in Einklang bringen konnte. Und das ging dann eben mit mal 0% mal 100%, je nachdem wie es bei meiner Frau passte, und hatte nicht mit dem zu tun, was Vater Staat sich so vorstellte.

Gruß vom Wiz

Hallo,

Ich habe den Eindruck, dass viele sich noch scheuen, aus Angst
in die „Weichei“ -Ecke gestellt zu werden.

Noch geschieht das, aber allmählich läßt dieses Vorurteil nach, wird seltener. Heutzutage scheuen sich viele Väter nicht mehr einen Kinderwagen zu schieben, oder ihr Baby in einer Art Rucksack vor dem Bauch zu tragen und das finde ich wunderbar. Früher wären sie ausgelacht oder lächerlich gemacht worden - da hat sich einiges geändert.

Die Elernzeit, auch für den Vater halte ich für wichtig, weil viele Männer (wie inzwischen auch immer mehr Frauen) Wochenarbeitszeiten hinlegen müssen, die sie früh Morgens aus dem Haus treiben und Abends kommen sie erst zurück, wenn die Kinder schon schlafen. Kommen dann noch zahlreiche Geschäftsreisen dazu, sehen die Kinder ihren Vater auch am Wochenende nur selten. Für die Kinder ist das bestimmt nicht schön. In meiner Familie gibt es derzeit einen so extremen Fall. Die Mutter ist ebenfalls berufstätig, und die Kinder haben öfter Oma und Opa, aber auch ständig fremde und wechselnde Betreuungspersonen. Auf Dauer hinterläßt das bei Kindern Spuren - an welche Vertrauensperson - und wer wäre diese Person? - können sie sich wenden, wenn sie ein dickes Problem haben?

Je mehr also Elternzeit in Anspruch genommen und von Unternehmen gewährt wird, umso gesünder - besonders in seelischer Beziehung - wird der Nachwuchs sein. Kinder und Jugendliche brauchen einen verlässlichen Anker und die Elternzeit kann dies ermöglichen. Letztlich werden auch die Unternehmen und die Gesellschaft allgemein davon profitieren, denn diese Kinder werden zu Erwachsenen, die dann auch ihren Teil der später anfallenden Aufgaben erfüllen können.

Gruß,
Cantate

Hossa :smile:

Die neue Elternzeit, die auch dazu beitragen soll, dass Väter
ihren Anteil an der frühen Erziehung wahrnehmen können und
sollen, scheint ja noch nicht wirklich umfassend genutzt zu
werden.

Nicht alle Arbeitgeber ermöglichen einem Mann einfach so mal 2 Monate weg zu bleiben. Das geht im öffentlichen Dienst vielleicht, aber „draußen“ in den Betrieben sieht das oft anders aus.

Ich habe den Eindruck, dass viele sich noch scheuen, aus Angst
in die „Weichei“ -Ecke gestellt zu werden.

Vielleicht liegt es auch daran, dass Männer im Allgemeinen nicht unbedingt dafür bekannt sind, sich gerne mit kleinen Kindern zu umgeben. Nicht umsonst findet man in Kindergärten oder Grundschulen fast ausschließlich weibliches Betreuungspersonal.

Außerdem habe ich im Bekanntenkreis ganz konkret den Fall,
dass ein Vater gerne Elternzeit nehmen würde aber auf Anfrage
bei seinem Arbeitgeber knallhart die Antwort bekam, dass er
sich dann schon mal einen neuen Job suchen dürfe …(es
handelt sich nicht um ein Kleinunternehmen sondern eine
weltweit agierende große Firma)

Das meinte ich mit meiner Feststellung oben. Elternzeit für Männer wird von vielen männlichen Chefs nicht akzeptiert. Entweder du bist ein Mann oder ein Weichei. Nachher bleibst du vermutlich auch noch zu Hause, wenn deine Kinder mal krank sind.

Wie sind denn Eure Erfahrungen/Meinungen so?

Als ich dein Posting gelesen habe, habe ich mich gefragt, welches denn der Anteil der Väter an der frühkindlichen Erziehung sein soll. Mein Vater hat sich überhaupt nicht um meine frühkindliche Erziehung gekümmert. Und ich hatte bei meinen Kindern auch nicht die Zeit dazu.

Meiner Frau und mir war jedoch einies sehr wichtig. Wir haben keine Kinder in die Welt gesetzt, um sie dann von irgendwelchen wildfremden Menschen in einer Kinderaufbewahrungsanstalt betreuen zu lassen. Also bin ich arbeiten gegangen und sie hat sich Vollzeit um die Kinder gekümmert. Ein klassisches Familienbild sozusagen, das prima funktioniert. In unserer Siedlung ist das übrigens der Standard. Er geht ackern, und zwar richtig, und sie kümmert sich zu Hause um 2, 3 oder 4 Kinder.

Viele Grüße

Die neue Elternzeit, die auch dazu beitragen soll, dass Väter
ihren Anteil an der frühen Erziehung wahrnehmen können und
sollen, scheint ja noch nicht wirklich umfassend genutzt zu
werden.

Ich habe den Eindruck, dass viele sich noch scheuen, aus Angst
in die „Weichei“ -Ecke gestellt zu werden.

Mir ist noch nicht untergekommen, dass sich jemand diesen Gedanken so gemacht hätte.

Ich kann mir allerdings vorstellen, dass dieser Gedanke - anders formuliert - durchaus ein Gesichtspunkt sein kann: Kindererziehung ist nun einmal ein „Zeitvertreib“, dem unsere Gesellschaft bedauerlicherweise weitgehend die Wertschätzung verweigert. Sie erfordert keine besondere (Aus-)Bildung und ist keine „Leistung“, die zu gesellschaftlicher Anerkennung führt. Mit anderen Worten: Kindererziehung generiert keinen gesellschaftlichen oder sozialen „Status“. Wer (überspitzt formuliert) gewohnt ist, täglich Unternehmensentscheidungen zu treffen, deren Erfolg oder Mißerfolg sich in Euro in der Gewinn- und Verlustrechnung ablesen läßt und - im Erfolgsfall - entsprechend honoriert und anerkannt wird, wird sich womöglich - wenn er nicht mit dem nötigen Selbstwertgefühl ausgestattet ist - schwer damit tun, auf eine „statusfreie“ Tätigkeit wie Kindererziehung umzusteigen.

Außerdem habe ich im Bekanntenkreis ganz konkret den Fall,
dass ein Vater gerne Elternzeit nehmen würde aber auf Anfrage
bei seinem Arbeitgeber knallhart die Antwort bekam, dass er
sich dann schon mal einen neuen Job suchen dürfe

Das habe ich - wenn auch nicht in dieser scharfen Form - ebenfalls erlebt. Viele, auch und gerade große, Beratungsunternehmen etwa knüpfen die Möglichkeit, zum Partner aufzusteigen und am Unternehmensertrag unmittelbar teilzuhaben, an die Erzielung eines bestimmten Mindestumsatzes, der aus dem persönlichen Kundenstamm erbracht werden muß. In der Regel sind diese Umsatzerwartungen so beschaffen, dass sie mit einer Ausfallzeit von zwei oder mehr Monaten im Jahr nicht zu realisieren sind. Mein erster Arbeitgeber (der heute nicht mehr existiert) signalisierte dementsprechend: ‚Familienfreundliche Teilzeitlösungen? Kein Problem. Aber Partnerschaft ist dann nicht mehr…‘ Und wenn das Unternehmen dann außerdem nach dem Prinzip „up or out“ verfährt, ist die Idee mit der Erziehungspause ganz fix wieder vom Tisch - es sei denn, man ist bereit, sich einen anderen Job zu suchen, was ja heutzutage bekanntlich nicht ganz risikofrei ist.

Schließlich kann das aber auch kann handfeste finanzielle Gründe haben. Denn noch immer gibt es Familien, in denen der Mann der einzige erwerbstägige oder zumindest der wesentlich besser bezahlte Teil ist. Hat man seinen Lebensstil auf diesen Verdienst eingerichtet, dann kann man auf diese Einnahmequelle nicht einfach verzichten. Daran ändern dann auch die max. 1500 EUR Elterngeld nichts, da sie die Einbuße nicht ausgleichen können. Das gilt vor allem dann, wenn das Gehalt benötigt wird, um z.B. ein Haus abzuzahlen.

Gerade vor dem Hintergrund der beiden letzten Punkte halte ich den Versuch, Väter geradezu in die Elternzeit zu zwingen, indem die beiden Extramonate Elterngeld nur gewährt werden, wenn auch der Vater eine Auszeit nimmt, für lebensfremden Blödsinn. Aus der Lebensgestaltung der Familien und ihrer internen Aufgabenverteilung hat der Staat sich rauszuhalten.

Hi

Meiner Frau und mir war jedoch einies sehr wichtig. Wir haben
keine Kinder in die Welt gesetzt, um sie dann von
irgendwelchen wildfremden Menschen in einer
Kinderaufbewahrungsanstalt betreuen zu lassen.

Warum musst Du das schlecht machen? Warum schreibst Du nicht von „liebevollen Betreuerinnen“ und „kindgerechten Tagesstätten“? Das würde der Realität nämlich viel näher kommen!

Also bin ich
arbeiten gegangen und sie hat sich Vollzeit um die Kinder
gekümmert. Ein klassisches Familienbild sozusagen, das prima
funktioniert.

Sehr schön!

In unserer Siedlung ist das übrigens der
Standard. Er geht ackern, und zwar richtig, und sie kümmert
sich zu Hause um 2, 3 oder 4 Kinder.

Auch tiptop. Daher nochmals meine Frage: Warum stellst Du das andere so schlecht dar? Musst Du Dir ein künstliches Feindbild schaffen, um Deine eigene (doch so gute) Situation zu rechtfertigen? Ich hoffe nicht…

Gruss,
coco

5 Like

Hallo Hoppel

also mein Ex Freund, hat sich direkt nach der Geburt Elternzeit genommen. Aber nur 4 Wochen. Der Arbeitgeber, ein mittleres Unternehmen, war naja…jetzt nicht so dolle begeistert, hat es aber unterstütz.
Von unseren Familien wurde es durchweg positiv aufgenommen. Es fanden eigentlich Alle ganz prima, dass auch der Vater zuhause bleiben kann. Weiß allerdings nicht wie es wäre, wenn er alleine mit dem Kind gewesen wäre…ob sie es dann immer noch so toll gefunden hätten?

Gruß Lulea

Emanzipation?
Hi Hoppel,

Du bist weiß Gott nicht die Einzige, die da was missversteht, aber was bitte soll Elternzeit von Vätern mit Emanzipation zu tun haben? Zur Klärung: Emanzipation steht für Selbstbestimmung oder ggf. Ablösung vom Elternhaus, nicht für Frauenpolitik oder damit verbundenen Forderungen wie Gleichstellung. Ob ein Mann seine Elternzeit nutzt oder nicht, hat daher allenfalls am Rande mit Emanzipation zu tun. Ein emanzipierter Mann macht nämlich, was er will, nicht was irgendwer anders - ob Mann, Frau, Lobby, Staat oder EU - von ihm will.

Viele Grüße!

Hallo,
vorab: Dass es Unternehmen gibt, die solche Äußerungen tätigen (und damit meine ich nicht Kleinunternehmen), kann ich mir sehr gut vorstellen. Es spiegelt die momentane Situation auf dem Arbeitsmarkt sehr gut wider, leider.

Aber zum Thema:
Ich war (bevor ich meinen Mann kennen lernte) allein erziehend und bin nach einigen Jahren wieder arbeiten gegangen. Für meine Söhne hatte ich eine Tagesmutter und eine Tagesstätte.
Als sich dann unser 3. Sohn anmeldete, war für mich klar, dass ich möchte, dass sich dann auch einer von uns um das Kind kümmert. Ohne Tagesmutter und Tagesstätte. Bei meinen älteren Söhnen hat sich das sofort bemerkbar gemacht. Meine rein persönliche Meinung ist: Kindergärten und soziale Kontakte sind natürlich immens wichtig, aber ich persönlich finde für ein Kind sehr wichtig, dass ein Elternteil zu Hause ist.
Wir haben uns aus verschiedenen Gründen dazu entschlossen, dass mein Mann zu Hause bleibt. (Das hat er jetzt 12 Jahre so gemacht). Und unsere Erfahrung mit Reaktionen ist nicht nur positiv. Das hat gar nicht mal so viel mit der „WEichei-Ecke“ zu tun, als viel mehr damit, dass die „Leistungsgesellschaft“ oft gar keine Männer sehen möchte, die zu Hause bleiben. Meinem Mann wurde oft unterstellt, er sei zu faul zum arbeiten. Ich habe auch einige Male gehört „Wieso schickst du den nicht arbeiten?? Dann könntet ihr 2 Autos fahren“ :wink:
Und das habe ich u.a. sogar aus Teilen der Verwandtschaft gehört, die mich ganz anders erzogen haben, nämlich von Anfang an so, dass Frauen und Männer absolut gleichberechtigt sind.
In der Schule (wir wohnten auf dem Dorf zu der Zeit), wurde man teilweise belächelt. Wenn man allerdings mal erklärt hat, wieso man was gemacht hat, kamen positive Reaktionen… Für meine Söhne war diese Lösung übrigens die optimale, und das ist ja das Wichtigste dabei, oder?
Das ist nun alles schon 14 Jahre her… (also mein jüngster Sohn ist jetzt 14)… aber ich kann mir durchaus vorstellen, dass es diese Einstellung noch gibt.
Ich möchte die Elternzeit für Männer überhaupt nicht madig reden… ich stehe nach wie vor dazu. Und im Endeffekt ist ja nur eins wichtig: Wie stehen die Eltern dazu? Denn es bringt überhaupt nix, wenn Mann zu Hause bleibt, aber nicht wirklich voll und ganz dahinter steht. (genauso wie andersrum).
Ich möchte nur meine Sicht der Dinge mitteilen, bzw. heraus stellen, dass es gar nicht mal so die Weichei-Ecke ist… sondern vielmehr der Leistungsgedanke, der ja eher wächst, statt abnimmt.

Gruß
ShannonS