Ideologische Instrumentalisierung des Emotionalen
Hi.
„Das Universum ist kalt und leer“ war vor einigen Jahren die Behauptung eines bekannten Physikers…
Er meint wohl das physikalische Universum, aber auch darauf bezogen ist die Aussage in dieser Formulierung komplett irreführend. Das uns sicht- und messbare Universum macht nur etwa 3 Prozent aus, der Rest soll zu 27 Prozent aus anziehender Dunkler Materie und zu 70 Prozent aus abstoßender Dunkler Materie bestehen. Selbst im 3-Prozent-Universum ist kein einziger Raumpunkt leer – entweder wird er von Atomen oder von Strahlung (kosmische Hintergrundstrahlung) besetzt. Der Raum zwischen Sternen oder Planeten hat eine Temperatur von 3 Kelvin (3 Grad über Nullpunkt), also minus 270 Grad. Die Oberflächentemperatur von Sternen liegt zwischen mehreren 10.000 und 2.000 Grad Celsius (unsere Sonne 5.500 Grad). Im Innern gehen die Temperaturen in den Millionen- und Milliardenbereich: in unserer Sonne 15 Millionen, in einem Roten Riesen 200 Millionen und in einer Supernova 500 Milliarden Grad Celsius.
Warum sind wir aber dann als biologische Lebenwesen in diesem „kalten und leeren Universum“ so sehr emotional geladen, wenn es um diese Fußballweltmeisterschaft geht? Viele Menschen weinen, wenn ihre Mannschaft verliert, und jubeln beim Sieg.
Ich sehe keinen Grund, die Emotionalitätsfrage an diesem zwar unterhaltsamen, objektiv aber unwichtigen Event festzumachen. Sehr viel dringlicher erscheint mir die Analyse der Emotionen, die z.B. hinter der Folter durch ISIS-Terroristen steht:
http://www.google.de/imgres?imgurl=https%3A%2F%2Fpbs…
Was Emotionen betrifft, so haben diese eine kognitive Funktion (parallel zur kognitiven Funktion des Verstands) vermutlich auf genetischer Grundlage. Sie dienen als Verhaltensorientierung, um in bestimmten Situationen ein schnelles Handeln zu ermöglichen. Evolutionsgeschichtlich wichtige Grundmotive sind die Auseinandersetzung mit anderen Lebewesen (vor allem Artgenossen), z.B. Revierkampf und Balzstrategien. Emotionen sind natürlich ein animalisches Erbe.
Beim Menschen lassen sich 9 Grundtypen von Emotionen ausmachen:
Freude, Liebe, Vertrauen, Angst, Überraschung, Traurigkeit, Ekel, Wut und Hass
Kontrolliert werden diese Funktionen - theoretisch - vom Verstand unter dem Aspekt der Angemessenheit. Natürlich basieren die Verstandesurteile zu einem erheblichen Teil auf emotionalen Komplexen, die sich durch Erziehung und Sozialisation im Unbewussten gebildet haben. Dabei spielen sowohl sozial vermittelte Moralkonzepte als auch individuelle – positive und negative - Erfahrungen eine Rolle. Die Psychoanalyse hat die Bedeutung der frühesten Kindheit - mit der Mutter als primärer Bezugsperson - klar herausgestellt.
Als erstes wichtiges Bezugsobjekt gilt die Mutterbrust. Seine Erfahrungen mit diesem Objekt vermitteln dem Kind a) Gefühle der Sicherheit und des Glücks und b) aber auch das Gefühle von Verlust und Abweisung. Das kann eine Grundlage sein für spätere Bewusstseinsdissoziationen, wie sie in Borderline- oder Schizophreniefällen auftreten. Aber auch bei relativ stabilen Menschen führt das einer gespalteten Emotionalität, die sich bei Männern in der typisch männlichen Zweiteilung des Frauenbildes (Heilige vs. Hure) ausdrückt.
Die im Umgang mit Mutter und Vater herausgebildeten 9 Grundemotionen (siehe oben) spielen eine entscheidende Rolle bei der religiösen Ideologisierung des Menschen. Bekanntlich spiegeln die Beziehungen der Menschen zu ihren Göttern die Emotionen des Individuums zu Elternfiguren wieder. Die Götterwelt (Pantheon) war schon immer nach dem Modell der menschlichen Familie sowie der irdischen politischen Organisation strukturiert. Bestimmten Göttern kam dabei die Vater- oder Mutterrolle zu (Vatergott Enlil, Muttergöttin Ninhursag in Sumer z.B.). Durch seine religiösen Rituale und diversen Praktiken versuchte der Mensch, die mächtigen Superwesen emotional zu beeinflussen, so wie ein verängstigtes Kind versucht, seine Eltern für sich einzunehmen, von denen es völlig abhängig ist. Im jüdischen, christlichen und islamischen Monotheismus hat sich diese Haltung zu einer exklusiven, alles Weibliche ausschließenden Vater-Kind-Beziehung verdichtet, in der das Kind sich ganz dem Willen des allmächtigen Vaters unterordnet. Natürlich wird ein Vater von seinem Kind nicht nur geliebt, sondern auch gehasst. Das ist in der Menschenwelt normal. Allerdings darf dieser Hass, wenn er dem Vatergott gilt, nicht bewusst werden, er wird also auf andere Objekte gelenkt und so verdrängt. Das wahre Ziel des Hasses muss aus Angst vor Strafe unbewusst bleiben. Daher fungieren bestimmte Gruppen in der Vorstellungswelt der drei monotheistischen Religionen als Sündenbock, d.h. als Projektionsfläche für einen Hass, der eigentlich dem eigenen Gott gilt. Im Falle der drei monotheistischen Religionen (in ihrer jeweils orthodoxen Variante) wird der Hass auf alle Ungläubigen bzw. Ketzer gelenkt.
Die – eigentlich kognitive - Funktion von Emotionen wird in solchen ideologischen Kontexten missbraucht, um Menschen psychologisch gefügig zu machen. Die ursächlichen Zusammenhänge erschließen sich aber nur in einer genauen historischen Betrachtung, wenn die Analyse über die Art von Phrasendrescherei hinausgehen soll, wie sie bei manchen Usern in diesem Brett Usus ist.
(Der gleiche Mechanismus der Hassprojektion lässt sich bei Judenhassern wie Hitler und Luther erkennen. Sie hassten ihre Väter, verdrängten den Hass aber, indem sie ihn auf ´die Juden´ lenkte)
Chan