Hallo Mike,
Du unterscheidest Gut und Böse sauber.
Ja.
Dann aber wirfst Du Dinge durcheinander.
die also anderen bewusst etwas antut, ist in meinen Augen verlogen
Das muss nicht unbedingt der Fall sein. Es kann sein, dass ich
heute den guten Vorsatz habe und morgen selber in Versuchung
bin.
Der Begriff der Versuchung ist problematisch, finde ich.
Er impliziert m.E., dass Menschen im Grunde „gut“(-gläubig) seien, aber durch das Böse zu Taten gedrängt werden (können), die ihnen anschließend Leid täten… es impliziert, jeder Mensch habe ein GeWissen, was definitiv nicht stimmt; denn es gab/ gibt Menschen ohne Gewissen, und darunter nicht wenige, die an „Gott“ glaub(t)en.
Ein Mensch, der systematisch andere quält, verletzt, vergewaltigt… der hat KEIN Gewissen, er ist nicht gut - und es sollte niemand ihm anschließend eine Art Opferstatus verleihen, etwas dadurch, er habe ja aufhören wollen, aber er sei eben seinen Trieben… dem Bösen … oder sonstwas/wem erlegen gewesen.
von der Kirche abwenden und Partei ergreifen für die Opfer
vielleicht gehst Du soweit mit mir einig, dass das (wenigstens
begrifflich) nicht dasselbe ist. Man kann auch Partei
ergreifen für die Opfer ohne wenn und aber. Und das gerade
auch, wenn man in der Kirche das Sagen hat. Das sollte doch in
Deinem Sinn sein.
Ich bin mir da (noch) nicht sicher… einerseits stimme ich Dir schon zu. Man kann eher etwas erreichen und zum Positiven verändern, wenn man im System bleibt, das man verbessern möchte. Wäre ich Pfarrer, dann würde ich sicher versuchen, allein ein gutes Vorbild zu sein, gerade jetzt! Ja, ich würde meinen Beruf verteidigen und mein Bestes dafür geben, die Menschen um mich davon zu überzeigen, dass ich nicht „so einer“ wäre und dass man weiterhin der Institution Kirche vertrauen könne.
Andererseits… bin ich selbst nicht (mehr) in einer kirchlichen Gemeinschaft drin, auch wenn mich das nicht davon abhält, etwas für die Gemeinde zu tun und dabei denen zu helfen, die das ausgewiesenermaßen als Kirchenmitgliedern machen.
Da ic also „Außenstehender“ geworden bin, kann ich natürlich auch ohne jede weitere Konsequenz befürchten zu müssen, sagen, dass man sich aus dieser Institution lösen sollte… Gutes kann man nämlich auch sehr gut ohne Kirche tun, finde ich, und man kann Gutes auch gut ohne einen Glauben an einen christlichen Gott tun… und das ohne in eine ethische Zwickmühle zu geraten.
Ja, ich denke, das ist es auch, was mich so stört… solange man in dieser Institution verbleibt, steckt man in einer ethisch unauflösbaren Situation, weil nicht „gut“ sein kann, was „schlecht“ ist.
(Das ist m.E. ungefähr die „Logik“, wie sie viele nichtverfolgte Deutsche nach dem Krieg an den Tag legten: „Ja, der Hitler hat Krieg angezettelt, aber er hat uns Arbeit gegeben.“)
wie sie auch die Schwäche von ihnen anvertrauten Kindern gewissenlos ausnutzt
das ist nicht sie, die das ausnutzt. Ich stelle einen
Vergleich an: Ist der Bauer, der einen Knecht hat und ihm
keinen Lohn gibt, schuld, wenn der Knecht Geld stehlen geht?
Mit „sie“ ist Kirche gemeint im Sinne der Kirchenmänner, die Schwächeren (Kindern) Gewalt antun.
Die Kirche (diese Männer) hat also die Verantwortung für ihr Handeln zu tragen.
aber selbst reflektieren, das werden sie nicht
Du fällst auf die Medien rein. Die Kirche fuhr auch immer
wieder eine harte Linie, und es gibt in den letzten dreissig
Jahren auch durchaus greifbare und maximale Konsequenzen.
Johannes-Paul II. hat im Jahr 2001 alle härtestmöglichen
Konsequenzen auch rechtlich gezogen: Kein Fall bleibt bei
einem Bistum, alles muss der Zentralinstanz gemeldet und dort
eingehend behandelt werden. Zusammenarbeit mit weltlichen
Behörden inkl. Meldung im Interesse des Opfers ist
Selbstverständlichkeit. Diskretion ist prinzipiell nicht
erlaubt, sofern Interessen von Opfern (auch von potentiellen
Opfern) entgegenstehen. Fehlbare erhalten ein Berufsverbot und
wenn sie in einem Orden sind, der sie ausnahmsweise nicht
ausschliesst, dürfen sie in keiner einschlägigen Tätigkeit
mehr arbeiten. Dies ist der rechtliche Stand seit 2001. Der
Rest kommt von den Medien.
Das ist gut, wenn es so geht.
Was hat die christliche Moral dagegen jemals ausgerichtet, dass
Christen morden und vergewaltigen
Christus hat für die Kirche verbindlich das Gute gesucht, auch
wenn das ganze Umfeld böse war.
Ich weiß nicht, wie das faktisch mit Jesus war… ob er das, was er predigte für eine Kirche tat? Ich denke, er tat es, weil er von etwas zutiefst überzeigt war und danach auch gelebt hat - anscheinend ganz ohne Kirche.
Die Tatsache, dass weiter
gesündigt wird, entbindet keinen vom Anspruch, dass nicht
gesündigt werden soll.
Jeder, der sein Amt nutzt, um Schwächere auszubeuten, hat diesen Anspruch gar nicht… und sowas wie Sünde ist ihm völlig gleich, auch wenn er anderen was ganz anderes predigen mag.
Dass die mächtigen Herrschaften eigentlich niemals an Gott und Jesus
geglaubt hätten
wäre weit übertrieben. Die mächtigen Herrschaften haben sehr
wohl geglaubt, indessen nicht immer vollkommen, und einzelne
von ihnen wurden immer wieder egoistisch.
Dass sie glaubten, will ich wohl annehmen; aber sie glaubten gewiss nicht an das, was Jesus predigte.
Das System Konstantins ist darauf angelegt, dass die Mächtigen ihren
Mitmenschen wirklich dienen würden. Da die Mächtigen stets
versucht sind, dies auszunützen, hat dieses System da seine
Schwäche. Diese wurde auch schon von Anfang an erkannt, ist
jedoch nicht schlechthin erfolgreich behoben worden.
Das ist aber kein religiöses, sondern eher ein politisches Problem.
nicht aus dem Begriff des Christentums
ist so gemeint, dass die Herrschaftsstruktur und das
Übernehmen weltlicher Macht für das Christentum zwar unter
strengen Voraussetzungen möglich, für ein gelebtes Christentum
aber nicht nötig ist.
Nein, es ist nicht nötig.
Wenn nun das Christentum dem Vorwurf des Machtmissbrauches
gegenübersteht, ist es legitim, zu fragen, ob es sich besser
aus den weltlichen Bereichen weiter zurückzieht, um der
Versuchung des Machtmissbrauches letztlich leichter zu
widerstehen.
Man kann dem oder der (geprüften) Einzelnen vertrauen, aber man kann niemals jemandem vertrauen, nur weil er/ sie einer Institution angehört, egal, welche Werte sie sich auf ihre Fahnen schreibt.
beten… und zwar in alle Richtungen
Das ist gut und nicht zu verbieten, hoffen wir mal, dass Du
merkst, aus welcher Richtung Du absolut gehört wirst und nicht
nur relativ.
Nein, es hat nichts mit einer Relativierung zu tun, sondern damit, sich nicht in Hierarchie zu denken, die einseitig ist.
In der Kirche dient man der Kirche
und allen Menschen guten Willens
Was man auch ohne Kirche kann:smile:
die Kirche hat uns nicht von dem Übel erlöst
Der Erlöser ist Christus, die Botschaft von Christus ist
(besonders auch nonverbal) durch die Kirche gekommen, wer sich
versündigt hat, hat das (selbst wenn Papst usw.) abseits der
Kirche getan, sonst hätte ja die Kirche das gerade nicht als
„Sünde“ bezeichnet.
Jesus selbst hat keine Kirche gegründet.
D. h. schon der Begriff an sich bedeutet,
dass nicht die Kirche sündigt, sondern Menschen in Abkehr von
der Kirche.
Nur Jesus sündigte wohl nicht?
Gruß, IHF