Hallo,
wir geben hunderte von Millionen aus, um den Müll sicher
unterzubringen und Du sagst, daß es letzlich ja egal ist, was
in tausend oder zehntausend Jahren passiert, weil wir ja nicht
in die Zukunft sehen können. Das ist nicht nur nicht logisch,
sondern unlogisch.
Ich habe niemals gesagt, dass es egal ist, was in längeren Zeiträumen einmal geschieht. Im Gegenteil habe ich mich ausdrücklich für ein Verzeichnis ausgesprochen, anhand dessen der Müll rückholbar wäre. Und dabei habe ich mich auf einen Zeitraum von 3 oder 4 Jahrhunderten bezogen. Aber es ist absolut logisch, dass wir nicht alle Widrigkeiten in 10.000 Jahren mit Sicherheit abschätzen können. Das ist systemimmanent und nicht unlogisch. Oder kannst Du in die Zukunft sehen? Was ist mit Waffen, die vielleicht in 200 Jahren zum Einsatz kommen und auch so eine Lagerstätte aufbrechen? Was ist mit einem größeren Meteoriten, der mal locker den ganzen Müll pulverisiert und in die Atmosphäre schießt? Was ist mit dem Zugriff durch irgendwelche Terroristen in bspw. 100 Jahren? Um nur 3 Eventualitäten zu nennen.
Ich behaupte keinesfalls, dass so ein System „idiotensicher“
ist. Es ist aber sicher besser, als die betroffenen Stoffe in
irgendwelchen Hallen oberirdisch zu lagern.
Naja, da sind sie zumindest a) sicher und b) präsent.
Den Punkt a) sehe ich aber gänzlich anders. Die oberirdisch
gelagerten Stoffe sind keinesfalls sicherer untergebracht als
in einer "End"lagerstätte.
Hast Du dafür mehr parat als Deine Sichtweise? Wir betreiben
Atomkraftwerke auch oberirdisch, obwohl die potentiell
gefährlicher sind als der schiere Müll, den sie produzieren.
Die Akws wurden zwecks Energiegewinnung betrieben. Dass nicht jedes Akw ohne Restrisiko betrieben wurde ist klar. Die Zugriffswahrscheinlichkeit durch Dritte ist oberirdisch höher, als unterirdisch. Die Verteilung auf viele Lager macht die statistische Wahrscheinlichkeit höher, dass es zu einem unvorhergesehenen Unfall durch bsw. ein Naturereignis kommt. Die Dekontamination durch oberirdisch ausgebrachten Müll erfolgt schneller als bei einer unterirdischem. In 200 Jahren könnten unbedarfte Hansel eine oberirdische Lagerstätte wohl eher knacken, als in einen 2000 Meter tiefen Schacht zu klettern, vorausgesetzt sie haben sich nicht technologisch weiterentwickelt.
Wenn uns egal wäre, was aus der Zukunft wird, könnten wir auch
weiter Treibhausgase, FCKW und Schwefeloxide unvermindert in
die Luft blasen.
Lies nochmal meine Beiträge. Ich habe nirgends geschrieben,
dass es egal ist oder sein sollte. Ich habe aber darauf
hingewiesen, dass es eine Begrenzung der Verantwortlichkeit
geben muß - sie ist systemimmanent, da wir nicht mehr für
zukünftige Handlungen anderer verantwortlich sein können oder
deren Rückentwicklung in 100%iger Weise ausschließen können.
Eben weil die Zukunft unsicher ist, müssen wir uns eine Lösung
überlegen, die für nahezu alle Eventualitäten sicher ist. Das
betrifft sowohl die Lagerung an sich als auch die Markierung.
Daß die Sache nicht trivial ist, hätte man sich vielleicht
überlegen sollen, bevor man mit der Müllproduktion angefangen
hat.
Hätte! Hat man aber in den Anfängen nicht!
Der Atommüll ist nicht die Folge einer großartigen Initiative zur Rettung
des irdischen lebens, sondern Resultat des Strebens nach
billiger Energie, wobei heute klar ist, daß sich die Sache nur
eingeschränkt gerechnet hat.
Energiegewinnung ist eine unumgängliche Notwendigkeit
menschlichen Lebens. Ohne sie wäre menschliches Leben nicht
vorstellbar. Die Atomenergie war weitaus weniger schädlich als
Steinkohlebergbau. Dieselbe Menge Energie, die aus abgebautem
Uran gewonnen wurde, hätte in D wahrscheinlich ein paar
Tausend Menschen das Leben gekostet (bspw. Staublunge,
Unfalltote im Bergbau).
Die Energiegewinnung wäre aber auch ohne Atomkraft möglich
gewesen, wie auch anhand der Beispiele anderer Länder zu
erkennen ist. In den 60er und 70er Jahren hat man in
Deutschland die Atomenergie als eines der Allheilmittel der
Energieproblematik gesehen, anstatt Alternativen zu suchen.
Richtig, was die Sichtweise der Wunderwirkung anbelangt. Ändert aber nichts daran, dass Steinkohlebergbau mehr Menschenleben gekostet hätte. Braunkohle ist noch schmutziger. Erdöl ist mittlerweile ziemlich begrenzt. Erdgas hat man viel zu lange als Nebenprodukt abgefackelt . Methanhydrat ist noch nicht praktikabel und regenerative Energien steckten in den Kinderschuhen. An Energieeffizienz dachte man kaum.
Man hat sich hinsichtlich der tatsächlichen Kosten
(insbesondere Abriß, Lagerung, Rekultivierung usw.) selbst in
die Tasche gelogen und von den Betreibern über den Tisch
ziehen lassen.
Absolut richtig. Zeigt sich bereits daran, dass die Betreiber es schafften, im Schadensfall eine Maximalentschädigung von 3 Mrd. DM oder EUR durchzusetzen (so aus meiner Erinnerunge gekramt). Für alle Akws zusammen!
Die einzige Alternative wäre mitnichten die Steinkohle
gewesen, wie ja heute auch zu erkennen ist.
Damals vor zig Jahren? Welche Alternative ohne hohe negative Begleitumstände hätte es denn in D gegeben?
Im übrigen ist es
schon abenteuerlich, tausende mögliche Tote beim
Steinkohleabbau als Argument pro Atomkraft in den Raum zu
stellen. Als würde man Uran aus Leitungswasser destillieren.
Nur weil Unglücke bei der Gewinnung, Anreicherung und
Wiederaufbereitung von spaltbarem Material im wesentlichen im
Ausland stattfinden, heißt das doch nicht, daß die ganze
Veranstaltung völlig ungefährlich ist.
Wir sind doch hier noch im Bereich Innenpolitik, oder?
Um auf die Grundfrage zurückzukommen: Was soll den mit dem
Atommüll geschehen?
Dafür bin ich nicht zuständig.
Na, jetzt machst Du es Dir aber extrem einfach. Du kritisierst
einerseits ein Endlager als weniger sicher und präsent als die
momentane oberirdische Lagerung, wobei die ja auch kaum auf
mehrere Jahrhunderte angelegt sein kann. Andererseits bietest
Du keine Alternative.
Wie gesagt: dafür bin ich nicht zuständig. Nur weil ich darauf
hinweise, daß es ungelöste Probleme bei der Lagerung und
Kennzeichnung von Atommüll gibt, muß ich ja nicht gleich ein
Konzept für die Energieversorgung der Menschheit mitliefern.
Aha, da sind wir uns letztlich also doch wieder einig. Wir haben nun einmal den Müll und müssen eine Lösung finden. Es geht doch gar nicht um eine Pro-Contra-Akw-Debatte, sondern um den zukünftigen Umgang mit dem Müll.
Aber etwas anderes: Wie stehst Du zu der Forschung an Fusionsreaktoren?
Gruß
vdmaster