Werter Martinus,
An dieser Stelle muß ich zugeben, daß mein Wissen knapp wird,
allerdings meine ich, daß „Analogiezauber“ nicht 1:1 auf z.B. ein
religiöses Ritual übertragbar ist. Meiner Kenntnis nach, geht man
bei „Zaubern“ davon aus, daß dem Menschen, der den Zauber wirkt,
eine Kraft zu eigen ist, aus der heraus er diesen Zauber vollbringen
kann. Bei Wundern dagegen ist es eine höhere, nicht dem Menschen
(sondern z.B. Gott) eigene Kraft, die durch die Vermittlung eines
Menschen wirkt.
ein ernstzunehmender Religionswissenschaftler geht mit Sicherheit nicht davon aus „daß dem Menschen, der den Zauber wirkt, eine Kraft zu eigen ist, aus der heraus er diesen Zauber vollbringen kann“. Genausowenig geht er davon aus, dass ein Mensch als „Vermittler“ einer göttlichen Kraft Wunder wirken kann. Beide Prämissen sind nicht falsifizierbar (genausowenig wie verifizierbar) und haben infolgedessen in einer wissenschaftlichen Herangehensweise absolut nichts verloren.
Um dieses Posting nicht allzusehr ausufern zun lassen mag die kurze und prägnante Definition von Magie in Wikipedia verdeutlichen, um was es geht: „Magie […] ist die angebliche Beeinflussung von Ereignissen, Menschen und Gegenständen auf übernatürliche Art und Weise […] mit Hilfe von Ritualen, Beschwörungsformeln oder ähnlichen Praktiken […]“. Eine scharfe Trennung zwischen Religion und Magie ist schlicht unmöglich; Magie ist der gemeinsame Urgrund aller Religionen und alle Religionen enthalten magische Elemente.
Der verbreitetste Typus des magischen Rituals ist der Analogiezauber, dessen Prinzip in der Tabula Smaragdina als zweites der ‚Verba secretorum Hermetis Trismegistri‘ formuliert wird: „Quod est inferius, est sicut (id) quod est superius, et quod est superius, est sicut (id) quod est inferius, ad perpetranda miracula rei unius.“ Vor allem dank der Vermittlung durch Rudolf Steiner ist dies als sog. hermetischer Grundsatz („Wie oben, so unten; wie innen, so aussen“ usw.) zum beliebtesten Allgemeinplatz von Esoterikern und allerhand Scharlatanen geworden, die damit ihre diversen Beutelschneidereien pseudophilosophisch untermauern. Doch dies nur nebenbei bemerkt.
Das christliche Taufritual wendet nun zwei typische magische Praktiken an - zum einen den Analogiezauber einer rituellen Waschung, die auf übernatürliche Weise analog eine spirituelle Reinigung von Sünde und Schuld bewirken soll. Ergänzend tritt mit dem rituellen Aussprechen der Taufformel die magische Praxis der Beschwörung hinzu.
Die Lehraussagen aller christlichen Kirchen machen deutlich, dass die Taufe nicht als rein symbolische Handlung misszuverstehen ist - durch die rituelle Waschung und das Aussprechen der Taufformel wird gemäß der christlichen Lehre bei dem Täufling etwas Entscheidendes bewirkt. Freilich entzieht sich diese behauptete Wirkung jeder empirischen Prüfung - daher ist auch lediglich die Behauptung dieser Wirkung des Taufrituals wie das Ritual selbst Gegenstand der Religionswissenschaft, jedoch nicht die Wirkung selbst.
Deswegen gehört z.B. Dein Einwand hier:
Objektiv empirisch gesehen
Ögeschieht da nichts weiter, als dass jemand mit Wasser nass
gemacht wird.
Empirisch, also nachweisbar, nach unserem aktuellen Kenntisstand ja. Ob das reicht, um auch objektiv zu sein, sei dahingestellt. Davon abgesehen galt auch die Erde lange objektiv nachgewiesen als eine Scheibe im Mittelpunkt des Universums… Und wer sagt, daß die Prämisse, nur was meßbar ist, sei auch real, zutrifft?
nicht in ein religionswissenschaftliches Brett. Leider bietet www kein eigenes Brett für christliche Glaubensverkündigung an, so dass dieses Brett hier immer wieder mit offtopic-Aussagen und -Argumenten belastet wird, die (mangels eines geeigneteren Ortes) noch am ehesten in das Brett ‚Esoterik‘ passen würden.
Aber es geht vorrangig um die Erbsünde.
Wer sagt das? Luthers kleiner Katechismus definitiv nicht.
Allenfalls nicht so explizit wie der Katechismus der katholischen Kirche oder der Heidelberger Katechismus der Reformierten. Immerhin steht da:
„Was gibt oder nützt die Taufe? Sie wirkt Vergebung der Sünden, erlöst vom Tode und Teufel und gibt die ewige Seligkeit allen“.
Wem das nicht deutlich genug ist, der wird in Artikel 2 der Confessio Augustana fündig:
„Weiter wird bei uns gelehrt, dass nach Adams Fall alle natürlich geborenen Menschen in Sünde empfangen und geboren werden […] ferner dass auch diese angeborene Seuche und Erbsünde wirklich Sünde ist und daher alle die unter den ewigen Gotteszorn verdammt, die nicht durch die Taufe und den Heiligen Geist wieder neu geboren werden.“
Mit „verklemmte® katholisch-mittelalterliche® Sexualmoral“ hat das in der Tat allenfalls am Rande zu tun - mal davon abgesehen, dass Sexualmoral hier gar nicht das Thema ist.
Freundliche Grüße,
Ralf