Ent - taufen evangelisch

Moin,
ich lese gerade ‚Das ist euer Glaube‘ (T.Logisch). In dem Buch geht es vor allem um die katholische Kirche und ihr Dogma.
Im Kapitel zu Ritualen und ‚Sakramenten‘ geht es um die Stellung der Taufe und wie die kath. Kirche diese handhabt. So wird die Taufe auch ‚einfacher Exorzismus‘ genannt (Katechismus 1673) und wirkt auch, wenn sie mit Gewalt und gegen den Willen des Täuflings ausgeführt wird (kommt mir vor wie Voodoo). Eine Lösung des Getauften aus der kath. Kirche ist nicht mehr möglich (Taufe als 'unauslöschliches Prägemal) und die Kirche bleibt ‚Strafgewalt‘ sogar wenn er von ihr verstoßen werden sollte.

Nun meine Frage: Weiß jemand wie das bei der evangelischen Kirche geregelt ist? Sind Kann man sich dort ‚ent-taufen‘?
Schon mal danke für alle Antworten…lux

OT Taufe
Hallo,

So wird die Taufe auch ‚einfacher Exorzismus‘ genannt
(Katechismus 1673) und wirkt auch, wenn sie mit Gewalt und
gegen den Willen des Täuflings ausgeführt wird (kommt mir vor
wie Voodoo).

Wo steht in 1673 das mit „Gewalt und gegen den Willen des Täuflings“? Zumindest in Can. 865 zur Erwachsenentaufe steht

§ 1. Damit ein Erwachsener getauft werden kann, muß er den Willen zum Empfang der Taufe bekundet haben; er muß über die Glaubenswahrheiten und über die christlichen Pflichten hinreichend unterrichtet und durch den Katechumenat in der christlichen Lebensführung erprobt sein; er ist auch aufzufordern, seine Sünden zu bereuen.

Viele Grüße
Kati

Hallo,

Wo steht in 1673 das mit „Gewalt und gegen den Willen des
Täuflings“?

Katechismus der Katholischen Kirche, München; Wien: Oldenbourg, 1993
In 1673 steht, dass die Taufe ein ‚einfacher Exorzismus‘ ist:
„1673 … In einfacher Form wird der Exorzismus bei der Feier der Taufe vollzogen. …“ http://overkott.dyndns.org/kkk-suche.htm

Im Neuner-Roos steht:
(Hervorhebung von mir) „Wer durch Schreckmittel und Strafe gewaltsam dazu gebracht wird, das Taufsakrament zu empfangen, um keinen Schaden zu leiden, der empfängt - wie übrigens auch einer, der heuchlerisch zur Taufe tritt - das Merkmal des Christentums eingeprägt, und er muss auch zur Beachtung des christlichen Glaubens gehalten werden“ (NR 526; NR= Neuner-Roos, Der Glaube der Kirche in den Urkunden der Lehrverkündigung, neubearb. von K. Rahner und k.-H. Weger, 10.Aufl. Regensburg: Friedrich Pustet, 1979; http://de.wikipedia.org/wiki/Der_Glaube_der_Kirche_i…)

Aber mir geht es hier nicht um den Umgang der katholischen Kirche mit dem ‚Sakrament‘ Taufe, meine Frage betraf die evangelische Seite.
Danke

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Hallo,

Aber mir geht es hier nicht um den Umgang der katholischen
Kirche mit dem ‚Sakrament‘ Taufe, meine Frage betraf die
evangelische Seite.

Deswegen auch eine off-topic (OT) Frage von mir :smile:

Kati

Nachtrag
Im ‚Neuner Roos‘ steht ebenfalls, man müsse unterscheiden „zwischen unfreiwillig und unfreiwillig, gezwungen und gezwungen“ (NR526).

Ich zitiere mal aus ‚Das ist euer Glaube‘: Dennoch gilt, dass jeder der aus Angst vor Tod oder Verstümmlung der Taufe zustimmt, „um keinen Schaden zu leiden“, das Sakrament gültig empfängt, „da er ja unter diesen Bedingungen, wenn auch nicht bedingungslos, einverstanden war“. (Das ist euer Glaube, S. 227)

Moin,

Nun meine Frage: Weiß jemand wie das bei der evangelischen
Kirche geregelt ist? Sind Kann man sich dort ‚ent-taufen‘?

kurze Antwort: Nein. Auch nach evangelischer Auffassung ist die Taufe ein „character indelebilis“ („unauslöschliches Siegel“), was schon dadurch deutlich wird, dass eine Taufe in keinem Fall wiederholt wird (z.B. bei einem Wiedereintritt oder Übertritt von einer anderen Konfession).

Martin Luther stand auch da vollständig in der Tradition des Kirchenlehrers Augustinus, der seine Tauflehre in der Auseinandersetzung mit den Donatisten entwickelte:

„Bist du aus dem Schiff gefallen, tritt wieder herein. Es ist ein ewig Geschenk, character indelebilis. Gottes Wort fällt darum nicht, ob ich (gleich) falle und nicht glaube, Ro. 3“ (D. Martin Luthers Werke, Weimarer Ausgabe 34 I, 97, 25)

Meine persönliche Meinung: wenn man sich als getaufter Nicht-mehr-Christ darüber aufregt oder sich gar ent-taufen lassen will, dann nimmt man diesen magischen Hokuspokus noch immer zu ernst. Da hat einen als wehrloses Baby halt mal ein Pfaffe nassgespritzt und Christen meinen nun (oder sollen es meinen), er hätte das Kind damit auf ewig seinem Gott geweiht. Na und?

Ich persönlich bedenke Christen immer mit dem bösen Blick. Wenn sie nicht gerade zum Schutz ihr Unterhemd links herum angezogen haben, sind sie damit unauslöschlich auf ewig Satan geweiht und können rein gar nichts dagegen tun …

Freundliche Grüße,
Ralf

Moin Ralf,

… wenn man sich als getaufter Nicht-mehr-Christ darüber
aufregt oder sich gar ent-taufen lassen will, dann nimmt
man diesen magischen Hokuspokus noch immer zu ernst.

Dem stimme ich absolut zu.

Entweder man glaubt dran oder eben nicht.

Spannend würde es aber, wenn man Gläubiger einer anderen
Religion wird, die eine ‚Enttaufung‘ verlangt. Dann stellt
sich die Frage, ob die christliche Kirche die ‚Reinigung‘
vornehmen muss (Verursacherprinzip) oder ob das die neue
Kirche/Sekte/Sippe selbst (z.B. im Rahmen der Aufnahme)
vornimmt.

Auch eine breite innerchristliche Diskussion wer alles
wessen ‚Enttaufung‘ anerkennt wäre sicher belustigend.

Viele Grüße

Jake

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Grüß dich, pollux36!
Gar nicht so hämisch gemeint: Das ist der erste Artikel, der mir zu diesem Thema über den Weg gelaufen ist. Im Allgemeinen machen sich ja (Ex-)Christen über so etwas keine Gedanken - eher schon über eine „gültige“ Auflösung ihrer Ehe …
Gruß
Sepp

Hallo Ralf

kurze Antwort: Nein. …

Danke für die Antwort

Meine persönliche Meinung: wenn man sich als getaufter
Nicht-mehr-Christ darüber aufregt oder sich gar ent-taufen
lassen will, dann nimmt man diesen magischen Hokuspokus noch
immer zu ernst. Da hat einen als wehrloses Baby halt mal ein
Pfaffe nassgespritzt und Christen meinen nun (oder sollen es
meinen), er hätte das Kind damit auf ewig seinem Gott geweiht.

Ja, das sehe ich auch so, es interessiert mich pur aus Neugier. Ich habe inzwischen den Eindruck, dass zwischen den einzelnen ‚Vereinen‘ nur sehr oberflächliche Unterschiede bestehen und die Doktrin grundsätzlich gleich ist. Da ist dies nur ein weiteres Mosaiksteinchen.
ungläubiger Gruß …lux

Derart ausgefeilte Rechtssätze gibt es auf evangelischer Seite nicht. Aber der Grundsatz, daß eine einmal gespendete Taufe ein Leben lang gültig bleibt, gilt (wie bereits dargelegt) auch in den evangelischen Kirchen.

Und auch wenn man heute davon ausgehen können sollte, daß niemand ohne (eigenes oder elterliches) Einverständnis getauft wird, wäre eine ernsthaft gespendete Taufe grundsätzlich unabhängig von der Einwilligung des Getauften gültig. Sie wirkt nach protestantischem Verständnis „von sich aus“. Als Beispiel kann die Nottaufe gelten, die von jedermann gespendet werden kann, wenn z.B. in einem Moment akuter Todesgefahr kein Pfarrer greifbar ist. Es wäre denkbar, daß sie einem Bewußtlosen gegen seinen (gerade nicht artikulierbaren) Willen gespendet wird. Sie wäre gültig und könnte nicht wiederholt werden.

Martinus

Ich habe inzwischen den Eindruck, dass zwischen den
einzelnen ‚Vereinen‘ nur sehr oberflächliche Unterschiede
bestehen und die Doktrin grundsätzlich gleich ist.

Wenn mit den „Vereinen“ die christlichen Kirchen gemeint sind: Das ist eine Frage, wie hoch man die Schwelle vom „Grundsätzlichen“ zur Oberfläche hängt. Wer sich die Mühe macht, genau hinzusehen, wird etliche z.T. gravierende Unterschiede entdecken. Die Frage ist nur, inwiefern sie jemanden betreffen, der mit all dem nichts am Hut hat.

Martinus

Da hat einen als wehrloses Baby halt mal ein
Pfaffe nassgespritzt und Christen meinen nun (oder sollen es
meinen), er hätte das Kind damit auf ewig seinem Gott geweiht.

Ich weiß zwar nicht, warum man eine sachliche Antwort mit herablassenden Bemerkungen spicken muß, aber sie enthält einen Denkfehler: Spätestens wenn sich ein Mensch bewußt im Erwachsenenalter hat taufen lassen und diese Entscheidung später widerrufen möchte, greifen diese Erklärungsmuster nicht mehr ohne weiteres.

Gruß, Martinus

@ Tychiades Zitat v. Zitat…Weiß jemand wie das bei der evangelischen Kirche geregelt ist? Sind Kann man sich dort ‚ent-taufen‘?
kurze Antwort: Nein. Zitat Ende-
einfach nein? – ein nein als Antwort ist schwer zu verstehen…das Problem ist die Aufklärung, die meisten sind sich über den Sinn der Taufe völlig unbewusst, daher stellt man oft diesen Auftrag den Jesus gab - Matth.28:18-20- als „Hokuspokus“ hin.(ist natürlich Privatsache)
@heureka Zitat :smiley:amit ein Erwachsener getauft werden kann, muß er den Willen zum Empfang der Taufe bekundet haben; er muß über die Glaubenswahrheiten und über die christlichen Pflichten hinreichend unterrichtet und durch den Katechumenat in der christlichen Lebensführung erprobt sein; er ist auch aufzufordern, seine Sünden zu bereuen Zitat Ende
Zitat:Epheser4: 4 Ein Leib und ein Geist, wie ihr auch berufen seid zu einer Hoffnung eurer Berufung; 5 ein Herr, ein Glaube, eine Taufe; 6 ein Gott und Vater aller, über allen und durch alle und in euch allen Speedytwo

@ Tychiades Zitat v. Zitat…Weiß jemand wie das bei der
evangelischen Kirche geregelt ist? Sind Kann man sich dort
‚ent-taufen‘?
kurze Antwort: Nein. Zitat Ende-
einfach nein? – ein nein als Antwort ist schwer zu
verstehen…

Dann hättest Du vielleicht noch ein bißchen weiter lesen sollen. Die Antwort war zwar „kurz“ aber nicht „einfach“ Nein. Der Fragestellung war zu entnehmen, dass der Fragesteller mit der Position der katholischen Kirche vertraut ist. Auf die Frage nach der Position der evangelischen Kirchen habe ich nicht „einfach nein“ geantwortet, sondern darauf verwiesen, dass hier die katholische Auffassung vom ‚character indelebilis‘ geteilt wird und dies darüber hinaus mit einem Luther-Zitat belegt.

daher stellt
man oft diesen Auftrag den Jesus gab - Matth.28:18-20- als
„Hokuspokus“ hin.

Zum besseren Verständnis: mit „Hokuspokus“ ist eine magische Handlung gemeint - nämlich die, mit der Menschen (bevorzugt Kleinkinder) durch Besprenkeln mit simplen Wasser (magisch-symbolische Waschung) von einer Erbsünde (peccatum originale originatum) gereinigt werden sollen.

Mit dem Mätthäus-Evangelium hat das wiederum herzlich wenig zu tun.

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Diese Darstellung mag der (polemischen) Außensicht entsprechen, nicht aber den Glaubensinhalten der christlichen Kirchen.

Martinus

Ich empfehle die Lektüre des Katechismus. Gleich, ob katholisch oder evangelisch, die nehmen sich beim Taufsakrament gegenseitig nichts.

Gerne - zum Beispiel Luthers Kleinen Katechismus: Die Taufe ist nicht allein schlicht Wasser, sondern sie ist das Wasser in Gottes Gebot gefaßt und mit Gottes Wort verbunden.
Es geht also nicht darum, daß ein magisch begabter Mensch aus Wasser eine Rettungslösung zaubern würde, sondern vielmehr um ein göttliches Wirken (und das hat mit Magie, so wie dieser Begriff für gewöhnlich benutzt wird, nichts zu tun), das in diesem Wasser geschieht.

[Die Taufe] wirkt Vergebung der Sünden, erlöst… und gibt die ewige Seligkeit allen, die es glauben
Es geht also nicht nur um die Erbsünde, sondern um Sünden allgemein und darüber hinaus um Erlösung und die Perspektive des Lebens nach dem Tod. Durch die Bindung an den Glauben ist erneut deutlich, daß es keine Magie ist (denn die wirkt durch die Kraft des „Zauberers“).

Gruß, Martinus

und wirkt auch, wenn sie mit Gewalt und

gegen den Willen des Täuflings ausgeführt wird (kommt mir vor
wie Voodoo). Eine Lösung des Getauften aus der kath. Kirche
ist nicht mehr möglich (Taufe als 'unauslöschliches Prägemal)
und die Kirche bleibt ‚Strafgewalt‘ sogar wenn er von ihr
verstoßen werden sollte.

Wenn das so stimmt, dann wäre tatsächlich jede Taufe eines Kindes ein Akt der Gewalt und des Mißbrauchs…
Passt zur Grundstruktur der Institution.

Wer rät, „den Hokuspokus nicht ernst nehmen“, unterschätzt im Übrigen die Kraft des Rituals.

Gruß,
Zahira

Werter Martinus,

Es geht also nicht darum, daß ein magisch begabter Mensch aus
Wasser eine Rettungslösung zaubern würde, sondern vielmehr um
ein göttliches Wirken (und das hat mit Magie, so wie dieser
Begriff für gewöhnlich benutzt wird, nichts zu tun), das in
diesem Wasser geschieht.

„göttliches Wirken“ ist keine religionswissenschaftliche Kategorie. Phänotypisch betrachtet handelt es sich bei der Taufe schlicht und einfach um einen Analogiezauber, ein magisches Reinigungsritual. Objektiv empirisch gesehen geschieht da nichts weiter, als dass jemand mit Wasser nass gemacht wird.

Es geht also nicht nur um die Erbsünde, sondern um Sünden
allgemein

Richtig. Aber es geht vorrangig um die Erbsünde. Deswegen das Beharren auf der Kindertaufe.

und darüber hinaus um Erlösung und die Perspektive
des Lebens nach dem Tod.

… für die das magische Reinigungsritual der Taufe eine Voraussetzung ist.

Durch die Bindung an den Glauben ist
erneut deutlich, daß es keine Magie ist (denn die wirkt durch
die Kraft des „Zauberers“).

Werter Martinus, wenn Magie wirkt, dann einzig und allein durch die Kraft des Glaubens, nicht durch die Magiers.

Freundliche Grüße,
Ralf

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