"entwickeln" - Wortherkunft

Das Wort „entwickeln“ hört sich an wie das Gegenteil von „wickeln“. Mich würde interessieren woher es kommt.   Viele Begriffe stammen ja aus alten Handwerksberufen, z. B. aus der Weberei. Kürzlich erfuhr ich, dass „verzetteln“ bzw. „anzetteln“ aus der Weberei kommt und ich könnte mir vorstellen, dass auch das Wort „entwickeln“ aus einer handwerklichen Tätigkeit kommt. Was aber „entwickeln“, im Sinne von „freilegen, entwirren“, mit „Entwcklung“, im Sinne von fortschreiten, erarbeiten, erforschen zu tun hat, kann ich mir nicht erklären.

Ob das nun konkret aus einem speziellen Handwerkerberuf kommt, ist mir nicht klar, aber es ist tatsächlich das Gegenwort zu „wickeln“:

entwickeln Vb. ‘entstehen, (sich) entfalten, in einem Prozeß voranschreiten’, Präfixbildung (17. Jh.) mit ent- zu wickeln; zunächst im Sinne von ‘aufwickeln, auseinanderfalten’, doch nur in wenigen, meist bildlichen Verwendungen als Gegenwort von einwickeln. Im 18. Jh. in der Auffassung ‘Verwickeltes entwirren’, seitdem insbes. ‘(einen komplizierten Sachverhalt) darlegen’.

(http://www.dwds.de/?qu=entwickeln)

Servus, Zwölferle:smile:

entwickeln Vb. ‘entstehen, (sich) entfalten, in einem Prozeß
voranschreiten’, Präfixbildung (17. Jh.) mit ent- zu wickeln;
zunächst im Sinne von ‘aufwickeln, auseinanderfalten’, doch
nur in wenigen, meist bildlichen Verwendungen als Gegenwort
von einwickeln. Im 18. Jh. in der Auffassung ‘Verwickeltes
entwirren’, seitdem insbes. ‘(einen komplizierten Sachverhalt)
darlegen’.

Ich bin mal ganz in Eile und kann jetzt nicht selbst suchen.
Ich meine, dass „wickeln“ etwas mit „Wicke“ (lat.: vicia) und auch mit „winden“ zu tun haben könnte.

Nur Vermutung für Weitersuchende:smile:
Lieben Gruß aus Wien, J.

Ja küss die Hand und servas, gibt’s di a no? Freut mich sehr. :smile:

Ich meine, dass „wickeln“ etwas mit „Wicke“ (lat.: vicia) und auch mit „winden“ zu tun haben könnte.

Mein etymologisches Wörterbuch, das man auch online beim DWDS findet, sagt nein:

Wicke f. Name für rankende Schmetterlingsblütler, zunächst als Viehfutter oder als Gründüngung verwendete Kulturpflanzen (z. B. Saubohne, Futterwicke), seit etwa 18. Jh. vornehmlich für bunt blühende, duftende Zierpflanzen, ahd. wicka (9. Jh.), mhd. mnd. mnl. wicke, nl. wikke, asächs. wikka, entlehnt aus lat. vicia ‘Wicke’ (verwandt mit lat. vincīre ‘binden, umwinden’, vītis f. ‘Weinrebe, -ranke’). Nach dem Lautstand der germ. Form (w für v, k- Aussprache des c, westgerm. Geminierung des k vor j und Verschiebung zur Affrikate im Obd.) gehört Wicke in die Schicht der frühesten Entlehnungen aus dem Lat.

wickeln Vb. ‘etw. windend zusammenrollen, um etw. herumwinden, einhüllen’, mhd. wickeln ‘windeln’; in fester Wendung jmdn. um den kleinen Finger wickeln ‘gefügig, willig machen’ (16. Jh.), schief gewickelt ( ‘falsch angelegt’, dann auch ‘im Irrtum’) sein (19. Jh.). Das Verb ist abgeleitet von dem Substantiv Wickel m. f. ‘abzuspinnendes, um den Rocken gewundenes Faserbündel’, allgemein ‘Gewickeltes, was gewickelt wird und was zum Wickeln dient’ (15. Jh.), bes. ‘Rolle, auf die etw. gewickelt wird’ (vgl. Haar-, Lockenwickel, -wickler), ‘feuchter Umschlag um Körperteile’ (17. Jh.), ahd. wickilī(n) (10. Jh.), wickel (Hs. 12. Jh.), mhd. wickel n. ‘Faserbündel um den Rocken’ (Übersetzungswort für lat. pēnsum, eigentl. ‘die einer Spinnerin zur täglichen Verarbeitung zugewogene Wollmenge’). Dieses stellt sich wie Wieche m. f. ‘Faserbündel, Docht, Lunte, Scharpie’, ahd. wioh, wiohha (11. Jh.), mhd. wieche m. f. ‘aus Garn gedrehter Docht, gedrehte Scharpie, Lunte’, mnd. wēke, mnl. wieke, nl. wiek, aengl. wēoce (mit dem Stammsilbenvokal germ. eu) und gleichbed. mhd. (md.) wicke, engl. wick (mit dem Stammsilbenvokal germ. i) sowie außergerm. aind. vāgurā́ ‘Schlinge, Fallstrick’, lat. vēlum ‘Segel, Hülle, Tuch’, air. figim ‘webe’ zu der unter Wachs (s. d.) angegebenen Wurzel ie. *u̯eg- ‘weben, knüpfen, Gewebe, Gespinst’. Das maskuline Genus von Wickel entwickelt sich (17. Jh.) in Anlehnung an maskuline Gerätebezeichnungen auf el- (vgl. Flegel, Griffel, Schlüssel). In fester Wendung beim, am Wickel haben, kriegen, nehmen ‘am Kragen, Schopf fassen’ (19. Jh.), wohl zu Wickel in der Bedeutung ‘um den (Männer)zopf gewundenes Band’ (Wickelband).

Lieben Gruss in den wilden Nordosten
13 - 1

13-1, sei gegrüßt:smile:

ich reit mal wieder…*lach*

Sagen denn nicht das hier:

ahd. wicka (9. Jh.),wicke, nl. wikke, asächs. wikka, entlehnt aus
lat. vicia ‘Wicke’ (verwandt mit lat. vincīre ‘binden,
umwinden’, vītis f. ‘Weinrebe, -ranke’). Nach dem Lautstand
der germ. Form (w für v, k- Aussprache des c, westgerm.
Geminierung des k vor j und Verschiebung zur Affrikate im
Obd.) gehört Wicke in die Schicht der frühesten Entlehnungen
aus dem Lat.

und das hier:

mhd.
wieche m. f. ‘aus Garn gedrehter Docht, gedrehte Scharpie,
Lunte’, mnd. wēke, mnl. wieke, nl. wiek, aengl. wēoce (mit dem
Stammsilbenvokal germ. eu) und gleichbed. mhd. (md.) wicke,
engl. wick (mit dem Stammsilbenvokal germ. i)

gerade eben etwas über die Verwandtschaft aus? Oder lese ich da was falsch aus schierer Rechthaberei?

spannend, allemal.

Einen lieben Gruß, wieder aus dem sturmgebeutelten Waldviertel, J.

Hallo,
ich danke euch für eure interessanten Beiträge!

Bezgl. Wicke entdeckte ich mal etwas Auffälliges und mache nun einen kleinen Abstecher (Abstecher? - auch ein interessantes Wort, kommt sicher von Abstechen!) in die Biologie:

Ich hatte mal einen Garten, in dessen Rasen Bodenwicken wuchsen. Das sind ja die Pflanzen, die in wellenförmigen Windungen flach über den Boden durchs Gras wachsen. Dabei fiel mir folgendes auf: In dem Rasen gab es dicke, kräftige Halme, die viel schneller wuchsen als das Gras drumherum und die förmlich in die Höhe schossen und alles in ihrer Umgebung überragten. Die Bodenwicken wuchsen genau in Richtung solcher hohen Halme und wickelten sich an diesen hoch. Dabei legten sie, um die Halme zu erreichen, zunächst im Rasen oft eine Strecke von bis zu anderthalb Meter zurück.

Ich fragte mich, woher so eine Bodenwicke weiß, dass in anderthalb Meter Entfernung von ihr sich ein hoher Halm befindet? Optik kann hier nicht im Spiel sein, da Wicken ja keine Augen haben. Somit muss eine Bodenwicke über ein unterirdisches Ortungssystem verfügen, über das sie davon Kenntnis hat, dass sich an einem bestimmten Ort in der Nähe ein hoher Halm befindet, zu dem sie dann zielgenau hin wächst und sich dabei durch den Rasen windet.
Interessehalber machte ich einen Versuch und steckte an einer Stelle, die 1 Meter weit von einer Wicke entfernt war, einen dünnen Bambusstab senkrecht in den Boden. Wie ich vermutete, wuchs die Wicke nicht zum Bambusstab, sondern suchte sich in der Umgebung eine andere lebende Pflanze, an der sie sich dann hochwickelte. Dies war für mich ein Beweis dafür, dass meine Vermutung bzgl. unterirdischen Ortungssystems wahrscheinlich richtig war. Die nächste Frage war dann, warum sich Bodenwicken an anderen Pflanzen in die Höhe wickeln. Vielleicht hat das den Grund, dass sie in der Höhe mehr Sonne abbekommen, die sie für bestimmte Wachstumsprozesse benötigen.

Gruß
Kai

Meine Liebe

Sagen denn nicht das hier:

ahd. wicka (9. Jh.),wicke, nl. wikke, asächs. wikka, entlehnt aus lat. vicia ‘Wicke’ (verwandt mit lat. vincīre ‘binden, umwinden’, vītis f. ‘Weinrebe, -ranke’). Nach dem Lautstand der germ. Form (w für v, k- Aussprache des c, westgerm. Geminierung des k vor j und Verschiebung zur Affrikate im Obd.) gehört Wicke in die Schicht der frühesten Entlehnungen aus dem Lat.

und das hier:

mhd. wieche m. f. ‘aus Garn gedrehter Docht, gedrehte Scharpie, Lunte’, mnd. wēke, mnl. wieke, nl. wiek, aengl. wēoce (mit dem Stammsilbenvokal germ. eu) und gleichbed. mhd. (md.) wicke, engl. wick (mit dem Stammsilbenvokal germ. i)

gerade eben etwas über die Verwandtschaft aus?

Ich habe das so verstanden, dass die mittelhochdeutsche wicke (2) nur eine Nebenform der wieche ist und etymologisch nichts mit der wicke (1) zu tun hat. Jetzt, wo du das so schreibst, erscheint mir deine Interpretation zumindest möglich. Aber ich denke doch, es hätte dann einen Verweis von (2) auf (1) gegeben.

Liebe Grüsse aus der sonnigen Ostschweiz (keine Wolke am Himmel, jedenfalls nicht Richtung Bodensee)
11+1

Meine Liebe

Euer Liebden,

Ich habe das so verstanden, dass die mittelhochdeutsche wicke
(2) nur eine Nebenform der wieche ist und etymologisch nichts
mit der wicke (1) zu tun hat.

Jetzt, wo du das so schreibst, erscheint mir deine Interpretation zumindest möglich :smile:)

Jetzt, wo du das so schreibst,
erscheint mir deine Interpretation zumindest möglich. Aber ich
denke doch, es hätte dann einen Verweis von (2) auf (1)
gegeben.

Jetzt wiederum hast du vermutlich sogar unbesehen recht.

Liebe Grüsse aus der sonnigen Ostschweiz (keine Wolke am
Himmel, jedenfalls nicht Richtung Bodensee)

Da beneid ich dich - bei uns scheint die liebe Sonne nur theoretisch, praktisch kann sie den Nebel nicht durchdringen, was faktisch uns da drunten nieselndes Trübwetter beschert.
Aber auf den Almen soll sie auch bei uns strahlen.

Ganz liebe Grüße aus dem Almlos-Viertel, J.

Verwickte Fragen
Hallo Kai

Ich an deiner Stelle würde mich mit dieser Frage weiter nach unten in ein geeignetes Brett begeben (auch wenn sich hier durchaus botanisch begabte Fische und sonstige Menschen tummeln). Zudem so unvermittelt off topic – das erreichen wir hier sonst eigentlich über mehrere Zwischenschritte… :wink:

Aber wenn wir schon dabei sind: Meine Idee wäre, dass sich die Wurzeln so nahe kommen oder gar berühren, dass die Wicke weiss, wohin sie wachsen soll. Manche Pflanzen wurzeln ja sehr ausgedehnt.

Das ist jedoch Spekulatius völlig bar jeder halbwegs konkreten Sachkenntnis.

Noch einen schönen Abend wünscht
dodeka

Hallo Kai

… Aber wenn wir schon dabei sind: Meine Idee wäre, dass sich die
Wurzeln so nahe kommen oder gar berühren, dass die Wicke
weiss, wohin sie wachsen soll. Manche Pflanzen wurzeln ja sehr
ausgedehnt.

Das ist jedoch Spekulatius völlig bar jeder halbwegs konkreten
Sachkenntnis.

Noch einen schönen Abend wünscht
dodeka

Hallo dodeka,
vielen Dank für deine freundliche und interessante Antwort. Ich halte deine These für sehr plausibel.

Gruß
Kai