Hallo,
hm. Mir fallen da mehrere Dinge ein:
-Der Körper wird einfach robuster. Kinderhaut beispielsweise ist sehr zart. Da brennt eine Brennessel bestimmt mehr als bei unserer kräftigeren Erwachsenenhaut. Auch ein Bluterguss nimmt an einem dünnen Kinderarm im Verhältnis mehr Platz ein, das Blut muss ja irgendwo hin.
-Bei der starken Reaktion von Kindern spielt sicher auch das Erschrecken über die eigene körperliche Verletzlichkeit eine Rolle. Als Erwachsener hat man besser gelernt, damit umzugehen. Für viele kleinere Kinder ist gerade das Bluten ja etwas ganz Bedeutsames, und sie betrachten jeden kleinen Kratzer mit heiligem Ernst und erzählen beeindruckt davon. Ich habe nicht den Eindruck, dass das immer mit Schmerz zu tun hat, mehr mit einer Art Ehrfurcht.
Ich denk gerade an einen Jungen, der sich den Finger gequetscht hat. Es ist ihm wichtig, davon zu erzählen und seinen Finger zu zeigen. Er kann aber trotzdem sagen: „Es tut nur noch ein bisschen weh.“ Als es geschehen ist, hat er aber bestimmt - und mit Recht - geschrieen und geweint.
-Ich erinnere mich, vor Jahren mal einen Artikel über Frühgeborene gelesen zu haben. Da stellte man fest, dass ihr Schmerzempfinden eher zunimmt, je häufiger sie durch Blutabnehmen u.ä. Schmerz erfahren.
Das mag sich aber verändern, wenn Kinder älter werden. Vielleicht hat Dein Mann durch seine Krankheit einfach gelernt, gut mit Schmerz umzugehen, ihn nicht so wichtig zu nehmen. Und/Oder er hat spätere Schmerzen an denen der Krankheit gemessen.
-Kinder sind unmittelbarer. Das, was sie jetzt empfinden, empfinden sie ganz und intensiv. Je älter wir werden, desto mehr können wir mit dem, was wir empfinden, umgehen, es einordnen, uns auch mal distanzieren.
Sehr kleine Kinder können oft ja gar nicht angeben, wo ihnen etwas weh tut. Der Schmerz ist für sie ganz da, nicht nur im Arm/ Bauch/ Kopf.
-Und ich bin nicht sicher, ob nicht Kinder auch so versunken und konzentriert spielen können, dass sie gar nicht merken, dass ihnen das Knie wehtut, weil ein Legostein drunter liegt…
-Erwachsene haben hoffentlich insgesamt gelernt, sich besser mit den Unbilden des Lebens zu arrangieren. Die Erwachsenen, die in verzweifeltes Gebrüll ausbrechen, weil sie gerade keine Lust auf Zähneputzen haben, dürften in der Minderzahl sein. Nun gut, es steht auch kein übermächtiger Riese hinter ihnen, der sie dazu nötigt. Ein beachtlicher Teil der Erwachsenen bringt es aber fertig, sich selbst dazu zu nötigen, selbst wenn sie keine Lust haben.
Soweit ein paar Gedanken. Insgesamt glaube ich, dass das Schmerzempfinden eine Mischung aus körperlichem und psychischem Geschehen ist, bei dem man nicht immer fassen kann, welcher Teil wieviel ausmacht.
Viele Grüße,
Jule