Fühlen des eigenen Seins
Hi,
man kann Epikurs Philosophie aus meiner Sicht in etwa folgendermaßen begründen, dass man jeden Augenblick im Hier und Jetzt glücklich sein sollte, nicht im Jenseits, sondern im Diesseits. Dieses existenzielle Grundbedürfnis zieht sich durch alle unsere Bedürfnisse hindurch (also auch durch die so genannte Bedürfnis-Pyramide, wie sie Abraham Maslow lehrte).
Wenn wir Lust und Schmerz als die beiden extremen Pole menschlicher Grundbedürfnisse anerkennen, was uns aber weitgehend UNBEWUSST ist (vgl. die Philosophie von Eduard von Hartmann sowie die Psychologie von Sigmund Freud und seinen Nachfolgern sowie die Erkenntnisse der modernen Hirnforschung!), dann haben wir damit das eigentliche EXISTENZBEDÜRFNIS aller Menschen erfasst, unabhängig davon, an welche politische und religiöse Ideologien die Menschen GLAUBEN, und welcher Kultur, Rasse und Sozialschicht sie angehören, denn durch diese Erkenntnis können wir die Philosophie von Epikur in ihrer ganzen Tragweite begreifen, die Nietzsche zurecht als eine gegen das Christentum gerichtete Philosophie einer Glückseligkeit im Diesseits begriff (Nietzsche der meist zitierte Philosoph der Welt, vor allem der größte deutsche!).
Die Glückseligkeit liegt nach Epikur in der bewussten Erkenntnis und Verwirklichung der Glückseligkeit in der existentiellen Lust und im Vermeiden von Unlust, das heißt, im vermeiden von gefühltem Unwohlsein. Projizieren wir also nicht nur einen „frommen Wunsch“ nach Unsterblichkeit in ein „Jenseits“, sondern verwirklichen wir unsere Glückseligkeit im Hier und Jetzt.
Diese Philosophie von Epikur hat Nietzsche und alle nachfolgenden Existenz-Philosophen stark beeindruckt (der amerikanische Psychologieprofessor Abraham Maslow schreibt: „… dass die europäischen Philosophen und die amerikanischen Psychologen nicht so weit voneinander entfernt sind…“).
Was die amerikanische (humanistische und transpersonale) Psychologie lehrt (wie auch die östliche!), ist das, was auch Epikur vor ca. 2300 Jahren lehrte: Hier und jetzt glücklich zu sein, durch das Fühlen des eigenen Seins als fühlbare Lust, hier und jetzt, jenseits von Leid und Schmerz.
Gruß
C.