Erbe gerecht aufteilen

Sachverhalt: Meine Mutter hat zwei Kinder und bewohnt ein Einfamilienhaus. Da sie schon über 80 Jahre alt ist, will sie das Erbe geregelt wissen. Es herrscht Einigkeit darüber, dass meine Schwester mit ihrem Mann das Haus bewohnen werden. Ich müßte demnach ausgezahlt werden. Mein Vater ist erst kürzlich verstorben und beide Kinder haben zu Gunsten der Mutter auf das Erbe verzichtet. Eine Grundbuchänderung (Vater und Mutter stehen gemeinsam im Gundbuch) steht noch aus.
Meine Schwester kann mich jedoch nicht (vollständig) auszahlen. Meine Mutter möchte nicht, dass der Wert des Hauses hoch angesetzt wird, was ggf. ein Wertgutachten ergeben würde. Ich habe keine Ahnung, was ich tun soll. Ich möchte aber einen gerechten Anteil erben. Daher meine Fragen:

  1. Sollte ein Wertgutachten erstellt werden oder ein fiktiver Wert angenommen werden? Woran kann man das festmachen?
  2. Was sollte ins Grundbuch eingetragen werden? (Gemeinschaftseigentum, 50/50, meine Mutter oder gleich meine Schwester?)
  3. Wie kann die Auszahlung an mich sozial verträglich geregelt werden? Ich bin Mitte 50, meine Schwester 10 Jahre jünger.

1.Die Schwester ist im genannten Fall die Bevorzugte weil sie das Haus mietfrei bewohnen wird. Was hindert sie also daran eine Hypothek auf das Haus samt Grundstück aufzunehmen um Dich auszahlen zu können?
ramses90

Ohne noch „vom Fach“ zu sein- meine persönliche Meinung:

Die Frage nach der Gerechtigkeit ist in diesen Fällen eine sehr große.
Deine Schwester erhält ein Haus- das hat einen Wert und du sollst ausgezahlt werden.

netter Wunsch, der dir nur möglicherweise nicht gerecht wird- was dann?

Ich glaube, es ist GANZ WICHTIG, dass DU für dich klar wirst, was DU willst.
Bei aller Wehmut und „erhalten wollen“- HAT das Haus nunmal einen Wert.

Ich habe schon Familien erlebt, die „zugunsten“ verzichtet haben und die damit total stimmig leben konnten.
Vermute aber auch, dass - wie jetzt- die Liebe und die Wünsche der Mutter- nicht unbedingt ein Leben lang halten um ein gutes Gefühl bei zuwenig Geld zu behalten.

Letztlich kann man ein Haus verkaufen- das Geld teilen- DAS ist dann wahrlich fair für die Angehörigen.

Hallo,

Zwickmühle… So ein Haus hat im Erbschaftsfall zwei Werte (drei, wenn man den moralischen Wert „Elternhaus“ mitrechnet): zum einen die Ersparnis an Miete, zum anderen der Preis, der bei einem Verkauf erzielt werden könnte.

Bei Erbauseinandersetzungen, die mir bekannt sind, wird im Allgemeinen letzterer Wert angesetzt.

Nun ja, stell Dir mal vor, das Haus besäße einen hypothetischen Verkaufswert von 200 T€. Dann würde den beiden Kindern je 100 T€ zustehen. Wenn eines der Kinder das Haus übernehmen wollte, müsste es das andere Kind mit 100T€ auszahlen. Das wäre gerecht. Wenn nun das Haus, auf Grund des Wunsches der Mutter nur mit 100 T€ bewertet werden würde, dem entsprechend nur 50 T€ ausbezahlt werden würden, würde das 2. Kind deutlich übervorteilt werden. Deutlich würde das werden, wenn das erste Kind das Haus verkaufen würde (weil es z.B. auf Grund einer Arbeitsstelle umziehen wollte/müsste). Dieses Kind hätte plötzlich 150 T€ „übrig“.

Also ja, es sollte der Wert der Immobilie ermittelt werden.

Will die Mutter das Haus der Schwester jetzt schon schenken? Oder will sie es bis zum Ableben weiter alleine bewohnen und erst dann vererben?

Die Schwester könnte, wie schon von @ramses90 geschrieben, eine Hypothek auf das Haus aufnehmen und daraus den finanziellen Ausgleich bezahlen.

Wenn die restlichen grob 25 Jahre Berufsleben nicht ausreichen, um die Hypothek zurück zu zahlen, wäre vielleicht ein Verkauf des Hauses mit anschließender Aufteilung des Erlöses und Kauf eines kleineren Hauses eine sinnvolle Variante.

Grüße

Erst mal vielen Dank an alle, die hier was beigetragen haben. Das hilft mir schon mal weiter.

Es ist so, dass meine Mutter demnächst in eine Mietwohnung umzieht, da ihr das Haus und der Garten zu viel Arbeit sind für eine alte Person. Dann wird meine Schwester schon einziehen. Ich hoffe, meine Mutter lebt noch lange aber die Sache mit dem Haus soll schon mal geregelt werden. Meine Schwester hat durchschnittliches Einkommen und mein Schwager hat eine Immobilie mit kräftig Schulden drauf. Ein Verkauf ist gewollt aber schwierig und wird kein Plus abwerfen. Das Haus der Mutter selbst ist klein, das Grundstück jedoch in guter Lage. Dach und Dielen müssen erneuert werden. Meine Mutter möchte nicht, dass meine Schwester zu viele Schulden macht. Meine Schwester will aber unbedingt dort wohnen und nicht verkaufen. So ist die Lage…

Eine Frage dazu:
Angenommen die Mutter lässt ein lebenslanges Wohnrecht für die Tochter (Schwester) für das Haus eintragen Damit sollte doch der Wert des Hauses gegen Null gehen und das Auszahlen des halben Wertes an die andere Schwester wesentlich einfacher sein ?
Ginge sowas?

Auch ich hoffe natürlich, dass sie so lange glücklich und gesund lebt, wie sie es möchte. Sachlich auch über solche Themen wie den Tod zu reden, ist eine meiner Eigenheiten - damit will ich niemanden angreifen, irritiere aber öfter Menschen…

Auch hier rein sachlich: manchmal im Leben muss man einen Schnitt machen. Es kann sinnvoll sein, so eine Immobilie auch ohne Gewinn zu veräußern, einfach, weil der Streß und die Belastung der Schulden verschwinden. Ohne diese dauernde Last kann das Leben deutlich lebenswerter werden. Aber letzten Endes ist das weder meine, noch (so denke ich zumindest) Deine Entscheidung. Das müssen die Schwester und ihr Mann unter sich ausmachen - auch sollte es für den Fall des Hauses der Mutter keine Rolle spielen.

Und auch hier sachlich: was ist wichtiger? Dass sich die beiden Geschwister auch in 5, 10 und 20 Jahren noch ohne Groll in die Augen sehen können, oder dass der Wunsch der Mutter erfüllt wird? Ich bin mir bewusst, dass alle drei Personen Abstriche machen werden müssen …

Ich möchte auch gerne mal wieder 3 Wochen in Canada Urlaub machen - ich kann es mir auf absehbare Zeit aber nicht leisten…

Wenn das ganze gerecht für beide Erben geklärt werden soll, sich die Schwester aber die Auszahlung nicht leisten kann, kann sie dort nicht einziehen, so gerne sie das auch möchte …

Und so muss sich auch Deine Familie einen Kopf machen. Die Mutter könnte der Schwester das Grundstück schenken. Dann wäre die Sache vor dem Todesfall geregelt (wobei ich meine, mich zu erinnern, dass die Schenkung angefochten werden kann, wen der Erbfall in X Jahren eintritt).

Ihr könntet Euch natürlich auch einigen, dass die Schwester das Grundstück zu Lebzeiten übernimmt und die Hälfte des Wertes in Raten an Dich bezahlt - quasi wie eine Miete. So lange diese Schuld nicht abgetragen ist, stehen beide Kinder im Grundbuch.

Ich denke mal, eine Beratung durch einen Anwalt und Notar kann sicher hilfreich sein. Auch weil ein solcher Vertrag zwischen Mutter und den beiden Kindern notariell beglaubigt werden sollte. Ich kenne genügend Fälle aus meinem näheren und ferneren Umkreis, wo sich eine der Parteien einige Zeit nach dem Vertrag per Handschlag nicht mehr an die Modalitäten „erinnern konnte“. Dieses Forum ist voll solcher Fälle …

Ich hoffe, dass Ihr Euch gütlich zur Zufriedenheit aller einigen könnt.

Grüße
Pierre

6 Like

Dir ist aber schon klar, das mit dem Grundstück auch das Haus dabei ist?
Haus und Grundstück sind in D immer eine Einheit! Es geht also weder Haus ohne Grundstück, wie bebautes Grundstück ohne Haus verkaufen oder erwerben.
ramses90

Ja, klar, natürlich. Ich bin nur zu faul jeweils „Haus und Grundstück“ zu schreiben. :wink:

Ist in Eure Überlegungen eigentlich auch eingeflossen was wäre wenn die die Mutter mal zum Pflegefall werden sollte?

Na ja, dann sollte sie sich das, nicht auf Deine Kosten, auch leisten können.
Nach allem was Du so schreibst ergibt sich für mich das Bild einer bevorzugten Tochter an dem die Tochter selbst kräftig mitarbeitet.
ramses90

Hallo,

wie immer: ganz einfach ist es nicht.

Das Haus gehört im Moment Deiner Mutter. Welche Ansprüche hat sie noch, bzw. entstehen noch daraus? Auch wenn sie in eine Mietwohnung zieht, kann sie die Kosten finanziell stemmen, oder müssen die Kinder mit einstehen? Muss eventuell die Immobilie „herhalten“?

Wer würde sich ggf. um Deine Mutter kümmern, wenn sie sich nicht mehr selbst versorgen kann?

Von einem möglichen Gebäudewert müssen diese Ansprüche/Unkosten abgezogen werden.

Erstmal solltet Ihr Euch darüber einigen, was hier unter „Wert“ zu verstehen ist. Und warum kann Deine Schwester dich nicht vollständig auszahlen?
Gibt es die Möglichkeit eine Person als Vermittler zuzuziehen, dem alle vertrauen?

Vorschlag:
Deine Schwester zahlt Dich in Raten aus.
Sie wird Alleineigentümerin, Deine Ansprüche werden mit einer Grundschuld abgesichert.
Näheres sollte mit dem Notar abgesprochen werden, die die Übergabe beurkunden muss.

Gruss
Jörg Zabel

Mit ihrer Rente und der Witwenrente kann meine Mutter eine Mietwohnung und alle Lebenshaltungskosten abdecken. Im Falle der Pflegebedürftigkeit müssten wir Kinder aber sicher etwas zuzahlen.

Das ist ein Wunsch, den ich nachvollziehen kann.
Der kann nur erfüllt werden, wenn der Wert des Erbes bekannt ist.
Das kann meiner Meinung nach nur ein neutraler Gutachter machen.

Daher meine Antworten:

  1. Ja, Wertgutachten.
  2. Ins Grundbuch wird eingetragen, wer JETZT Eigentümer ist. Sollen deiner Schwester schon jetzt 50% geschenkt werden, dann muss das so eingetragen werden. Über das genaue Vorgehen unterrichtet euch der Notar. Freibetrag Schenkungssteuer: 400.000€, also vermutlich keine Steuerzahlung. Falls der Erbfall innerhalb von 10 Jahren nach der Schenkung eintritt, so erhöht sich dein Pflichtteilanspruch. Im ersten Jahr nach der Schenkung wird diese zur Berechnung des Pflichtteils voll angerechnet, dann jedes Jahr 10% weniger, nach zehn Jahren bleibt die Schenkung unberücksichtigt.
    Eine Teilübertragung des Grundstücks an die Tochter stellt dich also deutlich schlechter. Und da wir alle davon ausgehen, dass deine Mutter ein langes Leben haben wird, läuft es am Ende daraus hinaus, dass die Schenkung an deine Schwester in ganzem Wert das Erbe schmälert.
    Es sollte der Mutter erklärt werden, dass eine vorweggenomme Schenkung nichts anderes als eine Teil-Enterbung von dir ist. Das muss sie alleine entscheiden.
  3. Falls deine Mutter Alleineigentümerin am Grundstück bleibt und irgendwann in ferner Zukunft der Fall eintritt, über den wir reden, ohne an ihn denken zu wollen, dann seid ihr 50:50 Erben.
    Man kann nun eine Menge regeln, vor allem sollte man es freundschaftlich und gerecht machen.
    Nicht selten hat man eine Erbengemeinschaft, die sich streitet - und am Ende wird das Grundstück genau deswegen versteigert und man verliert die gute Beziehung zur Schwester, eine Menge Geld und die Erinnerungen an das Haus, was nun einem Fremden gehört.

WIE man das regelt?
Einbernehmlich kann man vieles regeln, was das Gesetz nicht automatisch vorsieht, aber erlaubt.
Deine Schwester soll anschließend im Haus wohnen. Dann sollte sie es auch besitzen, finde ich. Du solltest also einen finanziellen Ausgleich bekommen. Genannt wurde schon die Hypothek und anschließend die Auszahlung des 50% Anteils. Übrigens kommt hier der Punkt, weswegen ein Gutachten sinnvoll ist:
Die Schwester wird bemerken, dass sie das Haus ggf. umbauen und renovieren will, ihr wird der Wert also niedriger vorkommen, als er in Wirklichkeit ist. Da hat eine neutral ermittelte Summe schon eine wichtige Rolle!
Zur Zeit wohnt die Schwester zur Miete? Die Mietzahlungen fallen ja weg - man könnte auf dieser Basis eine Ratenzahlung deines Erbanteils vereinbaren. Gehen wir nochmal von 150.000€ aus und einer Miete von 700€ aus, dann dauert das allerdings 18 Jahre. Man müsste das eigentlich auch verzinsen!
Merkt deine Schwester nun an, dass sie dann ja auch gleich weiter zur Miete wohnen könnte und dass sie ja nun auch viel höhere Nebenkosten zu tragen habe, dann hat sie ein wenig Recht. Aber sie hat dann auch ein Haus, was sie weiter vererben kann.
Man müsste also auch wissen, wie deine Schwester so denkt und was sie plant - vor allem aber, wie ihre finanzielle Situation aussieht.

Oh, oh.

Weißt du, was ich denke?
Ich denke, dass Reparaturen, Renovierung, Sanierung und Umzug so viel kosten werden, dass für dich keine Zahlungen möglich sind, vermutlich denkt deine Schwester auch nicht wirklich daran.

Ich denke, dass deine Schwester sich das nur leisten kann, wenn sie das Grundstück komplett bekommt, also als Schenkung, ohne Zahlungen an dich.

Vielleicht sollte man zuerst offen mit der Mutter sprechen, was IHR Wunsch ist.
Will sie das Grundstück einzig und alleine der Tochter schenken, so dass du keinen Anteil bekommst?

2 Like

Vielen Dank an alle! Ich habe jetzt eine Vorstellung, mit der ich in die Familienrunde gehen kann.

Du erbst ganz regulär das halbe Haus und fertig. Ob du von deiner Schwester für das Wohnen viel oder wenig Miete nimmst, bleibt dir überlassen. Wenn sie genug Geld zusammen hat, kann sie dir ja die Hälfte abkaufen. Und wenn sie sich von ihrem Mann trennt, kannst du ihr die Hälfte abkaufen.