Hallo zusammen,
Im letzten Jahr wurde das deutsche Rentner Ehepaar W. (67,70) auf den Philippinen im eigenen Haus umgebracht. Hintergrund sind wahrscheinlich Nachbarschaftsstreitigkeiten gewesen. Die Polizei hat den Fall nicht aufklären können. Es ist also auch nicht bekannt wer zuerst starb. Das Ehepaar W hat keine gemeinsamen Kinder. Herr W. hat aus erster Ehe 2 Kinder, die beide bereits das Erbe abgelehnt haben. Frau W. (gebürtige Filipina, aber seit 40 Jahren deutsche Staatsangehörigkeit) hat eine uneheliche Tochter (50), die heute in Belgien lebt. Diese Filipina lehnt das Erbe ebenfalls ab. Bleibt die Tochter S. (40). von Frau W. aus erster Ehe übrig, die sich nun dem ganzen annimmt.
Es geht um ein Haus mit Grundstück im Wert von rund 100.000 Euro auf den Philippinen. Haus und Grund laufen auf die Namen Herr und Frau W.
Sara S wohnt ihn NRW und kommt dort nicht wirklich weiter mit dem Erbschein. Die Kernfrage ist die Zuständigkeit. Deutschland oder Philippinen? Ich diesen Anfrage text entsprechend den kommenden Fragen entsprechend mit mehr Informationen versehen.
Danke vielmals für Eure Hilfe.
Christoph von den Philippinen
Das ist eine so komplexe Geschichte, dass man sie hier nicht ansatzweise beantworten und lösen kann. Da braucht es einen Spezialisten im Erbrecht (das muss nicht unbedingt ein Fachanwalt für Erbrecht sein) und, wenn man den finden würde, dann natürlich jemand, der sich speziell auf den Philippinen auskennt und der dort auf einen schon vorhandenen Korrespondenzanwalt zurück greifen kann. Wenn man den nicht findet, dann braucht es zumindest einen engagierten Kollegen mit guten grundsätzlichen Kenntnissen im internationalen Erbrecht, der sich recht schnell bzgl. Philippinen einarbeitet und sich dann vor Ort ggf. noch einen passenden Korrespondenzanwalt sucht.
Und ganz billig wird so eine Sache nicht, da damit nicht ganz unerheblicher Aufwand verbunden ist, den die Kollegen üblicherweise nicht nach RVG sondern nach Stundensatz und Aufwand vergütet haben wollen. Ich betreue hier seit einiger Zeit pro bono einen jungen Mann mit pakistanischem Hintergrund u.a. auch in einer Erbsache. Wenn ich den Aufwand abrechnen würde, …
Danke für deine ausführliche Antwort WIZ.
Ich bin ein Bekannter/Freund der Tochter S. und lebe seit 22 Jahren auf den Philippinen.
Zwischenzeitlich habe ich meinem philippinischen Anwalt (den ich schon lange kenne) eine SPA (special power of attorney) , also eine Generalvollmacht besorgt. So richtig mit Apostille vom deutschen Gericht. Wir haben dann entsprechend von der philippinischen Polizei das Haus übergeben bekommen. Natürlich kenne ich, nach der langen Zeit hier lebend, auch viele deutsche Botschaftsangehörigen und denke, dass wir hier auf den Philippinen nun ganz gut aufgestellt sind. Ich denke die Grundsatzfrage ist, welches Land ist zuständig.
Und die ist unter Umständen eben leider nicht so ganz einfach zu beantworten. Es gibt da je nach Fallkonstellation und beteiligten Ländern mehr oder weniger viele Regelungen, die sich an Staatsangehörigkeit, gewöhnlichem Aufenthalt, besonderen Nachlassgegenständen (insbesondere bei Immobilien das lex rei sitae, also dem Recht des Standorts), … festmachen und gerne auch mal widersprechen können. Und diese Regelungen müssen für einen Staat nicht mal so einfach wie bei uns für den gesamten Staat und alle seine Bürger gelten, sondern können sich auch noch innerstaatlich unterscheiden (in Pakistan z.B. nach Religionszugehörigkeit und damit in meinem Fall nach der Sharia). Und die Frage der Zuständigkeit ist nur ein Teil der Geschichte, weil die Zuständigkeit von der Anwendbarkeit des Rechts abweichen kann. D.h. es gibt Fälle, in denen ein deutsches Gericht zuständig ist aber ausländisches Recht anwenden muss, und hierbei dann auch noch so Kleinigkeiten wie das ordre public berücksichtigen muss, also dass die Anwendung ausländischen Rechts ihre Grenzen in den grundsätzlichen Wertvorstellungen unseres Rechtssystems ihre Grenzen findet oder die Frage der Annahme von Rückverweisungen.
Jemand der sich speziell im Verhältnis Deutschland Philippinen bereits auskennt, kann so etwas mehr oder weniger so „rauslaufen lassen“. Jeder andere muss sich da erst einlesen und kann aufgrund der möglichen Komplexität auch vorher den Aufwand dafür kaum abschätzen. Mag sein, dass die Sache trivial ist, mag aber auch sein, dass man sich damit eine halbe Ewigkeit beschäftigen muss und gewisse Widersprüche erst gerichtlich im Rahmen eines Verfahrens klären darf.
Hallo Wiz,
danke nochmals. Die Philippinen sind nach 350 Jahren spanischer und 50 Jahren amerikanischer Herrschaft das am meisten europäisch geprägte Land Süd Ost Asiens. Die Gesetze sind sehr einfach gehalten, und stammen zum Großteil aus den 1950ern, amerikanisch geprägt würde ich mal sagen.
Ich such mir jetzt mal einen Anwalt in NRW der mir einen Vorschlag machen soll.
Nachtrag : Herr und Frau W. waren deutsche Staatsbürger mit Daueraufenthaltsvisa auf den Philippinen.
Weil es mich jetzt interessiert hat, habe ich mal etwas zur Rechtsordnung gegoogelt. Und mit der wirst Du alle Kollegen „begeistern“ können, die nicht gerade so wie ich internationalrechtlich leidensfähig bis masochistisch veranlagt sind. Das ist eine bunte Mischung aus civil law (wie bei uns in Deutschland), also detailliert ausformulierten Gesetzen, die dort auch für deinen Fall dankbarerweise im Immobilienrecht gelten und common law wie im anglo-amerikanischen Bereich (wunderbarerweise für deinen Fall u.a. auch im Bereich des Zivilprozessrechts) mit eigentlich viel Richterrecht. Hier aber mit der weitgehenden Einschränkung auf Entscheidungen des Supreme Courts. Also vermutlich so ähnlich wie in Japan.
Jedoch kommt hier familienrechtlich im Süden noch muslimischer Einfluss hinzu. Also vermutlich die Scharia mit geeigneter Auslegung (ggf. nur auf die Muslime anwendbar?). Da wären wir dann wieder nahe an meiner aktuellen Situation der Rechtsspaltung nach Religionen in Syrien.
Also alles „ganz einfach“
Was die Aufenthaltserlaubnis angeht, so wird die ggf. ein Indiz für den „gewöhnlichen Aufenthalt“ sein können, der z.B. in Deutschland für die Anwendbarkeit deutschen Rechts auf Erbfälle von Ausländern herangezogen wird. Wobei „Recht zum Aufenthalt“ natürlich etwas anderes als der tatsächliche gewöhnliche Aufenthalt ist. Dazu wird mal also ggf. mehr belegen müssen, wenn sich diese Frage stellen sollte.
Guten Morgen aus den Philippinen Wiz,
Ich habe noch mal nachgeschaut, der (deutsche) Mann hatte permanent Residenz. Also dauerhafte Aufenthalts Genehmigung.
Die Frau hatte als gebürtige Filipina ja inzwischen die deutsche Staatsbürgerschaft durch Heirat und Aufenthalt bekommen, was sie dazu verpflichtet die philippinische Abzulegen.
Nur wird das lax gehandhabt, und ich sehe auf dem Totenschein das sie da als Filipina aufgeführt wird. Das macht die Sache nicht einfacher. Doppelte / mehrfache Staatsangehörigkeit - Auswärtiges Amt (diplo.de)
Hallo nochmal Wiz,
Ich hatte eben ein langes Gespräch mit jemanden von der deutschen Botschaft in Manila, der auf Erbrecht spezialisiert ist.
(Leider ab Montag 5 Wochen in Urlaub).
Beispiel 1
Es stirbt ein Tourist auf den Philippinen, hat aber Besitz auf den Philippinen. (Auto, Moped, Bankkonto usw).
Hier wird deutsches Recht angewandt (Erbschein Deutschland)
Beispiel 2
Ein deutsches Rentner Paar lebt permanent mit permanent Visa auf den Philippinen. Über Ihren Nachlass auf den Philippinen wird von philippinischen Gerichten entschieden.
Hintergrund : Nicht die Staatsbürgerschaft ist entscheidend welches Land zuständig ist, sondern wo der Lebensmittelpunkt stattfand.
Den falschen Totenschein wird man voraussichtlich berichtigen lassen müssen, da dessen Verwendung im weiteren Verfahren sonst ggf. abgelehnt/zu Problemen führen wird. Da das vermutlich kein großer Aufwand ist und unmittelbar vor Ort erledigt werden kann, sollte man das ggf. schon mal gleich erledigen. Das wird auch kaum Geld kosten und man kommt dann ohne zusätzliche Behinderungen durch dieses Problem durchs weitere Verfahren.
Zum Thema „Recht des gewöhnlichen Aufenthalts“ hatte ich ja oben bereits geschrieben. Da sind die Titel ein Indiz. Man wird aber hierzu zusätzlich vortragen müssen. Nur weil man irgendwo wohnen darf, heißt das ja nicht, dass man dies auch tatsächlich gemacht hat.