Erbschaft und Erbschaftssteuer

Nachfolgend folgender zugegeben sehr unwahrscheinlicher, aber natürlich nicht unmöglicher Fall. Ich schildere es mal mit meinem Kenntnisstand, bitte prüfen und ggf. korrigieren.

Es gibt 4 kinderlose Brüder, Eltern und Großeltern sind bereits verstorben. Ich nenne sie mal Bruder 1, Bruder 2, Bruder 3 und Bruder 4. Bruder 1 hat 1 Million Euro auf dem Konto, die Brüder 2, 3 und 4 sind jeweils mittellos.

Bruder 1 verstirbt und hat seinen Bruder 2 mit Testament zum Alleinerben bestimmt. Das Finanzamt berechnet die Erbschaftssteuer. Es gibt einen Freibetrag von 20 T€; von den dann verbleibenden 980 T€ werden bei Erbschaftsvermögen bis 6 Mio. € 30 % Erbschaftssteuer berechnet (wobei ich mir nicht sicher bin, ob bis 600 T€ nur 25 % berechnet werden und nur von den verbleibenden 380 T€ dann 30 %). Unter Geschwistern gibt es meines Wissens auch keine Pflichtteilsansprüche, so dass Bruder 2 dann 294 T€ (30 % von 980 T€) Erbschaftssteuer zahlen muss. Folglich verbleiben ihm 706 T€ (1 Mio. € abzüglich 294 T€).

Ein halbes Jahr später stirbt Bruder 2, hat von seinem geerbten Vermögen nichts verbraucht und hat per Testament Bruder 3 als Alleinerben eingesetzt. Hier werden dann 205,8 T€ Erbschaftssteuer fällig (706 T€ abzüglich 20 T€, davon 30 %). Verbleiben also 500,2 T€.

Ihr werdet es ahnen, wieder halbes Jahr später stirbt Bruder 3, er hat Bruder 4 als Alleinerben eingesetzt. Abzüglich 120,05 T€ Erbschaftssteuer (hier nur 25 %) müssten ihm 380,15 T€ verbleiben.

Stimmt alles wie dargestellt? Kann der Staat in einem solchen Fall tatsächlich innerhalb eines Jahres im Ergebnis rund 62 % des ursprünglich bei Bruder 1 vorhandenen Vermögens über die Erbschaftssteuer kassieren? Bei 25 % Erbschaftssteuer bis 600 T€, ist es natürlich entsprechend weniger, aber immer noch hoher Anteil.

Vielen Dank im voraus für eure Bemühungen.

Robert

Abgesehen davon, dass Du die Erbfallkosten, die pauschal mit € 10.300,-- angesetzt werden können, nicht berücksichtigt hast, stimmt das grundsätzlich schon so, da jeder Erbfall auf Seiten der Erben einen eigenen steuerpflichtigen Erwerb darstellt.

Aber man wäre natürlich bei einem solchen Vermögen und keinen näheren Verwandten als den Brüdern natürlich auch mit dem Klammerbeutel gepudert, in einer solchen Kette Alleinerben einzusetzen. Vielmehr würden die Brüder bei anständiger Beratung zusehen, möglichst viele Erben einzusetzen, die dann jeweils für sich den Freibetrag gelten machen können und bei denen der steuerpflichtige Erwerb dann auch niedriger ausfällt, was zu einem niedrigeren Steuersatz führt.

Die von Ihnen beschriebene Berechnung der Erbschaftssteuer für den Fall, dass Bruder 1 stirbt und sein Vermögen auf seine Brüder übergeht, scheint im Großen und Ganzen korrekt zu sein.

Es ist korrekt, dass es einen Freibetrag von 20.000 Euro gibt und dass bei Erbschaftsvermögen bis 6 Millionen Euro 30 % Erbschaftssteuer berechnet werden. Allerdings beträgt der Steuersatz für Erbschaftsvermögen bis 600.000 Euro nur 15 % und steigt dann stufenweise an. Für den Betrag von 600.001 Euro bis 6 Millionen Euro beträgt der Steuersatz dann 30 %.

Es ist auch korrekt, dass es unter Geschwistern keine Pflichtteilsansprüche gibt, so dass Bruder 2 tatsächlich 294.000 Euro Erbschaftssteuer zahlen müsste, wenn er das gesamte Vermögen von Bruder 1 erbt.

Wenn Bruder 2 dann stirbt und sein Vermögen an Bruder 3 geht, muss dieser in der Tat 30 % Erbschaftssteuer auf den Betrag zahlen, der nach Abzug des Freibetrags von 20.000 Euro verbleibt. Es ist auch korrekt, dass Bruder 4 dann nur 25 % Erbschaftssteuer auf den verbleibenden Betrag zahlen muss.

Insgesamt ist es möglich, dass der Staat in einem solchen Fall innerhalb eines Jahres einen beträchtlichen Anteil des ursprünglichen Vermögens über die Erbschaftssteuer kassiert. Dies hängt jedoch von der Höhe des Vermögens und der Anzahl der Erben ab, die das Vermögen nacheinander erben. Es gibt jedoch auch Möglichkeiten, die Erbschaftssteuer durch eine gezielte Vermögensplanung zu reduzieren.

Ja, stimmt, Bestattungskosten muss man auch noch berücksichtigen.

Im Ergebnis also tatsächlich so, dass in Extremfällen ein hohes Vermögen durch wiederholt fällige Erbschaftssteuer drastisch reduziert werden kann. Danke für die Antworten.

Robert

dass die bei kluger Planung und Gestaltung erhobene ErbSt sich in der Größenordnung „Hintergrundrauschen“ bewegt - mal ganz unabhängig davon, dass man sich bei jeder Erbschaft fragen kann, welche Leistung genau die Erben eigentlich für das Vermögen erbracht haben, das ihnen zufällt.

Glück auf!

MM

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Danke nochmal für Eure Hilfe. Glaube, bei meinem Beispielfall habe noch vergessen, dass alle Brüder ledig sein müssen, sonst spielt wieder das Thema Pflichtteilsanspruch des Ehegatten eine Rolle.

Hallo,

Entschuldigung, muss jetzt nochmal wegen Thema Erbschaftssteuer nachfragen. Nehmen wir unseren dargestellten Fall mit der Änderung, Bruder 1 hat nicht 1 Mio. € Guthaben auf dem Konto, sondern Aktien e i n e s Unternehmens mit einem Kurswert 1 Mio. €. Und nehmen wir weiter an, Bruder 1 hat einen Sohn. Zur Erinnerung: Bruder 1 setzte Bruder 2 als Alleinerben ein.

Dummerweise einen Tag nach dem Tod von Bruder 1 „löst“ sich der Kurswert der Aktien größtenteils auf - aus den 1 Mio. € werden 10 T€ Kurswert. Man denke z. B. an einen Kursverfall der wirecard-Aktien 2020 oder aktuell Leoni oder Credit Suisse. Das kann ja innerhalb von wenigen Minuten passieren.

Was kommt hinsichtlich Erbschaftssteuer und in diesem Fall wohl auch Pflichtteilsansprüche auf Bruder 2 zu? Ich nehme mal an, entscheidend ist das Vermögen am Todestag von Bruder 1. Muss Bruder 2 dann 294 T€ Erbschaftssteuer (bzw. evtl. etwas weniger, falls bis 600 T€ Vermögen keine 30 % zu zahlen sind) zuzüglich noch 500 T€ an den Sohn von Bruder 1 als Pflichtteil zahlen und bleibt dann auf jede Menge Schulden sitzen?

Jetzt ist es nach meinem Kenntnisstand so, Bruder 2 hat zwar das Recht das Erbe innerhalb eines Monats auszuschlagen, nachdem er davon Kenntnis hat, dass er Alleinerbe ist. Aber ich frage mich, bleibt das dargestellte Problem für Bruder 2 nicht trotzdem?

Er kann die Aktien zum Wegfall des Kursrisikos ja nur dann verkaufen, wenn er Erbe ist. Bruder 2 nimmt sagen wir mal um 14:00 Uhr das Erbe an und um 14:01 Uhr stürzt der Kurs ab, noch bevor er überhaupt davon Kenntnis erlangt und der Bank einen Verkaufsauftrag geben kann.

Und dann gibt es soweit ich weiß noch die Möglichkeit, die Haftung des Erben auf das Erbschaftsvermögen zu beschränken. Aber ist das überhaupt hier eine Lösung?

Robert