Erdachse neigt sich im Jahrestakt: Falsch!
Hallo, Ingo,
deine Aussage
Die Präzession führt de facto zu einer Verschiebung der
Jahreszeiten bzgl. des Jahres. In 13000 Jahren wäre bei uns
hier im Norden der Winter in den Monaten Juni bis August.
ist falsch. Jedenfalls wenn wir davon ausgehen, dass der gregorianische Kalender in 13000 Jahren auch noch gilt. Unser Kalender ist seit Julius Caesar darauf ausgerichtet, dass der Frühlingsanfang (wenn die Sonne den Äquator von Süden nach Norden überschreitet) möglichst dicht an den 21. März fällt - genau zu diesem Zweck wurden die Schaltjahre eingeführt. Dies stellt aber sicher, dass die Jahreszeiten sich eben nicht verschieben!
Die Wirkungen der Präzession sind andere:
- Was sich verschiebt, das ist der Frühlingspunkt, also der Schnittpunkt des Himmelsäquators mit der Ekliptik (der scheinbaren Sonnenbahn), wo die Sonne zu Frühlingsanfang steht. Der Frühlingspunkt heißt auch Widderpunkt, weil der Frühlingspunkt im Sternbild Widder lag, als vor über 2200 Jahren die Astronomen des klassischen Griechenland die 12 „Sternzeichen“ des Jahreskreises festlegten. Heute liegt der Frühlingspunkt im Sternbild Fische, und er wird weiterwandern in den Wassermann, Steinbock, Schütze usw.: nämlich „rückläufig“, also entgegen der scheinbaren Sonnenbewegung.
Was die Präzession also ändert, ist der Lauf der Sonne durch die Sternbilder der Ekliptik. Vor 2000 Jahren wurde man „im Sternzeichen Widder geboren“, wenn man zwischen dem 20. März und 20. April geboren wurde. Damals durchwanderte die Sonne auf ihrem Jahreslauf gerade das Sternbild Widder. Heute durchwandert die Sonne vom 12.3. bis 19.4. das Sternbild Fische - durch das Sternbild Widder wandert sie erst vom 19.4. bis 14.5…
Man wird also in 13000 Jahren die jetzigen Sommersternbilder Schwan und Adler am Winterhimmel sehen und die jetzigen Wintersternbilder rund um Orion am Sommerhimmel.
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Die zweite sichtbare Wirkung der Präzession ist der Verlust unseres Polarsterns, der ja zurzeit dicht am Himmelsnordpol steht. Da die Präzession die Ausrichtung der Erdachse ändert, wird der jetzige Polarstern seinen Status mehr und mehr verlieren: In rund 14000 Jahren wird die die Wega 2,5° nahe am Himmelsnordpol stehen, die jetzt noch rund 26° davon entfernt ist.
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Das gesamte Koordinatensystem des Himmels ändert sich mit der Verlagerung der Erdachse: Der Nordpol als der Punkt, an dem die Verlängerung der Erdachse die Himmelskugel trifft, durchläuft in knapp 26000 Jahren einen Kreis von ca. 23° Winkeldurchmesser, und natürlich verschiebt sich damit auch der Himmelsäquator, der immer senkrecht zur Erdachse steht.
Für alle, die noch nicht verstanden haben, wie die Jahreszeiten zustande kommen, obwohl sich die Erdachse NICHT im Jahrestakt neigt:
http://home.arcor.de/mucu/jahreszeiten.jpg zeigt ein Bild aus dem Brockhaus von 1894. Es unterliegt daher keinem Copyright mehr.
Die Erde bewegt sich im Jahreslauf einmal um die Sonne (S) in der Mitte. Norden ist oben.
A = Frühlingsanfang, die Sonne steht über dem Äquator, die Erde wird vom Nordpol bis zum Südpol beleuchtet.
B = Sommeranfang, die Sonne erreicht ihre nördlichste Breite, die Nordhalbkugel bekommt viel mehr Sonne als die Südhalbkugel.
C = Herbstanfang, die Sonne steht über dem Äquator, die Erde wird vom Nordpol bis zum Südpol beleuchtet.
D = Winteranfang, die Sonne erreicht ihre südlichste Breite, die Nordhalbkugel bekommt viel weniger Sonne als die Südhalbkugel.
Wie man sieht, bleibt die Erdachse stets gleich ausgerichtet.
Gruß, Helmut