Hi!
Einen interessanten Beitrag zum Erfurter Amoklauf liefert Prof. Dr. Jo Groebel vom Europäischen Medieninstitut. Ende der 90er hat er für die UNESCO eine weltweite vergleichende Studie zur Frage der Mediengewalt durchgeführt. Seine Thesen:
Es existiert eine starke Beziehung zwischen der Jugendkultur und der globalisierten Gewaltkultur. Dabei gibt es fünf Belohnungsfaktoren, die in der Gesellschaft verankert sind:
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Viele männliche Jugendliche suchen den „Kick“ durch extreme Reize wie etwa Risikosportarten (z.B. Bungee-Jumping)
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In den Medien werden siegreiche Helden mit einem hohen Status versehen, auch und gerade wenn diese Helden Gewalt anwenden
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Gewalt wird zunehmend von der Gesellschaft als angemessenes Mittel im Sinne eines Ventils für Ärger und Problemverarbeitung angsehen
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Die Medien vermitteln den Anschein, mit einer Waffe in der Hand kann man jene Gewalt und Macht ausüben, die einem sonst verwehrt wird
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Gewalt ist Kult. Gewalt gilt in Kreisen Jugendlicher als „hipp“, und um dazuzugehören, muß man Gewalt als soziale Haltung befürworten.
Die Folgen: Gewalt erscheint den Jugendlichen durch die selbstverständliche Präsentation in den Medien als normal und wird dadurch zum Lösungsmittel für Probleme. Die Gewöhnung an extreme Formen der Gewalt führt zu einer Abnahme des Mitgefühls, außerdem verwischen durch den Einfluß der Medien die Grenzen zwischen Realität und Fiktion.
Hinzu kommt, daß in dieser Gesellschaft die Sichtbarkeit des Einzelnen in den Medien zu einem beherrschenden Wert geworden ist (der Erfurter Amokläufer sprach bekanntlich auch davon, daß sein Name bekannt werden solle).
Originaltext: Europäisches Medieninstitut
http://de.news.yahoo.com/020429/27/2qtik.html
Schärfere Waffengesetze nutzen da recht wenig. GB hat in Europa die schärfsten Waffengesetze. Die Anzahl der illegalen Waffen ist trotz Gesetzesverschärfung drastisch gestiegen. Wer also heute nach schärferen Gesetzen schreit, doktort wieder nur an Symptomen herum. Die Ursache - die Nachlässigkeiten in der Erziehung unserer Kinder - bleiben mal wieder außen vor. Solange wir in der Gesellschaft die „völlige Grenzenlosigkeit“ (feststehender Begriff der Soziologen) propagieren, werden wir uns an ein höheres Gewaltpotential gewöhnen müssen.
Grüße
Heinrich