Erläuterungen / Diskussionen zu Opern (Frankfurt)

Hi Folks,

habe neulich in Frankfurt „La Traviata“ gesehen.
Hierbei verwunderten mich einige Details des Bühnenbildes.
(In jeder Dekoration war ein Teil eines Felsens in iener Wand/Die Bühne wurde durch eine „Grenzmarkierung“ geteilt…)
Auch dem Programmheft waren hier keine Erläuterungen zu entnehmen.

Wo hinterfragt man derartige Sachen? Gibt es Foren hierzu?
Würde mich schon interessieren, was sich der Regisseur dabei gedacht hat…

Gruss

Zaphod Verdi

Hi Folks,

habe neulich in Frankfurt „La Traviata“ gesehen.
Hierbei verwunderten mich einige Details des Bühnenbildes.
(In jeder Dekoration war ein Teil eines Felsens in iener
Wand/Die Bühne wurde durch eine „Grenzmarkierung“ geteilt…)
Auch dem Programmheft waren hier keine Erläuterungen zu
entnehmen.

Hallo Zaphod,

mit der Hilfe zweier Köpfe sollte das doch zu analysieren sein *grins*.

Ich habe die Inszenierung zwar nicht selber gesehen, aber was man so der Presse entnehmen konnte und daraus schließen kann ist m.E. folgendes:

Conti hat die Handlung der Oper in das Paris der vierziger Jahre verlegt und stellt damit die Traviata in das zentrum einer polarisierten Gesellschaft - deswegen wohl die Versinnbildlichung Grenze/ Grenzüberschreitung/ separierte - vereinzelte Teile einer Felswand.

Wo hinterfragt man derartige Sachen? Gibt es Foren hierzu?
Würde mich schon interessieren, was sich der Regisseur dabei
gedacht hat…

Insgesamt ist eine solche Inszenierung meist nicht „einfach“ auf eine Interpretation zu bringen, sondern Regisseur, Dirigent und Bühnenbildner werfen häufig bewußt Fragestellungen auf, ohne den Zuschauer konsequent zu einer Antwort zu führen; jeder Zuschauer versteht es für sich und damit im Regelfall auch unterschiedlich. Hilfreich ist aber normalerweise, das Assoziationsmaterial aus dem Programmheft zu lesen und evtl. Besprechungen der Tagespresse zu lesen.

Gruss,

Bernd Beeblebrox

Neuinszenierungen von Opern / Klassischen Werken
Hiho Bernd,

Punkt für Dich für den Doppelkopf!

Frage an Dich oder an jeden den es ebenso interessiert wie mich:

Sind „klassische Texte“ mit ebensolchen Inhalten und auch Botschaften nicht sowieso grundsätzlich auf andere Epochen anwendbar? Ist das nicht die Freiheit des Betrachters, das Werk gedanklich auf seine Zeit umzusetzen - oder auch nicht?
Ich hatte gestern das ausserordentliche Vergnügen, Pucchinis „La Boheme“ zu sehen, ohne das hier grosse Anpassung geleistet wurde.
Ich glaube, das ist mitlerweile eine Aussnahme!

Vor Jahren habe ich den Film von Kaurismäki gleichen Inhaltes gesehen, allerdings umgesetzt in aktuelle Zeit. Auch interessant, wenn man es so haben möchte…

Zum speziellen Fall nochmal (La Traviata):
Bühnenbild teilweise mit Kostümen aus dem 19ten Jahrhundert, teils aber auch (zum Ende hin vermehrt bis nur noch)Requisiten/Armeeuniformen aus dem WKII.

In allen Gebäuden - erst bei näherem hinsehen- steckt ein Fels mit 2 m Durchmesser in der Wand…

In einem anderen Bild geht vertikal über Strasse, Meer und Himmel eine rot-weisse Trennlinie, die auf den ersten Blick nichts mit der Handlung zu tun hat.

Wäre es dem Verständnis des Betrachters nicht dienlich, hierzu eine Erläuterung zu erhalten? Oder dies zu diskutieren (gibt es entsprechende Foren?)

Oder ist alles erlaubt, was provoziert?
Lasse ich nicht schon mit dem Besuch der Oper meine Bereitschaft erkennen, mich mit dem Thema auseinanderzusetzen? Ist es nich auch mein Recht, ein Stück nach meinem Dafürhalten zu werten und auszulegen - gerne auch mit entsprechenden Hilfen, aber nur was hinzuwerfen ohne Erklärung finde ich nicht hilfreich…

Dann Lieber Romeo & Julia als Gang- Epos mit Automatikgewehren, das polarisiert wenigstens Zeitgemäß…

Eine „Übersetzung“ in WKII mit Judenproblematik u.ä. erscheint mir einfach auch sehr „Trendy“ (auch wenn die entsprechende Aufführung 10 Jahre alt ist).

Wie ist hierzu die Meinung der Fachleute (Wie gesagt- bin Einsteiger in die Materie…)

[Bei dieser Antwort wurde das Vollzitat nachträglich automatisiert entfernt]

Hallo, Zaphod,

ein paar Anmerkungen zu Deinem Statement möchte ich durchaus machen.

Sind „klassische Texte“ mit ebensolchen Inhalten und auch
Botschaften nicht sowieso grundsätzlich auf andere Epochen
anwendbar? Ist das nicht die Freiheit des Betrachters, das
Werk gedanklich auf seine Zeit umzusetzen - oder auch nicht?
Ich hatte gestern das ausserordentliche Vergnügen, Pucchinis
„La Boheme“ zu sehen, ohne das hier grosse Anpassung geleistet
wurde.
Ich glaube, das ist mitlerweile eine Aussnahme!

Für mich lebt die Oper dadurch, daß sie nicht nur Musikgenuß bietet, sondern auch Theater ist, also Inhalte anbietet.

Meine Meinung nach ist das Regietheater, indem ein Regisseur, in möglichst produktiver Zusammenarbeit mit Dirigent/ Bühnenbildner eine eigene, von seiten des Regisseurs aus subjektive Sicht zeigt, eine positive Sache.

Die Inhalte der Opern werden damit aktuell auf unsere heutige Zeit bezogen und gewinnen an Relevanz. Auch werden natürlich eingefahrene Muster durchbrochen (bei vielgespielten Opern) und damit für den Betrachter, der eine Oper vielleicht schon mehrfach gesehen hat, wieder neue Anstöße zum Nachdenken gegeben.

Ob das im Einzelfall gelungen ist, oder eben manchmal eher misslungen ist, ist eine andere Frage.

Ich muß dann auch für mich sehen, ob ich persönlich damit was anfangen kann (manche Themen berühren/ interessieren mich eben mehr, andere weniger). Wenn es mich thematisch nicht so stark berührt, kann ich mich ja immer noch an Musik und auch an der ästhetischen Qualität von Bühnenbild, Kostümen etc. erfreuen!

Wen die Inhalte nicht interessieren, sondern nur die Musik, der kann kann sich ja verstärkt auf konzertante Aufführungen ausrichten, oder er sucht sich halt gezielt traditionelle Inszenierungen aus.

Zum speziellen Fall nochmal (La Traviata):
Bühnenbild teilweise mit Kostümen aus dem 19ten Jahrhundert,
teils aber auch (zum Ende hin vermehrt bis nur
noch)Requisiten/Armeeuniformen aus dem WKII.

In allen Gebäuden - erst bei näherem hinsehen- steckt ein Fels
mit 2 m Durchmesser in der Wand…

In einem anderen Bild geht vertikal über Strasse, Meer und
Himmel eine rot-weisse Trennlinie, die auf den ersten Blick
nichts mit der Handlung zu tun hat.

Wäre es dem Verständnis des Betrachters nicht dienlich, hierzu
eine Erläuterung zu erhalten? Oder dies zu diskutieren (gibt
es entsprechende Foren?)

Als Forum bietet sich zum Beispiel www.wer-weiss-was.de an?

Natürlich sollte ein gut gemachtes Programmheft dem Besucher Hilfestellungen zur Interpretation geben, indem Angaben zum Inhalt, zur Entstehung des Werkes sowie eben auch Hinweise zur Interpretation des Regisseurs in dieser Inszenierung enthalten sein, sowie Assoziationsmaterial.

Viele Programmhefte sind jedoch für meinen Geschmack schlecht und oberflächlich gemacht.

Wenn Du Dich vorbereiten willst, dann gibt es an manchen Opernhäusern Einführungsveranstaltungen zu den Premieren, meist am Vortag oder am selben Tag vormittags, mit Regisseur.

Ebenso ist unbedingt zu empfehlen, zumindest den Inhalt der Oper vorher gut durchzulesen, wozu Du Dir vielleicht einen Opernführer zulegen solltest (z.B. Harenbergs Operführer oder vergleichbar, kostet aber ca. 100 DM). Wenn Du so gerüstet in die Oper gehst, mußt Du Dich nicht sosehr darauf konzentrieren, die Handlungsabläufe zu erfassen und kannst alles besser „einsortieren“.

Mir hilft es, die Besprechungen in den Tageszeitungen zu lesen (der Haken ist natürlich, daß die normalerweise nur nach der Premiere erscheinen, aber man kann ja teilweise online in den Archiven mancher Zeitungen blättern, z.B. Die Welt).

Oder ist alles erlaubt, was provoziert?
Lasse ich nicht schon mit dem Besuch der Oper meine
Bereitschaft erkennen, mich mit dem Thema auseinanderzusetzen?
Ist es nich auch mein Recht, ein Stück nach meinem Dafürhalten
zu werten und auszulegen - gerne auch mit entsprechenden
Hilfen, aber nur was hinzuwerfen ohne Erklärung finde ich
nicht hilfreich…

Immerhin denkst Du ja länger darüber nach und suchst auch die Möglichkeit, diese Themen mit anderen zu diskutieren. Damit hat die Inszenierung immerhin schon erreicht, daß sie Dein Interesse geweckt hat.

Vielfach ist es aber so, daß ein Regisseur (ebenso wie Komponist/ Librettist) nicht nur eine einzige Interpretation geben wollen, sondern daß sie eben auch Fragen aufwerfen, wobei das Ziel ist, den Zuschauer zur eigenen Reflektion zu bewegen.

Wenn Du zu ganz anderen Auslegungen kommst, als eine Inszenierung nahelegt, dann ist das doch völlig legitim.

Gruss,

Bernd

1 Like

Lieber Bernd,
natürlich hoffte ich darauf, das w-w-w ein geeignetes Forum darstellt, aber leider beteiligen sich nicht zu viele an unserem Dialog. Allerdings ist mir Deine Meinung sehr wertvoll.

Nichts gefiele mir besser als eine Einführung durch den Regisseur, allerdings ist dies oftmals einmalig und durch viele Termine nicht machbar.

Selbstverständlich bereite ich mich vor, habe als erstes einen Opernführer von Reclam (günstig & nicht schlecht), lese mir meist vorab das Libretto durch und informiere mich.

Das war´s dann auch meist schon. Das Gesehene zu verarbeiten ist nicht mehr so einfach machbar, weil Mangel an „Institutionen“.
Ich habe ein Abo des Internet Archivs der FAZ, aber viel verwertbares schreiben die Herrschaften auch nicht. Anscheinend lieber Theaterpolitik und Allgemeinplätze. Die von Dir zitierte
Stelle habe ich natürlich auch gefunden, aber was heisst das schon? Wollte nicht auch Verdi eine Polarisation verschiedener Gesellschaftsschichten aufzeigen? Man könnte unter dem Einfluss rechtsradikaler Aktivitäten auch einem weissen Gutsherren eine schwarze Sklavin an die Hand geben, aber gibts dafür nicht andere Stücke? Muss ich mir auch die nächsten 10 Jahre „jedes“ Stück unter dem Aspekt der Judenverfolgung ansehen?

Aber Grundsätzlich gebe ich Dir natürlich Recht, auch ein Regisseur will sich irgendwo einbringen. Als nächstes sehe ich mir den Falstaff an. Ausnahmsweise habe ich vorab die Kritik gelesen und erwarte nun, das ein komplex aufgebautes Stück sich dem Trend „weg vom Kabarett - hin zur Comedy“ anschliesst.

Wenn´s denn so sein soll…

Mir scheint allerdings, dass hier dem Volk, das den Nerz / die Rolex auftragen will, leichte Häppchen zugeworfen werden mit 1-2 unverständlichen Aspekten, die auch nicht weiter erläutert werden, um der Institution Oper einen Rest an Geheimnis zu bewahren.

Ist ja auch viel toller, sich bei mittelmäßiger Vorführung in standing ovations zu ergehen, und ein Loblied auf die moderne Aufführung zu singen (die man eben auch nicht kapiert hat)…

Solltest Du rein zufällig die entsprechende Folge „Der ewige Stenz“ mit Helmut Fischer gesehen haben weisst Du, wovon ich spreche.

Es stimmt mich verwunderlich, das ich trotz weniger Kenntnisse meine Meinungen über imho eher mittelmässige Aufführungen in den Kritiken nachträglich bestätigt bekomme, das Volk aber jubelt…

Dies alles bringt mich zu der Überlegung, ob ich eigentlich Zielpublikum der Oper bin, indem ich mich mit den Inhalten auseinandersetze (auch wenn ich keine Felsen in der Wand sehe :smile: ) Oder sind hier Konsumenten á la Mc Donalds gefragt?

Ist das speziell bei der Frankfurter Oper schlecht? Warum gibt es kein Forum auf der Webpage? Klar: Ist ja eh´ ausverkauft.
Anscheinend ist Oper gerade mal Hip. Aber das wird sich ja auch wieder ändern?!?!

Sorry- wenn ich mich in Rage geschrieben habe und dabei „etwas“ unstrukturiert werde.
Es würde mich interessieren, ob ausser uns beiden wirklich jemand aktiv Opern besucht und auch unbeantwortete Fragen hat.

Ich habe einfach die Befürchtung, das sich Musical und Oper angleichen und irgendwann Mc Donalds der Qualitätsstandard ist…

„Ronald Mc Donald möchte mit dem Mäc XX (Austauschbar)die Polarisation zwischen unverbeeserlichen Rinderhackessern und Schweinefleichfetischisten aufzeigen. Daher sind die Strohhalme jetzt quergestreift statt längs!“

Nichts für ungut

Jens „Zaphod“

[Bei dieser Antwort wurde das Vollzitat nachträglich automatisiert entfernt]

Hallo, lieber Jens,

Du hast Recht, allzuviele Opernfreunde scheint es hier bei wer-weiss-was nicht zu geben, wenn man jedoch bei Expertensuche das Stichwort Oper eingibt, kommen durchaus ein paar Namen. Vielleicht tummeln die sich ja verstärkt im Brett „Klassische Musik“.

Ich denke, daß die Wichtigkeit des Aspekts der Judenverfolgung vielleicht eine Generationsfrage ist. Die jetzt dominierenden Leute in der Kulturszene sind 50 und älter, also teilweise noch in der Zeit des dritten Reichs geboren, mit der ganzen Aufarbeitungsproblematik groß geworden in der APO-Zeit. Für Leute zwischen 30 und 40 (dazu gehöre ich auch) ist das schon viel weiter weg und für die heutigen Kid’s ist das Geschichte, ihre persönliche Biographie hat damit nichts zu tun.

Jetzt möchte ich nicht sagen, daß das deswegen einfach abzuhaken sei, aber der Zugang zu solchen Themen wird sich denke ich doch verändern. Aber so wie es Dir geht (das es manchmal einfach „nervt“), geht es m.E. vielen anderen auch.

Zuletzt habe ich mir an Sylvester Wagners „Meistersinger von Nürnberg“ an der Deutschen Oper Berlin angesehen (hat mir insgesamt sehr gut gefallen!), eine Oper und ein Komponist, bei dem eine gewisse Beschäftigung mit dem Nationalsozialismus eigentlich kaum zu vermeiden ist. Das war hier m.E. sehr gut gelöst, denn über das Bühnenbild (in der ersten Szene wurde ein Bild der im Krieg durch Bombardierung sehr stark zerstörten Altstadt von Nürnberg gezeigt), zum anderen wurde am Schluß in der Volksfestszene, in der die Nazis gerne ihre Flaggenaufmärsche zeigten, beim anklingen der „nationalen“ Textanteile bei Wagner, der sonnige Himmel in einen wolkigen Himmel verwandelt. Damit war es gelungen, das Thema nicht auszublenden, trotzdem wurde es nicht vordergründig und platt dargestellt. Und auch von Verdi gab es in der letzten Spielzeit die Premiere von Nabucco in Berlin, die von Neuenfels sehr modern, sehr grell und bunt inszeniert wurde, deswegen auch vom Premierenpublikum ausgebuht wurde (stand zu lesen, ich hab erst eine spätere Aufführung gesehen). Hier wurde das ganze auch völlig ohne Anklänge an Naziprobleme inszeniert, und trotzdem sehr modern. Es geht also auch anders!

Am Beispiel der Nabucco-Inszenierung sieht man, das Berliner Premierenpublikum ist genau andersrum, hier werden „zu“ moderne Aufführungen oft nicht gut aufgenommen. Das Publikum in späteren Aufführungen reagiert dann meist toleranter! Wie die Oper in Frankfurt ist, kann ich nun nicht selber beurteilen, ich sitze hier in Berlin und bin natürlich mit drei guten Opernhäuser und auch sonst viel Musikangebot sehr gut versorgt.

Beste Grüße, auch an alle anderen Opernfreunde!

Bernd

Hello again,

es geht mir weniger darum, zu beurteilen, ob man das Kapitel Holocaust immer wieder aufs Parkett bringt.

Zur Info, ich bin jetzt 29 und somit auch mit dem grossen erhobenen Zeigefinger gross geworden mit entsprechender Jugendliteratur bis zum Anschlag und auch massiv an den Thema interessiert. Wahrscheinlich ist meine Generation mit diejenige, welche am umfassendsten informiert wurde (sofern man informiert werden wollte).

Es ist nur so, dass die Inszenierungen sich immer „Modetrends“ anpassen- und im Laufe dieser Diskussion komme ich zu der Einsicht, das das wohl nur normal ist.
Mit Spannung erwarte ich also die erste Inszenierung, die sich mit BSE oder Big Brother (or even worse: Jenny Elvers) beschäftigt.

Gerade wegen des Bezuges zur aktuellen Zeit sollten aber dann entsprechende Möglichkeiten zum Informationsaustausch geschaffen werden. Mit der Logik „Die jetzt dominierenden Leute in der Kulturszene sind 50 und älter“ vergisst man nämlich den Nachwuchs und verliert somit den Anschluss…

Ich prangere eben nicht an, dass moderne Aufführungen gemacht werden, sondern dass man der Diskussion darum kein Forum schafft.Versuche mal das „Gästebuch“ auf der Homepage der Oper Frankfurt zu finden (JA, es gibt eines!)

Dies mag momentan den Hauch elitären Geistes in den Hallen der Oper schaffen, aber ob es das ist…Wer Marcel Reich- Ranitzkys Autobiographie liest, weiss das es auch anders geht…

Es scheint, als müsse ich immer mehr und verschiedene Opern in verschiedenen Häusern sehen, um mir einen Gesamteindruck zu verschaffen…

Vielleicht sehen wir uns dann ja mal in Berlin…

Gruß

Zaphod Foureyes

Ich denke, daß die Wichtigkeit des Aspekts der Judenverfolgung
vielleicht eine Generationsfrage ist. Die jetzt dominierenden
Leute in der Kulturszene sind 50 und älter, also teilweise
noch in der Zeit des dritten Reichs geboren, mit der ganzen
Aufarbeitungsproblematik groß geworden in der APO-Zeit. Für
Leute zwischen 30 und 40 (dazu gehöre ich auch) ist das schon
viel weiter weg und für die heutigen Kid’s ist das Geschichte,
ihre persönliche Biographie hat damit nichts zu tun.

Jetzt möchte ich nicht sagen, daß das deswegen einfach
abzuhaken sei, aber der Zugang zu solchen Themen wird sich
denke ich doch verändern. Aber so wie es Dir geht (das es
manchmal einfach „nervt“), geht es m.E. vielen anderen auch.

Zuletzt habe ich mir an Sylvester Wagners „Meistersinger von
Nürnberg“ an der Deutschen Oper Berlin angesehen (hat mir
insgesamt sehr gut gefallen!), eine Oper und ein Komponist,
bei dem eine gewisse Beschäftigung mit dem Nationalsozialismus
eigentlich kaum zu vermeiden ist. Das war hier m.E. sehr gut
gelöst, denn über das Bühnenbild (in der ersten Szene wurde
ein Bild der im Krieg durch Bombardierung sehr stark
zerstörten Altstadt von Nürnberg gezeigt), zum anderen wurde
am Schluß in der Volksfestszene, in der die Nazis gerne ihre
Flaggenaufmärsche zeigten, beim anklingen der „nationalen“
Textanteile bei Wagner, der sonnige Himmel in einen wolkigen
Himmel verwandelt. Damit war es gelungen, das Thema nicht
auszublenden, trotzdem wurde es nicht vordergründig und platt
dargestellt. Und auch von Verdi gab es in der letzten
Spielzeit die Premiere von Nabucco in Berlin, die von
Neuenfels sehr modern, sehr grell und bunt inszeniert wurde,
deswegen auch vom Premierenpublikum ausgebuht wurde (stand zu
lesen, ich hab erst eine spätere Aufführung gesehen). Hier
wurde das ganze auch völlig ohne Anklänge an Naziprobleme
inszeniert, und trotzdem sehr modern. Es geht also auch
anders!

Am Beispiel der Nabucco-Inszenierung sieht man, das Berliner
Premierenpublikum ist genau andersrum, hier werden „zu“
moderne Aufführungen oft nicht gut aufgenommen. Das Publikum
in späteren Aufführungen reagiert dann meist toleranter! Wie
die Oper in Frankfurt ist, kann ich nun nicht selber
beurteilen, ich sitze hier in Berlin und bin natürlich mit
drei guten Opernhäuser und auch sonst viel Musikangebot sehr
gut versorgt.

Beste Grüße, auch an alle anderen Opernfreunde!

Bernd