Servus,
solche Begriffe folgen in der Regel den regionalen Ausprägungen der Sprache ingsgesamt. „Karneval“ gehört zu den ripuarischen und moselfränkischen Mundarten, während bereits knapp südöstlich davon in den rheinpfälzischen und hessischen Mundarten „Fasnacht“ vorherrscht. Am „Fastelovend“ in und um Colonia Agrippina kann man hier (wenn man mag) eine Art „Rest“ römisch-rheinpfälzischer Sprache im ripuarischen Raum erkennen. Wie auch immer - in Mainz wird bereits Fassenacht gefeiert, obwohl MCC und MCV beide den „Carneval“ in ihrem Namen tragen. Das lässt sich mit den Gründungsjahren erklären: Man wollte à la mode eben auch schön exerzieren und marschieren und wohlgeordnete „Sitzungen“ mit Elferrat, Bütt und Tusch organisieren, wie man das aus der preußischen Rheinprovinz kannte, und übernahm für die zentralen Organisationen der Fassenacht halt auch die Bezeichnungen aus der Preußischen Provinz.
Dass ich überhaupt nicht dran gedacht hatte, dass ganz im Norden der französischen Besatzungszone noch ein Streifchen „Karneval“ lag, kommt von meinem verengten persönlichen Horizont - die Berichte und Erzählungen aus der französischen Besatzungszone, die mir von Zeitzeugen hinterbracht worden sind, stammen aus familiärem und nachbarschaftlichem Kontext in Württemberg - Hohenzollern (die Grenzen der französischen Zone verliefen anders als die der heutigen Bundesländer).
Nein, die Trizone als erster formaler Schritt zur Teilung Deutschlands im Zuge der Bildung der zwei „Machtblöcke“ um UdSSR und USA steht in einem ganz anderen Zusammenhang. Bis 5. Mai 1955 konnte von der BRD als (auch nur teil-) souveränem Staat keine Rede sein, und die Kompetenzen der sukzessiv 1946 … 1947 teils gegründeten, teils wieder gegründeten Länder waren in erster Linie administrativ und gegenüber den jeweiligen Militärregierungen beratend. Die Entwicklung, die Du beim Antrags- und Genehmigungsverfahren für Karnevalssitzungen und -umzüge beobachtest, betrifft eine andere für die Besatzungsmacht „ungefährliche“ Kompetenz, die Kultushohheit (die beiläufig bis heute im Bundesstaat bei den Ländern ist).
Es stehen hier also zwei Aspekte in Konkurrenz zueinander: Einerseits die recht bald den frisch gegründeten Ländern überlassene Kompetenz für Belange von Kultur, Religion, Traditionspflege usw., andererseits das generelle und besonders von den Franzosen aus leidvoller Erfahrung essenziell empfundene Versammlungs- und Maskierungsverbot: Sie hatten ja in kurzer Folge nacheinander 1870, 1914 und 1940 erlebt, was dabei leicht herauskommen kann, wenn man den Deutschen erlaubt, sich zu versammeln und sich zu organisieren.
(Anekdotisch dazu: In Köln wird erzählt, beim ersten wieder erlaubten Martinszug 1946 hätte ein französischer Verbindungsoffizier in heller Aufregung Colonel Patterson alarmiert, deutsche Jugendliche marschierten in einem Fackelzug durch die Reste der Stadt…)
Wie auch immer - aus diesen beiden ganz verschiedenen Aspekten von Karnevalszügen und -sitzungen ergibt sich, dass das Verfahren für Antrag und Zulassung solcher Veranstaltungen möglicherweise von den Organen des frisch gegründeten Landes bereits 1948 aufgehoben worden war, möglicherweise aber auch von der französischen Militärregierung bis 1949 beibehalten worden ist.
Wegen dem ZDB-Katalog: Dort findest Du u.a. den Link zum digitalisierten Bestand des „Journal Officiel“ http://deposit.dnb.de/online/vdr/rechtsq.htm. In der Maske kannst Du links oben den Titel auswählen, darunter den Jahrgang und dann darunter unter „Ausgabe“ die Option ‚Zeitl. u. alph. Register‘. Das ‚Journal Officiel‘ ist zweisprachig erschienen, die deutschen Übersetzungen sind in Ordnung. Wenn es Dir Vergnügen macht, hast Du auf diese Weise viel Fleißarbeit zum ‚Inderwohnungbleiben‘, ohne Garantie auf Erfolg, aber mit der Garantie, dass Du da jedenfalls (wenn Du sie findest) die authentische Quelle vor Dir hast.
Es ist allerdings nicht auszuschließen, dass hier von den Franzosen nur ein ganz allgemeiner Rahmen festgelegt worden ist und alle Einzelheiten mehr oder weniger von Anfang an von der Landesregierung verwaltet worden sind. Dann ginge das auf der Fährte weiter, die @Joerg_Zabel gegeben hat. @Armin_Diedrich ist übrigens Profi im Umgang mit Bibliotheken und Archiven, der kann Dir - wenn Du diese Fährte aufnehmen möchtest - zehnmal besser weiterhelfen als meinereiner, der in dieser Materie wie in so vielen eben dilletiert.
Schöne Grüße
MM