Es gibt daneben auch Betriebe, wo der Inhaber ohne
vertragliche Grundlage nach Lust und Laune das eine oder
Wie, du meinst etwa, im Falle des Mindestlohns fangen die Arbeitgeber an, legales oder halblegales Ausweichverhalten zu entwickeln? So wie etwa bei den Zimmermädchen, denen dann einfach die Zeit für die Reinigung eines Zimmers gekürzt wird, sodass diese unbezahlt ein paar Minuten für jedes Zimmer dranhängen müssen?
Nein, wer hätte das gedacht? Ich dachte eigentlich, die sind alle totale Fans von Frau Nahles und ihrer wirklich durchdachten Politik, sodass keine Ausweichmöglichkeiten gesucht werden.
Die Tätigkeit von Jobcentern gleicht der von Zuhältern. Der
Zuhälter sorgt für das Existenzminimum seiner Damen, die dafür
jeden Job machen müssen, egal was der Kunde verlangt und
zahlt. Die Damen sind wehrlos. Wer sich muckt, bekommt
Sanktionen zu spüren. So auch bei den Jobcentern. Die
Arbeitssuchenden müssen jeden Job annehmen und jeden Lohn
akzeptieren.
Nein, wie unsozial. Derjenige, der schon seit Jahren aus seinem Job raus ist, muss am Ende noch einen Job unterhalb seiner Qualifikation annehmen, anstatt einfach noch weitere zehn Jahre vom Amt zu leben, bis er einen ihm genehmen Job angeboten bekommt.
Ich schwinge wirklich nicht gerne die Nazikeule,
Doch, das machst du immer wieder. Eigentlich ständig.
aber ich halte den Vergleich nicht für abwegig: Zuletzt
konnten Unternehmer zu Zeiten des Naziregimes Bedarf an
billigen Arbeitskräften anmelden, die sich nicht wehren
konnten, wie mit ihnen verfahren wurde, die auch nicht
kündigen konnten, die einfach nur zu gehorchen oder Sanktionen
zu befürchten hatten.
Was das damals für Sanktionen waren, solltest du im Geschichtsunterricht gelernt haben. Ebenso, wie viele Zwangsarbeiter tatsächlich gestorben sind oder schwerste gesundheitliche Schädigungen erlitten haben. Angesichts dessen würde es einem vernünftigen Menschen nicht in den Sinn kommen, die heutigen Maßnahmen der Arbeitsagenturen, welche alle auf Grundlage demokratisch legitimierter und von der Judikative (bis hin zum BVerfG) überprüfbarer Gesetze erfolgen, in die Nähe der NS-Zwangsarbeit zu rücken - allein schon aus Respekt vor den damals Betroffenen.
Solche Regelung ohne Mindestlohn war von
Anfang an ein vorsätzlich eingebauter Webfehler, mit dem ein
Heer von Wehrlosen geschaffen wurde.
Die niedrige Arbeitslosigkeit - regional wird sogar fast von Vollbeschäftigung gesprochen - bietet diesen Menschen aber im glücklichsten Fall die Möglichkeit, einen besseren Job zu finden. Das, und nur das, hilft gegen prekäre Arbeitsverhältnisse.
Natürlich gehorchen auch Löhne dem Markt. Das ist ja gerade
eine der Ursache dafür, dass die Löhne in manchen Regionen so
niedrig sind. Wenn man dann auch noch Regelungen schafft, nach
denen die Menschen jeden noch so geringen Lohn akzeptieren
müssen, verarmen ganze Regionen.
Wieso, ich dachte, dort siedeln sich dann mehr Unternehmen an? Das sind die klassischen Ausgleichsmechanismen von Angebot und Nachfrage. Komisch nur, dass die bei Befürwortern des Mindestlohns immer nur in die eine Richtung gelten sollen.
Gut geht es nur denen, die
nicht von der Kaufkraft der betroffenen Region leben müssen,
aber dort Niedriglöhner zu Lasten der Kommunalkassen
beschäftigen. Von daher war die Agenda 2010 eine asoziale
Dummheit.
Eine deutlich gesunkene Arbeitslosigkeit (derzeit 6,5 %) sowie steigende Steuerreinnahmen für den Staat sind also asozial? Deutlicher kann man eigentlich kaum zeigen, dass man sich mehr Arbeitslose wünscht, damit die eigenen Ansichten über den Kapitalismus bestätigt werden können.
Von einigen fragwürdigen Figuren in der Unternehmerschaft, die
unfähig sind, ein tragfähiges Geschäftskonzept zu erstellen
und umzusetzen, kann niemand ein Interesse an Hungerlöhnen
haben. Befürchtungen, Unternehmen würden abwandern, halte ich
für ebenso gegenstandslos wie die Furcht vor Automatisierung,
die nämlich stattfindet, sobald sie technisch machbar ist. Und
das ist nicht von einem oder zwei Euro abhängig.
Vermutlich werden nach Einführung des Mindestlohns Spargel und
Haarschnitt teurer. Wir werden es überleben.
Ich werde den Mindestlohn problemlos überleben. Die etablierte Friseurin tendenziell auch. Schade nur für diejenigen, die einen Einstieg in den Arbeitsmarkt finden müssen. An die denkt nämlich keiner. Das ist so ähnlich wie bei den Flüchtlingen. Die wenigen, die es bis zu uns schaffen, werden symbolisch dafür herangezogen, unsere soziale Ader zu beweisen. Dass es die meisten gar nicht bis zu uns schaffen, wird vergessen.