Ertragsvorschau Café

Hallo,

kennt sich jemand mit dieser Thematik aus und würde eine ungefähre Schätzung abgeben:

Für die Eröffnung eines kinderfreundlichen Cafés müssen Umsatzerlöse je für die ersten drei Geschäftsjahre geschätzt werden.

  1. Waren-, Materialeinsatz
  2. Rohertrag/Rohgewinn

Es geht nicht darum, dass mit diesen Zahlen wirklich gerechnet wird. Die Ertragsvorschau dient einem Antrag auf Kostenerstattung für eine Gründerberatung, innerhalb derer die tatsächliche Kalkulation dann stattfinden wird… Irgendwelche Zahlen also, die halbwegs realistisch erscheinen!

Danke!

Servus,

der Wareneinsatz lässt sich berechnen, wenn man vom geplanten Umsatz (bei unterschiedlichen Aufschlagsätzen ggf. nach Produktgruppen) den kalkulierten Aufschlag abzieht und auf den gefundenen Wert den geplanten Wert unverkaufter Ware (z.B. weggeschütteter Kaffee, weggeworfener Aufschnitt etc.) aufschlägt.

Wie weit nach Produktgruppen differenziert wird, richtet sich nach der Kalkulation der Preise. Allermindestens nach heißen/kalten Getränken, warmen/kalten Speisen.

Umsatz minus Wareneinsatz ist dann der gesuchte Rohertrag.

Schöne Grüße

MM

Erfahrungswerte:

Wareneinsatz Speisen - 35%
Wareneinsatz Getränke - 15%

Branchen- und Produktunabhängig

Servus,

darf ich daraus schließen, dass ein Schnitzel bei dem Metzger, bei dem Hemmlein kauft, bloß halb so viel kostet wie eins von dem Metzger, bei dem Herr Dorint kauft?

Das, was Dir die Gastwirte an Zahlen vorlegen, und die Realität sind zwei Welten. Für die FiBu schreibt jeder vom Kollegen ab, und es wird keine zweite „richtige“ FiBu für die BWA erstellt. Die BWA einer Kneipe lässt keine Aussage über deren Ertragslage und -struktur zu.

Diese Faustzahlen sind sinnlos, wenn man die Kalkulation der Preise nicht kennt - abgesehen davon, dass bei einem Wareneinsatz von 15% bei egalwelchem Getränk ein Viertel Riesling leicht einmal zwölf Euro kosten müsste, während eine Halbe Bier für rund vier Euro zu haben wäre.

Ferner ist der Businessplan, der von der Bundesagentur gefordert wird, auch dafür gedacht, dass sich der Gründer mit seinem Projekt und dessen Kalkulation beschäftigt. Mit den von Dir genannten Faustzahlen kann er das nicht.

Schöne Grüße

MM

Hallo nochmal,

Umsatz - Materialeinsatz, das ist klar. Das Dumme ist nur, dass ich den Umsatz nicht schätzen kann, ehe ich mich habe kompetent beraten lassen. Damit ich diese Beratung aber machen kann (bzw. damit das Arbeitsamt einen Teil der Kosten übernimmt), muss ich Zahlen nennen. Versteht Ihr das Dilemma?
Gibt es denn nirgends Durchschnittswerte, so nach dem Motto:
Kleineres/mittelgroßes/großes Café in zentraler/dezentraler Lage in Stadt mit xy Einwohnerzahl macht im 1./2./3. Geschäftsjahr XY Umsatz?

So was in der Art. Es hängt ja nicht viel davon ab, da die wirkliche Finanzplanung noch erfolgen wird…

Servus,

da täte ich versuchen, bottom-up vorzugehen.

Z.B. Acht Tische, die während einer täglichen Öffnungszeit von zehn Stunden mit durchschnittlich 0,5 Personen pro Tisch besetzt sind, die jeweils eine Stunde bleiben und durchschnittlich eine Zeche von zehn € machen: Führt zu 400 € Umsatz pro Tag.

Dieser Ansatz hilft auch ein bissel, um zu sehen, wie viel Kaffee man kochen muss, um überhaupt erstmal die Pacht bezahlt zu kriegen.

Wenns drum geht, das ganze „schön zu rechnen“, um „tragfähige“ Aussichten zu zeigen, kann man sowas wie die genannten Annahmen auch verexeln und sieht dann unmittelbar den Einfluss der einzelnen Parameter, kann best-worst-probable case leicht rechnen usw.

Schöne Grüße

MM

Danke, das hilft mir weiter!
Zwar kann ich momentan nur gefühlsmäßig schätzen (bzw. mir meine eigenen Erfahrungen aus ähnlichen Cafés ins Gedächtnis rufen), aber das ist ja immerhin ein Ansatzpunkt.

Ich hoffe, der Sachbearbeiter kauft mir die Zahlen nun für realistisch ab…

PS: Glaubst Du wirklich, dass eine Person innerhalb einer Stunde für 10 Euro konsumiert, oder war das so dahergesagt? Ich selbst würde in einem normalen Café definitiv weniger ausgeben.

Servus,

PS: Glaubst Du wirklich, dass eine Person innerhalb einer
Stunde für 10 Euro konsumiert, oder war das so dahergesagt?

Ich denke, dass das sehr stark vom Standort und vom Profil des Cafés abhängt.

Wo man sich einen halben Tag an einem Kleinen Braunen festhält, dazu ungefähr vier Gläser Wasser, sämtliche aushängenden Zeitungen und einen Tschik nach dem andren konsumiert, werden die von mir angenommenen 0,5 Besucher/Tisch klar überschritten sein.

Wo man wegen der weithin bekannten Linzertorte und der bongforzionösen Heißen Chocolade hingeht, werden über den Tag weg vielleicht gar eher weniger Besucher da sein, aber die Rechnungen eher höher.

In Gnoien wird das wieder anders sein als in Mainz zwischen Domgickel und Umbach.

Wieauchimmer: Ein Zehner ist sowas wie eine „gefühlte Schwelle“, es ist vielleicht realistischer, einen niedrigeren Betrag wie z.B. siebenfünfzig anzusetzen - was für Gnoien immer noch ziemlich viel ist, für Mainz nicht so arg viel und für München ein Trinkgeld.

Mein Vorschlag, den geplanten Umsatz aus Gäste/Tisch und Zeit mal Öffnungszeit mal Rechnung/Gast aufzubauen, stellt übrigens auch eine Art Controllinginstrument zur Verfügung: Wenn das anders läuft als geplant, kann man anhand dieser Einzelwerte relativ leicht feststellen, wos hängt - und daraufhin entscheiden, ob sich die unter Plan gebliebenen Parameter ändern lassen oder nicht.

Noch eins zu der Entwicklung des Umsatzes innerhalb der ersten 36 Monate: Es gibt verschiedene mögliche Annahmen dazu. Wenn das Konzept einem Bedarf oder Wunsch entspricht, wird der Umsatz wenigstens innerhalb des ersten Jahres wachsen. Das tut er aber nicht linear, sondern zuerst stärker, dann schwächer, bis er sich im besten Fall auf einer Waagerechten („Sättigung“) einpendelt. Wegen des Effektes „Mundpropaganda“ würde ich auch am Anfang (ca. vier Monate) ein schwächeres Wachstum annehmen als in der folgenden Zeit. Wenn man diesen ersten, nicht gut kalkulierbaren Abschnitt vernachlässigt, landet man bei einer typischen logarithmischen Funktion.

Schöne Grüße

MM

Hi !

Noch eins zu der Entwicklung des Umsatzes innerhalb der ersten
36 Monate
Wegen des Effektes „Mundpropaganda“ würde ich auch am Anfang (ca. vier Monate) ein schwächeres Wachstum annehmen als in der folgenden Zeit.

An dieser Stelle wird der Theoretiker durch die Praxis zumeist eines besseren belehrt. Gerade in der Anfangszeit, also kurz nach Neueröffnung, werden die größten Umsätze eingefahren. Dies hält sich bis etwa in den dritten Monat und flaut dann erheblich ab. Dann geht es tatsächlich langsam Schritt für Schritt aufwärts.

Grund für den Anfangs-Boom ist in aller Regel Neugier. Jeder will erst einmal selbst erfahren, ob der „neue Laden“ gut ist. Wenn man sich dann in dieser Zeit ein paar Patzer leistet (Qualität der Produkte, unfreundliche Worte wegen Überlastung, …), kann es durch „Mundpropaganda“ auch sehr schnell vorbei sein.

Nach dem dritten Monat waren alle potentiellen Gäste einmal da (gefühlte Statistik). Bis dahin sollte man es geschafft haben, diese vom eigenen Konzept zu überzeugen und so die Einmal-Kunden zu Dauer- oder Stammkunden werden zu lassen. Denn ab dem vierten Monat wird der Großteil des Geschäftes über Stammkunden gehen.

BARUL76

PS: Annahme meiner Ausführungen ist, dass sich das Cafe NICHT in der belebten Fußgängerzone einer Großstadt befindet sondern entweder in Randgebieten einer Großstadt oder auch in einer Kleinstadt.

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Hi barul,

diese Botschaft, die den Gründer sehr erleichtern sollte, leuchtet unmittelbar ein. Wird auch plausibel durch den oft beobachtbaren umgekehrten Fall: Eine Kneipe, die die ersten vier Wochen leer ist, bleibt leer.

Schöne Grüße

MM

Hi !

Hatte bei meinem Chef seinerzeit mehrere Cafe-Eröffnungen mitgemacht. Bei zweien hatten wir um die Zeit der Eröffnung herum Ware, die man eigentlich nicht anbieten konnte. Anfangs wurde natürlich trotzdem gekauft, weil den Kunden die Qualität ja nicht bekannt war. Eingige kamen dann tatsächlich auch noch ein zweites Mal. Nachdem die Qualität noch nicht besser war, sind die Kunden dann ganz weggeblieben. Nur ein wenig Laufkundschaft gab es dann noch.
Trotzdem der Pachtvertrag auf 5 Jahre angelegt war, sind beide Standorte vorzeitig geschlossen worden. An anderen Standorten stimmten Qualität der Ware und des Service mit den Erwartungen der Kunden von Anfang an überein. Diese Cafes werden mittlerweils sogar in Reiseführern erwähnt.

BARUL76

PS: Alle Cafes beziehen übrigens ihre Ware aus der selben Quelle. Nur: bei einem bereits etablierten fallen kurzzeitige Schwankungen nicht ganz so ins Gewicht, wie bei einer Neueröffnung.