Hi
was ist die Motivation für Familien, Kinder in die Welt zu
setzen um sie dann in die Ganztagsbetreuung zu geben?
Ich glaube nicht, daß sich diese Motivation wesentlich von den Eltern unterscheidet, die ihre Kinder nicht in Ganztagsbetreuungen geben. Manchmal ‚passiert‘ es einfach, manche halten es einfach für normal, manche möchten gerne ihren eigenen Kindern irgend etwas von den eigenen Werten mit auf den Lebensweg geben, manche glaubten mit einem Kind die Ehe zu kitten…die Aufzählung ist unvollständig!
Man bekommt nicht Kinder, um sie in die Ganztagsbetreunung zu geben, sondern man hat welche und die Einstellung oder bestimmte Zwänge bestimmen dann, ob man es für richtig oder falsch hält.
Ich würde das nicht wollen.
Würde? Heißt das Du hast (noch) keine Kinder? Ich habe welche und sie mußten seit dem Kleinkindalter Tagesstätten besuchen. Ich sage mußte, weil mein Mann und ich arbeiten gegangen sind, Vollzeit, beide. Das war finanziell nicht ganz unwichtig, aber für mich käme auch so ein Hausfrauendasein nicht in Frage (um das klarzustellen, ich habe auch Freundinnen, die Hausfrauen sind, wer sich das leisten will, das mag und damit klarkommt, soll das auch tun!)
Ich habe nie ein Problem gehabt meine Kinder in Krippe und Kindergarten zu geben, weil ich selber als Kind solche Einrichtigen besucht habe. Ich WEISS, daß es dort schön ist, ich weiß, daß die eigentliche Erziehung trotzdem zu Hause stattfindet, ich weiß, daß man seine Familie und seine Eltern trotzdem liebt und keine Verluste empfindet.Und ich habe dort eine Menge sozialer Kompetenzen erworben.
Ich weiß auch, daß ich im Kindergarten Dinge gelernt habe, die meine Eltern mir nicht hätten beibringen können, ich war den ganzen Tag in aufmerksamer Betreuung, die Erzieherinnen waren durch keine Hausarbeiten oder Einkäufe abgelenkt. Im Kindergarten hatte ich immer Spielkameraden für die Puppenecke oder den Kaufmannsladen, wir haben tolle Kreisspiele gemacht…mit 10 Kindern macht das viel Spaß, wir hatten eigenen Beete und eine riesige Wiese. Das einzige was echt blöd war, war dieser elende Mittagsschlaf .
Und können die Kinder dann so erzogen werden
a) wie die Eltern es wollen
In der Einrichtung selbst kann natürlich nicht nach einem Erziehungsplan einzelner Eltern vorgegangen werden, aber ganz ohne Einfluß sind Eltern dann auch nicht. Sollten krasse Abweichungen in bestimmten Punkten bestehe, dann kann man auf ‚Sonderbehandlungen‘ bestehen. Solange es um den Kindergarten geht kann man durch vorherige bewußte Auswahl der Einrichtung natürlich auch steuern.
Aber kein Kind wird zu Hause zu seinen Eltern sagen, Du bist nur mein Vater/Mutter, Du hast mir gar nichts zu sagen. Ich denke Du unterschätzt die Möglichkeiten, Kinder im individuellen Umgang, den man mit Ihnen zu Hause pflegt, zu beeinflussen. Manche Oma kann da mehr ‚verderben‘ !
Ich denke, man muß mit der Zeit,die verbleibt schon sehr viel disziplinierter umgehen, die Nachmittage und die Wochenenden sind bei mir auch immer sehr kinderrorientiert gestaltet gewesen, auf bestimmte Ereignisse und Rituale konnten und können sich die Kinder felsenfest verlassen. Und das Interesse für die Dinge, die sie am Tage erlebt haben muß auch für die Kinder spürbar sein.
b) wie es am besten für die Kinder ist.
, ja, das ist immer so eine Sache, ich grüble oft, was für meine beiden das beste wäre. Aber einen solchen Anspruch kann man gar nicht an sich selber stellen, da wird man wahnsinnig drüber. Wer von sich sagt, er tue für seine Kinder immer nur das beste, der ist größenwahnsinnig, ignorant oder einfach ein Träumer.
Ich gehe da anders ran. Gut für Kinder ist, was ihnen hilft, im späteren Leben zu bestehen. Da ist allzu viel Watte und immer ‚das beste‘ vielleicht sogar weniger zuträglich.
Wenn ich mir anhöre, daß heute schon Studenten eine Auszeit benötigen, weil doch alles so viel Streß ist, dann zweifel ich schon an der Richtigkeit bestimmter Erziehungsformen.
Ein weiterer Aspekt…ich bin seit einigen Jahren geschieden. Konsequent wie Du gedacht, würde das heißen, ich müßte meinen Kindern den regelmäßigen Kontakt zum Vater versagen, weil der z.B. ganz andere Werte vermittelt, als ich sie vertrete. Und natürlich wirken diese Einflüsse wesentlich intensiver, als die doch eher allgemein gehaltenen Regeln, die Kinder in Tageseinrichtungen vermittelt bekommen.
Ich habe aber festgestellt, daß es den Kindern sogar gut tut, sie lernen, daß die Haltungen und Meinungen von Menschen nicht die absolute Wahrheit sein müssen und werden dadurch kritisch, aber im konstruktiven Sinn. Für mich ist das natürlich ein wenig unbequem, weil ich meine Aussagen und Lebenseinstellungen hinterfragt bekomme. Vielleicht ist sogar das besser, als ein übermächtiges Elternhaus, aus dem sich die Kinder irgendwann durch Antihaltungen zu befreien versuchen??? Ich denke, es ist eben ein anderer Weg.
Also…nichts ist so heiß wie es gegessen wird, viele Ängste lösen sich auf, wenn man versucht, die Dinge aus der Distanz zu betrachten, Kinder sind nicht nur Angehörige von Eltern, sondern immer auch Teil der Gesellschaft und vor allem ganz eigene Individuen, deren Entwicklung man begleiten kann, aber nicht wirklich formen wollen sollte. Ein Anspruch der Eltern auf Absolutheit ist da fehl am Platz.
Gruß Maid