Erziehung und weibliche Rolle

Seid gegrüßt.

Eine Freundin schrieb:

„Versteht mich nicht falsch, mir fehlt (…) jegliches Verständnis für Schminke, schicken Fummel und unpraktische Frisuren sowie die Sozialkompetenz Männer um den Finger zu wickeln.“

Für sie stand das in dem Zusammenhang, in einem vaterlosen Haushalt aufgewachsen zu sein. Nur: ich selbst bin in einem stinknormalen „Familienhaushalt“ mit Muddie und Pappi aufgewachsen und mir geht es genauso. Bei uns fand Erziehung zum Frausein, zur Weiblichkeit mit all seinen Attitüden nicht statt.

Bei uns galten ‚übergeordnete‘ Werte als erstrebenswert: Bildung, Wissen, Können - also eher intellektuelle Fähigkeiten. Das Frau-sein und auch jegliche Diskussionen über Geschlechterverhältnisse kamen da nicht vor. Wir, meine Geschwister und ich, wurden wie Neutren erzogen. Nie habe ich gehört: Du siehst aber hübsch aus o.äh. Oder das Kleid steht Dir gut. Und es gab keine Informationen darüber wie man (als Frau) auftritt, um sexuell attraktiv zu sein. So war es auch, dass ich die Aufmerksamkeit von Männern immer darin suchte, interessante Gespräche zu führen und bei entsprechender Resonanz stellte sich auch für mich das Gefühl ein, (als Mensch - aber nicht als Frau) begehrt zu sein. Es war sogar so, dass es mir unangenehm war, wenn mir dann jemand beim Gespräch auf die Titten starrte, weil ich fand, das gehört da jetzt nicht hin.

Noch heute ist es so, dass ich oft feststelle, dass ich im Vergleich meinen Geschlechtsgenossinnen ein eher männliches Denken entwickelt habe, weil ich den ganzen Weiblichkeitszirkus nicht einzusetzen fähig bin und es ist für mich selbstverständlich, dass ich die Bohrmaschine in die Hand nehme, wenn es sein muss - und ich käme nie auf den Gedanken, dazu einen Mann um Hilfe zu bitten. Und wenn ich mich, weil es der Anlass verlangt, ‚schön‘ anziehe und schminke, dann komme ich mir immer irgendwie „verkleidet“ vor …

Ein Schelm wer denkt, ich wäre eben hässlich. Auch ist es ein Irrtum zu glauben, meine Sexualität wäre dadurch gestört. Dem ist nicht so. Es ist nur so, dass ich eben diese Rolle des Auftretens als Frau durch meine Erziehung nie gelernt habe (was ich in vielen Fällen übrigens als äußerst positiv empfinde).

Mich würde interessieren, wie Ihr Frauen das erlebt habt.

Gruß zum Sonntag
Anja

hi anja,

ich bin mit einer mutter und zwei vaetern aufgewachsen. meine mutter ist eine eher schlichte frau ohne schminke, schmuck und teure kleider. innere werte sind ihr sehr wichtig.

weiters hatte ich 3 brueder. ich bin also in einem maennerdominierten haushalt aufgewachsen, in der schminke, schmuck und schoenheit eigentlich kein thema waren. ich habe gelernt, mit einem bohrer umzugehen und schwere dinge zu tragen.

trotzdem habe ich mich sehr fuer die schoenheit der weiblichkeit interessiert. was ich zuhause nicht vermittelt bekommen habe, habe ich mir bei kolleginen abgeguckt. meine balletstunden musste ich mir hart erkaempfen - ich war eine stolze kleine prinzessin :wink:

fazit: ich habe nicht das gefuehl, dass meine weiblichkeit von meinem elternhaus eingeschraenkt wurde, nur weil ich es nicht vorgelebt bekam. im gegenteil, da ich die einzige war, konnte mich niemand uebertrumpfen, was meinem ego wahrscheinlich recht gut tat. ich war die einzig schoene im haus.

lustig ist: je aelter ich werde, desto aehnlicher werde ich meiner mutter. schmuck und schminke sind mir immer mehr egal und werden nur noch zu speziellen anlaessen getragen. ich fuehle mich deswegen aber kein bisschen weniger weiblich…

gruessli
coco

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Hi Anja,

je älter ich werde, je mehr ich meine Söhne und die
Kinder meiner Freunde und Bekannten treffe, je weniger
glaube ich an die Macht der Erziehung.
Ich erlebe bei meinen Söhnen in Bereichen, die ich
früher eindeutig als „durch Erziehung geformt“ eingeordnet
hätte, immer mehr ganz ausgeprägte Unterschiede, die
ich einfach nur durch „angeboren“ bezeichnen kann.
Ein paar Beispiele:
Kleidung.
Ohne mich oder meinen Mann jetzt einordnen zu wollen,
habe ich zwei Jungs zuhause, die sich extrem unterschiedlich
zu diesem Thema - dem ganzen Thema Aussehen - stellen.
Einer der Jungs legt sehr viel Wert auf seine Kleidung,
hat bestimmte Stile, die er bevorzugt. So war er schon
als ganz kleiner Wicht - während sein Bruder ohne zu gucken,
einfach anzog, was man ihm hinlegte oder -wenn man ihm die Wahl
gab- einfach das Nächstbeste griff, war er immer sehr
damit beschäftigt ,was er anzieht oder wie er aussieht
(das fing wirklich schon im Kindergartenalter, mit 2,3 an).
Ich habe ihn mit drei vor dem Spiegel entdeckt, nicht
Grimassenschneiden wie sein Bruder, sondern mit der Länge
seiner Hose beschäftigt. Gerade die Hosenlänge ist
ein lustiges Thema, weil ich erst seit ein, zwei Jahren

  • er ist jetzt 14 - feststelle, dass er sich von Modemagazinen
    (der Hiphopculture!) beeinflussen lässt, vorher hatte er
    eine sehr definitive Vorstellung wie lang oder kurz Hosen
    zu sein haben, ganz unabhängig von Mode.
    Essen:
    Der eine der Brüder - dünn wie ein Spreisel - isst keinerlei
    Obst, liebt alles, was süss und klebrig ist, kennt, wenn
    ihm mal was schmeckt, keinerlei Maß, bringt es aber auch
    fertig, längere Zeit einfach nichts oder sehr wenig zu essen
    (glorreiche Szene heute morgen beim Frühstück, Mutter verbietet
    nicht zum ersten Mal Limo, er: wenn ich nichtmal trinken darf,
    was ich will, dann ess ich auch nicht, was ich will!)
    Der andere: Süßes so gut wie nie, dafür Fleisch und
    Stärke. Grünes nur, wenn es wirklich nichts anderes gibt.
    Das ist genau der Speiseplan, den seine Vorfahren
    aus Notwendigkeit geborener Tradition haben - obwohl er
    nie in der Kultur seiner Vorfahren
    gelebt hat.

Sicher ist Erziehung weit komplexer als gemeinhin angenommen
und meine Aussage „wir haben sie nie unterschiedlich behandelt“
ist insofern wertlos. Dennoch, gerade weil es eigentlich
Bereiche sind, die nichts mit Talent (was niemand als erblich
bestreitet) zu tun haben, frage ich mich manchesmal:
wenn selbst diese Dinge genetisch zumindest in größerem Maße
beeinflusst sind, warum dann nicht auch viel mehr, als wir
allgemein glauben.

Zu deiner Ausgangsfrage: Bist du dir so sicher, dass
deine Verhalten (bzw. das deiner Freundin) von der Erziehung
herkommt - oder eben doch, weil du es geerbt hast.
Wahrscheinlich eine Mischung aus beidem?

Gruß
Elke

*ot* Kindererziehung
Hi Elke,

je älter ich werde, je mehr ich meine Söhne und die
Kinder meiner Freunde und Bekannten treffe, je weniger
glaube ich an die Macht der Erziehung.

dafür ein Sternchen, denn ich glaube nicht, dass
Eltern von kleinen Kindern so was für möglich halten,
auch wenn es stimmt.
LG D

Hi Anja,
Elke hat ja schon auf den Punkt gebracht, wie es betr. der
Erziehung sein kann.
Meine Mutter versuchte bei mir, mich zu einem Mädchen zu
erziehen. Als Kind fing ich an zu weinen, wenn ich ein
Kleid tragen sollte. Mein Vater wollte, dass ich am Abschluss-
ball teilnehmen wollte und war mit mir auf Kleidersuche.
Ich wollte an dem Ball nicht teilnehmen, weil ich keine
Hosen tragen durfte. Nach langen Diskussionen einigten
er und ich uns darauf, dass ich Rock und Bluse trage.
Gegen meinen Willen wurde ich dann von meiner Cousine
dann noch gestylt (Haare, Schminken). Ich fühlte mich total
unwohl und war froh, als ich wieder zu Hause war.
In meiner Freizeit trug ich Jeans und Sicherheitsstiefel,
da der allgemeine „Lieblingsspielplatz“ unserer Dorfjugend
ein altes Sägewerk bzw der Pfälzerwald war.
Irgendwann fing ich an, mit Fotografiern. Erst Landschaften
später Personen. Ein Kollege machte mir dann klar, dass
Personen auf Bildern wie Leichen aussehen, wenn man sie
vorm Fotografieren nicht schminkt. Auch ich sollte mal
Model spielen. Man ging davon aus, dass ich weiss, wie ich
mich zu schminken habe. Es muss wohl grausam gewesen sein.
Der Kollege schminkte mich dann so, dass es gut aussah.
Diesen Schminkstil hatte ich dann für mich übernommen.
Jahre später war ich in ner Reha. Natürlich wurde auch ein
Schminkkurs angeboten. Ich tat es mir an, war ja ne gelernte
Kosmetikerin, die da ne Typberatung machte. Ich liess mich
von ihr schminken und fragte die Mitpatientinnen. Die fanden
es klasse. Ich nicht. Ich wischte mir das Zeug ausm Gesicht
und schminkte mich so, wie es mir der Kollege beigebracht
hatte. Und komischerweise fanden die Mitpatienten es viel
besser als das, was die Expertin mit mir machte.
Heute ist es so, dass ich mich, je nach Anlass kleide
und „hübschmache“. Ich fühl mich in Jeans und Sicherheits-
stiefel genausowohl wie in Businessdress und Schminke.
Das haben wohl auch meine Mädels von mir übernommen. Je
nach Bedarf greifen sie zum Makeup oder zur Bohrmaschine.
Ich hab „Tippse“ gelernt, bin jetzt Netzwerkadmin. Meine
Große will Sprachen studiern, die Kleine will Tischler lernen…
Übringes: was ist nötiger zum Überleben: Dass man sich selbst
helfen kann oder dass man nur hübsch aussieht? Essen/Kochen/
Haushalt wird irgendwann sowieso nötig werden, das lernen
die Kids automatisch, aber es gibt auch andere Bereiche im
täglichen Leben, die frau tun können sollte.
Im Übrigen: Bei „unserem“ Baumarkt wird demnächst ein kosten-
loser Handwerkerkurs für Frauen angeboten, in dem Frauen lernen,
u. a. mit Bohrmaschine umzugehen oder wie frau einen Parkett-
boden legt, mit allen Arbeiten, die dazu gehören (Globus-
Baumarkt Zweibrücken, 29.09.2006, ab 20.30 Uhr). Also geht
man hier schon mal davon aus, dass es nicht mehr „unnormal“
ist, dass Frauen nicht nur mit Schminke/Haushalt/Kinder umgehen.
Also keinen Kopf machen…
LG D

Hallo Anja,

ich finde die bisherigen Antworten sehr lesenwert und möchte versuchen, auch meine Erfahrungen in Worte zu fassen.

Bei uns galten ‚übergeordnete‘ Werte als erstrebenswert:
Bildung, Wissen, Können - also eher intellektuelle
Fähigkeiten.

Ja, das war bnei mir ähnlich. Zu gewissen Gelegenheiten versuchte sich meine Mutter an „Schminke“, der Erfolg litt allerdings sehr unter mangelnder Übung, Verweigerung von Foundation und absoluter Ablehnung jeder Körperhaarentfernung…

Allerdings hat sich die Erziehung zu „Neutralität“ bei mir offenbar nicht so sehr festgesetzt wie bei Dir - in der Pubertät habe ich festgestellt, dass die Mädels der In-Cliquen irgendwie iregndwie eleganter waren, also habe ich dann angefangen, mir die entsprechenden Fähigkeiten anzueignen. Beobachtung, Filme, Frauenzeitschriften waren dabei hilfreich - für mich ist durch diese Informationen, gefiltert durch den, na sagen wir mal: bildungsbürgerlich-souveränen Grundstein eine (an guten Tagen ; )) selbstbewusste, emanzipierte und weibliche Frau aus mir geworden (über die schlechten Tage wollen wir mal nicht reden…).

Wenn ich mir die lebensuntauglichen Puppen anschaue, die aud den damaligen „It-Girls“ mittlerweile geworden sind, bin ich für das Fundament meiner Erziehung sehr dankbar. Es war einfach, mir Schminken, Frisieren und eine oder zwei Gesten beizubringen - ob das mit gewissen Grundtugenden und Ansichten auch so gewesen wäre, weiß ich nicht.

Ich nutze heute meine Weiblichkeit durchaus, um mir das Reifenwechseln bei Sturm und Matsch zu ersparen, aber natürlich kann ich mit der Bohrmaschine umgehen und die Spüle anschließen, wenn es sein muss.

Und - wer hätte es gedacht - kürzlich habe ich meiner Mutter auf ihre Bitte hin beigebracht, wie man Augenbrauen zupft.

Für mich funktioniert der Mittelweg, den ich mir unabhängig von der Erziehung gesucht habe. Ich teile hier Elkes Meinung und bin sicher, wenn es für Dich zu Deinem Leben gehörte, hättest Du Dir das elegante Zurückwerfen des Haares mit der etwas abgewinkelten Hand schon beigebracht ; )

Gruß
Ramona

Es war sogar
so, dass es mir unangenehm war, wenn mir dann jemand beim
Gespräch auf die Titten starrte, weil ich fand, das gehört da
jetzt nicht hin.

Das allerdings geht mir auch so und ist IMHO kein Zeichen von Prüderie oder mangelnder Weiblichkeit auf Deiner Seite des Tisches sondern ein Zeichen für mangelnde Manieren und wenig Respekt direkt gegenüber.

kleiner Zusatz …
… nach den ersten Artikeln

Ich will keine „Lebenshilfe“, lebe sehr gut mit dem, was ich beschrieb.

Mich interessiert lediglich, wie das andere Frauen erlebt haben.

Danke,
Anja

Hallo deceem,

hier möchte ich widersprechen:

Übringes: was ist nötiger zum Überleben: Dass man sich selbst
helfen kann oder dass man nur hübsch aussieht? Essen/Kochen/
Haushalt wird irgendwann sowieso nötig werden, das lernen
die Kids automatisch,

meine Tochter war aus Notwendigkeit mit in die Hausarbeit eingebunden, sowohl die sog. „männlichen“ Tätigkeiten, als auch die nötigsten „weiblichen“ (mehr als das Nötigste habe ich noch nie im Haushalt gemacht).

Jetzt ist sie in ihre Jugendorganisation, in der nach erstem Anschein beileibe nicht nur Ex-behütete-Kinderchen-Menschen rumlaufen, schon öfters die einzige gewesen, die von solchen Tätigkeiten eine Ahnung hatte.

Und was den sonstigen Erziehungseinfluss angeht: Man kann Kinder evtl. verbiegen, was das Essverhalten angeht (das „Teller leer essen“-Syndrom zum Beispiel), aber ich glaube doch sehr daran, dass Kinder ihre Ernährungsgewohnheiten zunächst mal angeboren haben, die Ernährung muss ja auch zu dem aus diesen Genen entstanden Körper passen.

Gruß, Karin

Hi Anja,

wenn ich zurückdenke wurde ich nicht „zum Mädchen“ erzogen. An mir wurden nur ständige Vergleiche gemacht a la „die anderen Mädchen haben alle…blablabla…ne Dauerwelle, rote Schuhe, gehen zur Tanzschule…“. Warscheinlich weil man mich damit „passender“ machen wollte. Wobei ich nie fand das ich „unpassend“ war.

Mir wurden nie Röcke verpasst weil man das „als Mädchen“ so trägt, ich trug die irgendwann genauso gerne, wie ich irgendwann Jeans trug. Ich spielte gerne mit Puppen, ebenso saß ich gerne im Matsch oder Sand oder baute Hochäuser mit Legosteinen.

Ich habe mit Jungs gerauft und Banden gegründet, Höhlen gebaut und war immer dreckig und zerrupft, was meine Eltern aber eher amüsiert hinnahmen.

Ich bekam zwar ab und zu zu hören das man „als Mädchen und zukünftige Frau“ doch Handarbeiten und Hauswirtschaft belegen muss, aber das hat mich auch nie wirklich interessiert. Ich musste diese Fächer zwar belegen weil es leider Pflichtfächer waren, aber ich setzte mich früh ein das es Wahlfächer wurden per Brief an den Direktor und Zitat des Grundgesetztes. Da war ich 13.

Okay, ich bekam massiv Stress als ich weder in die Tanzschule wollte, noch mich ständig mit anderen albern kichernden Mädchen herumdrückte um über „Jungs zu reden“, ich verweigerte die Konfirmation und raubte meiner Mutter damals einen echten „Feiertag“. Aber ich blieb hart und konnte argumentieren und hatte einfach den längeren Atem.

Außer den Ermahnungen an meine „innere Frau in Entwicklung“ und das Herbeibeten von irgendwelchen fragwürdigen „urweiblichen Instinkten“, fand ich meine Erziehung bis auf einige wirklich alberne Einschränkungen (nicht alleine lange weg gehen, mit der Freundin nicht verreisen in ein anderes Land, etc.) eher normal und geschlechtsunspezifisch. Das was ich an „Vorwürfen und Androhungen“ zu hören bekam, ist nie eingetreten. Der Rest hat sich als Aberglaube entlarvt und bis heute können mir weder Igitte noch In-Staihl glaubhaft verklickern wieso es erstrebenswert ist wenn ich mir nen Schuh-Tick zu legen muss, nur damit ich „wie alle Mädchen“ sein kann. Was ich schon als 10jährige nicht sonderlich spannend fand - so sein wie „die anderen Mädchen“.

Gruß
Helena

Hallo Anja,

seit einiger Zeit bin ich der festen Überzeugung, das eine „neutrale“ Erziehung keine Neutren aus uns macht. :smile:

Sicherlich erzielt man damit eine Abwendung von alten „Werten“ etc. und die Frau, die eher neutral erzogen wurde, möchte nur um ihrer inneren und nicht der äußeren Werte betrachtet werden, aber grundsätzlich wird man allein durch Erziehung keinen Jungen zum Mädchen machen und umgekehrt.

Wieso ich das glaube? Ganz einfach: Meine Schwester hat drei Kinder (inzwischen schon junge Erwachsene). Zuerst bekam sie zwei Jungs, danach noch ein Mädchen.

Beide Jungs sind durchaus auch mit Puppen bedacht worden (gerade in der Zeit weiterer Schwangerschaften wurde damit heftigst gespielt) und eher „neutral“ behandelt worden. Ebenso natürlich das Mädchen.

Aber bereits sehr früh haben sich beide Jungs den verschiedensten „Jungsspielen“ hingegeben und das Mädchen…zog sich zehnmal am Tag um.

Sobald der Zweck der Puppen - nachspielen von Geburt, Familie, etc. - einmal durchgespielt war, waren diese für die Jungs uninteressant. Das Mädchen spielte lange und exzessiv damit und fand immer neue Spiele, die sie mit den Puppen durchging. Sie interessierte sich aus eigenem Antrieb für alles was „weiblich“ war bzw. so gesehen wird, wie Kleidung, Schminke etc. etc.

Wir Erwachsenen haben dem ganzen mit wachsendem Erstaunen zugesehen. Alle Kinder hatten die gleichen Möglichkeiten, Spielzeuge etc. Und unser kleines Mädchen stürzt sich freudestrahlend auf alles was den Klischees entspricht! Nun denn…

Meine Geschwister und ich sind ähnlich aufgewachsen. Ich glaube wir sind alle zu Erwachsenen geworden, die sich ihres Geschlechtes wohl bewusst sind und auch mit den „Möglichkeiten“ entsprechend spielen, die aber im Berufsleben etc. sich vornehmlich als (einigermaßen) intelligente Erwachsene sehen, sozusagen geschlechtslos. So geht es mir auch während beruflicher Verhandlungen z.B. Die meiste Zeit denke ich überhaupt nicht darüber nach, das ich oft bis meistens die einzige Frau im Raum bin. Erst einmal bin ich Verhandlungspartner(in) und sonst nix. Rede ich schlaue Sachen, kommen diese ebenso aus meinen Gehirnwindungen wie bei den anwesenden Männern und nicht aus meinen Eierstöcken oder dem Busen. :smile: Umgekehrt natürlich genauso wenn ich Mist baue.

Gruß
Nita

Hallo, Nita,
da sollte man aber nicht vergessen, dass die Eltern nur in der Erziehung des Kleinkindes weitgehend neutrale Masstäbe setzen können - und das auch nur dann, wenn sie den Einfluß von Großeltern und anderen Anverwandten so weit als möglich zurückdrängen können („Nee, wat is die Kleine mal nüüüüdlich!“ - „Dat is man aber nen strammen Jung!“)

Spätestens im Kindergartenalter kommt dann aber das Beispiel der Peer-Group zum tragen, wo das Beispiel gleichaltriger bestimmte Spiele und Spielsachen fördert oder behindert, bestimmte Verhaltensweisen verstärkt oder sanktioniert.

Grüße
Eckard

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Hallo

Ich will deinen Aussagen nicht widersprechen, nur ein wenig in Frage stellen.

Dennoch, gerade weil es eigentlich
Bereiche sind, die nichts mit Talent (was niemand als erblich
bestreitet) zu tun haben, …

  1. Alle Bereiche haben etwas mit Talent zu tun, d. h. Talent oder Nicht-Talent beeinflusst alle Bereiche des Lebens.

  2. Talent ist meiner Meinung nach nicht ausschließlich erblich. Um wirklich etwas auf die Beine zu stellen, dazu reicht angeborene Begabung bestimmt nicht, die Rahmenbedingungen müssen schon da sein, dass man sein Talent entwickeln kann. Zumindestens muss das Kind den Mut und das Zutrauen haben, an sich zu glauben, und ein paar Anregungen müssen schon da sein.

Und es muss motiviert sein und es für erstrebenswert halten, sein Talent zu entwickeln; es kann durchaus auch mit den äußeren Bedingungen zu tun haben, ob das Kind sein Talent entwickeln will und Ehrgeiz zeigt oder nicht. Angenommen: Wenn das Kind durch sein Talent völlig zum Außenseiter wird, dann wird es eher geneigt sein, sein Talent vernachlässigen zu wollen. Das kann z. B. leicht bei hochbegabten Kindern aus unteren sozialen Schichten passieren.

Es ist auch bekannt, dass hochbegabte Mädchen oft sehr wenig zu außerordentlichen Leistungen, sondern eher zu Depressionen neigen, da sie keine Möglichkeit sehen, ihre Intelligenz auszuleben und trotzdem als normal und als weiblich attraktiv oder wenigstens als nett angesehen zu werden.

Viele Grüße
Thea

Hi,

Dennoch, gerade weil es eigentlich
Bereiche sind, die nichts mit Talent (was niemand als erblich
bestreitet) zu tun haben, …

  1. Alle Bereiche haben etwas mit Talent zu tun, d. h. Talent
    oder Nicht-Talent beeinflusst alle Bereiche des Lebens.

WEnn du z.B. wie gern oder oft sich ein Kind wäscht,
mit Talent in Verbindung bringen willst, bitte.
Das ist z.B. auch so ein Bereich, wo unsere beiden Jungs
sich extrem unterscheiden. Auch beim Essverhalten
sehe ich wirklich keinen Zusammenhang zu Talent, aber
vielleicht definierst du das anders.

  1. Talent ist meiner Meinung nach nicht ausschließlich
    erblich. Um wirklich etwas auf die Beine zu stellen, dazu
    reicht angeborene Begabung bestimmt nicht, die
    Rahmenbedingungen müssen schon da sein, dass man sein Talent
    entwickeln kann. Zumindestens muss das Kind den Mut und das
    Zutrauen haben, an sich zu glauben, und ein paar Anregungen
    müssen schon da sein.

Das ist schon klar. Aber ich kann z.B. ganz passabel Flötespielen,
kann einfache Melodien singen (ich singe gern, aber überhaupt
nicht schön), usw., d.h. ich bin musikalisch minimal begabt.
Dass ich daraus Fähigkeiten entwickelt habe, spricht für
die Rahmenbedingungen, die ich hatte. Aber ich könnte das
nur bedingt weiterentwickeln.

Und es muss motiviert sein und es für erstrebenswert halten,
sein Talent zu entwickeln; es kann durchaus auch mit den
äußeren Bedingungen zu tun haben, ob das Kind sein Talent
entwickeln will und Ehrgeiz zeigt oder nicht.

Das will ich alles nicht bestreiten, hatte auch gar
nichts mit dem, was ich schrieb zu tun.
Mir ging es nur darum, dass allgemein akzeptiert ist,
dass man Musikalität „mitbringt“ - dass man auch ein unmusikalisches
Kind (wie mich) an Musik heranführen kann, ist klar,
dass bei einem musikalischen Kind diese Fähigkeit verkümmern
kann, ist auch klar. Dennoch würde niemand abstreiten,
dass man, um musikalische Fähigkeiten in hohem Maße zu fordern,
eine Grundbegabung dafür da sein muss und die ist eben
vererbt.

Es ist auch bekannt, dass hochbegabte Mädchen oft sehr wenig
zu außerordentlichen Leistungen, sondern eher zu Depressionen
neigen, da sie keine Möglichkeit sehen, ihre Intelligenz
auszuleben und trotzdem als normal und als weiblich attraktiv
oder wenigstens als nett angesehen zu werden.

Ja und?
Ich hatte nur behauptet und erläutert, warum ich glaube,
dass Erbanlagen im Allgemeinen unterschätzt werden.

Mit einer Kollegin habe ich gerade über dieses THema gesprochen.
Sie erzählte, dass sie sich von ihrem Mann trennte, als der
Sohn noch kein Jahr alt war. Der Ex sei dann weggezogen, habe
sich nie um das Kind gekümmert. Dennoch zeige der Sohn (inzwischen
20) je älter er werde immer mehr die Eigenschaften, die ein
Hauptgrund waren, warum sie den Mann damals verlassen habe.

Gruß
Elke

Mich würde interessieren, wie Ihr Frauen das erlebt habt.

Na ebenso wie du - komme aus einer intellektuell-künstlerischen Familie. Wichtig war da, daß ich einen Titel mache, ist in Österreich halt sehr wichtig, nur so gehörst du zur Oberschicht. Schminke und so Zeug war nie Thema, hat mich als Teenager auch nicht interessiert, da ich ja „reif“ sein wollte, und da steht man doch drüber über Mode und Schminke, denn das machen ja nur die Arbeitertöchter und so leichtlebige Tussen.

Aber ich habe dieses Denken abgelegt, mithilfer meiner super Schwiegermutter. Sie sagt immer noch „Ich habe dich zur Frau gemacht“. Ich freue mich darüber, daß man als Frau ja doch intelligent UND sexy sein darf. Alles eine Frage des Umfeldes.

Grüße
datafox

Hi Anja,

an sich bin ich ja nicht dazu aufgefordert etwas zu dem Thema zu sagen. Einen Erfahrungsbericht kann ich nicht liefern.
Allerdings klingt es schon so, als sei da eine gewisse Unzufriedenheit vorhanden. Das soll nicht klingen, als wollte ich es Dir auf Teufel komm raus unterstellen, aber ich glaube nicht, dass man einfach mal so solche Diskussionen anstößt. Es klingt, als hättest du das Gefühl etwas verpasst zu haben.

Schönes Wochenende,

Hilmar

Hallo Eckard,

du verwirrst mich. :smile:

Was bitte möchtest du mir sagen/raten?

Sage ich irgendetwas, welches die von dir genannten Untersuchungen irgendwie entkräftet?

Höchstens fehlt der Hinweis auf das Alter der Kinder zu dem Zeitpunkt und ob Beeinflussungen aus dem Kindergarten schon hätten auftreten können.

Dann möchte ich präzisieren: Als wir das Verhalten der Kinder beobachteten, waren sie n i c h t im Kindergarten.

Allerdings waren sie natürlich nicht gleichalt, so dass die Verhaltensweisen, die ich hier zusammenfasste, nicht alle gleichzeitig auftraten.

Gruß
Nita