Es gibt IHN (allein) nicht

Liebe Wissende,

angeregt durch Eure engagierte Diskussion hab’ ich mich ja etwas weiter mit dem Mann Jesus befasst und bin dabei auf den Begriff „Abwûn d’bwaschmâja“ gestoßen.

Stimmt es, dass der Begriff von Jesus verwendet wurde und dass er sich nicht auf „Vater“, sondern auf eine geschlechtsneutrale Schöpfung bezieht? Wenn das so ist, wie kam es dann zu der Einseitigkeit?

Vielen Dank für Antworten im Voraus!
IHF

Hallo,

Stimmt es, dass der Begriff von Jesus verwendet wurde

Der allgemeine Konsens scheint zu sein, dass das NT in Griechisch niedergeschrieben wurde und alles Aramäische, was heute zitiert wird (z.B. auch das Vater Unser in Aramäisch) auch eine Übersetzung dieses Texts ist.
Allerdings gibt es da auch andere Meinungen dazu:
http://de.wikipedia.org/wiki/Neues_Testament#Begriff
engl.:
http://en.wikipedia.org/wiki/Aramaic_primacy

und dass
er sich nicht auf „Vater“, sondern auf eine
geschlechtsneutrale Schöpfung bezieht?

Ich kann kein Aramäisch, aber ein bisschen Hebräisch (sind verwandt), das ich mal zum Vergleich anführe:
„Abwûn d’bwaschmâja“ (keine Ahnung, ob in dieser Umschrift alle Vokale richtig enthalten sind)
„ab/av“ bedeutet „Vater“, das „un“ schaut für mich wie eine Possesivendung aus („unser“)
„b(e)/b(a)“ bedeutet in/im
„shamayim“ ist im Hebräischen „Himmel“

Viele Grüße
Kati

Korrektur: Possessivendung (owT)
nix

wieso?
Hi,

deine Betreffzeile verstehe ich absolut nicht. Was hat die mit deiner Frage zu tun?

„Abwûn d’bwaschmâja“

Ja. „Unser Vater im Himmel“ auf Südaramäisch (Chaldäisch).

Stimmt es, dass der Begriff von Jesus verwendet wurde

Woher gibt es denn einen Anlaß, daran zu zweifeln? Natürlich ist der Text ursprünglich, wie Kati bereits sagte, griechisch (Koine) verfaßt, aber es kann nicht bezweifelt werden, daß Jesus (auch) aramäisch, und zwar Nordaramäisch (Galiäisch) sprach.

Daß אב (ab, aram./hebr.) neben der Bedeutung „Vater“ in bestimmten Kontexten auch Vorfahr (maskulin) heißen kann, warum soll das denn ausgerechnet an dieser Stelle so gemeint sein? Denn es gibt unzählige Stellen, in denen Jesus als vom Vater sprechend zitiert wird. Und es gibt auch keinen Zweifel, daß von den Judäern und Galiläern auch so verstanden wurde, zumal auch sie üblicherweise griechisch sprachen.

Und auch alttestamentlich gibt es genügend Belege, daß dies eine übliche Ausdrucksweise war.

Wenn das so ist, wie kam es dann zu der Einseitigkeit?

Es ist nicht so, aber dennoch: Was für eine Einseitigkeit meinst du?

Gruß
Metapher

Hallo Metapher,

„Abwûn d’bwaschmâja“

Ja. „Unser Vater im Himmel“ auf Südaramäisch (Chaldäisch).

Ist es vielleicht nicht eine Verfälschung?

„Der aramäische Ausdruck „Abwun d`baschmaja“, herkömmlich wiedergegeben durch „Unser Vater im Himmel“, hat keine allein gültige Übersetzung. Vielmehr bedeutet er neben „Vater“, auch „Mutter“, „Ursprung“, ja sogar das umfassende „Eine“, das „atmet“, „klingt“ und „strahlt“, und in dem das ganze Universum mitgemeint ist.“

http://www.christenzukunft.de/gottesbegriff.htm

Meine Worte in der Betreffzeile waren vielleicht ein bisschen auf eine ungefähr so lautende Kritik bezogen…

http://frauensprache.com/vaterunser.htm

Woher gibt es denn einen Anlaß, daran zu zweifeln?

siehe oben

Natürlich ist der Text ursprünglich, wie Kati bereits sagte, griechisch (Koine) verfaßt, aber es kann nicht bezweifelt werden, daß
Jesus (auch) aramäisch, und zwar Nordaramäisch (Galiäisch)
sprach.

Dann kann es also sein, dass er ganz bewusst gar nicht von VATER sprach?!

Daß אב (ab, aram./hebr.) neben der Bedeutung „Vater“ in
bestimmten Kontexten auch Vorfahr (maskulin) heißen
kann, warum soll das denn ausgerechnet an dieser Stelle so
gemeint sein? Denn es gibt unzählige Stellen, in denen Jesus
als vom Vater sprechend zitiert wird.

Wurde er auch wirklich so zitiert, wie er selbst es gemeint hatte? Wenn das Vaterunser falsch zitiert wurde, kann auch an vielen anderen Stellen ein wenig manipuliert worden sein?

LUnd es gibt auch keinen Zweifel, daß von den Judäern und Galiläern auch so verstanden wurde, zumal auch sie üblicherweise griechisch sprachen.

Ja, aber vielleicht wollten die es eben auch nicht anders verstehen?
Das bedeutet ja nicht, dass es darum falsch sein muss, dass der Begriff nicht bloß einen „Vater“ meint?

Und auch alttestamentlich gibt es genügend Belege, daß dies
eine übliche Ausdrucksweise war.

Ja, das kann ich mir vorstellen; woran lag es, dass die sich alle nur einen „Vater im Himmel“ vorstellen konnten?

Wenn das so ist, wie kam es dann zu der Einseitigkeit?

Es ist nicht so, aber dennoch: Was für eine Einseitigkeit
meinst du?

Was ist nicht so? Ich meinte das so: Es wurde einseitig (oben und nur männlich) ein Gott propagiert, aber vielleicht hat Jesus das gar nicht gewollt?

MfG, IHF

Vatergott vs. Shiva / Shakti
Hi Iceage HnF.

Wenn das so ist, wie
kam es dann zu der Einseitigkeit?

Du meinst natürlich die Einseitigkeit der Geschlechtsbestimmung „Gottes“ als „Mann“ (Vater). Dazu kam es - natürlich - aufgrund der patriarchalischen Verfassung der jüdischen Familie und des jüdischen Gemeinwesens und überhaupt der antiken Gesellschaft. Die ultimative kosmologische Instanz konnte damals gar nicht anders denn als maskulin gedacht werden.

Von Paulus stammt der Satz:

„Ihr Frauen, ordnet euch euren Männern unter wie dem Herrn. Denn der Mann ist das Haupt der Frau.“ (Eph 5,23)

Es gibt nur eine große Religion (der Hinduismus), in der die Vorstellung einer Super-Göttin große Bedeutung gewann. Hier wird Shakti als Urkraft oder Urenergie des Universums angesehen und in der Regel einem gleichwertigen Shiva als geschlechtliches Pendant gegenübergestellt.

In Europa herrschte in vorgeschichtlichen Zeiten noch ein Muttergott-Kult vor, bis die Indogermanen die Vorstellung eines männlichen Gottes etablierten.

Gruß

Horst