Es täte mich aber interessieren

Liebe Wissende,

obiger Satzteil ist aus einem Beitragsfaden aus dem Fremdsprachenbrett von heute Abend.

Natürlich ist dieser Satz in Schriftdeutsch. Ich will aber auf die baierische Version hinaus.

Das Baierische hat ja bekanntlich eine eigene Grammatik, wie Hr. Prof. Dr. Zehetner, Uni Regensburg schon mehrfach in Vorträgen ausgeführt hat (und weshalb folglich Baierisch nicht nur ein Dialekt sondern eine eigenständige Sprache ist - um an dieser Stelle die Antwort nachzuholen, die ich vor Wochen mal leider schuldig geblieben war).
Auf Baierisch heißt dieser Satzteil ja

Es daderd mi aber doch neigiri macha duan. Mir kommt es bei meiner Frage auf das „daderd … duan“ vs. schriftdeutsch „täte“ an. Das „täte“ würde ich als Konjunktiv der Vergangenheit sehen.

Leider habe ich von dem Vortrag, den ich damals von Hr. Prof. Dr. Zehetner gehört habe, kein Skript, so dass ich nicht nachlesen kann: Welche Grammatikstruktur steckt hinter dem „daderd … duan“. Das letzte „duan“ (was ja Schriftdeutsch „tun“ ist) erachte ich grammatikalisch und inhaltlich redundant, aussagelos. Aber ist es das nach der baierischen Grammatik wirklich? Warum sollte man dann dieses „Grundverb“ (wenn ich das mal so bezeichnen darf = das einfachste der einfachen Verben, vgl. engl. to do) dann an einen Satz noch anhängen? Und woher kommt das „-ert“ aus „dadert“?

Ich würde mir echt wünschen, den damaligen Vortrag (ich glaube es war 2002 oder so) nochmal hören zu dürfen. Er war phantastisch.

Vielen Dank für Eure Antworten und eine gute Nacht wünscht

Alexander

Servus Alexander,

wo in Bayern sagt man denn „Es daderd mi aber doch neigiri macha duan“?
Für meine Ohren klingt das sehr maniriert, so nach Bauerntheater-brutalo-Dialekt…

Danke für deine Aufklärung :smile:
agnes

wo in Bayern sagt man denn „Es daderd mi aber doch neigiri macha duan“?
Für meine Ohren klingt das sehr maniriert, so nach Bauerntheater-brutalo-Dialekt…

D’accord, das ist eine gekünstelte Konstruktion.
Ein bairischer Muttersprachler „daderd“ (täte), wenn überhaupt, höchstens sagen „Es daderd mi neigiri macha“, eher aber nur „Es dad mi neigiri macha“.
Die Verwendung von „dad“ (täte/würde) oder „daderd“ (täterte) hängt vom Konnex ab und ist nicht ganz gleichbedeutend, etwa hier:
„Es dad fei geh“ (Es würde schon gehen/funktionieren), aber
„Es dadat fei geh“ (Es würde vielleicht, eventuell gehen)

Gruß, Michl

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Moin, Alexander,

Es daderd mi aber doch neigiri macha duan.

diese „tun“ ist kein Bairisch, sondern ein Sprachkonstrukt, das sich unabhängig vom Dialekt behauptet. Es entsteht wohl während der Kindheit, eigenartigerweise hält es sich vor allem bei Fernsehköchen, manchmal auch bei Akademikern.

Gruß Ralf

Hallo Alexander,
entweda da Herr Professa ko ned gscheit boarisch oder er hot scho oan zuzlt.
Gruß
Nastaly
PS: des mit de Reichastegga stimmt natierli.

Hallo Michl,

Ein bairischer Muttersprachler „daderd“ (täte), wenn
überhaupt, höchstens sagen „Es daderd mi neigiri macha“, eher
aber nur „Es dad mi neigiri macha“.

Hmm, schon schon, aber wenn ich so über meine Sprechgepflogenheiten nachdenke, fällt mir auf dass ich diese „dad/dadert“-Konstruktionen so kaum sage.
„Des machad mi neigieri“ kömmt eher hin.

Die Verwendung von „dad“ (täte/würde) oder „daderd“ (täterte)
hängt vom Konnex ab und ist nicht ganz gleichbedeutend, etwa
hier:
„Es dad fei geh“ (Es würde schon gehen/funktionieren), aber
„Es dadat fei geh“ (Es würde vielleicht, eventuell gehen)

Nehmen wir noch ein paar Beispiele für „würde gehen“:
Des gang/gangerd gar nia!
Am Samstag gangad ma aufn Berg, wenn s’Weda schee is.
Do gang/gangad i ned hi.
Klingt mir alles geläufiger als die „dad/dadert“-Versionen.

Ich Chiemgau - du wo? :smiley:

Gruß,
agnes

Auf Baierisch heißt dieser Satzteil ja

Es daderd mi aber doch neigiri macha duan. Mir kommt es bei
meiner Frage auf das „daderd … duan“ vs. schriftdeutsch
„täte“ an. Das „täte“ würde ich als Konjunktiv der
Vergangenheit sehen.

Ja, Konjunktiv II; drückt hier wohl den Irrealis der Gegenwart oder eine höflich/vorsichtig geäußerte Aussage (Potentialis) aus.

Aber mit dem duan kann ich nichts anfangen.
Dröseln wir das doch einmal auf:
Es machd mi [machbme] neigieri oder (für mein Gefühl: seltener)
Des duad mi neigieri macha.
Wer setzt da noch dieses duan dran? Ich kenne niemand.
Wieso sollte man es dann dranhängen, wenn man diese Aussage in den Irrealis setzt?:
Des machad mi neigieri (stark begeugt) oder (schwach gebeugt:smile:
Des daad(ad) mi neigieri macha.
Oder verstehe ich da etwas falsch?

Zu daderd: Es wird eigentlich daded heißen müssen. Denn:
Im Frühneuhochdeutschen gab es zu tun neben dem Präteritum ich tat und tet auch die Formen ich tate und tete. Also: er tatet (nhd: er tat).
Die Umlautbildung im Konjunktiv (etwa zu täte) findet zumindest im Baierischen nicht statt, so dass sich, statt dessen, ergibt: er tatet/daded [mit dem hellsten a] statt nhd er täte.
So etwa hab ich es für das Hochdeutsche noch aus Vorlesungen in Erinnerung.

Beste Grüße!
H.

Hallo Hannes, hallo all die anderen, die ebenfalls geantwortet haben,

Aber mit dem duan kann ich nichts anfangen.

ja, vielleicht ist das wirklich nur eine pointierte Überspitzung. Ich weiß, dass man solche Konstruktionen auch auf dem Land heute immer seltener hört.

Dröseln wir das doch einmal auf:
Es machd mi [machbme] neigieri oder (für mein Gefühl:
seltener)
Des duad mi neigieri macha.

Wieso sollte man es dann dranhängen, wenn man diese Aussage in
den Irrealis setzt?:

ja, das war ja auch so ähnlich mein Gedanke: eigentlich redundant, oder?

Des machad mi neigieri (stark begeugt) oder (schwach gebeugt:smile:
Des daad(ad) mi neigieri macha.
Oder verstehe ich da etwas falsch?

Nein, genau so habe ich das schon gemeint.

Zu daderd: Es wird eigentlich daded heißen müssen. Denn:
Im Frühneuhochdeutschen gab es zu tun neben dem Präteritum ich
tat
und tet auch die Formen ich tate und tete. Also: er tatet
(nhd: er tat).

somit auch „machte-t“ (siehe Dein Beispiel oben „des machad“)?

Die Umlautbildung im Konjunktiv (etwa zu täte) findet
zumindest im Baierischen nicht statt, so dass sich, statt
dessen, ergibt: er tatet/daded [mit dem hellsten a] statt nhd
er täte .
So etwa hab ich es für das Hochdeutsche noch aus Vorlesungen
in Erinnerung.

Damit dürfte das „-ert“ bzw. „-ad“ (je nach Schreibweise) erklärt sein.

bleibt somit eigentlich nur noch, ob das „duan“ wirklich redundant ist (es wird ja auch heute kaum noch benutzt) oder ob ursprünlich mal da ein „Sinn“ in Form einer grammatikalischen Regel dahinter steckte.

vielen Dank für die Erklärung und einen schönen Abend wünscht

Alexander

Hallo Nastaly,

entweda da Herr Professa ko ned gscheit boarisch oder er hot
scho oan zuzlt.

Zur Klarstellung: ich weiß heute nicht mehr, ob der Hr. Prof. Dr. Zehetner damals in seinem Vortrag solch eine Konstruktion mit „duan“ hatte oder nicht, das ist zu lange her und leider besitze ich von dem Vortrag kein Skript.

Nein, dieses „duan“ kenne ich aus meiner Kindheit auf dem Land (Münchener Hinterland), habe es noch im Ohr. Aber ich weiß, dass es wirklich zunehmend auch auf den Dörfern verschwindet.

Also lassen wir Hr. Zehetner mit diesem Wort unbehelligt, er kann wahrlich dafür nichts.

Viele Grüße

Alexander

Hallo Agnes,

Hmm, schon schon, aber wenn ich so über meine
Sprechgepflogenheiten nachdenke, fällt mir auf dass ich diese
„dad/dadert“-Konstruktionen so kaum sage.
„Des machad mi neigieri“ kömmt eher hin.

Vielleicht ist das eine Frage des Sprachniveaus? Für mich klingt durchaus „dadert“ ganz normal.

Die Verwendung von „dad“ (täte/würde) oder „daderd“ (täterte)
hängt vom Konnex ab und ist nicht ganz gleichbedeutend, etwa
hier:
„Es dad fei geh“ (Es würde schon gehen/funktionieren), aber
„Es dadat fei geh“ (Es würde vielleicht, eventuell gehen)

Nehmen wir noch ein paar Beispiele für „würde gehen“:
Des gang/gangerd gar nia!

Hier komme ich auf die Antwort von Hannes zurück: Also wäre es hier:
„gangte-t“ (statt schriftdeutsch „ging“)
Noch ein Beispiel, wobei das vielleicht was anderes ist:
Gast zum Wirt: „I mechad no ein Gnedl“
geht das dann auch in die Richtung „möchte-t“

Am Samstag gangad ma aufn Berg, wenn s’Weda schee is.
Do gang/gangad i ned hi.
Klingt mir alles geläufiger als die „dad/dadert“-Versionen.

Mir scheint, wir Baiern haben mehr „-ert“-Suffixe an unseren Verben als uns selbst bewusst ist…

Ich Chiemgau - du wo?

im Hinderland vo Minga aufgwachsn :smiley:

Tut mir leid, das war zu schnell draußen.

"Viele Grüße und einen schönen Abend

Alexander"

gehört natürlich noch drunter

gute Nacht

Alexander

Es dadad mi intressiern …
… der Bayer verwendet durchaus Fremdwörter, speziell lateinische …

Mi dean des dischkriern!

Das Baierische hat ja bekanntlich eine eigene Grammatik, wie
Hr. Prof. Dr. Zehetner, Uni Regensburg schon mehrfach in
Vorträgen ausgeführt hat (und weshalb folglich Baierisch nicht
nur ein Dialekt sondern eine eigenständige Sprache ist

Im Prinzip ja. So argumentiert auch Rowley. Das Kriterium der „eigenständigen Grammatik“ ist aber durchaus schwammig, weil im Prinzip jede Varietät gewisse Eigenständigkeiten aufweist, die nicht aus der Hochsprache herleitbar sind.

Gruß,
Max

Griaß di Alexander,
Der Münchner sagt Münchn,
mia Chiemgauer Minga.
und noch ein paar Suffixe mit ad:
krachat
gnackad
gschdingat
gschleckad
mechad
gangat
nachad

Pfiat di
Nastaly
PS: Erklärung gabats auf Nachfage.

Griaß de Nastaly,

PS: Erklärung gabats auf Nachfage.

wos miassad nacha do erklärd wern? Des is doch ois sonnaglar.

A guade Nacht winscht Da

da
Alexander

Hallo Max,

Mi dean des dischkriern!

eigentlich habe ich geglaubt, so einigermaßen baierisch zu können. Aber mit Deinem „dischriern“ komme ich nicht klar. Soll das „diskutieren“ sein? Aber das gibt doch in diesem Zshang keinen Sinn???

Mich tun das …?

Danke für die Aufklärung.

Gute Nacht

Alexander

Aber mit Deinem „dischriern“ komme ich nicht klar.

Dischkriern/Dischgrian ist ein mundartlicher Ausdruck für diskutieren, bereden.

Mich tun das …?

Es solte heißen:
Mia dean des …

M.

Ah, alles klar,

Danke für die Aufklärung.

Viele Grüße

Alexander

Hallo Alexander,
Auf die Gefahr hin, dass das unten schon mal erwähnt wurde (habe noch nicht weitergelesen), hier einige Anmerkungen:

Das Baierische hat ja bekanntlich eine eigene Grammatik, wie
Hr. Prof. Dr. Zehetner, Uni Regensburg schon mehrfach in
Vorträgen ausgeführt hat (und weshalb folglich Baierisch nicht
nur ein Dialekt sondern eine eigenständige Sprache ist - um an
dieser Stelle die Antwort nachzuholen, die ich vor Wochen mal
leider schuldig geblieben war).

Nicht nur das Bairische hat eine eigene Grammatik, auch das Obersächsische, das Schwäbische, das Hessische, das Ripuarische (wozu z.B. Kölsch zählt), das Erzgebirgische, das Moselfränkische und und und. So gesehen hat nämlich jeder Dialekt seine eigenen Grammatiken, die sich eben mehr oder weniger von anderen Dialekten unterscheiden. Man müsste irgendwo eine willkürliche Grenze ziehen, um zu sagen: ab dieser oder jener Menge an Unterschieden muss man von einer eigenen Sprache sprechen.
Aber wie du sicher weißt, ist das kein ausreichendes Kriterium zur Bestimmung einer Sprachgrenze. Also deine Schlussfolgerung ist nicht allgemein gültig, sondern auf eine Ansicht gestützt, die sehr willkürlich eine Unterscheidung zu treffen versucht. Nach meinem Dafürhalten könnte ich auch Obersächsisch, Erzgebirgisch, und alle anderen oben genannten Dialekte (und eigentlich alle deutschen Dialekte!) zu eigenen Sprachen erklären. Fragt sich nur, wann eine Grammatik unterschiedlich genug ist.

Aber an sich ist das auch erstmal nicht weiter wichtig. Die Grammatik unterscheidet sich eben in einigen Punkten. Ob man das nun eine andere Sprache nennt oder noch einen Dialekt, das ist Definitionssache.

Auf Baierisch heißt dieser Satzteil ja

Es daderd mi aber doch neigiri macha duan. Mir kommt es bei
meiner Frage auf das „daderd … duan“ vs. schriftdeutsch
„täte“ an. Das „täte“ würde ich als Konjunktiv der
Vergangenheit sehen.

Bist du dir sicher, dass das „duan“ am Ende zwingend nötig ist, oder erfüllt es vielleicht nur Betonungszwecke? Die tun-Periphrase (der tut grad schlafen usw.) ist ja in vielen Dialekten und Sprachformen des Deutschen bekannt, aber nie ein obligatorischer Bestandteil des Satzes (im Gegensatz zum englischen „Where do you go?“).
Im Obersächsischen hätte ich den Satz z.B. auch ohne das „tun“ ausgedrückt, auch wenn das sicher mit „tun“ auch möglich wäre: „'S täde misch abbor intressiorn“.

Leider habe ich von dem Vortrag, den ich damals von Hr. Prof.
Dr. Zehetner gehört habe, kein Skript, so dass ich nicht
nachlesen kann: Welche Grammatikstruktur steckt hinter dem
„daderd … duan“. Das letzte „duan“ (was ja Schriftdeutsch
„tun“ ist) erachte ich grammatikalisch und inhaltlich
redundant, aussagelos. Aber ist es das nach der baierischen
Grammatik wirklich?

Ah okay, da hast du also den selben Gedanken. Dass das „duan“ nicht viel dazutut. Das denk ich auch. Eventuell hebt das einen Satzteil geringfügig hervor oder so… aber ja, ich empfinde das im Sächsischen als ähnlich.

Warum sollte man dann dieses „Grundverb“
(wenn ich das mal so bezeichnen darf = das einfachste der
einfachen Verben, vgl. engl. to do) dann an einen Satz noch
anhängen? Und woher kommt das „-ert“ aus „dadert“?

Letzteres habe ich mich auch gefragt.
Zu ersterem habe ich mal ein Seminar bei André Meinunger (ZAS, Berlin) besucht mit dem Titel „Die Grammatik des Deutschen Substandards“, in der es um oft kritisierte Phänomene der deutschen Sprache ging, unter anderem auch dieses scheinbar überflüssige „tun“. Da gab es auch einiges an Gegenbeispielen, die zeigten, warum das „tun“ nicht völlig redundant ist, sondern z.T. der Grammatik nützt und zum Teil vielleicht sogar einen Bedeutungsunterschied macht… ich muss mal die Aufzeichnungen raussuchen. Isch täde misch dann spädor widdor meldn tun. :wink:

Ich würde mir echt wünschen, den damaligen Vortrag (ich glaube
es war 2002 oder so) nochmal hören zu dürfen. Er war
phantastisch.

Das war der von Herrn Meinunger auch. Er hatte z.B. auch nachgewiesen, dass es keinen(!) zwingenden Grund gibt, „brauchen“ mit „zu“ zu verwenden und solche Sachen. Große Klasse. :smile:

Ich such’s mal raus…

  • André

Grüß Gott Alexander,
(und andere auch)
schaut da mal rein:
Ludwig Merkle: "Bairische Grammatik.
narrisch interessant!
Pfiat Di
Nastaly

Grüß Gott Alexander,
(und andere auch)

… und dazu noch dich:
Guten Morgen allseits!

schaut da mal rein:
Ludwig Merkle: "Bairische Grammatik.
narrisch interessant!

Ein interessanter Hinweis, ja. Da findet man viel Richtiges.
Aber eher nur narrisch finde ich, dass der Tränkle das um München (und in den Trachtenbutiken in München) Gesprochene als sein Standardbairisch („ein gewissermaßen allgemeines Bairisch“, so im Vorwort) ausgibt. Sein Hinweis, auch im Vorwort, man könne im Schmeller „seitenweise Wörter finden, die man nicht mehr versteht“, sagt das auch ganz deutlich. (Hierzulande, bei uns Dorfdeppen, ist das meiste davon, wenn es nicht grad Waagscheidl und ähnliches verschwundene Zubehör bezeichnet, noch in Gebrauch.)
Bfüadtdi!
H.