Ethylenglykol als Bakteriennahrung

Ethylenglykol gehört seit 2004 der Wassergefährdungsklasse 1 an.
Es darf daher (z.B. im Bundesland NRW durch Festlegungen in der VAwS) nicht mehr ins Abwasser eingeleitet werden.
Dem steht die Tatsache gegenüber, dass eben diese Chemikalie zur „Fütterung“ der Bakterien in der zweiten, also biochemischen Klärstufe, von Abwasserkläranlagen eingesetzt wird.
Bei einer Kläranlage für 200.000 Einwohnerwerte beispielsweise durch Einsprühen einer Menge von 5 Litern pro Sekunde (!!!)
Frage:
Wer kann mir die genaue Bemessungsgrundlage hierzu benennen, nach der die Zugabemenge gewählt wird?

Hallo,
zunächst mal zu der als enorm empfundenen Menge an Ethylenglykol. Ausgehend von einem Abwasseranfall von 120 l/E/d ergibt sich eine Gesamtabwassermenge von 24.000 m³/d. Die Zugabemenge von 5 l/sec ergibt eine Menge von 432 m³/d, was weniger als 2% der gesamten Abwassermenge bedeutet.
In der Kläranlage steht die Aufgabe der Nitri-/ und Denitrifikation in einem Bereich an, in dem die Schmutzstoffe, die leicht abbaubar sind, schon beseitigt sind, d.h. die Konzentration und Aktivität der Bakterien ist an dieser Stelle sehr gering. An diesem Punkt sollen nun aber dennoch Bakterien gezielt aktiv sein. Um dies zu erreichen, wird Nährstoff zugegeben und zwar in Abhängig des Bedarfes an Abbaukapazität. Gibt es im Einzugsbereich einer Kläranlage z.B. eine Molkerei, eine Schnapsbrennerei, so wird oft deren konzentriertes aber leicht abbaubares Abwasser getrennt gehalten und gezielt in der Nitri-/Denitrifikationsstufe bedarfsgerecht zudosiert.
Die Menge kann abgeschätzt werden anhand der Abwasseranalyse bezüglich des Gehaltes an Stickstoffverbindungen, bzw. beginnend mit „Erfahrungswerten“ zudosiert und messtechnisch anhand der Abbauleistung überprüft und optimiert werden.
Fazit: Die Zugabe von Etylenglykol erfolgt aus klärtechnischen Gründen und kann nicht verglichen werden mit einer beliebigen Einleitung ins Kanalnetz. Viele in der Abwassereinigung zudosierte Verbindungen unterliegen innerhalb des Kanalnetzes einer Restriktion.

Hallo Environman2609,
zunächst meinen herzlicher Dank für die interessante Stellungnahme!
Für die Unterbindung einer „beliebigen“ Einleitung dieses Glykols ins Abwasser hätte ich auch nichts einzuwenden.
Mich stört lediglich die hieraus hergeleitete Forderung, Kälteanlagen, die dieses Glykol als Frostschutz enthalten, NUR FÜR DEN HAVARIEFALL (!!!) mit extrem kostenaufwändigen Protektorsystemen ausstatten zu müssen.
Zahlenbeispiel: Bei einer Kälteanlage mit einer Leistung von ca. 3 Megawatt würden im Havariefall maximal 10 cbm Wasser-Glykol-Gemisch austreten können.
Die darin enthaltene Ethylenglykolmenge würde in der anfangs beschriebenen Kläranlage ggf. innerhalb von ca. 11 Minuten "verfüttert werden!

Welche - GOD SAKE - hinnehmbare Logik beseelt den deutschen Verwaltungsapparat, der dies- wohl bemerkt FÜR DEN HAVARIEFALL - fordert?
Der rechnerisch herangezogenen Havariemenge würde ich eine Vorkommenswahrscheinlichkeit von Deutschland-weit ein Mal in 50 Jahren zuordnen.

Hallo Abakus!

Irgend was stimmt a wohl nicht. Bitte greif dir mal einen Rechenstab und rechne nach: 5 l/sec, das bedeutet 18.000 Liter pro Stunde, oder im Monat 13.000 Metrische Tonnen pro Monat. In den Mengen bekommt man Ethylenglycol für ca. 0,75 EUR/kg; Dann würde diese Kleinstadt pro Tag für 13.500 EUR, pro Monat für fast 10 Mio EUR ihre Bakterien füttern.
Kann es sein, daß hier 5 ml/sec gemeint sind???

Die Berechnung wird ziemlich kompley sein, abhängig vom BOD und Stickstoffgehalt des Abwassers und dem Setup der Anage…

Hallo Andreas,
die 5 Liter/s sind schon korrekt.
am Beispiel des kleinsten Kölner Klärwerks, des Klärwerks in Köln-Weiden (für 200.000 Einwohner), beträgt der Trockenwetterdurchsatz 309 Liter/Sekunde. Eine Dosierung von Ethylenglykol von 5Litern/Sekunde führt gerade einmal zu anteiligen 1,6%.
Diese Dosierung ist also sehr gering.
Die Wirkung wird labormäßig begleitet, sodass auf nährstoffreicheres Abwasser entsprechend reagiert werden kann.
Wie heißt es doch so schön? „Wat nix kost, iss ooch nix.“
Viel Spaß noch mit diesem Forum!
Abakus

Hallo Abakus!

Sind die 5l/s dann vielleicht Spitzenwerte? Eine kontinuierliche Einspeisung in dieser Größenordnung würde allein schon immense Kosten verursachen; pro Tag in Tanklastzug, 10 Mio Euro/Monat für 200.000 Einwohner macht 50 EUR/Einwohner, - was für Abwassergebüren erhebt denn dann die Stadtentwässerung Köln?
Überschlag: 120 Mio Kosten fürs Glycol pro Jahr bei ca 5 Mio qm Abwasser pro Jahr macht 24 EUR/qm.
Auch in Köln kann sich kein Einwohner mehr als 1,50 EUR/qm Abwassergebühr leisten, oder? Für mich wär dat ooch nischt :smile:

OK, das ganze ist sowieso off topic…

Frage: Warum stellt man nicht um auf Glycerin? Keine WGK, rein biologischer Ursprung („Abfall“ aus der Biodiesel-Umesterung), zudem viel billiger?

Andreas

Hallo Andreas,
ich finde, dass es jetzt langsam reicht.
JA, RICHTIG, wenn man OHNE KONTROLLE UND UNUNTERBROCHEN 5 Liter/s dosieren würde - WAS ICH NIE BEHAUPTET HABE - wären das in 108 Jahren knapp 17 Millionen Kubikmeter, die der arme Joopie Heesters schon für sein Abwasser hätte mitzahlen müssen.
Mit dieser Abwassermenge könnt man ein zehnzölliges Rohr von Ludmillas Fußabdruck am kaspischen Meer bis zu Armstrongs Fußabdruck auf dem Mond füllen oder Strohhalme von Guantanamobay bis…oder…oder vielleicht lieber doch nicht?
Das alles kann man sich antun … oder nicht.