EU-Kommission

Hallo,

in den Nachrichten fiel neulich wieder einmal der Begriff ‚Vorratsdatenspeicherung‘.

Das Gesetz dazu wurde vom Bundesverfassungsgericht gekippt, aber es bleibt die Vorgabe aus Brüssel, ein solches Gesetz zu verabschieden. Es droht Ärger aus Brüssel, weil der Beschluss in Deutschland nicht umgesetzt wird.

Damit habe ich ein grundsätzliches Problem.

Gesetze werden in Deutschland vom Bundestag beschlossen. Der ist gewählt. Mit welchem Recht kann eine nicht gewählte EU-Kommisssion unserem Gesetzgebungsorgan vorschreiben, was es zu beschließen hat?
Verstößt das nicht gegen unser Grundgesetz? Wer hat denn solche EU-Verträge unterschrieben, die der EU-Kommission eine solche Befugnis einräumt?

Widerspricht das nicht dem demokratischen Grundgedanken unseres Grundgesetzes, wenn ein nicht demokratisch gewähltes Gremium dem demokratisch gewählten Gesetzgeber Vorschiften macht?

Ich habe ein erhebliches Problem mit dieser Diktatur aus Brüssel, für die ich keine demokratische Legitimation sehe.

Es geht mir dabei nicht vordegründig um dieses eine Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung, sondern generell um Vorgaben für die Gesetzgebung. Nach dem Grundgesetz sind die Abgeordneten ihrem Gewissen verpflichtet, nicht der EU-Kommission!

Was habe ich hier falsch verstanden?

Gruß Rainer

Hi,
die EU-Kommission hat die Richtlinie nicht beschlossen, sie überwacht lediglich die Einhaltung der Richtlinie.
Die EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung wurde vom EU-Parlament und dem Ministerrat beschlossen.
Des Weiteren ist nicht auszuschließen, dass ein deutsches Gesestz zur Vorratsdatenspeicherung sowohl mit der EU-Richtlinie, als auch dem Grundgesetz vereinbar ist, auch wenn das für den ersten Versuch nicht galt.

Gruß
rantanplan

Hallo,

Gesetze werden in Deutschland vom Bundestag beschlossen. Der
ist gewählt. Mit welchem Recht kann eine nicht gewählte
EU-Kommisssion unserem Gesetzgebungsorgan vorschreiben, was es
zu beschließen hat?

das steht in Artikel 23ff Grundgesetz.

Widerspricht das nicht dem demokratischen Grundgedanken
unseres Grundgesetzes, wenn ein nicht demokratisch gewähltes
Gremium dem demokratisch gewählten Gesetzgeber Vorschiften
macht?

Das betrifft die Richtlinien - wie schon beschrieben - gerade nicht. Problematisch sind aber die Beschlüsse der EU-Kommissare wie z.B. zu den Beihilfeverfahren. Die sind nicht demokratisch legitimiert und das einzige Rechtsmittel besteht in einer Klage am Europäischen Gerichtshof. Dieser prüft allerdings nur, ob die Entscheidung im Rahmen der europäischen Verträge getroffen wurde aber nicht die inhaltliche Richtigkeit oder Angemessenheit der Beschlüsse.

Gruß
Christian

Hallo Christian,

danke! Diese Artikel habe ich noch nie so genau gelesen.

Da steht aber nur etwas von der Übertragung von Hoheitsrechten.

Wäre es damit nicht möglich, europäische Gesetze zu erlassen, die vor deutsches Recht gehen? Das würde mir weniger Unbehagen bereiten, als eine implizite Einflussnahme auf das Abstimmverhalten der Abgeordneten. Es kann nicht sein, daß dem Bundestag vorgeschrieben wird, welchem Gesetz er zuzustimmen hat. Egal wer die Richtlinie erlässt! Welche Gesetze der Bundestag erlässt, sollte allein der Bundestag beschließen. Jede Einflussnahme darauf halte ich für undemokratisch, bereitet mir Bauchschmerzen. Übergeordnetes recht ist ein anderes Thema.

Gruß Rainer

Hi,

die EU-Kommission hat die Richtlinie nicht beschlossen, sie
überwacht lediglich die Einhaltung der Richtlinie.

Sorry, mein Fehler.

Die EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung wurde vom
EU-Parlament und dem Ministerrat beschlossen.
Des Weiteren ist nicht auszuschließen, dass ein deutsches
Gesestz zur Vorratsdatenspeicherung sowohl mit der
EU-Richtlinie, als auch dem Grundgesetz vereinbar ist, auch
wenn das für den ersten Versuch nicht galt.

Die Abgeordneten des Bundestags anzuweisen, ein Gesetz mit einem bestimmten Inhalt zu erlassen, halte ich für inakzeptabel. Egal, woher diese Anordnung kommt. Übergeordnetes Recht wäre etwas anderes, dann müsste der Bundestag das nicht ‚abnicken‘. Aber eine Vorschrift, welchem Gesetzesinhalt sie zuzustimmen haben erzeugt bei mit Widerstand. Es liegt wohl an meinen 35 Jahren DDR, daß ich dagegen eine Allergie habe. Das grenzt an ein Denkverbot. Die Vorratsdatenspeicherung ist da nur ein Beispiel, mich stört das Verfahren.

Gruß Rainer

Hallo Rainer,

Da steht aber nur etwas von der Übertragung von
Hoheitsrechten.

das schließt aber auch Gesetzgebungselemente mit ein.

Wäre es damit nicht möglich, europäische Gesetze zu erlassen,
die vor deutsches Recht gehen?

Es gibt die EU-Richtlinien, die in nationales Gesetz umgesetzt werden müssen: http://de.wikipedia.org/wiki/Richtlinie_(EU)

Es gibt allerdings auch EU-Verordnungen, die ihre Wirkung auch unmittelbar in den Nationalstaaten entfalten: http://de.wikipedia.org/wiki/Verordnung_(EU)

Gruß
Christian

Hallo Christian,

Es gibt die EU-Richtlinien, die in nationales Gesetz umgesetzt
werden müssen: http://de.wikipedia.org/wiki/Richtlinie_(EU)

genau das stört mich. Der Bundestag hat das Recht zuzustimmen, darf ein wenig am wie herumfeilen.

Das erinnert mich an die Volkskammer. :smile: Die hatte auch das Recht, den Vorgaben des Politbüros der SED zuzustimmen.

Demokratie sieht anders aus.

Gruß Rainer

Hi,

Das erinnert mich an die Volkskammer. :smile: Die hatte auch das
Recht, den Vorgaben des Politbüros der SED zuzustimmen.

Demokratie sieht anders aus.

der Unterschied ist bloß, dass die SED keinerlei demokratische Legitimation besaß, während der Ministerrat und das europäische Parlament sehr wohl mehr oder weniger direkt vom Volk gewählt werden.

Gruß
rantanplan

Hallo,

der Unterschied ist bloß, dass die SED keinerlei demokratische
Legitimation besaß, während der Ministerrat und das
europäische Parlament sehr wohl mehr oder weniger direkt vom
Volk gewählt werden.

das stimmt natürlich. Trotzdem schreibt die EU eine Abstimmung über einen Gestzesentwurf vor und legt schon mal im Voraus das Ergebnis fest. Wird nicht so abgestimmt wie gefordert, wird das so lang geübt, bis es klappt.

Der Bundestag befindet sich damit in der selben Situation, wie die Volkskammer.

Wenn die Meinung der Abgeordneten nicht interessiert, soll man sie auch nicht fragen. Abnicken gegen den eigenen Willen ist undemokratisch.

Gruß Rainer

Hallo,

Wenn die Meinung der Abgeordneten nicht interessiert, soll man
sie auch nicht fragen.

wenn ich das historisch richtig im Kopf habe wollten die aber (und zwar nicht nur in Deutschland) gefragt werden und die letzte Entscheidung nicht abgeben. U.a. weil sie so ja immer noch an den Details „drehen“ können, was in anderen Ländern gerne mal großzügiger geschieht als in Deutschland. Außerdem sind ja meist auch nationale Gesetze anzupassen, das kann „die EU“ auf keinen Fall.
Was mich an der ganzen Angelegenheit eher stört, ist, daß man sich zu etwas verpflichtet und dann nichts macht. In der Wirtschaft wäre es undenkbar, daß der Chef einen Vertrag unterzeichnet und die zuständigen Mitarbeiter den dann einfach ignorieren (imo gibt es ja noch nicht mal einen Gesetzentwurf).

Cu Rene

Hallo,

Es kann nicht sein, daß dem
Bundestag vorgeschrieben wird, welchem Gesetz er zuzustimmen
hat.

Wird es ja auch nicht. Gesagt wird nur „wir“ (die EU) haben uns auf folgendes geeinigt. Bitte setzt das um oder lasst es halt, aber dann habt ihr ein Problem bei uns Mitglied zu sein.

Es ist ja nicht so, dass EU-Politkommissare aus Brüssel geschickt werden, die die Abgeordneten mit gezückter Pistole zwingen.

Ganz aktuell gab es ja den Fall in der FDP, dass man sich der EU-Lösung hätte verweigern müssen, wenn die Mitgliederentscheidung entsprechend ausgefallen wäre.

Gruß

Anwar

Hallo auch,

Was mich an der ganzen Angelegenheit eher stört, ist, daß man
sich zu etwas verpflichtet und dann nichts macht. In der
Wirtschaft wäre es undenkbar, daß der Chef einen Vertrag
unterzeichnet und die zuständigen Mitarbeiter den dann einfach
ignorieren (imo gibt es ja noch nicht mal einen
Gesetzentwurf).

In der Wirtschaft gibt es auch keine Gewaltenteilung und keine freie Gewissensentscheidung der Mitarbeiter. Ein schlechter Vergleich also.

Gruß

Anwar

Hallo,

In der Wirtschaft gibt es auch keine Gewaltenteilung und keine
freie Gewissensentscheidung der Mitarbeiter. Ein schlechter
Vergleich also.

Die Kanzlerin hat also keine Richtlinienkompetenz? Die Minister und die Beamten in den Ministerien dürfen also machen, was sie wollen?

Cu Rene

Die Kanzlerin hat also keine Richtlinienkompetenz? Die
Minister und die Beamten in den Ministerien dürfen also
machen, was sie wollen?

Hier ging’s ja gerade nicht um die Ministerien, sondern die Parlamentarier. Und wenn man da schon von einem Vorgesetzenverhältnis sprechen will, so ist es jawohl gerade umgekehrt (der Kanzler wird vom Parlament gewählt).

Auf Ministerien bezogen magst du recht haben, aber andererseits gehört ein wenig Konflikt schon zu einer Koalition dazu. Und dass L-H noch keinen Gesetzentwurf vorgelegt hat, liegt nicht wenig auch daran, dass selbst ihre Vorschläge bisher von der CDU/CSU niedergemacht wurden - wozu dann ins Detail gehen?

Gruß

Anwar

Guten Tag,

ich sehe das ähnlich. Die Vorratsdatenspeicherung soll einer elektronischen schnelleren Ermittlung dienen. Es kann aber nicht sein, dass alle Daten aller Menschen die online sind gespeichert werden, und der Bürger noch gläserner wird. Ich stehe heir voll und ganz auf der Seite unserer Justizministerin die gegen solch eine Speicherung ist.
Sicherlich entsteht die Möglichkeit die Internetkriminalität oder Gleichwertiges schneller zu verzeichnen, aber ich stimme immer noch für einen Voraussetzungskatalog der erfüllt sein muss um solche Daten zu speichern. Eine Pauschalspeicherung ist völlig abzulehnen und greift aus meiner Sicht voll in die Grundrechte ein.
Es ist nicht strafbar im Internet zu stöbern, zu chatten oder Einkäufe zu erledigen. Es ist aber nicht menschenrechtskonform diese Vorgänge pauschal zu speichern. Es darf nicht sein das jeder sich dreimal überlegt was er im Internet macht, nur weil er Angst hat er könnte verdonnert werden.
Das Internet bietet zahlreiche Mittel. Seien es Einkaufsplattformen, Bewerbungen, Chats oder Social Medias. Und nun soll all dies spontan gespeichert werden um jeden Schritt eines Bürgers nachvollzeihen zu können.
Was die EU betrifft, ist die sehr bedacht alles einheitlich zu gestalten. Das ist zum Teil auch gut so, aber es bestehen nationale Hoheiten die bedacht werden müssen. Aber ein Strafverfahren einzuleiten weil Deutschland nicht der Pauschalspeicherung zustimmt und diese nicht umsetzt -auch wenn das BVG einiges als legitim beurteilt hat- ist in meinen Augen ein sehr unsachgemäßes Druckmittel.