Hallo Karin,
Wie kann explizit ausgeschlossen werden, dass der Genmais auch
als Speisemais angebaut wird?
Dieses kann man nicht ausschließen. Allerdings ist die Wahrscheinlichkeit extrem gering: Körnermaisanbau ist in Europa sehr wenig verbreitet. Das wenige Maismehl, das in Europa verzehrt bzw. verarbeitet wird, stammt im wesentlichen aus Importen. Insofern also kein Unterschied zwischen vor und nach der Zulassung.
In nennenswertem Umfang gibts Körnermaisanbau für den menschlichen Verzehr innerhalb Europas in Frankreich und den Mittelmeerländern. Dort wird schnell versucht werden, „grau“ möglichst viel Mais, der auf Maiswurzelbohrer tolerant ist, auch als Speisemais am Markt unterzubringen - Mais, der diese Eigenschaft nicht hat, wird es in den entsprechenden Anbaugebieten bald nicht mehr geben, so dass die Erzeuger die Wahl haben, keinen Mais oder toleranten (Gen-)mais anzubauen.
Was ist mit den Tieren, die mit diesem Genmais gefüttert
wurden?
Mit den in dem von Dir zitierten Artikel (ich habe mich, obwohl ich kein Monsanto-Fän bin, ziemlich über die schwumselig-düster-verblasene Formulierung geärgert, die unmittelbar Bilder von wolpertingerartig mutierten Killerratten wachruft…) genannten Ratten ist passiert, dass viele Tiere aus der Vergleichsgruppe, die MON 863 bekommen hatte, erhöhte Leukozytenwerte aufwiesen. Leider war der Versuch insgesamt ziemlich klein angelegt (400 Tiere), so dass sich nicht feststellen lässt, ob die Blutbildveränderungen von der natürlichen Streuung signifikant abweichen oder nicht.
Wenn mit Schweinen und Rindern, die mit MON 863 gefüttert werden, etwas ähnliches passieren sollte, wird sich das auf die Rentabilität der Mast auswirken. In diesem Fall wird MON 863 unter „selbsterledigende Probleme“ abgelegt werden.
Werden die nur an Zoos verkauft?
Das ist nicht notwendig. Fleisch von Tieren mit hohen Leukozytenwerten (etwa wegen irgendwelcher Infektionen) dürfte auch jetzt schon einigermaßen häufig im Handel sein. Es ist für den menschlichen Verzehr nicht besser oder schlechter geeignet als anderes. Dass insbesondere Rindfleisch von hoher Qualität tendenziell von gesunden Tieren stammt, spielt in dem 0,79-€-Segment, von dem wir sprechen, keine Rolle.
Noch ein bissel Hintergrund und Zusammenhang zum von Dir zitierten Artikel:
MON 863 gehört zu den derzeit sehr wenigen Maissorten, die dem Maiswurzelbohrer standhalten können. Das ist ein Schädling, der sich seit etwa zehn Jahren in Europa ausbreitet. Eine brauchbare Alternative zur Bekämpfung ist derzeit nicht bekannt, weshalb Monsanto, Aventis und andere dem Mais die Eigenschaft von Bacillus thuringiensis beigebracht haben, den Käfer zu töten, wenn er seine Wurzeln frisst. Kleiner Gäg am Rande: Bacillus thuringensis-Präparate sind wichtige „biologische“ Insektizide…
Der Maiswurzelbohrer wird dort, wo Mais in engen Fruchtfolgen und streckenweise annähernd in Monokultur angebaut wird, in ein paar Jahren das Ende des Maisanbaues (und damit einer sehr großen Zahl von bäuerlichen Mastbetrieben) bedeuten.
Wenn man keinen gegen diesen Käfer resistenten Mais wie MON 863 anbauen will, führt der Weg dahin über eine Extensivierung der Masttierhaltung. Die hätte nebenbei den willkommenen Effekt, dass auch sonst allerhand schädliche Nebenwirkungen des Maisanbaues wegfallen: Bodenerosion, Trinkwassergefährdung wegen des hohen Einsatzes von spezifischen Herbiziden (vgl. das Atrazin im Stuttgarter Trinkwasser, 1980er Jahre), ökologische Verarmung der Standorte.
Wie kann diese erreicht werden? Zuallererst durch eine Freigabe der landwirtschaftlichen Erzeugerpreise. Freilich mit der Folge, dass die Zahl der landwirtschaftlichen Betriebe in Westdeutschland schwungvoll in den Keller geht. Die verbleibenden werden aber Rindermast auf den dann vergleichsweise wohlfeilen Flächen extensiv als Weidemast betreiben und bei Huhn und Schwein eher Hafer und Gerste einsetzen. Es ist kein Zufall, dass sich gerade Frankreich für die zweifelhafte Zulassung von MON 863 eingesetzt hat: Für Frankreich wäre das Bauernlegen, das den einzigen Weg „weg vom Mais“ darstellt, eine Katastrophe - zumindest würde der Beginn einer langfristig gesunden Entwicklung ohne Subventionen so erlebt.
Soweit eine Skizze zu dem Rahmen, in dem MON 863 zugelassen wird.
Schöne Grüße
MM