Salut Fabienne,
- Es gibt eine Art „Grundbestand“ an Material, das sich im
Rahmen des Hobbies über die letzten Jahre hinweg angesammelt
hat. Kann man das irgendwie in die erste Steuererklärung
einbringen?
Ja. Es fragt sich allerdings, ob der Aufwand dafür zum angestrebten Effekt passt.
In der Überschussrechnung gem. § 4 Abs 3 EStG gibt es (mangels Bilanz) keine Einlagen aus Privatvermögen in das Betriebsvermögen. Eine Ausnahme bilden bloß Dinge, die in einer Bilanz zum Anlagevermögen gehören würden, d.h. keine Verbrauchsmaterialien, Werkzeuge und Kleingeräte, sondern bloß Maschinen, Betriebs- und Geschäftsausstattung und dergleichen. Für alles, was Betriebs- und Geschäftsausstattung ist, gelten die Regeln für die Abschreibung analog, d.h. solche Dinge wie z.B. Brennofen (eventuell auch Lötlampe usw., ich weiß nicht, was sowas kostet) wären ab dem Zeitpunkt der Aufnahme der Tätigkeit auf ihre Restnutzungsdauer abzuschreiben, auch wenn sie vorher im Privatvermögen waren.
Die Unterscheidung zwischen „Werkzeuge und Kleingeräte“ einerseits und „Betriebs- und Geschäftsausstattung“ andererseits ist dabei ein bissel von der Definition abhängig. So kann durchaus eine „Werkstatteinrichtung“ aus vielen einzelnen Dingen zusammengesetzt, aber insgesamt ein Wirtschaftsgut sein, wenn die einzelnen Elemente für sich nicht sinnvoll nutzbar sind. Wenn ein Tapeziertisch, ein großer Schirm und ein Klappstuhl insgesamt als Einheit genutzt werden, ist das dann halt ein „Verkaufsstand mit Zubehör“ und kann schnell in der BGA landen.
Wenn Verbrauchsmaterial in einer Weise eingebracht werden soll, die sich auf das steuerliche Ergebnis auswirkt, hülfe bloß (freiwilliges) Führen von Büchern und Bilanzieren. Das kommt jetzt drauf an, ob man den Aufwand dafür treiben will. Hinweis dazu, dass in so einem Fall, wenn nicht wegen handelsrechtlicher Vorschrift bilanziert werden muss, sehr vieles als Steuerbilanz akzeptiert wird, was nicht alle Abgrenzungen bis ins Detail enthält, sondern bloß halt die Grundzüge einer Bilanz erkennen lässt: Anlagevermögen - Umlaufvermögen - Eigenkapital - Rückstellungen - Verbindlichkeiten. Hier könnte dann das Verbrauchsmaterial zur Eröffnungsbilanz eingelegt und nach Verbrauch in den Aufwand gebucht werden. Im Zweifelsfall: Keine Angst vorm Bilanzieren, das ist auch bloß ein abstraktes System mit seiner eigenen Ästhetik, sowas wie Sudoku oder Halma (oder - ich habe grade „Buchhändlerin“ gelesen, auch mit Potockis wundervoller Schachtelerzählung „Abenteuer in der Sierra Morena“ zu vergleichen…).
Die erste Steuererklärung wird nur den Dezember
2007 umfassen, in dem sowieso ausschließlich Ausgaben, aber
noch keine Einkünfte vorhanden sind, da der Webshop erst für
Januar geplant ist.
Ok, das tut erstmal nicht weh. Da sind dann für 2007 halt Verluste aus dem Gewerbebetrieb. Blöd ist, wenn außer diesem Verlust ein kleines positives Einkommen da ist: Da wird dann der Verlust nicht rück- und vorgetragen, sondern zuerst mit den anderen Einkünften aus 2007 verrechnet, so dass er ggf. „wirkungslos“ bleibt.
Das Gewerbe wurde aber bereits im Dezember
angemeldet, um noch auf einer Messe einkaufen zu können und
alles in Ruhe vorbereiten zu können. Doch für die alten
Bestände gibt es natürlich keine Rechnungen / Quittungen.
Das wäre im Fall der Einlage ins Betriebsvermögen kein Schaden, weil hier zum „gemeinen Wert“ eingelegt wird, d.h. jedes plausible Mittel, um den Preis nachzuweisen, den ein anderer dafür bezahlen würde, ist geeignet.
wie werden Barverkäufe belegt, beispielsweise
auf einem Kunsthandwerkermarkt oder wenn man im Bekanntenkreis
etwas verkauft?
Barverkäufe ohne Rechnung/Quittung kann ein Überschussrechner mit geeigneten Eigenbelegen aufzeichnen. z.B. eine Liste: Johannisnacht Mainz, 23.Juli: 1 Paar Ohrringe 37 € - 1 Ohrstecker 13 € etc. … Dabei sollten die Aufzeichnungen, wenn kein Kassenbuch geführt wird, ziemlich detailliert erfolgen. Für unbare Einnahmen braucht es keine Belege, wenn man sozusagen „entlang der Bankauszüge“ aufzeichnet: Da ist halt alles Geld, was reinkommt, erstmal Einnahme - falls es nicht was anderes ist. „was anderes“ - z.B. „Überweisung von Thomas für Beteiligung Lubéron-Urlaub“ wird dann sinnvollerweise ziemlich konkret auf dem Auszug beschrieben, so dass es auch in fünf Jahren noch ohne weiteres möglich ist, das nachzuvollziehen.
Reicht da eine einfache Durchschrift von einem
Quittungsblock, den es vorgedruckt zu kaufen gibt? Bzw. eine
„Liste“ mit verkaufter Ware + Preise, wenn man nun den ganzen
Tag auf einem Markt steht und mehrere Sachen verkauft?
Beides ist nützlich und sinnvoll. Den Block täte ich dabei ganz lassen, so dass man sehen kann, dass alle ausgeschriebenen Quittungen auch erfasst sind. Ich weiß, das klingt lächerlich, aber solche Rituale freuen die Buchhalternasen, auch auf der finsteren Seite der Macht. Die Magie dazu heißt: Die Mutterrolle des Quittungsblocks ist eine „Urschrift“, der eine eigene „Beweiskraft“ innewohnt.
Warum kein Kassenbuch?
Weil ein Überschussrechner keines braucht.
Wenn ers aber dennoch führt, muss es allen Ansprüchen genügen, die auch an das Kassenbuch gestellt werden, das ein buchführungspflichtiger Kaufmann führt. Es muss vor allem „sturzfähig“ sein, d.h. der rechnerische Saldo muss jederzeit aus der - separat von privatem Geld gehaltenen - Betriebskasse vorgezählt werden können. Das ist ziemlich eklich in einigen Details, wenn z.B. eine Tankquittung eine Weile im Handschuhfach gelegen hat, wirds schon ziemlich eng, wenn das Geld dann Wochen später aus der Betriebskasse genommen wird. Wieauchimmer: Kassenbuch freiwillig führen ist etwas, womit man sich ohne Not viel Zores einhandeln kann.
„Firmenname Vorname Nachname“. Muß man das noch irgendwo
weiter anmelden?
Nein, alles ok so. Die anderen, die (erstmal) Geld haben wollen, und (später) dann doch nicht, melden sich alle der Reihe nach. Man kann freilich die steuerliche Erfassung beschleunigen, wenn man die unabhängig von der Mitteilung der Gemeinde ans FA in Gang bringt.
Um die zuständige Berufsgenossenschaft hab ich mich jetzt nicht gekümmert - da wird schon eine auf den Plan treten… Allerdings gibt es „auf dem Papier“ eine Anzeigepflicht bei der BG unabhängig von der Gewerbeanmeldung. Der übliche Weg ist aber, dass die BG sich meldet, wenn die Mitteilung von der Gemeinde da ist, und da hat auch niemand was dagegen.
Muß man den Gewerbeschein ändern lassen?
Nein, weil es sich bei dem genannten Phantasienamen nicht um eine Firma im Sinn der §§ 17ff HGB handelt. Entscheidend für alle Rechtsbeziehungen ist nur der Name des Einzelunternehmers, wenn dieser kein Kaufmann ist und eine Firma im Handelsregister hat eintragen lassen.
- Ist es richtig, daß man als „Kleinunternehmer“ mit nur
geringem Umsatz die MWSt nicht getrennt aufführen muß?
Ja. Die Grenzen sind (derzeit) 17.500 €/Jahr im ersten Jahr und später im jeweiligen Vorjahr, und voraussichtlich 50.000 € im laufenden Jahr. Im gegebenen Sachverhalt, Verkauf ausschließlich oder fast ausschließlich an Personen, die keine Unternehmer sind, ist die Kleinunternehmerbesteuerung ein relativer Vorteil.
Wie sieht es mit Rechnungserstellung aus?
Auch hier darf keine USt ausgewiesen werden. Zur Klarheit sinnvoll ein Hinweis: „Kein Ausweis von USt wegen Kleinunternehmerbesteuerung gem. § 19 I UStG“
„Krieg ich schon hin“
Jau
Überforderungstendenzen 
Nixda. Ein Wikinger pienzt nicht. Der nächste Schritt in dieser Geschichte, der „Fragebogen zur steuerlichen Erfassung“, sieht zwar grauslich aus, aber man kann ihn leicht überleben. Beiläufig: Der Autor eines von mir heiß geliebten Einführungslehrbuches zum betrieblichen Rechnungswesen, Harald Wedell, hat für sein Buch einen Fotografen erfunden, der ungefähr so anfängt, wie hier im Sachverhalt beschrieben, und er schleift ihn dann später durch alle Höhen und Tiefen von Bilanzierungsvorschriften, Kostenrechnung und dergleichen. Soll heißen: Der hier eingeführte Kunstgewerbetreibende, der erstmals mit Gewinnerzielungsabsicht vom Hobby zum Gewerbebetrieb übergeht, kann in weiteren Exempeln ruhig mit allen Details zum Sachverhalt herangezogen und geschildert werden - erst wenn er an die Börse geht, müssen wir sinnvollerweise ins BWL-Forum umziehen…
Schöne Grüße
MM