Euklidischer Verstand

Wer kann mir sagen, was man unter einem „euklidischen Verstand“ versteht? Gibt es dazu Informationen im Internet?
Vielen Dank

Wer kann mir sagen, was man unter einem
„euklidischen Verstand“ versteht? Gibt es
dazu Informationen im Internet?
Vielen Dank

Hallo Daniel.
Nachzulesen in:
„Von Pythagoras bis Hilbert“ von Egmont Colerus, rororo-Sachbuch-Verlag, Hamburg.
MfG. Alexander Berresheim

Hi,
diesen Ausdruck hab ich zwar noch nie gehört, scheint sich aber offensichtlich auf Euklid zu beziehen. Der hat ja recht viel mathematischen Blödsinn erdacht und daher nehme ich an, dass euklidischer Verstand einfach guten mathematischen Verstand meint. Vielleicht auch nicht.
Gruss,
Leppi

Ei und was ist es denn nun, der Euklidsche Verstand?

Andreas

[Bei dieser Antwort wurde das Vollzitat nachträglich automatisiert entfernt]


Aus: Die Gebrüder Karamasoff von Dostojewski

Ja, kennen wir. Und nun?

Zur Formulierung einer Frage haben die kommunikativen Skills nicht gereicht?

Ok, auf der anderen Seite deines Postings sitzen Menschen, denen sogar ein kommentarlos hingeschmissenes Stichwort reicht, um ein nicht-kommunizierendes Denksystem zu entschlüsseln :wink:

Du willst wissen, was in dem Dialog mit „euklidischem Verstand“ gemeint ist: Anfang des 19 Jhdts wurde in einem seit über 2000 Jahre alten Problem der Mathematik bzw. Geometrie ein wesentlicher Fortschritt erreicht. Seit den „Elementen“ des griechischen Mathematikers Euklid (3. Jhdt. v. Chr.), in denen er die grundlegenden Postulate der Geometrie verfasste, wurde die Frage diskutiert, ob das (später sogenannte) Parallelenaxiom aus den anderen seiner Axiome ableitbar sei oder nicht. Wenn ja, dann gehörte es unabdingbar zum Grundsatz der Geometrie. Und zwar zur Geometrie, die präzise den Anschauungsraum beschreibt, zu dem Raum also, der dem „irdischen Verstand“ (siehe Zitat) zugänglich ist. Wenn nicht, dann könnte es eine Geometrie geben, die die Möglichkeiten des auf die Anschauung angewiesenen Denkens übersteigt, eine nicht-euklidische Geometrie.

Das Parallelenaxiom (in späterer Formulierung) besagt: Zu einer Geraden gibt es durch einen außer ihr liegenden Punkt nur eine einzige Parallele (per def. eine Gerade, die auch im Unendlichen die andere nicht schneidet).

Was Dostojewski Ende der 1870er, als er an „Die Brüder Karamasoff“ arbeitete, bereits wusste: Anfang des 19. Jhdts. wurde von dem russichen Mathematiker Lobatschewski und dem ungarischen Mathematiker Bolyai eine widerspruchsfreie Geometrie entwickelt (publiziert 1826), in der das Parallelenaxiom nicht gilt: In ihr gibt es zu einer Geraden durch einen außer ihr liegenden Punkt unendlich viele parallele Geraden. Die Winkelsumme in einem Dreieck ist <180° und der Umfang eines Kreises wächst schneller als mit dem Radius. Die sog. hyperbolische Geometrie. Entsprechendes gilt auch für Räume mit mehr als 2 Dimensionen. Sie beschreibt somit einen „gekrümmten“ Raum.

Und aufbauend auf Arbeiten von Gauß entwickelte der deutsche Mathamatoker Riemann 1856 Methoden, in der genannten und in einer weiteren Geometrie, der sog. elliptischen Geometrie, Berechnungen durchzuführen (die Differentialgeometrie). In der elliptischen Geometrrie gibt es gar keine Parallelen zu einer Geraden, die Winkelsumme im Dreieck ist >180° und der Kreisumfang wächst langsamer als mit dem Radius. Entsprechendes dann ebenfalls für höherdimensionale Räume.

Beide nicht-euklidischen Geometrien sind aber jenseits des Anschauungsraumes (außer in 2-dimensionalen Modellen) und daher dem „irdischen Verstand“ nicht zugänglich - und zwar obwohl die Mathematik Möglichkeiten hat, in ihnen zu rechnen.

Das ist in dem zitierten Dialog gemeint. Daß die spätere Gravitationstheorie von Einstein bewies, daß im Universum, also in großräumigeren Strukturen als die der Anschauung - und damit dem „euklidischen Vestand“ (siehe Zitat) - zugänglichen Erdoberfläche, tatsächlich nicht-euklidische Geometrien realisiert sind, das konnte Dostojewski zur dieser Zeit nóch nicht wissen.

Gruß
Metapher

.

5 Like

Sorry, hatte nicht gesehen, dass das eine Antwort auf ein 23 Jahre (!) altes Posting sein sollte.

1 Like

Moin,

bassd scho, Wall-E hat vor 8 Stunden geschrieben gepostet. Nebenbei: feine Erläuterung!

Gruß
Ralf

@Team: Gibbet für den größten zeitlichen Abstand zwischen zwei Postings auch einen Orden? Wenn nich: Warrummenich?

@WALL-E: Wie hast Du den Frett überhaupt gefunden? Die Suche im Forum klappt doch gar nicht.

Haha, hatte den Thread zufällig gefunden als ich „euklidischer Verstand“ gegoogelt habe. Ich lese aktuell das Buch und wollte wissen, ob dies ein Begriff ist, der Bildungssprachlich geläufig ist. Ich dachte mit einem Bild von der Buchseite könnte ich den Fragestellern die Antwort ein bisschen näher bringen.
Die Erklärung von @Metapher ist aber natürlich viel besser.
VG