Hallo,
die Euro-Armee kommt und sie kommt beinahe zwangsläufig. Über Jahrzehnte war die Landesverteidigung mit Blick nach Osten die Rechtfertigung für die Existenz der Bundeswehr. Deutlich über 1 Million Menschen standen bis vor 10 Jahren auf deutschem Boden unter Waffen. Die Welt war in Ordnung; es gab ein Feindbild. Die Bedrohung war glaubhaft zu machen. Inzwischen aber ist das Feindbild abhanden gekommen und damit eine für unsere Verhältnisse ungewöhnliche Situation entstanden: Nur noch von aufs Engste verbundenen Staaten umgeben, leisten wir uns eine Armee, die nach wie vor einen der größten Einzelposten im Staatshaushalt beansprucht. Eine Bedrohung, gegen die die Bundeswehr zum Schutz der Bundesrepublik einsetzbar wäre, ist beim besten Willen nicht mehr erkennbar. Das ersatzlose Streichen des Wehretats - die Auflösung der Bundeswehr - wäre deshalb die fällige Maßnahme. Mit allen möglichen und unmöglichen Begründungen und lautem Aufjaulen würde so ein Vorschlag ins Reich des Utopischen verwiesen und wer diese Idee dennoch vertritt, wäre ein weltfremder Spinner. Zu einem ordentlichen Staat gehört eben auch eine ordentliche Armee.
Es ist sicher kein Zufall, daß die Bundesrepublik auf stärkere „außenpolitische Verantwortung“ drängte, seit der ehemalige Ostblock Auflösungserscheinungen zeigte. Dabei wird es aber nicht gelingen, die Existenzberechtigung der Bundeswehr aus gelegentlichem Zerdeppern von Donaubrücken herzuleiten. Außerdem wird man nicht dauernd das Glück haben, sich wenigstens auf „Nothilfe“ berufen zu können, zumal das GG diese Konstruktion auch nicht kennt.
Auf sein Machtspielzeug einer Armee und die Gewaltoption mit welcher Begründung auch immer wird der Staat nicht verzichten - noch nicht. Es ist für mich aber aus vielerlei Gründen absehbar, daß die allgemeine Wehrpflicht in der bisherigen Form nicht mehr lange Bestand haben wird. Auch der letzte alte Komisskopf wird sich an den Gedanken gewöhnen müssen, daß es nicht das selbstverständliche Recht der Obrigkeit ist, Menschen nach Belieben zum Militärdienst zu verpflichten und zu Befehlsempfängern zu machen. Der Ausweg ist eine Truppe aus Berufssoldaten. Das staatliche Spielzeug bleibt erhalten, der Abnehmer für die Schießprügel der einheimischen Industrie ebenfalls - und natürlich deren Arbeitsplätze (stets ein zugkräftiges und sogar dem Gewerkschafter einleuchtendes Argument, wenn man die entsprechende Industrie eigentlich nicht mehr braucht).
Auch die Berufstruppe braucht aber eine Aufgabe. Die Wachsamkeit gegen Blitzkriege aus Luxemburg oder einen Überraschungsangriff kriegslüsterner Dänen (immerhin standen die vor ein paar Generationen schon mal in Altona und zeigten damit, daß sie dieses Potential haben) wird nicht so leicht überzeugend zu vermitteln sein.
Entwicklungshilfe und Bürgschaften für die einheimische Exportwirtschaft machen sich da schon viel besser. So unterstützt man auch gleich möglichst fernab gelegene Entwicklungsländer. Die Menschen dort haben zwar nichts zu essen, aber das sollen sie wenigstens ordentlich verteidigen können. Also helfen wir mit so lebensnotwendigen Gütern wie Raketen, Panzern und Maschinengewehren. Passieren kann damit nichts, weil die Dinger konstruktionsbedingt nur zur Verteidigung geeignet sind. Nachdem man dieses Geschäft in trockenen Tüchern hat, muß man einige Zeit zuwarten, bis der Streit Heckler & Koch gegen Kalaschnikov (Nachbau, von den Chinesen geliefert) beginnt.
Und jetzt, jetzt braucht man die Euro-Armee, die schlagkräftig für Ordnung sorgt.
Gruß
Wolfgang