Euro-Armee und deren Aufstellung

Mahlzeit,

in der letzten Woche geisterte die Nachricht über die geplante Aufstellung einer Euro-Armee durch die Nachrichten. Die geplante Stärke soll bei 60.000 Mann liegen (ob das ernst gemeint ist?). Deutschland will 28.000 Soldaten stellen. Meine Fragen hierzu:

  1. Ist ein EU-Mitgliedsland verpflichtet, sich an der Aufstellung dieser „Armee“ zu beteiligen?

  2. Würde sich Deutschland angesichts der Sparmassnahmen in der Heimattruppe nicht selber ans Bein pin…, wenn die Pläne durchgezogen werden?

  3. Gibt es ähnlich den anderen EU-Richtlinien eine für die Anzahl der zur Verfügung zu stellenden Angehörigen dieser Truppe?

Ich muss dazu sagen, ich habe diese Nachricht ausschliesslich im VT gelesen, zu was anderen hab ich kaum Zeit. Würd nu aber gerne wissen, ob und was da dran ist.

CIAo

Hi,
es gibt schon seit dem Bosnien-Krieg die Idee einer europäischen schnellen Einsatzgruppe. Initiator dieses Gedankens waren der französische Staatspräsident und der deutsche Bundeskanzler. Deshalb sollten auch Frankreich und Deutschland das Kernstück dieser Armee bilden.
Bisher ist die Umsetzung im wesentlichen an den unterschiedlichen Verfassungsbestimmungen der EU gescheitert. Jeder Staat, der sich daran beteiligen würde, müßte ein Stück seiner Souveränität abgeben, und welcher Stammeshäuptling tut das schon gerne.
Deutschland nimmt diese Sache sehr ernst und hat auch schon Papiere erarbeitet bis hin zu Rückstellungen im Wehretat, so dass eine Umsetzung des Gedankens finanziert werden könnte.
Sinn würde es machen, um Europa nach aussen hin einheitlich erscheinen zu lassen. Es war sehr blamabel, wie Europa sich im Jugoslawien-Konflikt (auf europäischem Gebiet) verhalten hat und verhalten mußte, weil kein einheitliches Vorgehen möglich war. Die erste Konsequenz hieraus war die Schaffung des „Europäischen Aussenministers“ Solana, der jetzt versucht, die politische Aussenpolitik der EU zu koordinieren und mit Hilfe eines Triumvirats, an dem immer 3 Aussenminister der EU-Länder im Wechsel beteiligt sind, auf europäische Entwicklungen im Ausland zu reagieren.
Eine Europa-Armee macht also Sinn, wenn sie für Einsätze vorgesehen ist, bei denen die europäische Sicherheit auf dem Spiel steht.
Gruß,
Francesco

hallo, Ihr beiden,
es gibt schon lange die Anfänge: denk an das französich-deutsche Bataillon. England hat bei der Austellung sehr beleidigt reagiert, weil es nicht beteiligt war. Diese Truppe sollte nach Willen der Gründer (ich glaube es waren Kohl und Mitterand) das Herztück eines zukünftigen europäischen Heeres werden.
Eine europäische Armee hätte viele Vorteile. Unter anderem würde dadurch der Zusammenhalt der Völker gefördert. Eine der Gründe, warum Hittler so ein schlagkräftiges Heer hatte, war seine Methode, den Bayern nach Norddeutschland zum Wehrdienst und den Norddeutschen nach Süddeutschland u schicken. Er hat sie alle kreuz und quer durcheinander gewürfelt. In der kurzen Zei hat er es geschafft, ein „Heer deutscher Nation“ zu bilden. Die Unterschiede waren nur noch der Dialekt, nicht mehr der Landstrich. So hat alles auch seine guten Seiten! So wie der letzte Krieg es endgültig geschafft hat, die Unterschiede in Deutschland vollkommen wegzuwischen. Oder glaubt ihr, dass es einen ernst zu nehmenden Bayern gibt, der nicht innerlich schmunzelt, wenn er „Saupreiß“ zum Berliner sagt? Oder das passende Gegenstück für den Bayern vom Berliner? Das Problem ist, dass ich nicht weiß, ob der Nachbar, der sich mit mir im perfektem Bayerisch unterhält, nicht der Sohn eines Berliners oder Ostpreussen ist!
Grüße
Raimund

Hallo,

die Euro-Armee kommt und sie kommt beinahe zwangsläufig. Über Jahrzehnte war die Landesverteidigung mit Blick nach Osten die Rechtfertigung für die Existenz der Bundeswehr. Deutlich über 1 Million Menschen standen bis vor 10 Jahren auf deutschem Boden unter Waffen. Die Welt war in Ordnung; es gab ein Feindbild. Die Bedrohung war glaubhaft zu machen. Inzwischen aber ist das Feindbild abhanden gekommen und damit eine für unsere Verhältnisse ungewöhnliche Situation entstanden: Nur noch von aufs Engste verbundenen Staaten umgeben, leisten wir uns eine Armee, die nach wie vor einen der größten Einzelposten im Staatshaushalt beansprucht. Eine Bedrohung, gegen die die Bundeswehr zum Schutz der Bundesrepublik einsetzbar wäre, ist beim besten Willen nicht mehr erkennbar. Das ersatzlose Streichen des Wehretats - die Auflösung der Bundeswehr - wäre deshalb die fällige Maßnahme. Mit allen möglichen und unmöglichen Begründungen und lautem Aufjaulen würde so ein Vorschlag ins Reich des Utopischen verwiesen und wer diese Idee dennoch vertritt, wäre ein weltfremder Spinner. Zu einem ordentlichen Staat gehört eben auch eine ordentliche Armee.

Es ist sicher kein Zufall, daß die Bundesrepublik auf stärkere „außenpolitische Verantwortung“ drängte, seit der ehemalige Ostblock Auflösungserscheinungen zeigte. Dabei wird es aber nicht gelingen, die Existenzberechtigung der Bundeswehr aus gelegentlichem Zerdeppern von Donaubrücken herzuleiten. Außerdem wird man nicht dauernd das Glück haben, sich wenigstens auf „Nothilfe“ berufen zu können, zumal das GG diese Konstruktion auch nicht kennt.

Auf sein Machtspielzeug einer Armee und die Gewaltoption mit welcher Begründung auch immer wird der Staat nicht verzichten - noch nicht. Es ist für mich aber aus vielerlei Gründen absehbar, daß die allgemeine Wehrpflicht in der bisherigen Form nicht mehr lange Bestand haben wird. Auch der letzte alte Komisskopf wird sich an den Gedanken gewöhnen müssen, daß es nicht das selbstverständliche Recht der Obrigkeit ist, Menschen nach Belieben zum Militärdienst zu verpflichten und zu Befehlsempfängern zu machen. Der Ausweg ist eine Truppe aus Berufssoldaten. Das staatliche Spielzeug bleibt erhalten, der Abnehmer für die Schießprügel der einheimischen Industrie ebenfalls - und natürlich deren Arbeitsplätze (stets ein zugkräftiges und sogar dem Gewerkschafter einleuchtendes Argument, wenn man die entsprechende Industrie eigentlich nicht mehr braucht).

Auch die Berufstruppe braucht aber eine Aufgabe. Die Wachsamkeit gegen Blitzkriege aus Luxemburg oder einen Überraschungsangriff kriegslüsterner Dänen (immerhin standen die vor ein paar Generationen schon mal in Altona und zeigten damit, daß sie dieses Potential haben) wird nicht so leicht überzeugend zu vermitteln sein.
Entwicklungshilfe und Bürgschaften für die einheimische Exportwirtschaft machen sich da schon viel besser. So unterstützt man auch gleich möglichst fernab gelegene Entwicklungsländer. Die Menschen dort haben zwar nichts zu essen, aber das sollen sie wenigstens ordentlich verteidigen können. Also helfen wir mit so lebensnotwendigen Gütern wie Raketen, Panzern und Maschinengewehren. Passieren kann damit nichts, weil die Dinger konstruktionsbedingt nur zur Verteidigung geeignet sind. Nachdem man dieses Geschäft in trockenen Tüchern hat, muß man einige Zeit zuwarten, bis der Streit Heckler & Koch gegen Kalaschnikov (Nachbau, von den Chinesen geliefert) beginnt.
Und jetzt, jetzt braucht man die Euro-Armee, die schlagkräftig für Ordnung sorgt.

Gruß
Wolfgang

Richtig, so stellt man sich bei den Gestrigen die Armee vor!

Ist Dir schon mal aufgefallen, dass wir im 21. Jahrhundert leben? Scheinbar nicht! Denn sonst würdest Du nicht die Auflösung der Heere verlangen. Dass wir umgeben sind von „Freunden“ ist wahr… doch was hindert das einen potentiellen Angreifer aus weiterer Entfernung? Der greift nicht mit der Kalaschnikov an! Das Ding ist etwas größer und schneller1 Man nennt so etwas Raketen! Es ist ein Leichtes für einen Iran, Irak oder einen Afrikanischen Staat, mal schnell einige Raketen ´rüber zu schicken! Dass wir noch immer nicht aus der „Kriegszeit“ heraus sind, sollte Dir Serbien vor Augen führen können! Ebenso die anderen größeren und kleineren Konflickte. Es gibt so viel Krieg auf diesem Planeten, wir brauchen keinen Weltkrieg, um die Zahl der Menschen zu dezimieren! Sag´ jetzt bitte nicht, dass man halt keine Waffen mehr verkaufen sollte! Schöner Wunschtraum! Fast alle Staaten sind heute im Stande, selbst Waffen zu produzieren und zu entwickeln. Nur meist ist der Kauf billiger!
Warum, glaubst Du, haben wir bald 60 Jahre keinen Weltkrieg mehr? Weil wir an unserem Charakter gearbeitet haben? Nein, weils die Atombombe gibt, den „Heilsbringer“! Und die können wir erst abschaffen, wenn wir eine Waffe haben, die sie ersetzt! Schei…!
Wir brauchen ein Militär! Leider!
Grüße
Raimund
(dersauchgerneandershätt!)

Hallo Raimund,

mit genau Deinen Argumenten hat sich die Menschheit in der Vergangenheit hochgerüstet. Zur Verhinderung kriegerischer Aueinandersetzungen ist das Mittel ungeeignet, immer irrsinniger wirkende Waffen zu bauen. Abschreckung greift nur, solange das Handeln noch von der Ratio bestimmt wird. Irrational handelnde, verblendete Extremisten gleich welcher Coleur hält man so nicht im Zaum.

Zum Erfordernis der Bundeswehr in ihrer heutigen Form: Ich halte sie für ein unsinniges, teures Spielzeug. Für was, gegen wen und wo sollen Panzer und Pioniere eingesetzt werden? Richtig ist, daß es auf der ganzen Welt für uns kaum nachvollziehbar handelnde Regimes gibt und wahrscheinlich auch zukünftig geben wird. Also Spatenpaulis gegen verbissene Moslems?
Die Bundeswehr muß sich über Hochwasser an Oder und Rhein freuen, damit Soldaten mit Sandsackschleppen wieder Sinn in ihrer Existenz sehen.
Wird durch diese Beispiele vielleicht deutlich, daß hier überalterte, sinnentleerte Strukturen existieren, die eben nicht dem Denken des 21. Jahrhunderts in einem zusammen wachsenden Europa entsprechen?!
Wir blieben nicht durch die Existenz, sondern trotz der Existenz von Nuklearwaffen von weiteren Flächenbränden wie den beiden Weltkriegen verschont. Wahrscheinlich hat auch die Menschheit in ihrer Friedensfähigkeit nicht besonders viel dazu gelernt. Aber die Volkswirtschaften sind verflochten. Der gegenseitige Nutzen ist um ein Vielfaches größer als das Interesse an gegenseitiger Zerstörung. Und der täglich im Opel oder Ford zur geruhsamen Arbeit geschaukelte Wohlstandsspeck wälzt sich nicht gerne durch Schützengräben. Es gibt noch etliche weitere friedenserhaltende Faktoren. Der Machtverlust der Kirche z. B. . Gläubige Menschen sind geübt im gebückten Aufsehen. Was auch immer man anführen mag, die A-Bombe oder andere Waffen sind nicht die Friedensbringer. Zum Waffengang gehören Menschen, die dumm oder beeinflußbar genug sind, ihre Haut fürs Vaterland, für spinnerte Ideen, Ideologien oder Feindbilder zu opfern. Wenn man denn schon ein allgemein gültiges Friedensrezept haben möchte: Bildung und Denken. Waffen kommen da schon wieder nicht vor.

Aber das wird langsam ein anderes Thema. Die Frage zielte in Richtung Euro-Armee. Und dafür, so meine ich, ist die Zeit wirklich reif, wenn es denn schon ohne Militär nicht gehen soll. Jeder Staat im Euroland leistet sich seine eigenen, mehr oder weniger überflüssig gewordenen Streitkräfte. Bei der lückenlos von purer Freundlichkeit umzingelten Bundesrepublik ist es nur besonders deutlich.

Ich sehe das größte Problem in verkrusteten Denkstrukturen. Seit mehr als 1000 Jahren ist die Geschichte Europas von Kriegen geprägt. Jede Generation bekam schon mit der Muttermilch mit, daß die jungen Männer zum Militär müssen. Krieg war wie Sturmflut; er kam immer wieder vor, forderte Opfer und niemand konnte etwas dagegen tun. Und so sehe ich denn auch die Versuche, die gewohnten Strukturen und Denkschemata über die Runden zu retten.

Gruß
Wolfgang

Hallo, Wolfgang,
genau das glaubte der Staat auch, der dann nicht mehr existierte!
Solange es andere agressive Staaten gibt, die für keine Vernunft zugänglich sind, muss ich mit den Wölfen heulen!
Grüße
Raimund