Euro-Krise: Wie läuft es in den Südländern?

Hallo,

die Radikalkuren zeigen positive Wirkung. Die Eu-Kritiker, allen voran die Rechtspopulisten, werden eines Besseren belehrt:

Es gibt Medienexperten, die sagen, dass die Leute so gern „Dschungelcamp“ gucken, weil sie da Leute sehen, die (noch) doofer sind. In dem Sinne war die Eurokrise für uns Deutsche eine tolle Sache, so eine Art Reality-Dauersendung ohne Script. Da konnten wir täglich in der „Bild“-Zeitung lesen, wie die Griechen wieder irgendwas nicht hinbekommen, schludern, pfuschen. Und die Spanier und Portugiesen uns jedenfalls Geld kosten. Ohne sich anzustrengen. Failed States, kaputte Staaten. Südländer halt. Wogegen wir fleißig, ordentlich, pünktlich sind. Prima.

Ein weiterer Artikel mit übersichtlicher Grafik:

Diese Entwicklung ist auch ein Verdienst von Schäuble, der nicht locker gelassen hat.

Gruß, Hans-Jürgen Schneider

Eins vorweg: Es ist einfach unsinnig, die Prozentwerte des Wirtschaftswachstums miteinander zu vergleichen, denn Deutschlands Basis liegt auf einem viel höheren Niveau. Ein noch höheres Wirtschaftswachstum bei uns ist quasi undenkbar, weil die Infrastruktur dafür gar nicht ausgerichtet ist.

Ja, die Reformen zeigen Wirkung. Eines Besseren belehrt werden dadurch aber die Linkspopulisten, die mit erfundenen Begriffen wie „Austerität“ vor diesen Reformen gewarnt haben. Wenn sich der simple Gedanke, dass nicht der Staat durch schuldenfinanzierte Ausgaben und die vollkommen überschätzte Binnennachfrage die Wirtschaft in Gang bringen, sondern nur durch Arbeitsmarktreformen die Bereitschaft der Unternehmen zur Investition in Arbeitsplätze auf dem ersten Arbeitsmarkt gefördert werden kann, in den Südländern durchgesetzt hat, dann ist das zu begrüßen. Es bekräftigt im Übrigen den wirtschaftsliberalen Flügel der AfD.

Und Deutschland? Wer hat denn behauptet, in Deutschland sei alles gut? Klar, die Agenda 2010 war der richtige Schritt. Aber wir sind ja auf dem besten Weg, alles wieder kaputtzumachen.

Habe gerade von einem Unternehmen gehört, das in weltweiter Konkurrenz steht und in dem langjährige Mitarbeiter es als persönlichen Angriff empfinden, wenn sie mal auch nur eine Überminute machen müssen. In kaum einem Land gibt es derartige Unmengen an bezahlten Urlaubstagen, in kaum einem Land gibt es so viele Feiertage. Und wie man hört, will man die Zahl der Feiertage sogar noch erhöhen. Und man schickt gut ausgebildete Fachkräfte trotz steigender Lebenserwartung mit 63 in Rente.

In dieser Situation ist es ein Leichtes für andere europäische Länder, Deutschland einen Teil seines Erfolges abzunehmen.

Toll. Die Jauche steht zwei Meter über dem Kopf. Aber immerhin ist man der Oberfläche von 2016 auf 2017 fünf Zentimeter nähergekommen.

Die Richtung ist gut. Der Weg ist sehr lang. Ein „aufgezwungene“ Rosskur beginnt zu greifen. Gerade die portugiesische, (moderat) sozialistische Regierung ist hier lobend zu erwähnen. Sie hat sich eisern an die Regeln der Troika gehalten.

Wer hat denn diese Grafik manipuliert? Da fehlen doch einige Staaten. Übrigens solche mit EU-kritischer Einstellung.

Das sehe ich ebenfalls so. Mit einer rot-grünen Regierung wäre die (langfristig) reale Entwicklung weiter nach unten gegangen. Auf Kosten der dt. Steuerzahler.

Naja, wenn man sich die Arbeitlosenzahlen in G, I und S ansieht, dann sieht es nicht rosig aus. Sie liegen noch immer über (auf) den Werten von 2010, also kurz nach der Lehman-Bankenkrise:

https://www.google.de/search?q=italien+arbeitslosenrate&stick=H4sIAAAAAAAAAOPgUeLQz9U3MC7KytIyzE620s_JT04syczP0y8uAdLFJZnJiTnxRanpQCGr0rzU3IKc_Mrc1LyS-KLEktQuRlsusH6z3OwsIQr0G5sWVlKkH-h-MvQDAPmtZY3_AAAA&sa=X&ved=0ahUKEwiHktHXl8XYAhURZ1AKHWO-A0kQth8IHzAB&biw=1280&bih=800

In Sachen Jugendarbeitslosigkeit mischt auch Portugal vorne mit:

Die „Verbesserung“ ist wohl geringfügig und partiell in einigen Zahlen vorhanden, ist im Wesentlichen aber in jetzt 2 Jahren Wertpapieraufkäufe der EZB mit 60 MRD EUR / Monat und Null-Zinspolitik und somit durch massive Entschuldung von außen begründet. Schäuble und Co haben das geschickt verkauft respektive verschwiegen.

Die Annahme, dass diese Länder nun wieder auf eigenen Beinen stehen oder auf einem guten Weg sind, halte ich angesichts dieser Tatsachen für falsch. Die haben für 25 - 40% ihrer Jugendlichen (Jugend ist die Zukunft) keine Arbeitsplätze. Und wenn die EZB die Finanzierungen wie angekündigt reduziert, wird sich die Tendenz vielleicht auch wieder drehen.

Franz

Für Spiegelleser ein anderes Thema noch:

Hallo Vdmaster,

die Staaten, die fehlen, haben sich auch positiv entwickelt. Die hatten wohl nicht alle Zahlen.

Nach den Prognosen der Linken und der AfD müssten wir jetzt bitter arm sein. Es genügt, einfach nur das Gegenteil von dem zu erwarten, was diese radikalen Phantasten halluzinieren.

Es ist allerdings nur eine Momentaufnahme. Vor allem Italien bereitet mir Sorgen.

Gruß, Hans-Jürgen Schneider

hallo,

wenn hier Portugal als leuchtendes Beispiel angeführt wird, sollte man aber sehr genau hinschauen.
Denn die seit 2015 amtierende Minderheitsregierung hat sich eben nicht durchgängig an die Austeritätspolitik von Schäuble & Co gehalten, sondern einige Maßnahmen umgesetzt, die diesem Glaubensbekenntnis widersprechen.
Dazu gehörte zB eine deutliche Erhöhung des gesetzlichen Mindestlohns, eine Rücknahme von Rentenkürzungen der Vorgängerregierung oder aber die Wiedereinführung von gestrichenen gesetzlichen Feiertagen.
Und bei allen Haushaltskürzungen gab es auch Etatpositionen, die unangetastet bleiben oder aber sogar wieder erhöht wurden wie zB der Etat für Bildung.

Alles Maßnahmen, die nach Schäubles Logik eigentlich pures Gift hätten sein sollen. Aber wahrscheinlich hatten die Protagonisten der Ausgabenkürzungen nach dem griechischen Desaster keine kraft mehr, gegenüber Portugal die „reine Lehre“ durchzusetzen.