Europa = Mittelalter ?

Hallo miteinander,

mit Bestuerzung habe ich in den letzten Tagen die Entscheidungen in Frankreich und den Niederlanden zur EU-Verfassung zur Kenntnis genommen.

Da ich seit ueber einem Jahr weltweit unterwegs bin, komme ich nur noch selten nach Deutschland, um den „europaeischen“ Geist zu atmen. Von daher hoffe ich, dass mir hier im board einige die Frage beantworten koennen:

Was geht in der EU ab, dass sich die Leute gegen die EU-Verfassung stemmen ?

Ich kann es gut verstehen und auch nachvollziehen, wenn man sich dagegen stemmt, dass ein Regelwerk eingefuehrt werden soll, welches von augenscheinlich demokratisch nicht legitimierten Abgeordneten (hatte jemand der Waehler Einfluss darauf, /wer/ in die EU entsandt wird ?) entwickelt wurde.

Andereseits: Face reality!
Die EU moechte gerne im grossen Teich der Welt mitschwimmen, aber anscheinend sind die EU-Buerger zum grossen Teil nicht bereit, dabei auch nass zu werden.
Sprich: Gerne die grosse EU, aber doch bitte weiterhin souveraene Staaten ?! - wie soll das bitte schoen funktionieren in einer Welt, die sich momentan in die Achse USA-China zu spalten scheint ?!

Aus dem schwuel-warmen Hong Kong

Gandalf

Hallo.

oT: hatte erst gedacht, Du wärst der MOD Gandalf von ‚Biologie und Chemie‘…

Was geht in der EU ab, dass sich die Leute gegen die
EU-Verfassung stemmen ?

Ich kann es gut verstehen und auch nachvollziehen, wenn man
sich dagegen stemmt, dass ein Regelwerk eingefuehrt werden
soll, welches von augenscheinlich demokratisch nicht
legitimierten Abgeordneten (hatte jemand der Waehler Einfluss
darauf, /wer/ in die EU entsandt wird ?) entwickelt wurde.

Eigentlich beantwortet das die Frage schon. Und im Reich der Psychologie nimmt man auch eher den berühmten Spatz in der Hand wenn die Taube zeitlich immer weiter nach hinten verlegt wird. So auch hier.
Allerdings muss ich dazusagen, dass in den USA und speziell in China die Bildungsanstrengungen Früchte zeigen: http://www.heise.de/tr/artikel/59821 , http://www.vdi-nachrichten.com/ingacademy/veranstalt…
So gesehen wird der Wohlstand in den zitierten Ländern zunehmen. Wer da bildungsmässig zurückfällt wird über kurz oder lang ein Problem haben (gute)Arbeit zu finden :,-(

Andereseits: Face reality!
Die EU moechte gerne im grossen Teich der Welt mitschwimmen,
aber anscheinend sind die EU-Buerger zum grossen Teil nicht
bereit, dabei auch nass zu werden.

Veränderungen sind immer problematisch. Speziell wenn man der Erste ist, der sie machen soll. Und mal nebenbei selbstständig machen kann bei fehlendem Know-How, Absatz und Geld in die Hose gehen. Siehe auch das aktuelle Heft der TR Seite 38f: zitat „Den Bankern fehlt oft das Wissen zum Bewerten von Technologien“ . Sofern das Bankhaus nicht gerade in strukturellen Schwierigkeiten stecken sollte (Leseprobe ‚SAP Netweaver‘): http://www.sap-press.de/dateien/gp/dateilistenID-675…

Sprich: Gerne die grosse EU, aber doch bitte weiterhin
souveraene Staaten ?! - wie soll das bitte schoen
funktionieren in einer Welt, die sich momentan in die Achse
USA-China zu spalten scheint ?!

Drei Möglichkeiten: 1. hierbleiben (in der EU), 2. auswandern (z.B. nach China) oder 3. selbst aktiv werden (aber siehe oben)

Rohstoff Bildung zählt in Zukunft eben immer mehr…

HTH
mfg M.L.

Hallo,

mit Bestuerzung habe ich in den letzten Tagen die
Entscheidungen in Frankreich und den Niederlanden zur
EU-Verfassung zur Kenntnis genommen.

um die Bestürzung aufrechtzuerhalten, solltest Du mal die Artikel dieses Brettes lesen.

Was geht in der EU ab, dass sich die Leute gegen die
EU-Verfassung stemmen ?

Da hänge ich mich dran. Bisher hat noch niemand konkret gesagt, was ihm an der Verfassung nicht paßt. Hohle Phrasen und leeres Gewäsch war dagegen leicht zu bekommen.

Gruß,
Christian

Da hänge ich mich dran. Bisher hat noch niemand konkret
gesagt, was ihm an der Verfassung nicht paßt. Hohle Phrasen
und leeres Gewäsch war dagegen leicht zu bekommen.

Nun, das ist wohl die Ironie der Sache. Ich habe auch nicht die geamten 300 Seiten durchgelesen nur vereinzelte Paragraphen, die mich interessieren.

Inhaltlich scheint die Verfassung wohl gar nicht mal so schlecht zu sein, räumt sie dich mit vielen alten (linken) Zöpfen auf und liberalisiert und stärkt die freie Marktwirtschaft weiter. Der Euro als Gemeinschaftswährung ist auch eine der ganz wenigen sinnvollen Ideen deiner Freunde da :wink:

Letztendlich ist und bleibt es wohl eine ideologische Frage: Willst du eine gemeinsame Verfassung, die über der eigenen Verfassung steht ? Willst du durch Regelungen auf internationaler Verfassungsebene massiv Kompetenzen deines eigenen Heimatlandes dieser zentralistischen, anonymumen und undemokratischen Institution überträgen die weit am Volk vorbei politisiert ?

Nun, ich verneine das klar.

So soll der Verheugen doch den Laden dicht machen… so langsam aber sicher sollten die jetzt in Brüssel schon begreifen, dass viele Leute diese Machtkonzentierung nicht wünschen. Ich meine hätte es in anderen Mitteleuropäischen Ländern Volksabstimmungen gegeben (D/A/I) Ich würde behaupten, dass wäre gleich rausgekommen. Aber irgendwie schon ne Ironie, alle (das alte Europa) die dabei sind, möchten die EU am liebsten begraben und bei uns träumen ein paar Deppen von der Mitgliedschaft …

Willst du eine gemeinsame Verfassung, die über der eigenen
Verfassung steht ? Willst du durch Regelungen auf
internationaler Verfassungsebene massiv Kompetenzen deines
eigenen Heimatlandes dieser zentralistischen, anonymumen und
undemokratischen Institution überträgen die weit am Volk
vorbei politisiert ?

Redest Du jetzt von Brüssel oder von Berlin?

Diese ganze Debatte von Bürokratie und Intransparenz ist m.E. eine Scheindebatte. Der Bürger redet sich anscheinend gerne ein, daß die nationalen Gebilde da einen Deut besser sind - mal abgesehen natürlich von der Schweiz, die sicherlich in jeder Hinsicht perfekt ist.

Gruß,
Christian

Hallo Christian,

ENDLICH!!! mal Einer, der das was in NL / F passierte beim Namen nennt: Scheiße! mann könnte glauben, wenn man einige der Posts hier gelesen hat, Europa hätte es nie geben dürfen…klar - wenn man bedenkt wie sich die Völker Europas VOR der Gründung EWG / EG / EU alle soooo lieb hatten - nie Krieg - nie Erbfeindschaft - mir ist soooo übel…

aber ich glaube, die Entscheidung sähe ich De auch nicht Anders aus; es will doch keiner begreifen, dass in De die meisten Arbeitsplätze von der EU direkt oder indirekt anhängen
und im übrigen wird hier im Neufünfostland die Osterweiterung der EU für die Misere verantwortlich gemacht…na ja nachdem es vorher die Einheit - dann der Westen - dann Kohl - dann die Union - dann die SPD - dann die …
und die Verfassung gelesen geschweige denn verstanden hat doch eh Keiner, also wirds erstmal abgelehnt
dazu kommt in F die massive Ablehnung der Staatsregierung dazu, denn die F lehnen die Verfassung NICHT aus Sorge vor Zentralismus ab, den haben die erfunden; im Gegenteil, die F haben Angst vor Föderalismus

Alles in Allem ein rabenschwarze Woche für Liberale und Europäer…

verzweifelte Grüße
Ralf

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Hallo Gandalf

Sprich: Gerne die grosse EU, aber doch bitte weiterhin
souveraene Staaten ?! - wie soll das bitte schoen
funktionieren in einer Welt, die sich momentan in die Achse
USA-China zu spalten scheint ?!

Du hast es hiermit auf den Punkt gebracht, dieses Wasch-mir-den-Pelz-aber-mach-mich-nicht-nass.
Ich sehe es wie Du : a la longue wirds hier arg eng und provinziell, wenn wir den Gedanken der Vereinigten Staaten von Europa aus den Augen verlieren.
Gruß,
Branden

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Hi!

Was geht in der EU ab, dass sich die Leute gegen die
EU-Verfassung stemmen ?

Angst, was sonst.

Die EU wird größer. Mit jedem Land, das einen niedrigeren Lebensstandard in die EU bringt, fühlen sich die Leute wirtschaftlich unter Druck gesetzt. Das wird ihnen dann im Fernsehen auch schön präsentiert: Jubelfeiern in den Beitrittsländern Zunahme der Arbeitslosigkeit im eigenen Land - da denkt sich der wohlhabende EU-Bürger seinen Teil.

Die französischen Winzer z.B. verweigern sich den Billigimporten aus Portugal und Spanien und kippen hektoliterweise den Wein auf die Straße - weil ihr eigener Wein erst zu teuer und dann unverkäuflich wurde.

Wir alle wollten offenen Grenzen, volle Mobilität, freien Handel. Jetzt bekommen wir, was wir haben wollten - und ein ordentliches Päckchen Existenzangst oben drauf. Mal sehen, wie lange es noch dauert, bis die ersten Steine fliegen und Transport-LKws abgefackelt werden.

Um nicht missverstanden zu werden: Ich bin für ein einheitliches Europa, aber nur, wenn gleichzeitig die „Zwischenebene“ Staat aufgehoben wird.

Grüße
Heinrich

Da hänge ich mich dran. Bisher hat noch niemand konkret
gesagt, was ihm an der Verfassung nicht paßt. Hohle Phrasen
und leeres Gewäsch war dagegen leicht zu bekommen.

Da hänge ich mich dran. Bisher hat noch niemand konkret
gesagt, was ihm an der Verfassung nicht paßt. Hohle Phrasen
und leeres Gewäsch war dagegen leicht zu bekommen.

Hi Christian,

dazu ein paar unsortierte Gedanken von mir:

  1. Eine Verfassung eines Staates, oder in diesem Falle eines Staatenverbundes, soll auch sinnstiftend sein. Das bedeutet, daß die im Geltungsbereich dieses Werkes lebenden Bürger sich mit dem Text, dem Inhalt und dem „Geist“ der Verfassung identifizieren können sollen. Im günstigsten Falle bildet die Verfassung dann einen common sense innerhalb des Geltungsbereiches, der über eine bloße Basisdefinition gewisser juristisch bedeutsamer Grundfestlegungen hinausgeht.
    Bei einem 325 Seiten starken Konvolut wie dem derzeit zur Ratifizierung anstehenden Entwurf sehe ich das nicht. Bereits das wesentliche kürzere Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland wurde zwar nicht von allen Bundesbürgern gelesen (von verstanden ganz zu schweigen).Aber dennoch bilden z.B. die Artikel 1 bis 20 doch so etwas wie ein allgemeines Fundament dieses Staates - auch wenn, wie gesagt, nicht jeder Deutsche die Artikel konkret zu zitieren vermag.
    Dieser europäische „Verfassungsentwurf“ ist nun erkennbar von einer Bande Bürokraten zusammengeschrieben worden, die sich um Dinge wie Lesbarkeit und Verstehbarkeit für einen Normalbürger offensichtlich keine Gedanken gemacht haben.

  2. Die in weiten Teilen in dem Verfassungsentwurf festgeschriebenen Zuständigkeitsbereiche delegieren immer mehr Einzelaspekte staatlichen Handelns an europäische Gremien. Die nationalen Parlamente sind dann nur noch Vollzugsorgane. Da, wie Du weißt, die europäischen Entscheidungsfindungsprozesse erhebliche Legitimationsprobleme haben (Stichwort: Rolle des Parlamentes) ist es IMHO verständlich, wenn dies auf Widerstände stößt. Ebenso verständlich sind die Widerstände, wenn man bedenkt, welch grottenschlechtes Image die europäischen Institutionen haben: seien es die Tagegeldbescheissereien der Abgeordneten des europäischen Parlamentes, seien es Entscheidungen der Kommission, die sich einer Nachvollziehbarkeit entziehen, oder seien es Urteile des europäischen Gerichtshofes, die nur noch mit exzessiven Drogenkonsum erklärbar werden.

  3. In dem mir vorliegenden Entwurf heißt es z.B. im Artikel I-II Arten von Zuständigkeiten im Punkt 4:
    „Die Ujnion ist dafür zuständig, eine gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik einschließlich der schrittweisen Festlegung einer gemeinsamen Verteidigungspolitik zu erarbeiten und zu verwriklichen.“

Alleine dieser Absatz rechtfertigt meiner Meinung nach die Ablehnung dieses Vertragswerkes.
In Verbindung damit, daß Kommissionsposten zukünftig nicht mehr in der Form vergeben werden, daß jeder Mitgliedsstaat einen Kommissar stellt, besteht die Gefahr, daß in nicht allzu ferner Zukunft irgendwer darüber bestimmt, ob deutsche Soldaten irgendwo auf der Welt in den Krieg ziehen. Auf Grund der besonderen Geschichte Deutschlands gibt es bei diesen Fragen bei allen politischen Parteien eine größere Sensibilität als das in anderen Staaten der Fall sein mag. Diese Sensibilität hat bisher verhindert, daß Deutschland sich umfangreich in die kriegerischen Aktivitäten der letzten Jahrzehnte eingebracht hat - und das sollte auch so bleiben.

  1. Einen weiteren Grund für die breite Ablehnung sehe ich darin, daß der Erweiterungsprozeß in einer Art und Weise durchgeführt wurde, daß dem europäischen Bürgern völlig klar war und ist, daß das handwerklich wie politisch von katastrophaler Inkompetenz geprägt war und ist. Daß darüber Unmut besteht, der sich in negativen Voten äußert, kann ich gut verstehen. Auch und gerade weil ich der Ansicht bin, daß die bisherigen Erweiterungen prinzipiell richtig waren, nur eben viel zu hektisch durchgezogen wurden. In Fragen des Türkeibeitrittes zur EU kann ich auch nicht verstehen, wer auf die Schnapsidee gekommen ist, diesem Land Beitrittsverhandlungen zu versprechen.

Kurzum: hätte man in Deutschland ein Referendum durchgeführt, hätte ich auch gegen dieses Entwurf gestimmt - obwohl ich ein hinreichend überzeugter Europäer bin.

Grüße

mhg

Deprimierender Weise befürchte ich, dass wir - wenn überall das Mehrheitsrecht entschieden hätte - auch heute noch Hexen verbrennen würden.

Na ja, vielleicht bin ich da auch zu pessimistisch:wink:

Grüße
Jürgen

Hallo Heinrich,

ich geh noch einen Schritt weiter…

Die EU wird größer. Mit jedem Land, das einen niedrigeren
Lebensstandard in die EU bringt, fühlen sich die Leute
wirtschaftlich unter Druck gesetzt. Das wird ihnen dann im
Fernsehen auch schön präsentiert: Jubelfeiern in den
Beitrittsländern Zunahme der Arbeitslosigkeit
im eigenen Land - da denkt sich der wohlhabende EU-Bürger
seinen Teil.

die - sich selbst als „arm“ bezeichnenden Neidprotagonisten - hier lebenden Menschen sehen wahres Elend / wahre Armut in den neuen Beitrittsländern und fragen sich, wie sie angesichts echter Armut ihre Jammerorgien weiterführen wollen, vor allem wenn sie sehen, dass die wahren Armen eben NICHT jammern, sondern anpacken (z. B. Spargelstechen - DAS kann man deutschen HartzIVlern nun wirklich nicht zumuten…)
und wenn denen das Jammern verleidet wird, fehlt ein Stück Identität - und daran ist selbstverständlich die EU schuld…oder wer auch immer ihnen das Jammern streitig macht

Gruß Ralf

burn baby burn

Deprimierender Weise befürchte ich, dass wir - wenn überall
das Mehrheitsrecht entschieden hätte - auch heute noch Hexen
verbrennen würden.

gute Nacht Europa

Hallo Martin,

Bei einem 325 Seiten starken Konvolut wie dem derzeit zur
Ratifizierung anstehenden Entwurf sehe ich das nicht. Bereits
das wesentliche kürzere Grundgesetz für die Bundesrepublik
Deutschland wurde zwar nicht von allen Bundesbürgern gelesen
(von verstanden ganz zu schweigen).Aber dennoch bilden z.B.
die Artikel 1 bis 20 doch so etwas wie ein allgemeines
Fundament dieses Staates - auch wenn, wie gesagt, nicht jeder
Deutsche die Artikel konkret zu zitieren vermag.
Dieser europäische „Verfassungsentwurf“ ist nun erkennbar von
einer Bande Bürokraten zusammengeschrieben worden, die sich um
Dinge wie Lesbarkeit und Verstehbarkeit für einen Normalbürger
offensichtlich keine Gedanken gemacht haben.

im Prinzip stimme ich Dir in dem Punkt zu. Wenn man sich aber anschaut, welche Form die schon gültigen EU-Verträge haben, ist die Verfassung ein wesentlicher Fortschritt in Sachen Lesbarkeit und Verständlichkeit. Man sollte auch nicht vergessen, was dieses Papier alles regeln soll. Der inzwischen sprichwörtliche Bierdeckel kann dafür keinesfalls ausreichen.

  1. Die in weiten Teilen in dem Verfassungsentwurf
    festgeschriebenen Zuständigkeitsbereiche delegieren immer mehr
    Einzelaspekte staatlichen Handelns an europäische Gremien.

Das ist heute auch schon so, nur bekommt es keiner mit. Ein Gutteil der vom Bundestag beschlossenen Gesetz basiert auf entsprechenden Vorschriften aus Brüssel, bei den Verordnungen ist dieser Anteil noch deutlich höher.

Widerstände stößt. Ebenso verständlich sind die Widerstände,
wenn man bedenkt, welch grottenschlechtes Image die
europäischen Institutionen haben: seien es die
Tagegeldbescheissereien der Abgeordneten des europäischen
Parlamentes,

Ist in Deutschland auch nicht anders, nur bekommt es da keiner mit.

seien es Entscheidungen der Kommission, die sich
einer Nachvollziehbarkeit entziehen,

Ahem, Du warst in den letzten sieben Jahren schon in diesem Land, oder? :wink:

oder seien es Urteile des
europäischen Gerichtshofes, die nur noch mit exzessiven
Drogenkonsum erklärbar werden.

Dafür gibt es wenigstens eine europäische Gerichtsbarkeit. Besser geht immmer.

  1. In dem mir vorliegenden Entwurf heißt es z.B. im Artikel
    I-II Arten von Zuständigkeiten im Punkt 4:
    „Die Ujnion ist dafür zuständig, eine gemeinsame Außen- und
    Sicherheitspolitik einschließlich der schrittweisen Festlegung
    einer gemeinsamen Verteidigungspolitik zu erarbeiten und zu
    verwriklichen.“

Alleine dieser Absatz rechtfertigt meiner Meinung nach die
Ablehnung dieses Vertragswerkes.
In Verbindung damit, daß Kommissionsposten zukünftig nicht
mehr in der Form vergeben werden, daß jeder Mitgliedsstaat
einen Kommissar stellt, besteht die Gefahr, daß in nicht allzu
ferner Zukunft irgendwer darüber bestimmt, ob deutsche
Soldaten irgendwo auf der Welt in den Krieg ziehen.

Über kurz oder lang werden deutsche Menschen als europäische Soldaten in einen Krieg ziehen. Die dt.-franz. Brigade gibt es schon. Das ist ein Auswuchs davon, daß wir uns auf einen europäischen Staat zubewegen. Auch heute ziehen bayerische Soldaten in einen Krieg, den ein Niedersachse gewollt hat.

  1. Einen weiteren Grund für die breite Ablehnung sehe ich
    darin, daß der Erweiterungsprozeß in einer Art und Weise
    durchgeführt wurde, daß dem europäischen Bürgern völlig klar
    war und ist, daß das handwerklich wie politisch von
    katastrophaler Inkompetenz geprägt war und ist.

Hm, die Ansicht teile ich nicht - und zwar in beiderlei Hinsicht. Was der Bürger mitbekommen hat, ist sicherlich nicht die Art und Weise der Durchführung gewesen, sondern die Debatte um polnische Schlachthofarbeiter und die generelle Diskussion um die osteuropäischen Arbeitnehmer, die allen Deutschen die Arbeitsplätze wegnehmen. Und die Art der Durchführung fand ich persönlich nicht besser oder schlechter als die Erweiterung um Portugal, Spanien oder Griechenland.

Gruß,
Christian

Hallo miteinander,

mit Bestuerzung habe ich in den letzten Tagen die
Entscheidungen in Frankreich und den Niederlanden zur
EU-Verfassung zur Kenntnis genommen.

Gut, daß wir uns nicht auch noch damit auseinandersetzen müssen.
Im demokratischen Deutschland werden solches Sachen von Menschen erledigt, die die Stimme des Volkes genau kennen und sich auch so beugen.
Sinngemäß ließ Herr Bütighofer bei Christiansen wohl heraus, wenn Frankreich dagegen entschieden hat müssen wir es wieder gerade biegen.
Es ist sehr wichtig, daß wir solche Menschen haben, die das falsche Votum des blöden Wählers dann doch in die richtige Richtige Richtung bringen (wollen)

Da ich seit ueber einem Jahr weltweit unterwegs bin, komme ich
nur noch selten nach Deutschland, um den „europaeischen“ Geist
zu atmen. Von daher hoffe ich, dass mir hier im board einige
die Frage beantworten koennen:

Was geht in der EU ab, dass sich die Leute gegen die
EU-Verfassung stemmen ?

In einem kleinen Dorf in Belgien verwalten gaaaanz viele von gaaaanz viel Wählern gewählte Zweite-und Dritte-Klasse Politiker irgendwelche Verordnungen, die kein Mensch braucht.

Ich kann es gut verstehen und auch nachvollziehen, wenn man
sich dagegen stemmt, dass ein Regelwerk eingefuehrt werden
soll, welches von augenscheinlich demokratisch nicht
legitimierten Abgeordneten (hatte jemand der Waehler Einfluss
darauf, /wer/ in die EU entsandt wird ?) entwickelt wurde.

Da hast Du es doch selber erkannt, Aber meinen obigen Absatz laß ich jetzt stehen :wink:

Andereseits: Face reality!
Die EU moechte gerne im grossen Teich der Welt mitschwimmen,
aber anscheinend sind die EU-Buerger zum grossen Teil nicht
bereit, dabei auch nass zu werden.

Vielleicht möchten einige Haifische im Teich schwimmen, für die Mehrheit der (Clown)-Fische gilt daß wohl nicht (imho)

Sprich: Gerne die grosse EU, aber doch bitte weiterhin
souveraene Staaten ?! - wie soll das bitte schoen
funktionieren in einer Welt, die sich momentan in die Achse
USA-China zu spalten scheint ?!

Es gibt sogar (manchmal auch „Gott Sei Dank“) noch Bundesländer, Kommunen…

Aus dem schwuel-warmen Hong Kong

Gandalf

Gruß aus dem ebenfalls schwuel-warmen Kanzler-Stürz-Bundesland
Michael

mit Bestuerzung habe ich in den letzten Tagen die
Entscheidungen in Frankreich und den Niederlanden zur
EU-Verfassung zur Kenntnis genommen.

Nur weil 20 Mio Leute nicht Deiner Meinung sind leben die noch lange nicht im Mittelalter. Das ist halt der Haken an einer Demokratie.

Hallo!

Jetzt jammer nicht herum wegen der verblichenen EU-„Verfassung“. Das haben sie die Damen und Herren Politiker in den Mitgliedstaaten samt ihren Kollegen in Brüssel selbst eingebrockt.

Da werden über die Köpfe der gesamten EU-Bevölkerung hinweg Entscheidungen getroffen, die gegen den Willen der bei weitem überwiegenden Mehrheit der Bevölkerung sind, ohne den Bürgern die Gelegenheit zu geben, dazu selbst eine (negative) Meinung auszudrücken, indem etwa der Türkei ungefragt der Kandidatenstatus samt sicherer Aussicht auf Mitgliedschaft verliehen wird oder Problemstaaten wie Rumänien und Bulgarien die EU-Mitgliedschaft in wenigen Jahren angedient wird.

Und nun hatten die Wahlberechtigten (in einigen - bei weitem leider nicht in allen - Mitgliedstaaten) ausnahmsweise mal die Möglichkeit, zu einer grundlegenden Frage betreffend die EU Stellung zu nehmen. Wer kann es ihnen da übelnehmen, dass sie diese Gelegenheit gleich dazu genützt haben, stellvertretend für all die anderen - gegen den Mehrheitswillen entschiedenen - Angelegenheiten, in denen sie nicht befragt wurden, den präpotenten Europapolitikern einmal ein Nein entgegenzuhalten? Wenn man sie vorher zu den anderen Angelegenheiten befragt hätte (oder diesbezüglich zumindest ein Minimum an öffentlicher Diskussion durchgeführt hätte), dann wäre es auch nicht nötig gewesen, mit der Abstimmung über die EU-Verfassung diese (einzige) Möglichkeit zu nützen, einmal Widerstand zu zeigen.

Es ist vollkommen egal, wie gut oder wie schlecht die Verfassung gewesen wäre. Denn die jetzigen Abstimmungen sind meiner Meinung nach nur deswegen so ausgegangen, weil man den Menschen keine andere Gelegenheit gegeben hat, zu den anderen Themen Nein zu sagen. Und ich finde es gut, dass es jetzt mal einen ordentlichen Dämpfer gegeben hat. Ich hätte auch dagegen gestimmt, aber leider wird ja der österreichische Wähler nicht gefragt.

Außerdem hoffe ich, dass man zumindest insoweit den Beteuerungen der Verfassungsbefürworter vertrauen kann, wenn sie meinen, dass die Verfassung unumgänglich notwendig ist, um das zukünftige Funktionieren einer noch größeren EU zu ermöglichen. Denn dann würde es solange zB keinen Türkei-Beitritt geben, solange es diese Verfassung nicht gibt.

Just my 2 Cents…
Patrick

PS: Ich war und bin ein absoluter Befürworter der letzten Beitrittsrunde, aber ein Staat wie die Türkei hat für mich nichts in der EU verloren. Vor allem nicht, wenn man die jetzigen Unionsbürger gar nicht fragt, wen sie da in ihren Kreis noch aufnehmen wollen. Aber ich will jetzt darüber keine neue Diskussion eröffnen :wink:

Hallo,

Andereseits: Face reality!
Die EU moechte gerne im grossen Teich der Welt mitschwimmen,
aber anscheinend sind die EU-Buerger zum grossen Teil nicht
bereit, dabei auch nass zu werden.

Wer ist denn „die EU“? Und was „Der große Teich der Welt“? Letzteres ist für mich weitestgehend von den degenerierten Prioritäten der USA bestimmt; zunehmends wird der Mensch zu einem wirtschaftlichen Werkzeug degradiert. Wo tote Konstrukte wie wildwuchernde und wachstumssüchtige Konzerne das Sagen haben, werden, für die Entwicklung der Menschheit, gute und richtige Entscheidungen verdrängt.

Aus diesen Gründen ist mir das amerikanische System zutiefst zuwider und ich sehe, dass, anstatt dass Amerika sich wieder zu einem empfindenden Wesen aufrappelt, Europa sich hinab ziehen lässt. Das, was sich Brüssel zur Zeit alles leistet, ist Ursache und Auswirkung davon.

Ich bin auch dafür, dass die Staaten in Europa zusammenwachsen (was durch die kurzen Wege der heutigen Informationsgesellschaft sowieso mehr und mehr der Fall ist), aber nicht auf so kurzsichtige Art. Wo soll denn das hinführen, wenn die total überlasteten EU-Politiker nur noch die Zeit haben, sich von Lobbyvertretern berieseln und „beraten“ zu lassen, welche ihrerseits „ihre Firma“ vertreten. Was für Werte verfolgt denn eine „Firma“, sicherlich nicht die Möglichkeit der freien, persönlichen Entfaltung aller Beteiligten…

Gruß
Alexander

Moin moin,

Andereseits: Face reality!
Die EU moechte gerne im grossen Teich der Welt mitschwimmen,
aber anscheinend sind die EU-Buerger zum grossen Teil nicht
bereit, dabei auch nass zu werden.

Hier sehe ich auch das eigentliche Problem. Verfassungsfragen
sind für die meisten Nein-Sager nur vorgeschobenes Argument,
da sie a) das Werk sowieso nicht gelesen haben und b) selbst
wenn dann doch nicht juristisch bewerten können.

Hier kommt einfach eine dumpfe Angst vor einem Moloch auf,
der einen einspannt ohne daß mensch sich davor schützen kann.
Viele haben Angst von Fremden regiert zu werden, Entscheidungen
ertragen zu müssen deren Legitimität sie nicht akzeptieren,
da irgendwer in 1000km Entfernung diese Entscheidung getroffen
hat den sie nicht kennen, geschweige denn dessen Sprache
sprechen. Den letzten Punkt sehe ich noch als ein
entscheidendes Problem für ein „gemeinsames“, einiges Europa.
Der immer wieder vorgebrachte Vergleich mit den USA ist in
sofern kritisch, als daß sich dort eine Sprache etabliert hat.
Sprache als kulturstiftendes Element fehlt hier in good old
europe, zumal momentan in geradezu rasender Art neue
Länder mit neuen Kulturen und Sprachen hinzukommen. Wirtschaftlich
mag hier schnell „ein“ Markt entstehen, aber man schmeißt
nicht jahrhunderte alte Kulturen in einen Topf mit der
Erwartung, daß sich da nach ein paar Jahren brüderliche
Einigkeit entwickelt. Oberflächlich bestimmt, aber wenn’s hart
auf hart kommt fehlt derzeit die Identifikation mit den
anderen Ländern, eine gewünschte „europäische“ Identität
gibt es noch nicht. Dann zieht man sich lieber auf eigene
Standpunkte zurück.

Vielleicht hätte man eine „echte“ Verfassung schreiben
sollen, also ca. 20 Punkte ähnlich unserer, die die wichtigsten
Grund- & Menschenrechte formuliert. Also ungefähr das, was in
Titel I und II steht. Der ganze Rest ist ein juristisches
Vertragswerk das meiner Meinung nach nicht wirklich zur
Diskussion stehen muß. Vieles ist einfach gewachsen, aus
bestimmten Gründen aus bestehender Rechstsprechung der
einzelnen Ländern übernommen worden. Darüber könnte man
lang und breit diskuttieren. Aber das haben Experten schon
Jahre vor uns gemacht, und sind zu dem Entschluß gekommen
dieses und jenes zu übernehmen. Unser Artikel 106 incl.
Biersteuer hätte bei einer hiesigen Abstimmung auch nicht
unbedingt zu Begeisterungsstürmen für unser Grundgesetz
geführt.

Sprich: Gerne die grosse EU, aber doch bitte weiterhin
souveraene Staaten ?! - wie soll das bitte schoen
funktionieren in einer Welt, die sich momentan in die Achse
USA-China zu spalten scheint ?!

Ein derartig globales Denken fehlt nunmal 90% der Menschen.
Die meisten kommen ja gedanklich nicht über die nächste
Großstadt hinaus. Klar, (fast) alle machen Urlaub und fliegen
rund um die Welt, aber nur um am Hotelpool „german Breakfast“ zu
geniessen. Kontakt mit Einheimischen oder deren Kultur? Naja,
aber bitte nur mit einer betreuten Bustour. Viel anders wird es
bei Franzosen, Holländern, Griechen, Spaniern, Portugiesen etc.
auch nicht sein.

Grüße, René

Es unterschwellige Ängste,
die die Menschen schon vor Jahrhunderten
hatten.
Der Kürfürst, der von der Isolation
seiner Bürger gut lebte,
machte seinen Lehnherren Angst,
vor dem Umstand dass der Kürfürst
nicht mehr der alleinige Herr sein wird,
auch die ganzen Gratifikationen aus
den Zolleinnahmen würden wegfallen.

Die Lehnherren machten das mit ihren
Frohnbauern, die Frohnbauern mit ihren
Leibeigenen. Und plötzlich hatten alle
Angst vor der neuen Freiheit und Gleicheit.
Dieser Mechanismus steckt heute noch
in den Europäern, und er klappt immer noch.

Kaum ist aber ein Europäer in der Welt unterwegs
für ein par Jahre, kann er nur noch den Kopf
schütteln.