Hallo Martin,
Bei einem 325 Seiten starken Konvolut wie dem derzeit zur
Ratifizierung anstehenden Entwurf sehe ich das nicht. Bereits
das wesentliche kürzere Grundgesetz für die Bundesrepublik
Deutschland wurde zwar nicht von allen Bundesbürgern gelesen
(von verstanden ganz zu schweigen).Aber dennoch bilden z.B.
die Artikel 1 bis 20 doch so etwas wie ein allgemeines
Fundament dieses Staates - auch wenn, wie gesagt, nicht jeder
Deutsche die Artikel konkret zu zitieren vermag.
Dieser europäische „Verfassungsentwurf“ ist nun erkennbar von
einer Bande Bürokraten zusammengeschrieben worden, die sich um
Dinge wie Lesbarkeit und Verstehbarkeit für einen Normalbürger
offensichtlich keine Gedanken gemacht haben.
im Prinzip stimme ich Dir in dem Punkt zu. Wenn man sich aber anschaut, welche Form die schon gültigen EU-Verträge haben, ist die Verfassung ein wesentlicher Fortschritt in Sachen Lesbarkeit und Verständlichkeit. Man sollte auch nicht vergessen, was dieses Papier alles regeln soll. Der inzwischen sprichwörtliche Bierdeckel kann dafür keinesfalls ausreichen.
- Die in weiten Teilen in dem Verfassungsentwurf
festgeschriebenen Zuständigkeitsbereiche delegieren immer mehr
Einzelaspekte staatlichen Handelns an europäische Gremien.
Das ist heute auch schon so, nur bekommt es keiner mit. Ein Gutteil der vom Bundestag beschlossenen Gesetz basiert auf entsprechenden Vorschriften aus Brüssel, bei den Verordnungen ist dieser Anteil noch deutlich höher.
Widerstände stößt. Ebenso verständlich sind die Widerstände,
wenn man bedenkt, welch grottenschlechtes Image die
europäischen Institutionen haben: seien es die
Tagegeldbescheissereien der Abgeordneten des europäischen
Parlamentes,
Ist in Deutschland auch nicht anders, nur bekommt es da keiner mit.
seien es Entscheidungen der Kommission, die sich
einer Nachvollziehbarkeit entziehen,
Ahem, Du warst in den letzten sieben Jahren schon in diesem Land, oder?
oder seien es Urteile des
europäischen Gerichtshofes, die nur noch mit exzessiven
Drogenkonsum erklärbar werden.
Dafür gibt es wenigstens eine europäische Gerichtsbarkeit. Besser geht immmer.
- In dem mir vorliegenden Entwurf heißt es z.B. im Artikel
I-II Arten von Zuständigkeiten im Punkt 4:
„Die Ujnion ist dafür zuständig, eine gemeinsame Außen- und
Sicherheitspolitik einschließlich der schrittweisen Festlegung
einer gemeinsamen Verteidigungspolitik zu erarbeiten und zu
verwriklichen.“
Alleine dieser Absatz rechtfertigt meiner Meinung nach die
Ablehnung dieses Vertragswerkes.
In Verbindung damit, daß Kommissionsposten zukünftig nicht
mehr in der Form vergeben werden, daß jeder Mitgliedsstaat
einen Kommissar stellt, besteht die Gefahr, daß in nicht allzu
ferner Zukunft irgendwer darüber bestimmt, ob deutsche
Soldaten irgendwo auf der Welt in den Krieg ziehen.
Über kurz oder lang werden deutsche Menschen als europäische Soldaten in einen Krieg ziehen. Die dt.-franz. Brigade gibt es schon. Das ist ein Auswuchs davon, daß wir uns auf einen europäischen Staat zubewegen. Auch heute ziehen bayerische Soldaten in einen Krieg, den ein Niedersachse gewollt hat.
- Einen weiteren Grund für die breite Ablehnung sehe ich
darin, daß der Erweiterungsprozeß in einer Art und Weise
durchgeführt wurde, daß dem europäischen Bürgern völlig klar
war und ist, daß das handwerklich wie politisch von
katastrophaler Inkompetenz geprägt war und ist.
Hm, die Ansicht teile ich nicht - und zwar in beiderlei Hinsicht. Was der Bürger mitbekommen hat, ist sicherlich nicht die Art und Weise der Durchführung gewesen, sondern die Debatte um polnische Schlachthofarbeiter und die generelle Diskussion um die osteuropäischen Arbeitnehmer, die allen Deutschen die Arbeitsplätze wegnehmen. Und die Art der Durchführung fand ich persönlich nicht besser oder schlechter als die Erweiterung um Portugal, Spanien oder Griechenland.
Gruß,
Christian