Europarecht immer Vorrangig?

Hi Zusammen,
Beschäftige mich gerade mit Normenhierarchieen, stoße dabei auf Grenzen und dachte ich versuche es mal hier.

Grundsätzlich gilt ja: Europarecht bricht nationales Recht, wenn es mit solchem kollidiert.

Gilt es ausnahmslos?

Bin auf die These gestoßen, dass die Prinzipien der Bundesverfassung stets vorrangig seien. Nun bin ich am überlegen, ob dies korrekt ist.

Im Hinblick auf die vom Gauweiler eingelegte Verfassungsbeschwerde könnte man nun spontan behaupten: „Klar hat Demokratie Vorrang“
Aber würde der Vertrag von Lissabon in Kraft treten, würde das neue Unionsrecht doch über den nationalen Grundsätzen stehen. Oder nicht?

Haben Gewaltenteilung, Demokratie, Sozialstaat, Föderalismus stets Vorrang vor dem Unionsrecht?
Oder ist diese These nicht korrekt?

Liebe Grüße

Es gibt kein Europarecht. Meinst du ‚EU-Recht‘?

Grundsätzlich gilt ja: Europarecht bricht nationales Recht,
wenn es mit solchem kollidiert.

Es gibt kein Europarecht. Meinst du ‚EU-Recht‘?

Gruss
Adam

Hallo!

Beschäftige mich gerade mit Normenhierarchieen,

Interessantes Thema

Grundsätzlich gilt ja: Europarecht bricht nationales Recht,
wenn es mit solchem kollidiert.

Nein, es gilt, Europäisches Gemeinschaftsrecht verdrängt nationales Recht in der Anwendung.

Gilt es ausnahmslos?

Nein, denn erstens muss es sich um unmittelbar anwendbares Recht handeln und zweitens gibt es nach überwiegender Meinung einen sog. integrationsfesten Kern der Verfassung. D.h. die Grundprinzipien des Verfassungsrechtes kann das Gemeinschaftsrecht nicht „außer Kraft setzen“. Grundsätzlich geht aber Gemeinschaftsrecht auch nationalem Verfassungsrecht vor.

Bin auf die These gestoßen, dass die Prinzipien der
Bundesverfassung stets vorrangig seien. Nun bin ich am
überlegen, ob dies korrekt ist.

Ja, wie gesagt. Im Detail natürlich strittig.

Im Hinblick auf die vom Gauweiler eingelegte
Verfassungsbeschwerde könnte man nun spontan behaupten: „Klar
hat Demokratie Vorrang“
Aber würde der Vertrag von Lissabon in Kraft treten, würde das
neue Unionsrecht doch über den nationalen Grundsätzen stehen.
Oder nicht?

Ja, nur ist das im Prinzip jetzt nicht anders. Der Anwendungsbereich wird im Ergebnis allerdings erweitert.

Haben Gewaltenteilung, Demokratie, Sozialstaat, Föderalismus
stets Vorrang vor dem Unionsrecht?
Oder ist diese These nicht korrekt?

Im Detail ist das strittig. Das Gemeinschaftsrecht könnte z.B. die Demokratie nicht abschaffen. Zum Thema Verfassungsbeschwerde Gauweiler sollte man die Entscheidung des BVerfG einmal abwarten, die wird sicherlich interessante Ausführungen dazu enthalten. Das grundsätzliche Problem in der EU ist, dass das Gemeinschaftsrecht im Wesentlichen vom Ministerrat erlassen wird - ein Organ das nicht dem entspricht, was wir unter Parlament verstehen. Historisch ist das erklärbar und war ursprünglich nicht unlogisch, aber der Kompetenzbereich der EU wurde stets erweitert, aber gleichzeitig die Legitimation nicht erhöht. Das ist ein massives Demokratiedefizit.

Das Problem im Zusammenhang mit der EU-Verfassung und Lissabon ist allerdings das, dass dieses Demokratiedefizit durch die Reformen reduziert würde, d.h. die Kompetenz des EU-Parlamentes wäre deutlich gestärkt worden.

Gruß
Tom

Oh doch!

Es gibt kein Europarecht.

Doch, gemeint ist das primäre und sekundäre Gemeinschaftsrecht der EU.

Sollen wir das Brett EU-Politik nennen, weil es keine Europapolitik gibt?

LG

Vielen Dank…
…für die ausführliche Antwort!
Sie liefert mir sowohl spannende als auch wertvolle Denansätze!

LG

Die EU mit ihren 27 Mitgliedern ist nicht Europa

Doch, gemeint ist das primäre und sekundäre Gemeinschaftsrecht der EU.

Die EU mit ihren 27 Mitgliedländern ist nicht Europa.

Sollen wir das Brett EU-Politik nennen, weil es keine Europapolitik gibt?

Nein, dieses Brett befasst sich ja mit Europapolitik – nämlich mit politischen Fragen in und zwischen den 51 europäischen Ländern.

Gruss
Adam

[MOD] womit …
sich dieses brett befasst entnehmt bitte der startseite.

danke

tiger [MOD]