Evolution und Technik/Evolution und Suizid

Ich bin in einem anderen Forum im Netz in eine interessante Diskussion hineingeraten, jetzt wollte ich das Thema auch einmal hier zur Debatte stellen.
Es ging ursprünglich um die Behauptung, Suizid könne im Sinne der Evolution als selektiver Mechanismus wirken - eine Behauptung, die ich persönlich für völlig falsch halte. Die meisten Suizide habe soziale Ursachen, die mit dem Erbgut nichts zu tun haben.

Zum zweiten kam die Frage auf, welchen Einfluß die menschliche Technik auf die Evolution des Menschen habe.
Meiner Meinung nach ist dieser Einfluß vernachlässigbar, da die Technik sich viel zu rasch entwickelt, als daß eine evolutionäre Anpassung an sie möglich wäre. Wenn überhaupt, dann ist ihr Einfluß bremsend, da die Medizin auch Menschen mit Erbkrankheiten o.ä. ein Leben ermöglicht, die ansonsten der „natürlichen Selektion“ zum Opfer gefallen wären.

Allerdings bin ich kein Experte… ich wäre einfach neugierig auf einige durch Fakten fundierte Meinungen zun dem Thema und hoffe, daß sich niemand durch das Thema provoziert fühlt.

Die meisten Suizide habe soziale Ursachen, die mit dem Erbgut
nichts zu tun haben.

Die Ursachen für den Suizid sind unerheblich. Für die Evolution ist nur entscheidend wie er sich auf die Fittnes auswirkt. Wenn er die Fittnes erhöht werden sich langfristig diejenigen durchsetzen die eher zum Suizid neigen und umgekehrt.

Meiner Meinung nach ist dieser Einfluß vernachlässigbar, da
die Technik sich viel zu rasch entwickelt, als daß eine
evolutionäre Anpassung an sie möglich wäre.

Vollkommen richtig. Hinzu kommt die Möglichkeit künstlicher Eingriffe ins Erbgut die zu einer Entwicklung führen kann, die sich gänzlich von der natürlichen Evolution unterscheidet.

Hallo,

Meiner Meinung nach ist dieser Einfluß vernachlässigbar, da
die Technik sich viel zu rasch entwickelt, als daß eine
evolutionäre Anpassung an sie möglich wäre.

Vollkommen richtig. Hinzu kommt die Möglichkeit künstlicher
Eingriffe ins Erbgut die zu einer Entwicklung führen kann, die
sich gänzlich von der natürlichen Evolution unterscheidet.

Man sollte hier vorsichtig sein was die Definition von „evolutionärer Anpassung“ angeht. Es muss sich nicht immer in einer Änderung des Erbguts ausdrücken. Wie sich etwa unser Gehirn entwickelt wird nur in Grenzen vom Erbgut beeinträchtigt. Viel Einfluss nimmt darauf auch die Umgebung und damit die Technik. Und in dieser Hinsicht ist schon eine „Anpassung“ erfolgt. Die jüngeren Generationen können mit den Anforderungen eben dieser „Welt“ besser umgehen. Das wurde auch bei Inteligenztests nachgewiesen. Dort schneiden sie in Tests die mit eben diesen Anforderungen verbunden sind besser ab.
Da dieses „Wissen“ auch an die Nachkommen weitergegeben wird, ist doch in gewisser Weise somit auch eine Anpassung erfolgt.

Ausserdem stelle ich mal die Frage in den Raum, ob nicht das Hervorbringen der modernen Technik (eigentlich würde ich den Begriff weiterfassen als nur Technik, auch Kultur etc. gehören wohl dazu) selbst eine Art Evolution darstellt.

ciao
ralf

Man sollte hier vorsichtig sein was die Definition von

„evolutionärer Anpassung“ angeht. Es muss sich nicht immer in
einer Änderung des Erbguts ausdrücken. Wie sich etwa unser
Gehirn entwickelt wird nur in Grenzen vom Erbgut
beeinträchtigt. Viel Einfluss nimmt darauf auch die Umgebung
und damit die Technik.

Sicher richtig, aber diese Entwicklung wird ja nicht weitervererbt - die evolutionären Mechanismen ‚Mutation und Selektion‘ greifen hier doch nicht. Oder sehe ich das falsch?

Da dieses „Wissen“ auch an die Nachkommen weitergegeben wird,
ist doch in gewisser Weise somit auch eine Anpassung erfolgt.

Das mag stimmen, aber diese Anpassung und Weitergabe erfolgt nicht auf dem Wege der biologischen Evolution. Sicher, das Gehirn von mir als 22jährigem Geoinformatikstudent kommt besser mit Computern klar als das meines Großvaters. Aber wenn ich irgendwann einen Sohn hätte der, der ohne moderne Technik im Dschungel aufwachsen würde, würde er nichts von diesen Anpassungen mit auf den Weg bekommen, sondern seine eigenen entwickeln. Es handelt sich hierbei um Anpassungen des Organismus an seine Umgebung, die wir sicher durch Erziehung usw. weitergeben können, mit Evolution im eigentlichen Sinne hat dies jedoch nichts zu tun.

Ausserdem stelle ich mal die Frage in den Raum, ob nicht das
Hervorbringen der modernen Technik (eigentlich würde ich den
Begriff weiterfassen als nur Technik, auch Kultur etc. gehören
wohl dazu) selbst eine Art Evolution darstellt.

Da stimme ich dir auf jeden Fall zu, man könnte in diesem Zusammenhang vielleicht von sozialer oder kultureller Evolution sprechen. Das diese mit der Entwicklung der Technik unentrinnbar verwoben ist, ist unbestreitbar. In meiner Frage aber bezog ich mich auf die Evolution im biologischen Sinne.

Gruß, der botch

Hai, Botch

Sicher richtig, aber diese Entwicklung wird ja nicht
weitervererbt - die evolutionären Mechanismen ‚Mutation und
Selektion‘ greifen hier doch nicht. Oder sehe ich das falsch?

Nicht-Selektion ist auch eine Selektion. In bezug auf die Nachkommen-Produktion hat die kulturell/technische Entwicklung durchaus eine Auswirkung: vor 200 Jahren war bei der Wahl des Partners die direkte Überlebensfähigkeit noch entscheidend - wer nicht in der Lage war, „sein täglich Werk im Schweiße seines Angesichtes“ zu verrichten oder genügend Kinder zur Welt zu bringen, wurde nicht geheiratet - aus. Heute kann auch das „spillerigste“ Pärchen Kinder in die Welt setzen und aufziehen und das hat selbstverständlich Auswirkungen auf die biologische Entwicklung der Art. Die Menschen werden immer größer (lange Glieder sind kraft-entwicklungs-technisch ungünstiger), unsere Gesichts-Schädel werden offenbar von Generation zu Generation schmaler und länger (öfter Kurzsichtigkeit und mehr schiefe Zähne), unsere Entwicklung scheint sich weg vom körperlichen, zum hirnlastigen hin zu bewegen.

Das mag stimmen, aber diese Anpassung und Weitergabe erfolgt
nicht auf dem Wege der biologischen Evolution. Sicher, das
Gehirn von mir als 22jährigem Geoinformatikstudent kommt
besser mit Computern klar als das meines Großvaters. Aber wenn
ich irgendwann einen Sohn hätte der, der ohne moderne Technik
im Dschungel aufwachsen würde, würde er nichts von diesen
Anpassungen mit auf den Weg bekommen, sondern seine eigenen
entwickeln. Es handelt sich hierbei um Anpassungen des
Organismus an seine Umgebung, die wir sicher durch Erziehung
usw. weitergeben können, mit Evolution im eigentlichen Sinne
hat dies jedoch nichts zu tun.

In diesem Zusammenhang empfehle ich Dir Rupert Sheldrake…

In meiner Frage
aber bezog ich mich auf die Evolution im biologischen Sinne.

sic

Gruß, der botch

greetz

Sibylle

Hallo,
denke folgendes ist nicht ganz richtig:

Die meisten Suizide habe soziale Ursachen, die mit dem Erbgut
nichts zu tun haben.

Die Ursachen für den Suizid sind unerheblich.

…wenn ich mich nicht irre, ist die Ursache für den Suizid schon erheblich! Wäre „Suizidgeneigt“ vererblich, würden nachkommen solcher gefährdeten im schnitt weniger lange leben - und verglichen mit normalen menschen aufgrund ihres sinkenden lebensalters auch weniger kinder zur welt bringen. Deswegen gibt es solche menschen wohl nicht.

Für die
Evolution ist nur entscheidend wie er sich auf die Fittnes
auswirkt. Wenn er die Fittnes erhöht werden sich langfristig
diejenigen durchsetzen die eher zum Suizid neigen und
umgekehrt.

Da wäre dann die Frage - was mehr wiegt, oder was günstiger ist viele nachkommen zu „produzieren“: Lange leben, oder fitter sein.

Sehe ich das falsch?
Christian

Wäre „Suizidgeneigt“ vererblich, würden
nachkommen solcher gefährdeten im schnitt weniger lange leben

  • und verglichen mit normalen menschen aufgrund ihres
    sinkenden lebensalters auch weniger kinder zur welt bringen.

Wenn sie sich aber erst umbringen, nachdem sie ihre Kinder zur Welt gebracht und groß gezogen haben, würden sie diesen nicht mehr zur Last fallen und somit das Überleben ihrer Art erleichtern. Diese Art des „sozialverträglichen Frühablebens“ war beispielsweise bei Indianbern und Inoid gebräuchlich und ist bei vielen Tierarten (z.B. den Lachsen) genetisch festgelegt.

Da wäre dann die Frage - was mehr wiegt, oder was günstiger
ist viele nachkommen zu „produzieren“: Lange leben, oder
fitter sein.

Fitter sein bedeutet definitionsgemäß die Art besser erhalten zu können. Ob das durch ein langes Leben, möglichst viele Nachkommen oder die Fähigkeit alle Konkurrenten aus dem Weg zu räumen realisiert wird ist gleichgültig.

Ich bin in einem anderen Forum im Netz in eine interessante
Diskussion hineingeraten

Wo ist diese zu finden ?? *auchlesenwollen*

Meiner Meinung nach ist dieser Einfluß vernachlässigbar, da
die Technik sich viel zu rasch entwickelt, als daß eine
evolutionäre Anpassung an sie möglich wäre.

Vollkommen richtig. Hinzu kommt die Möglichkeit künstlicher :Eingriffe ins Erbgut die zu einer Entwicklung führen kann, die :sich
gänzlich von der natürlichen Evolution unterscheidet.

dazu ist mir was aufgefallen, was ich ich unbedingt noch anbringen muss.

Die Evolution wie wir sie kennen versucht ja nur die bisherige Entwicklung auf unserem Planeten zu erklären. Ein wesentlicher Punkt fehlt aber … wenn eine Lebensform (wie wir) ein Staduim erreicht in dem Sie den Bauplan des Lebens enschlüsselt hat und daran „rumändert“ macht die Evultion eigentlich einen Sprung weil die Lebensform sich selbst verbessern kann. Im nächsten Schritt könnte man eine allgmeine DNS o. konstruierte Lebensform auf einem Planeten aussetzen damit diese den Planeten bewohnbar macht (Terraforming… Atmosphärenanpassung) … was, wenn wir diese 2. Lebensform sind und die eigentlichen Erfinder verscheuchen uns Zuchtkaninchen irgendwann wieder?

was anderes: da die Menschheit vermutlich nie wieder ohne Technik auskommen muß und es eher so ist, das die nächste Generation Technik wohl eher der Natur nachgemacht (geklont) ist, als nur abgeschaut - deshalb ist es m.E. unwichtig wie sich unser Erbgut durch die Evolution ändert.
Ein Mensch mit einem nachgezüchteten Herzen o.ä. der in einem biologischen „Anzug“ steckt, welcher alle Lebenswichtigen Funktionen überwacht und andere Schwächen ausbügelt (sowas ähnliches wie unsere Kleidung momentan) der wäre intern noch ein Mensch aber ansich eine neue Lebensform. (in „independence day“ wurde das z.b. verwendet)

STK

Wo ist diese zu finden ?? *auchlesenwollen*

Die Diskussion (die sich leider inzwischen totgleaufen hat) findet ihr hier:
http://www.nachtwelten.de/ubb/Forum1/HTML/000356.html

Gruß, der botch (aka fluchtraum:wink:

Zu Suizid und Technik
Falls Dich auch meine Meinung interessiert, dann kannst Du hier meinen Senf dazu lesen:

1.Ich meine auch, dass nicht alles was auf dieser Erde geschieht evolutionär zu begründen ist. Es gibt wohl auch so etwas wie Freiheit oder Freiheitsgrade der Evolution, in deren Rahmen sie sich beliebig entwickeln kann, dazu gehört auch eine gewisse Freiheit des Individuums und die Freiheit sich selbst zu töten.

Es gibt aber sicher eine genetische Veranlagung zum Suizid.
Beispiel: Depressionen sind genetisch veranlagt, kommen familiär gehäuft vor und in anderen Familien überhaupt nicht -
Und Depressionen sind der wichtigste Grund zum Suizid… o.k.?

  1. Die Geschwindigkeit der technischen Entwicklung ist nicht so maßgebend, entscheidend ist - denke ich - wie lange die technische Entwicklung weitergeht, d.h. ob sie vergleichbar lang wie biologische Prozessen sein wird und wir nicht wieder in die Steinzeit zurückfallen. Was diese Dauer betrifft, bin ich skeptisch.
    Wenn doch, dann werden sicher Menschen mit technischen Verständnis begünstigt. Körperlich verfällt der Mensch, dafür nimmt die Zahl von Neuronen und Synapsen zu.
    Dann gibt es aber noch einen anderen Effekt, weil die Technik bewirkt, dass sich der Homo Sapiens global vermischt und nicht mehr in kleinen Völkern oder Stämmen. So weit ich gehört habe sind Evolutionsbiologen der Meinung, dass dies für die Evolution einer Art kontraproduktiv ist. Mfg