Altruismus Hier die Definition zu Altruismus von Wikipedia: „Altruismus (lat. alter ‚der Andere‘) ist definiert als eine Verhaltensweise, die einem Individuum Kosten als Nutzen einbringt zugunsten eines anderen Individuums. Der Begriff Altruismus ist ein Gegenbegriff zu Egoismus. Altruistische Verhaltensweisen wurden beim Menschen und auch bei Tieren nachgewiesen; eine 2009 publizierte Studie schrieb Altruismus sogar Pflanzen zu und 2010 wurde in der Zeitschrift Nature Altruismusartiges Verhalten bei Bakterien beschrieben. Altruismus ist nicht zwingend willentlich, moralisch, idealistisch oder normativ begründet, sondern kann auch Bestandteil des angeborenen Verhaltens eines Individuums sein“. Wikipedia Ende
Hierbei fällt mir der „Natternkopf“, eine Wildpflanze, ein. Wenn mehrere Jungpflanzen auf einem engen Raum stehen, der Platz jedoch nur für eine Pflanze reicht, so wächst nur eine Pflanze, während die anderen pflanzlichen Geschwister auf das eigene Wachstum verzichten. Sicher kann man darüber streiten, ob dies Altruismus ist.
Ein Lebewesen, ob Tier oder Mensch, das altruistisch handelt, erwartet oder erhofft sich von den Artgenossen, die durch sein altruistisches Verhalten profitierten, ein ähnliches Verhaltens zu gegebener Zeit, wenn es selbst in Not ist. Ansonsten würde es den Artgenossen, der die Hilfe verweigert hat, sobald dieser in Not ist, im Stich lassen. Dies dürfte weitgehend bei Primaten zutreffend sein und muss nicht zwingend als selbstloser Altruismus betrachtet werden.
Die Wissenschaft vertritt vielfach die Meinung, dass es keinen selbstlosen Altruismus gibt. Ein scheinbar altruistisches Lebewesen muss, so die Meinung vieler Wissenschaftler, einen Nutzen für die Gene des Altruisten über das altruistische Verhalten haben, sonst wäre dieses Lebewesen längst ausselektiert worden. Demnach würde es keinen wirklichen selbstlosen Altruismus geben.
Ich sehe das anders. Meine Argumente werde ich vom Standpunkt der menschlichen Sippe beschreiben. Diese hier geschilderten Argumente sind weitgehend auch auf die Tierwelt, insbesondere auf Primaten, übertragbar.
Folgende Hypothese möchte ich hier vorstellen:
Wenn über einen langen Zeitraum keine schwierigen Zeiten oder katastrophalen Ereignisse die Sippe gefährdete, bestand vermehrt die Gefahr, dass Sippen mit altruistischen Mitgliedern immer weniger wurden. Jedoch in schwierigen Zeiten oder bei einem katastrophalen Ereignis wurden die Sippen verstärkt dahingehend selektiert, dass meist nur diejenigen Gemeinschaften überlebten, die noch ausreichend altruistische Menschen in ihren Reihen hatten. Dies bewirkte, dass viele Sippen mit überwiegend oder ausschließlich Egoisten, sobald die guten Zeiten zu Ende gingen, vermehrt ausstarben und somit die Gene für Egoismus deutlich dezimiert wurden. Die überlebenden Sippen mit mehr Altruisten hatten nun mehr Platz und konnten sich wieder vermehren und ausbreiten. Allerdings verringerten sich die Gene für Altruismus im Laufe der Zeit allmählich wieder, bis irgendwann wieder schlechtere Zeiten kamen und die Sippen mit den meisten Egoisten und dessen Gene ausstarben. Ohne Sippe konnte kaum jemand überleben, bzw. seine Gene erhalten.
Nicht jedes Individuum will seine eigenen Gene erhalten, sondern die Eltern wollen ihre Gene erhalten. Folglich zeugen die Eltern nicht nur Nachkommen, die egoistisch sind, sondern auch altruistische Nachkommen, auch wenn die Altruisten geringere Aussichten auf den Erhalt ihrer Gene hatten, damit im Falle einer Katastrophe die (egoistischen) elterlichen Gene erhalten blieben. Wenn nicht alle Kinder überleben konnten, sollte wenigstens ein Kind, das die Gene der Eltern und somit auch die Gene für Altruismus in sich trug, überleben. Auch wenn nur egoistische Nachkommen überleben sollten, so werden diese wieder neben den egoistischen auch altruistische Nachkommen haben. Damit dies funktioniert, müssen die Egoisten auch Träger von altruistischen Genen sein, damit die egoistischen Nachkommen mit einem bestimmten Anteil an Altruisten wahrscheinlicher überlebten. Die Egoisten benötigen die Altruisten zum Überleben.
Zu berücksichtigen ist auch, dass in einer Sippe die einzelnen Mitglieder genetisch mehr oder weniger stark verwandt sind. Je mehr genetische Verwandtschaft, umso mehr Altruismus kann sich erhalten. Wird durch das altruistische Verhalten des altruistischen Individuums die Weitergabe der elterlichen Gene begünstigt, so wird sich dieses Verhalten erhalten.
Menschliche Eltern „manipulieren“ ihre Kinder nicht nur bei der Zeugung genetisch, sondern auch unbewusst bei der Erziehung über Prägung zu Altruisten und Egoisten bis hin zur depressiven Persönlichkeit. Dies hat jedoch nichts mit Depressionen zu tun (siehe „Die Grundformen der Angst“ von Fritz Riemann).
Innerhalb der Sippe wurden Altruisten geschätzt und von den Sippenmitgliedern geachtet. Als Konsequenz daraus kann man beobachten, dass altruistische Menschen selbst von egoistischen Menschen meist geschätzt werden, denn diese haben wesentlich dazu beigetragen, dass die Egoisten in schweren Zeiten überleben konnten. Dadurch wurde Altruismus selektiv begünstigt. Auch heute noch kann man beobachten, dass man Altruismus und altruistische Menschen schätzt, auch wenn derjenige, der Altruismus schätzt, selbst egoistisch ist.
Mit altruistischen Mitgliedern wurde eine Rangordnung innerhalb der Sippe leichter möglich. Ein anhaltender Kampf um die Rangfolge war und ist für die Gemeinschaft kontraproduktiv. Enthielt eine Sippe nun unterschiedliche und ausreichend altruistische Mitglieder, so wurde die Situation entspannter, ihre Effizienz wurde gesteigert und damit hatte sie gute Voraussetzungen für ihr Überleben. Es war im Sinne der elterlichen Gene, unterschiedliche altruistische und egoistische Nachkommen zu zeugen, da nur so jeder seinen optimalen Platz einnehmen und sowohl dem Überleben der Sippe, als auch dem Fortbestand elterlichen Gene dienen konnte.
Da sich Egoismus aufgrund der Evolutionsgesetze immer wieder durchsetzt, war es nicht selbstverständlich, dass Altruismus im Laufe von Jahrmillionen entstanden ist und erhalten blieb, da sich annähernd alle Individuen selbst vermehren und deshalb miteinander kongruieren. Deshalb funktioniert Altruismus bei Ameisen und anderen Insektenstaaten fast problemlos, da sie die Vermehrung der Königin überlassen.
Sehr empfehlenswert erscheint mir das Buch „Evolutionäre Psychologie“ von David M. Buss
Grüße
Werner Fischer