Ewiges Wirtschaftswachstum möglich?

Hallo,

ich hatte letztens eine ziemlich interessante Diskussion bei der wir ehrlich gesagt zu keinem Ergebnis gekommen sind. Die Frage die im Raum stand war, ob die Wirtschaft ewig wachsen kann? Nehmen wir mal an wir haben technologisch das maximale erreicht. Sprich maximal leistungsfähige Computer, erneuerbare Energien zu 100% ausgelastet so dass auch kein weiterer Ausbau möglich ist und auch sonstige technologischen Optimierungen wie beispielsweise miniaturisierung usw. sind am maximal möglichen angelangt. Kann die Wirtschaft dann dennoch wachsen? Der Diskussionspartner meinte ja über „immaterielles Wachstum“, welches nicht an Ressourcen gekoppelt ist.
Daher jetzt mal meine Frage: Ist das möglich? Muss „Wirtschaftswachstum“ zwangsläufig bedeuten, dass die menge der produzierten Güter steigt oder funktioniert Wachstum auch anders?
Der Diskussionpartner meinte auch dass auch mit bereits ausgereifter „veralteter“ Technologie wieder Wachstum generieren kann und nannte den Vinyl Boom (also die Retro Schiene)… Oder aber gezieltes Steuern von Produktzyklen wie Autos bei denen man jedes Jahr andere Modelle veröffentlicht die dann nen tick mehr kosten (Man muss es marketingtechnisch nur gut verkaufen).
Daher mal meine Frage an die Experten hier. Setzt Physik Limits oder kann man das Limit umgehen?

Bin schon auf Antworten gespannt :smile:
LG

Also das ist genau mein Punkt. Es gibt auf der ganzen Welt keinen einzigen Prozess, der unendlich wächst. Jedes System bewegt sich auf lange Sicht in Zyklen, jedes Wachstum wird von Einbrüchen unterbrochen.
Für mich ist das Gerede vom ewigen „Wirtschaftswachstum“ eine Mär - und alle glauben daran.
Wir sollten uns lieber auf einem mittleren Level einrichten und auch mal geplant Rückschritte in Kauf nehmen - das wäre für alle auf lange Sicht gesünder.
Unser derzeitiges Wachstum beruht auf Ausbeutung: von Ressourcen, von billigen Arbeitskräften u.a. und es hat unschöne Folgen: Klimawandel, Ressourcenende, Flüchtlingsströme.

Bufo

Achso. Auch immaterielle Werte müssen irgendwo erwirtschaftet und bezahlt werden. Die existieren ja nicht losgelöst.

Hallo,

natürlich kann es Wachstum durch immaterielle Güter geben. Videospiele oder Filme, die online verkauft (und gesehen) werden sind Beispiele.

Aber auch diese stoßen an eine Grenze: Die Kapazität der Konsumenten. Selbst wenn ich genügend Geld habe, ist mein Konsum durch die 24 Stunden des Tages begrenzt.

Gruß,
Steve

Hallo!

Mit Ausnahme weniger Bereiche dient Wirtschaft letztlich dem privaten Konsum, wenn auch über Umwege und nicht immer auf Anhieb erkennbar. Die Frage nach immerwährendem Wachstum lässt sich deshalb so formulieren, dass die Antwort für jedermann einsehbar wird: Kann jeder Einzelne unendlich viel konsumieren? Kann ein Mensch natürlich nicht. Er kann nicht beliebig viel essen und auch bei jedem anderen Bedarf stößt man schnell an Grenzen.

Ja. Wirtschaften geht mit Energiebedarf sowie Nutzung von Ressourcen einher. Weder Ressourcen noch Energie stehen unbegrenzt zur Verfügung.

Gruß
Wolfgang

Das Thema ist ein philosophisches, kein wirtschaftswissenschaftliches.

Physik hat Limits. Es sind die materiellen Grenzen, z.B. Ressourcen. Physikalisch betrachtet gibt es beispielsweise kein Perpetuum mobile.

Geist (Mind) dagegen ist nicht limitiert (dein Beispiel Retro). Es wird zwar über physikalische Bedingungen versucht zu erklären. Aber weil man von limitierten Werkzeugen ausgeht und mit diesen arbeitet, ist die Erklärung schon begrenzt.

Franz

PS: Wirtschaftliches Wachstum ist tatsächlich unbegrenzt. Man umgeht einfach die physikalischen Grenzen. Reales Beispiel ist Börse. Man spielt mit (nicht materiellen) Erwartungen. Oder die virtuelle (Internet) Welt. Sie benötigt zunehmend weniger materielle Ressourcen mit zunehmendem wirtschaftlichen Erfolg. Man muss das weiterdenken…

Grenzenloses Wachstum gibt es nicht wirklich. Die andere Frage ist, woran du Wachstum misst?

In deinem idealen gesättigten Mark, verkauft man nur noch so viel, wie gerade kaputt geht.

Jetzt kann man natürlich an der Lebensdauer rumschrauben (geplante Obsoleszenz) oder man weckt das Bedürfnis, dass die roten Geräte aus der Mode sind und jeder jetzt ein blaues haben muss. Dann werden die Roten weggeworfen und durch blaue ersetzt.
Wirkliches Wachstum ist das aber nicht, auf dem Markt befinden sich vorher wie nachher gleich viele Geräte. Die Fabrikation von blauen Geräten boomt kurzzeitig, dafür werden aber keine roten mehr hergestellt. Sind alle Geräte ausgetauscht, verkauft man nur noch so viele Geräte wie kaputt gehen. Gleichzeitig boomt natürlich auch die Logistik, welche die Geräte verteilen muss, das Recycling, welches die Geräte verschrottet und diverse Andere.
Da die Geräte komplett ausgereift sind und ewig funktionieren, könnte man natürlich nur die Gehäuse austauschen und die Geräte zum vollen Neupreis verkaufen, :smile:
Oder man baut eine Begrenzung der Lebensdauer ein.

Das Marketing besteht darin, die Begierlichkeit auf das neue Modell zu lenken und die alten Modelle als veraltet zu werten. Dabei kann natürlich auch ein Rückschritt (Retro) als Argument dienen.

Betrachten wir einmal die Automobilwerbung:
FrüherTM wurde mit den PS, 5-Ganggetriebe, der Beschleunigung von 0 auf 100 usw. geworben.
Heute wird mit dem guten Gefühl der Sicherheit, der Freude am Fahren, dem guten Gefühl etwas für die Umwelt beizutragen usw. geworben. Von technischen Details ist da nirgends die Rede mehr.

Ein anderes Beispiel ist der Handy-Markt.

Ein scheinbares Wachstum kann man über den Preis oder „neue Produkte“ erreichen.
Allerdings, wenn ich die neuen Geräte teurer verkaufe und die Geldmenge konstant bleibt, kann ich das Geld nur umverteilen. Ich mache mehr Umsatz mit meinen blauen Geräten, welche jetzt teurer sind, dafür verkauft der Bäcker weniger Brötchen.
Wenn ich den Preis senke, können sich viele ein Zweitgerät leisten, dafür verdiene ich weniger, wachse aber bei den produzierten Stückzahlen.
Wenn man einfach mehr Geld druckt, bekommt man eine Inflation.

Die Umwandlung zu einem „immaterielles Wachstum“ ist aber schon länger im Gange, Es wurde von der Güterproduktion in das Dienstleistungsgewerbe umgelagert.
Aber auch hier gibt es Grenzen, mehr als 24h am Tag kann man nicht konsumieren.

Es gibt physikalische Grenzen, welche man nur scheinbar austricksen kann.

MfG Peter(TOO)

Laut Hubble wächst das Universum und auch dessen Wachstum wächst.

WOW, erstmal vielen Dank für die zahlfreichen und auch umfangreiche Antworten :slight_smile:
Ohhje ja also in den Philosohpischen Bereich wollte ich jetzt nich eindriften sondern schon in der Realtität bleiben ^^

Ja genau das war auch meine Argumentation. Die Menge an produzierten Gütern und Dienstleistungen unterlieg einfach einem physikalischen Limit. Da geht irgendwann nicht mehr. Weil einfach schlicht irgendwann die Elektrizität für die Maschinen oder die Manpower erschöpft ist.
Aber wenn ich mir ansehe dass unserer Wirtschaft eponentiell wachsen soll, dann stelle ich mir auch irgendwo die Frage ob es nicht eine rein monetäre Komponente gibt die das Wachstum „synthetisch“ aufbläst, ohne dass es real ein Wachstum gibt? In etwa so wie dein Beispiel mit den Bällen: Es werden rote Bälle für 10 € produziert und verkauft. 2 Jahre später gibts plötzlich blaue Bälle und die Produktion der roten wird gestoppt. Die blauen verkauft jetz die Marketingabteilung als absoluten Hype schafft es 15€ dafür vom Kunden zu ergattern. Dann habe ich ja ein „Wachstum“ generiert, ohne dass ich ein physikalisches Wachstum benötige. Es werden nicht mehr verkauft, sondern aufgrund eines Marketinghypes die nächste „Ballgeneration“ eben nur teurer. Das BIP misst ja eigentlich auch nur den Wert von Waren und Dienstleistungen oder? Das heißt wenn man die Preise aufgrund gutem Marketing hochschraubt Kann man die nächste Handygeneration teurer verkaufen bei gleichem Materialeinsatz. Z.B. weil es „James Bond Limited Edition“ mit speziellem Handydesign und limitierter Auflage ist. Die Geldmenge die im Umlauf ist wächst ja durch Geldschöpfung auch kontinuierlich daher war eben unserer Überlegung in der Diskussion ob es möglich ist ein Wirtschaftswachstum (gemessen am BIP) rein monetär zu generieren, ohne einen Mehreinsatz an Ressourcen. Huii ich merke schon, das ist kein leichtes Thema.

LG :smile:

Meines Wissens nach pulsiert das Universum.

Alles hat ein Ende. Aus nichts wird nicht mehr. Mehr hier führt zu weniger dort. Die Menschheit zum Beispiel: Es gibt diverse Kategorien: Voraussetzungen (Teilchenbildung, Duplizierbarkeit), Bedingungen (Zeit und Raum), Aspekte (Effizienz und Effektivität) und Faktoren (Wertschöpfung, Mittelverknappung bzw. Steuerung), um das Ende so lange wie möglich hinauszuschieben. Wenn eines der Kriterien der jeweiligen Kategorien (sicher gibt es pro Kategorie noch viel mehr Kriterien) sich unbotmäßig und irreversibel verschiebt führt es dazu, dass eines Tages nichts mehr geht. Unentwegter Abbau von Ressourcen führt zu Artensterben, zu Lebensraumverknappung oder gar Zerstörung sowie zu Krieg und Elend.

8 Menschen besitzen so viel wie 3,5 Mrd. Menschen auf der Erde. Eine bedrohliche Lage.

Nachfrage und Angebot stehen direkt in keinem Zusammenhang. Bei erhöhtem Angebot müssen erst Faktoren die die Nachfrage beleben und umgekehrt. Die Preisentwicklung ist lediglich ein Mittel um die Verteilung zu regeln.

Grüße mki

Hallo,

diese Theorie ist realitätsfern und somit als Ausgangslage für weitere Überlegungen nicht geeignet. Die menschliche Zivilisation ist an die 20.000 Jahre alt und seitdem gibt es Wachstum - einerseits quantitativ, andererseits qualitativ. Zu jeder Zeit gab es Leute, die Produkte verbesserten oder neue Produkte erfanden und es gab Visionäre, die sich völlig neue Produkte und Verfahren ausdachten, bevor sie realisierbar waren. Vieles von dem, was sich Science Fiction-Autoren und Gelehrte ausdachten, ist heute Realität oder zumindest technisch vorstellbar.

Natürlich gibt es physikalische Grenzen bspw. in Form der Lichtgeschwindigkeit oder der Wellenlänge des Lichtes, aber das muß die Menschheit nicht daran hindern, sich neue Dinge auszudenken, die von solchen „Belanglosigkeiten“ nicht beeinflußt werden.

Selbst im Star Trek-Universum, in dem man mit Replikatoren Dinge quasi aus dem Nichts erschaffen kann, gibt es Fortschritt und damit letztlich auch Wachstum. Damit will ich nicht sagen, daß das ST-Universum realistisch ist, sondern nur aufzeigen, daß es zu jedem Zeitpunkt möglich ist, Dinge zu verbessern oder neue Dinge zu entwickeln.

Gruß
C.
Kann die Wirtschaft dann dennoch wachsen? Der Diskussionspartner meinte ja über „immaterielles Wachstum“, welches nicht an Ressourcen gekoppelt ist.
Daher jetzt mal meine Frage: Ist das möglich? Muss „Wirtschaftswachstum“ zwangsläufig bedeuten, dass die menge der produzierten Güter steigt oder funktioniert Wachstum auch anders?
Der Diskussionpartner meinte auch dass auch mit bereits ausgereifter „veralteter“ Technologie wieder Wachstum generieren kann und nannte den Vinyl Boom (also die Retro Schiene)… Oder aber gezieltes Steuern von Produktzyklen wie Autos bei denen man jedes Jahr andere Modelle veröffentlicht die dann nen tick mehr kosten (Man muss es marketingtechnisch nur gut verkaufen).
Daher mal meine Frage an die Experten hier. Setzt Physik Limits oder kann man das Limit umgehen?

Bin schon auf Antworten gespannt :smile:
LG
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Das klingt einleuchtend. Dann bist du eher der Meinung dass es mittels „qualitativem“ Wachstim weiterhin möglich ist Wachstum zu generieren. In dem man einfach das eine Produkt höherwertiger macht und als höherwertiger vermarktet. (Beispielsweise Langlebigkeit bei gleichzeitig garantierter Ersatzteilversorgung für eine gewisse Zeit X) so dass das Wachstum durch „Wert“ anstatt „Materie“ generiert wird ?

LG

Im Gegensatz zu weit verbreiteten kaptialismus-skeptischen Meinungen bin ich der Ansicht, dass Wachstum noch sehr, sehr lange weitergehen kann. Wachstum ist wirtschafts-empirisch gesehen kaum durch Ressourcen begrenzt, außer der Verfügbarkeit von Energie. Alle andere Ressourcen erwiesen sich bisher als substituierbar oder recyclingfähig.

Seit Wachstum seit etwa 1880 genauer rekonstruiert und gemessen wird, bleibt die globale Wachstumsrate in etwa konstant bei 2% pro Jahr. Krisen, Kriege und Engpässe haben darauf nur erstaunlich geringen und kurzfristigen Einfluss. Die physikalische Grenze ist nicht durch Zeit oder sonst eine menschliche Ressource gegeben.

Wachstum ist definiert als Produktivität nach Wert der Güter. Güter, die früher sehr wertvoll waren (z.B. Salz oder ein Gefäß zum Transport, damals aus Keramik) können heute praktisch ohne Aufwand in großen Mengen produziert werden. Genau das bedeutet Wachstum. Wachstum bedeutet auch, dass ein Gut qualitativ besser wird, z.B. ein Auto sicherer oder weniger verschmutzend. Auch dies (z.B. zukünftig bezahlbare Elektroautos) gehört zur ökonomische Definition des Wachstums. Wachstum ist meines Erachtens etwas Gutes, etwas unbedingt Erstrebenswertes, für die Menschheit. Nur mit Wachstum lassen sich Probleme wie der Klimawandel lösen, denn Wachstum und neue Technologien sind miteinander eng verknüpft und zumindest bisher untrennbar. Wachstum hat dafür gesorgt, dass es (uns sowieso,) den Chinesen, Indern und meisten Menschen heute besser geht als je zuvor. Die relative und selbst die absolute Zahl der Hungernden ist so niedrig wie sie seit der Bevölkerungsexplosion noch nie war.

Wenn jedem Menschen z.B. 10 Roboter dienen, bedeutet das per definitionem ein 10-faches Wachstum gegenüber der heutigen Welt. Falls jeder Roboter 3-mal so produktiv ist wie ein Mensch, wäre das Wachstum bereits 30-fach.

Die Grenze liegt meines Erachtens bei dem Punkt, wo wir die Energie ganzer Galaxien benutzen. Bis dahin sind noch (siehe die sogenannte Kardashev-Skala) ca. 100 000 bis eine Millionen Jahre Wachstum drin. Selbst danach könnte das Wachstum noch weiter gehen, wir können vielleicht nur derzeit nicht absehen wie (z.B. Züchter von Schwarzen Löchern als Energiequelle).

Ein Caveat gegenüber noch sehr langem Wachstum gibt es natürlich: Wir können durch eine Katastrophe oder eigenes Verschulden uns selbst zuvor auslöschen.