Extrem langsamer Mitarbeiter

Hallo WWWler,
ich habe einen kleinen Vertrieb von Holzartikeln die ich fertigen lasse und an den Fachhandel und über das Internet vertreibe.
Vor 2 Monaten ist ein Bildungswerk bez. eines Qualifizierungsplatzes an mich herangetreten. Ein junger Mann mit div. Behinderungen soll durch eine geförderte Massnahme die Möglichkeit auf einen dauerhaften A-Platz bekommen.
Die Behinderungen sollen, eine Allergie gegen Lackdämpfe und leichte motorische Einschränkungen (Höhenangst; kann auf keine Leiter steigen) sein.
Zunächst war Unterstützung im Bürobereich mit Mithilfe im Lager/Verpackung angedacht. Der Bürobereich ist erst mal ganz in den Hintergrund gerückt weil die Aufgaben zu komplex sind und z. Zt. keine Möglichkeit (Zeit) der internsiveren Schulung besteht. Er hilft jetzt hauptsächlich im Lager, nach seiner Aussage und der Rückmeldung der Betreuerin ist das o.k. und er fühlt sich sehr wohl.
Die vereinbarte Probezeit von 3 Monaten ist bald rum und jetzt stellt sich mir die Frage ob ich das „Risiko“ eingehe und einen Vertrag über 12 Monate mit dem Bildungswerk mache.
Das Problem ist seine extreme Langsamkeit. Ich befürchte, dass er nie auf einen halbwegs „ordendlichen“ Schnitt kommt. Ich will ihm nicht 12 Monate Hoffnung machen und ihm dann sagen müssen „Sorry das wars, du bist zu lahm“.
Das was er macht, ist ordentlich und annähernd fehlerfrei, aber um zu diesem Ergebnis zu kommen braucht er fast 10 mal so lange (das ist nicht so daher gesagt, das ist gestoppt!). Er drückt sich nicht rum, er ist mit der Aufgabe tatsächlich „beschäftigt“. Er will es 100%ig machen und macht es eigentlich ja auch. Nur der Aufwand den er betreibt ist immens. z. B. das Aussortieren von gedrechselten Holzteilen die Fehler haben, ist eine Sache von 4-5 Sekunden per Stück (eher weniger) mehr als 3 Stück die Minute war nicht zu schaffen. Und dann waren bei den aussortierten sehr viele Teile dabei die brauchbar waren. Oder 4 Teile in einen kleinen Karton verpacken und mit Holzwolle polstern; 9 Minuten pro Karton. Das mache ich oder mein Lagerhelfer in 1 Minute, ohne uns dabei sonderlich zu beeilen.
Ich habe vor meinem Firmenumzug aus der Nähe einer Großstadt, hierher aufs „Land“ bereits 2 gehandykapte junge Männer mit Hilfe von Bildungseinrichtungen durch Ihre Prüfung (Verkäufer/Fachlagerist) gebracht. Mein Vater selbst war Schwerbehindert (oder wie auch immer man das heute beschönigend nennt). Es ist also keine ganz unbekannte Situation im allgemeinen.
Mir ist Zuverlässigkeit, Selbständigkeit und Kontinuität bei einem MA wichtiger als die absolute Arbeitsgeschwindigkeit. Aber als 4 Mann Show kann ich mir natürlich so ein geringes Ergebnis nicht leisten. Der junge Mann hat eine „Ausbildung“ in einem Lehrwerkstatt zum Helfer in einer Schreinerei und schon etliche Qualifizierungsmaßnahmen u.a. auch im öffentlichen Dienst hinter sich.
Ob sich die Arbeitsleistung mit zunehmender Sicherheit jedoch jemals wesentlich bessern wird, bezweifle ich und habe etwas deshalb Bedenken die Qualifizierung mit zu machen.
Tja watt tun?

Hallo Hartmut,

da ich in meiner Rolle auch Personalverantwortung habe und ähnliche Situationen kenne würde ich dir folgendes vorschlagen: Sprich mit ihm und sag ihm das du mit der Qualität seiner Arbeit sehr zufrieden bist, das er aber schneller werden muss. Sag ihm das du die Probezeit gerne auf 6 Monate verlängern würdest (wenig Risiko für dich, beidseitig unterzeichnete Vertragsergänzung notwendig), um zu sehen ob er die Qualität hält und schneller wird. Ich würde ihm auch kommunizieren das dies eine Übernahmebedingung ist und Fragen was du noch tun kannst um ihn dabei zu unterstützen. Nach einem Monat würde ich ihm Feedback geben ob er auf dem richtigen Weg ist.
Du spielst so mit offenen Karten, startest positiv in das Gespräch und mit der angebotenen Hilfe endet das Gespräch auch positiv.

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Das wäre ein guter Kompromiss, und durch das Gespräch weiß der Mitarbeiter auch, was von ihm erwartet wird, bzw. wovon die Übernahme abhängt.

Hallo,

grundsätzlich stimme ich

voll und ganz zu.

Nur wenn man miteinander redet kann man auch erfolge erzielen.
Gerade in kleinen Betrieben ist es schließlich extrem wichtig, dass das Klima stimmt. Da bringt lügen oder verschweigen gar nicht.

Auf der der anderen Seite:
Wenn dies durch ein Bildungswerk entstanden ist und die Person auch schriftlich bestätigt eingeschränkt ist, dann wird der Mitarbeiter wohl aus der Übergangsassistenz oder dem begleitenden Dienst des Bildungsträgers kommen.
Wenn du mit denen mal genauer sprichst über die Vertragsmöglichkeiten, dann wirst du feststellen, dass der Mitarbeiter sich durchaus lohnen kann auch wenn er nicht der schnellste ist.

Meine Frau ist eben genau diese Person der Übergangsassistenz und kann Lieder davon singen.
Die Kosten für den Mitarbeiter sind für den Betrieb sehr gering, da er in diesem Arbeitsverhältnis noch immer Angestellter des Bildungsträgers sein kann. Als Betrieb stellt man diese Person somit zunächst nicht ein, sondern hat einen Dienstleistungsvertrag mit dem Bildungswerk.
Dadurch sind die Lohnnebenkosten, Ausfälle etc. deutlich geringer als bei anderen Mitarbeitern.
Die Löhne können dann effektiv durch den Bildungsträger gezahlt werden.

Ob diese Möglichkeit hier gegeben ist, dass musst du natürlich selber prüfen und mit dem Träger besprechen.

Wenn dies möglich ist dann würde ich nicht lange zögern und den MA auf dieser Basis einstellen. Menschen mit einer Einschränkung brauchen manchmal einfach deutlich länger als andere. Innerhalb dieser Zeit kann sich schon einiges tun und er wird deutlich schneller weil es zur Gewohnheit wird.
Wenn es dann klappt kann man ihn auch Übernehmen und ihm endlich sein volles Gehalt / Lohn zahlen.

Klappt es nicht, so hat er immernoch 1 Jahr auf einem Aussenarbeitsplatz gearbeitet was für seinen Lebenslauf und sein Lebensgefühl sicherlich nicht schlecht ist.

Viel Erfolg bei der Entscheidung!

Beste Grüße

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Das wären ja die nach der Probezeit folgenden 12 Monate. Ziel des Bildungswerks und des Praktikums ist natürlich eine dauerhafte Beschäftigung.
Was aber wenn nach den 12 Monaten keine deutliche Verbesserung eingetreten ist? Die Betreuerin (Übergangsassitentin) hat schon deutlich gemacht, dass für mich keine Verpflichtung besteht ihn danach auch zu übernehmen. Ich will in ihm keine unnötigen Hoffnungen wecken.

Wenn deine Aussage

eintrifft, wäre es ja gut. Ich und meine MAin befürchten, dass es ihn eher umhaut.

Bez. Reden miteinander;
Das tun wir und haben das auch schon so bei ihm und seiner Betreuerin angesprochen. Die weis von dem Problem natürlich und hat auch durchblicken lassen dass das eben die Gründe der mehrfachen, ergebnislosen Praktika waren.
Gruß Hartmut

Ich spiele jetzt mal A…loch. Wenn doch die Betreuerin davon weiß und der Mitarbeiter sich auch im Klaren darüber ist, dann wird sich auch bei einer längeren Probezeit nix ändern.
Du bist auch deinen anderen Mitarbeitern verpflichtet und ich sehe da durchaus für die Zukunft Konfliktpotential.
Ich würde mich in der Probezeit von ihm trennen, ohne Angabe von Gründen bitte! Die Gründe sind besprochen worden. Wenn sie in der Kündigung schriftlich auftauchen, könnte man dir einen Strick drehen.

Soon

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Das ist natürlich eine andere Situation.

Wenn ihr Betriebsintern der Meinung seid, dass es nicht klappen wird und auch die ÜA schon sagt, dass er immer diese Probleme hatte, dann lass es sein.
Die ÜA platzt fast überall aus den Nähten. Vielleicht hast du auch eine chance auf einen anderen MA aus der Einrichtung.

???

Übergangsassistentin, die hast du doch auch selbst schon erwähnt! Bzw. vermutlich Übergangsassistenz in diesem Fall.

immer dieser AküFi. :thinking:

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Hallo,

zuerst einmal finde ich es klasse, daß Du es überhaupt probierst, so einem Menschen eine Chance zur Integration in den ersten Arbeitsmarkt zu geben. Das machen leider viel zu wenige AG.

Wenn Du dem AN eine Chance gibst, sich zu verbessern, gibt es auch noch nach Abschluß der Übergangsphase und in einem regulären Arbeitsverhältnis eine Menge Möglichkeiten eine weiterhin bestehende Minderleistung auszugleichen - auch durch Lohnkostenzuschüsse bis zu 50% des regulären Entgelts.
Für diese und andere Unterstützungen gibt es das Integrationsamt, das derartige Mittel zB nach § 185 Abs. 3 Nr. 2e bewilligen kann.
https://www.gesetze-im-internet.de/sgb_9_2018/__185.html
Befristete Zuschüsse kann es auch vom Rentenversicherungsträger als Maßnahme der beruflichen Reha nach § 50 SGB IX geben:
https://www.gesetze-im-internet.de/sgb_9_2018/__50.html
Es wäre eigentlich Aufgabe des Bildungswerkes, diese Mittel frühzeitig zu beantragen - sprich sie doch mal darauf an.

Alberca

Ich bin da nicht ganz sicher und finde es auch super, dass Du dem Kerl ne Chance gibst, das ist nicht selbstverständlich! Und ich denke die „Langsamkeit“ wäre auch nicht das ganz große Problem, zum einen kann das noch besser werden und zum anderen kostet er ja auch weniger als ein anderer Mitarbeiter.

Wo ich mir nicht so ganz sicher bin, ob Du damit auf Dauer klar kommst. Einerseits schreibst Du, er arbeitet

aber andererseits auch

Nun weiss ich nicht, wie „schlimm“ das wirklich ist, aber ich denke, Du wirst Dir dauerhaft nicht leisten können, seine Arbeit „nachzukontrollieren“. Und davon denke ich, sollte Deine Entscheidung abhängen. Vielleicht kannst Du ihm auch die „Aussortieraufgaben“ weglassen und ihn nur verpacken lassen, wenn da die Fehlerquote geringer ist oder sowas. Aber da ist Dir schwer zu raten ohne Eure Prozesse zu kennen (aber ich verstehe, Ihr seid ein kleiner Laden wo im Idealfall „jeder alles“ können sollte?).

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Aus Sicht des Prüfvorgangs ist das nicht direkt ein Widerspruch. Die ausgelieferten Teile sind alle makellos, nur werden in der Produktion zu viele aussortiert.

Und das wäre mein Ansatz. Wo liegen bei ihm die Grenzen für die Bewertung der Teile? D.h. welche Macken hat er gesehen, die ihn dazu bewogen haben, das Teil auszuschleusen, und wie schlimm sind diese wirklich?

Und: wenn man die Teile so streng prüft, daß unbedeutende Macken zum Ausschuss führen, dann braucht man auch sehr sehr lange dafür.

Und wenn das Verpacken so lange dauert, dann vielleicht, weil die Qualitätsansprüche an die Gleichmäßigkeit der Verteilung der Holzwolle so hoch sind?

Und dann nähert man sich den Ursachen.
Kennt er die Kriterien, wann etwas gut ist? Kann man due justieren?
Oder ist er krankhaft pedantisch wie Monk, und kann einfach nicht weniger als 100% Perfektion abliefern?

Der Mann weiß selbst, daß er behindert ist. Hat er Angst, schlechte Arbeit abzuliefern und ist deshalb besonders sorgfältig bei seiner eigenen Arbeit (verpacken) und der Prüfung der Teile?

Möglicherweise lässt sich die Leistung des Mannes also steigern, aber es kann sein, daß das viel Zeit kostet - und zwar von einer anderen Person, die sich intensiv mit ihm beschäftigt.

Ich glaube, das ist bei ihm noch Unsicherheit und der Wunsch 100%ig zu sein (wie Monk). Die Mängel, nicht notwendiger Weise aussortierten Teile, konnte er nicht „benennen“. Das passiert uns durchaus auch, dass beim Nachschauen, ob nicht doch ein paar mehr zu verwenden sind, ein paar auftauchen die keine „ausschlußwürdigen“ Fehler aufweisen. Aber eben nicht in der Menge und nicht in der Zeit.

Ja, das ist so.

Am Mittwoch habe ich ein Gespräch mit seiner ÜA (:slightly_smiling_face:)

Wenn es da wirklich was zu machen gibt, dann könnte das, bei einer kleinen Steigerung der Leistung durch das „Einleben“, ja durchaus eine Möglichkeit sein.

Schaun wir mal.
Danke für Eure Denkanstöße Hartmut

Ich sehe, du bist lernwillig! :wink:
Viel Erfolg beim Gespräch, vielleicht kommt da etwas Gutes für beide Seiten raus!

Also, solange hier nicht bekannt ist, welche Behinderung er hat (es wurde ja nicht einmal gesagt, ob er körperlich oder geistig behindert ist oder eine psychische Erkrankung hat), solange kann man nicht sagen, welche Ansatzpunkte zur Verbesserung es gäbe und ob überhaupt.

Monk hat ne Zwangserkrankung, die man durchaus behandeln kann. Jemand, der MS hat, hat auch Behinderten-Status und kann in schubfreien Zeiten weitgehend normal arbeiten.

Eine (psycho-)motorische Erkrankung stellt beim Arbeiten eine echte Behinderung dar und führt möglicherweise dazu, dass man sich gar nicht schneller bewegen kann!

Eine geistige Behinderung kann zur Folge haben, dass man sehr langsam wahrnimmt und denkt.

So, bittscheen, was doarfs denn sein?

Gruß, Diva

Ihr habt ja schon sehr genau seine Arbeit beobachtet und auch die Zeit gemessen. Ist das Problem, dass er sich einfach - wegen motorischer Behinderung- nicht schneller bewegen kann?
Oder ist er, wie du ja schon angedeutet hast, unsicher über die Kriterien, auf die er achten muss, und braucht deshalb so lange? Bei seelischer Behinderung und z.T. auch Lernbehinderung ist es manchmal so, dass der Betroffene selber keine Prioritäten erkennen kann und sich daher ewig mit Kleinigkeiten aufhält.
Hier könnte es helfen, wenn ein Kollege mit ihm ganz konkret die Abläufe durchgeht, auch vormacht, und genau benennt, ggf. auch auflistet, worauf zu achten ist. Probiert es doch erst mal an einer konkreten Aufgabe und schaut, ob er sein Tempo steigern kann.
Das macht viel Arbeit, aber wenn es nützt, könnte er hierfür vielleicht für eine begrenzte Zeit eine Arbietsassistenz finanziert bekommen.
Das würde ich offen mit dem Mitarbeiter besprechen, und ihm auch sagen, dass es sonst wenig Chancen auf eine Übernahme gibt.

Hallo Leute,
ich bin bei einer Suche eben über das Thema gestolpert und wollte Euch mal eine kurze Rückmeldung geben.
Ich habe den jungen Mann nach dem 12 monatigen, betreuten Praktikum fest in Vollzeit eingestellt. Gefördert von der A-Agentur für 2 Jahre. Aber die Förderung war nicht der alleinige Grund, obwohl ich gestehen muss, dass es ohne garnicht gegangen wäre.
Er macht größtenteils die ihm übertragenen Arbeiten wirklich gut und wenn er nicht gerade etwas auswählen muss (passende Kartongröße für eine Kommission, Qualitätskontrolle u. ä.) dann passt auch das Arbeitstempo. Ich glaube es war die richtige Entscheidung :thinking:

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Vielen Dank für die Rückmeldung - das hat man selten hier im Forum!

Hallo,

danke für die Rückmeldung und Glückwunsch zum Erfolg.

Auch nach zwei Jahren muß die Förderung nicht am Ende sein.
In meinem Betrieb bekommen wir seit 17 Jahren für einen Beschäftigten einen „Minderleistungszuschuss“ vom Integrationsamt - 40% des Bruttolohns. Muß zwar jedes Jahr formal neu beantragt werden, ist aber kein großer Aufwand.
Nehme rechtzeitig Kontakt zum Integrationsamt auf, bevor die aktuelle Förderung ausläuft, dann kannst Du auch über die zwei Jahre hinaus einen AN behalten der bestimmt hoch motiviert ist und sich auch für Dich „rechnet“.

&tschüß
Wolfgang

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