Hallo,
nein, ich bin jetzt nicht so böse wie mein alter Strafrechts-Prof., der uns immer gerne mit dem „gesunden Volksempfinden“ aufgezogen hat, wenn wir in der Anfänger-Vorlesung mal wieder voll daneben gegriffen hatten, und der dann gerne auch noch ein „passendes“ Volksgerichtshof-Urteil zu zitieren wusste (wenn es Dich traf, leuchteten die Ohren noch stundenlang rot). Aber Du solltest doch in der Tat mal den passenden Wiki-Artikel hierzu lesen: http://de.wikipedia.org/wiki/Gesundes_Volksempfinden
Was Richter dann daraus gemacht haben, kann man z.B. in der Dissertation einer mir näher bekannten Juristin erfahren: http://sundoc.bibliothek.uni-halle.de/diss-online/01…
Viel zu wenige von denen sind in den Nürnberger Juristenprozessen dann dafür zur Rechenschaft gezogen worden.
Insoweit verzeihe mir, wenn ich da etwas allergisch reagiere. Ist nicht persönlich gemeint.
Dass Recht heute gerade nicht mehr nach dem „gesunden Volksempfinden“ funktioniert, hat seine guten Gründe. Und die haben nichts mit Elfenbeinturm, hohen Ross, … zu tun, sondern einfach damit, dass man sich mit jedem Handwerk, … nun mal eine Weile intensiv beschäftigen muss, wenn man dieses vernünftig ausüben will. Und das sollte man, insbesondere, wenn es um menschliche Schicksale und viel Geld geht.
Umgekehrt wird also ein Schuh draus: Bevor man seinem Arzt sagt, dass er einen falsch behandelt, sollte man zunächst mal versuchen, auf das medizinische Niveau zu kommen, das es braucht, überhaupt zu verstehen, warum der Arzt genau diese Behandlung gewählt hat. Und um einen Richter, Staatsanwalt, … zu kritisieren, sollte man sich auch mit dessen Handwerk einfach mal vorab entsprechend beschäftigen.
Die Juristerei ist nicht gerade einfach, aber keine Geheimwissenschaft! Alle Gesetzestexte, jede Menge Urteile, massenhaft Lehrbücher, Kommentare, … stehen jedem Interessierten problemlos zur Verfügung. Darunter auch durchaus jede Menge laiengerechtes Material. Denn die Juristerei ist nun mal eine komplexe Geschichte, die insbesondere auch eine mehr oder weniger angeborene Art abstrahierenden Denkens erfordert, die nun mal nicht jedem gegeben ist. Insoweit hat schlicht und ergreifend nicht jeder das nötige Potential, Recht in letzter Konsequenz zu erfassen und damit handwerklich korrekt umgehen zu können.
Aber mit etwas Interesse, über Stammtischniveau hinaus kommen zu wollen, kann durchaus auch der Durchschnittsbürger dahin kommen, die grundsätzlichen Zusammenhänge zu erfassen. Und dabei wird er dann feststellen, dass die ganze rechtliche Systematik, so wie wir sie hier heute haben, durchaus von Sinn und Verstand als auch Logik geprägt ist, und diejenigen, die daran seit vielen Jahren arbeiten, nicht alle vollkommen auf den Kopf gefallen sind.
BTW: Jeder Richter, Staats- oder Rechtsanwalt war mal ein ganz „normaler“ Mensch mit viel falschen Vorstellungen vom Recht, und hat dann diverse Jahre an der Uni hinter sich gebracht, bis ihm nach und nach in immer detaillierterem Maße aufgegangen ist, dass die ganze Geschichte durchaus Hand und Fuß hat Das wird oft vergessen.
Gruß vom Wiz