Hallo,
folgende Situation ist im Straßenverkehr vorgefallen:
A kommt mit dem Schrecken davon, B fällt auf den Kopf, erleidet Schürfwunden und schlägt sich einen Zahn aus.
Sauber.
Vorbeilaufende Passanten (Uhrzeit ca. 3 Uhr nachts) rufen die Polizei und den Krankenwagen. B schickt A vor dem Eintreffen der Polizei nach Hause, mit der Aussage, sie komme alleine zurecht. In der Zahnklink wird B behandelt und während der Behandlung in der Klinik von der Polizei befragt und bekommt Blut zur Alkoholanalyse abgenommen. Atemalkohol ergibt zu diesem Zeitpunkt 1,7%. Während der Befragung gibt B den Namen von A bekannt, woraufhin die Polizei die Adresse von A ausfindig macht, sie zu Hause besucht und zur Befragung bzw. Blutentnahme mit auf die Wache nimmt.
Bei der Befragung im Krankenhaus gab B an, A sei beim Abbiegen in sie hineingefahren. So wäre es zum Unfall gekommen. Laut Polizeibericht steht A als Schuldige da.
Das steht so im Polizeibericht? Oder wird da eventuell nur widergegeben, was B unter Alkoholeinfluss über A gesagt hat? Ist ja oft so, dass immer der andere schuld ist.
So ist der Stand der Dinge. Nun stellt sich für beide folgend Frage:
Wie kann diese Situation rechtlich geklärt werden, dass beide relativ „glimpflich“ herauskommen?
Glimplich ist relativ. Am glimpflichsten wird es sicher mit einem auf solche Fälle spezialisierten Anwalt abgehen. Es wird aber eher auf die Suche nach formellen Fehlern usw. hinauslaufen. Denn an den Fakten Unfall, Fahrerflucht und Alkohol ist wohl wenig zu deuteln.
Für beide Seiten ist es nicht von Vorteil, als Schuldiger dazustehen, da ein Eintrag ins Führungszeugnis o.ä. aus beruflicher Sicht nicht sehr „wünschenswert“ ist.
Was glaubst Du was Opfer von alkoholisierten Fahrenden alles als unvorteilhaft und wünschenswert ansehen? Naja, der Anwalt wird auch Tipps geben, wie man sich äußert und wie nicht. Gerade auch für eine drohende MPU kann die Einstellung zu dem Ganzen noch ganz wichtig werden.
Beide sind sich nicht mehr ganz sicher, wie der Unfall wirklich entstanden ist. Die Aussage von B scheint mehr eine im Schockzustand und unter Alkoholeinfluss gemachte Angabe zu sein.
Da könnte was dran sein. Das Schadensbild und Zeugenaussagen können dann die Darstellung unterstützen oder widerlegen oder auch nichts bringen.
Nun habe ich folgende Fragen zu dieser Situation:
- Mit welcher Strafe haben beide zu rechnen?
Also bei A fällt mir spontan Fahrerflucht ein. Wenn da ebenfalls der Pegel gemessen wurde, in Abhängigkeit von dessen Höhe sicher auch noch mehr.
Für B sieht es bei 1,7 Promille schon allein deswegen schlecht aus, dass sie damit überhaupt mit dem Fahrrad gefahren ist. Fahrverbot von einem halben bis 5 Jahren, Punkte und Bussgeld bzw. Geldstarfe sind wohl das Minimum. Bei Kraftfahrern ist bei diesem Pegel auch schon ohne Unfall eine MPU fällig und der Führerschein weg. Ich möchte fast wetten, dass es bei Alkohol mit Unfall auch bei Radfahrern so ist.
- Wie ist die Situation im Verkehrsrecht? Beim Autofahren zählt ja meistens auch: Wer hinten drauffährt hat Schuld. Zählt das auch im „Radverkehr“?
Im Prinzip ja. Aber wie immer gibt es Ausnahmen. Wer besoffen plötzlich sinnlos bremst, und es rauscht jemand drauf, hat da schlechte Karten. Im hier beschriebenen Fall, ist ja auch niemand drauf gefahren? Sondern es wurde nebeneinander gefahren? Da könnte man argumentieren, dass da sogar ohne gegenseitigen Kontakt ganz plötzlich die Fahrbahn angesprungen kam oder auch beide ineinander gefahren sind. Ursache für den Unfall ist dann eben die Fahruntüchtigkeit infolge des Alkohols. an dem ist dann meist der Trinkende schuld.
- Ist es rechtens, dass die Polizei während der Behandlung im Behandlungszimmer anwesend ist und währenddessen die Befragung durchführt ???
Ja, wobei ich mir gerade Befragung während einer Zahnbehandlung als wenig hilfreich vorstelle. Bei einer Vernehmung wäre das vielleicht wieder was anderes. Das wäre ein Thema für den Anwalt, der sich anhand der Akten ein Bild davon machen kann. Das sind manchmal Haarspaltereien. Blöd ist ganz klar, dass der Alkoholpegel die Zunge gelockert hat und die Frage, ob man sich äußern wolle, bejaht hat.
4.Kann man diese Situation durch beidseitiger Aussagen so darstellen, dass kein Schuldiger feststeht und „nur“ eine Geldbuße ansteht.
Nö. An den Fakten Fahrerflucht und Alkoholfahrt kann man dadurch nichts mehr drehen. Da werden mit hoher Wahrscheinlichkeit Geldstrafen, Punkte und Fahrverbot/Führerscheinentzug drohen.
- Kann B die damalige Aussage einfach zurücknehmen bzw. korrigieren?
Ja. Die Frage wird sein, wie das im Zweifel ein Staatsanwalt/Richter würdigt. Wenn der Führerschein in Gefahr ist, neigen viele zu Schutzbehauptungen und Gedächtnisverlust. Der Anwalt wird wissen, was die höhere Erfolgsaussicht verspricht. Das kann neben nichts sagen eben auch Kooperation und Reue zeigen sein. Selbstmitleid würde ich auf jeden Fall als kontraproduktiv sehen.
- Welche Auswirkung hat es, wenn B die Aussage dahin „korrigiert“ das sie selbst die „Kurve geschnitten“ hat und A deshalb in sie reingefahren ist.
Dann würde B ja quasi zugeben, dass sie unter Alkoholeinfluss einen Unfall verursacht hat? Würde also im Zweifel für B nicht wirklich etwas bringen, sondern nur die Schuld bekräftigen. Und bei dem Pegel ist der Ermessenspielraum auch nur noch äußerst gering.
- Wie groß ist die Chance, dass der Atemalkoholtest von 1,7% durch eine Blutentnahme auf unter 1,5% korrigiert wird? (zwischen beiden Test lagen ca. 30min)
Schwierig zu sagen. Wer soll hier wissen wie genau der Atemalkoholtest war. Die Blutuntersuchung ist auf jeden Fall genauer. Ggf. wird ein dann festgestellter Wert auch auf den zum Unfallzeitpunkt hochgerechnet. Spielt aber bei einem Unfall auch nur eine untergeordnete Rolle, falls da jetzt nicht plötzlich nur 0,1 Promille festgestellt worden sind.
Es soll natürlich keine Falschaussage gemacht werden. Aber da für beide die Erinnerung nicht mehr so groß ist, ist es sowieso relativ unklar, wie es abgelaufen ist.
Hm, ist erstmal nur ein Hinweis auf die Fahruntüchtigkeit.
Zeugen gibt es keine.
Ich denke, das haben Passanten gesehen? Die werden von der Polizei schon dazu befragt worden sein, was sie gesehen haben. Davon abgesehen, ergibt vielleicht auch das Schadensbild einen Hinweis auf den Hergang.
Hatte ich schon gesagt, dass hier ein Anwalt ein guter Ansatz wäre? Achja, und ab sofort gar keinen Alkohl trinken, kann eventuell auch von Vorteil sein, wenn es um die MPU geht.
Grüße