Servus,
länglich (genau genommen in alle Dimensionen übergroß) verzerrt sind am Boden vor allem die Füße der Riesin, das dürfte in Richtung Schuhgröße 46/47 gehen.
Der Maler ist mit sich nicht so recht einig gewesen, wo er eigentlich den oder die Fluchtpunkte hinlegen wollte; dadurch wird das Schweben der Riesin unterstrichen.
Es ist wahrscheinlich, dass das keine fehlerhafte Komposition ist, sondern ein Experiment mit einer „unechten“ Fluchtpunktperspektive in einem Interieur: Wenn man die „sauber“ mit einem gemeinsamen Fluchtpunkt für alles konstruiert, wirkt das für den Betrachter stark verzerrt, weil der Blick selber auf kurze Entfernungen nicht einer streng geometrischen Perspektive folgt, sondern ständig unterschiedlich fokussiert und eine Mischung der wahrgenommenen Einzelbilder ans Gehirn übermittelt. Wenn ichs richtig sehe, sind hier wenigstens zwei Fluchtpunkte verwendet, wahrscheinlich mehr.
Dass sich realistische Malerei in dieser Epoche mit dem Problem beschäftigte, liegt nahe, weil die vom Realismus wegführenden Strömungen sich erfolgreich um malerische Auflösung des Raumes in die Fläche bemüht hatten. Das führt mehr oder weniger konsequent in die Abstraktion, so dass realistische Malerei dem etwas entgegensetzen sollte, wenn sie eine raison d’être behalten will.
Ähnliche Kämpfe mit der geometrischen Konstruktion einer „natürlichen“ Perspektive, die dem menschlichen Sehen nahe kommt, findet man - einschließlich der „schwebend“ erscheinenden Figuren - in Interieurs der Renaissance. Im Zweifelsfall hat man sich da mit Mariä Verkündigung oder anderen Auftritten von Engeln geholfen, die nicht so fest auf dem Boden stehen müssen, oder mit in irgendeiner Anbetung knienden Figuren, die durch ihre Körperhaltung am Boden festgehalten werden.
Das Beispiel mit dem barockisierenden Deckenbild, das Du verlinkt hast, zeigt, dass der Maler sich mit dem Thema der geometrischen Konstruktion von Perspektiven intensiv beschäftigt hat - wenn man sich vergleichbar angelegte Deckenfresken aus dem Rokoko einmal aus anderer Warte (z.B. von einer Empore aus) anschaut, sieht man, wie ungeheuer schwierig es ist, an einer gewölbten Decke, dazu noch in einer zentralen Kuppel, und erst recht, wenn diese der Bauzeit gemäß viel flacher ist, als sie erscheinen soll, Perspektiven anzulegen, die dem Blick des Betrachters entsprechen.
Schöne Grüße
Dä Blumepeder