Hallo Lawrence,
Vorab meine Gratulation. Die Gedanken, die Du Dir über diesen (Deinen?) Familiennamen gemacht hast, sind sehr gut. Und obendrein größtenteils richtig erschlossen und beobachtet.
Kufner mit einem „f“ gibt es wie Sand am Meer und ich meine
darin den Beruf des Küfers zu erkennen.
korrekt.
Das Einzige was mich
stört, ist das „N“, dass wie ein Fremdkörper im Küfer wirkt.
Wenn ich Dich hier korrigiere und das mit ein paar Beispielen illustriere, dann wirst Du schnell erkennen, dass das „N“ da tatsächlich hinein gehört und keineswegs ein Fremdkörper ist.
Kuffner mit Doppel-f ist aber weit seltener und man kann ja
nicht davon ausgehen, dass alle Kufners ein „f“ verloren
haben, oder?
Jein, doch auch dazu später
Es muss eine andere Bedeutung haben?!
Das trifft jedoch nicht zu.
Ursprünglich stammt die Famile aus Siebenbürgen,
wichtiger Hinweis!
aber was
heißt schon ursprünglich, auch dorthin müssen sie ja einmal
ausgewandert sein.
völlig richtig
Von wo aus ist mir gänzlich unbekannt.
hier kann ich Dir ein paar Informationen liefern.
Der Name dürfte schwerpunktmäßig in Süddeutschland,
hauptsächlich Bayern und Österreich vorkommen.
Das Wort „hauptsächlich“ stört mich ein wenig. Warum, werde ich ebenfalls erläutern.
In Wien gibt es beispielsweise eine Kuffner-Sternwarte und die
Ottakringer Brauerei hieß einmal Kuffner-Brauerei.
Begründet war dies wohl von einer mährischen, jüdischen
Familie dieses Namens (Moritz Edler von Kuffner).
Möglich, darüber habe ich keine Informationen und habe mir auch erspart, danach zu googeln, da es für die Namensbedeutung unwichtig ist.
Nun sind die Kuffners die ich suche aber gewiss keine Juden,
sondern schon immer katholisch, was auch in den süddeutschen
Raum verweisen müsste. Aber könnte der mährische Ursprung
dennoch passen?
Mir ist nicht klar geworden, warum Du glaubst, es könnte sich um einen jüdischen Namen handeln (es ist keiner; er ist völlig religions-unabhängig). Weshalb sprichst Du jetzt auf einmal von Mähren? Mähren ist nicht Siebenbürgen!
Hat es nun mit dem Küfer zu tun?
Ja
Und wenn ja, wo wird der
Küfer auch als Küffner oder Kuffner bezeichnet? Das die Punkte
auf dem „ü“ in irgendeiner Urkunde verloren oder vergessen
wurden, wäre nachvollziehbar.
also, „vergessen“ wird in Urkunden zwar ab und an mal was, das bewirkt aber in aller Regel nicht, dass dieses „Vergessene“ weitervererbt wird.
Oder sind diese beiden Varianten
etwas komplett anderes?
Sehr gute Überlegung, auch darauf komme ich noch zu sprechen.
Das Namenslexikon des Duden schweigt sich zu diesem Namen
leider auch aus.
bei ca. 300.000 Familiennamen im deutschen Sprachraum ist das auch kein Wunder.
So, jetzt habe ich Dich aber lange genug auf die Folter gespannt:
Wie ich Dir schon bestätigt haben, handelt es sich bei dem Familiennamen tatsächlich um den Großböttcher, welcher in den verschiedenen Regionen des deutschen Sprachraumes mal als Küfer, Fassbinder, Binder, Schäffler und in einem sehr kleinen Gebiet in NRW als „Wahner“ (von „Wanne“) bezeichnet wird. Dabei sind die hergestellten Produkte groß: Badewannen, Weinfässer, Tonnen u.ä. (im Gegensatz zu dem Kleinböttcher, der Becher, Kübel und ähnlich kleine Gefäße herstellte).
Die Sprache hat sich über die Jahrhunderte ziemlich stark gewandelt. So war unsere heutige Berufsendung „-er“ (Müller, Maier, Metzger, Schuster, Schneider etc.) bei weitem nicht immer üblich.
Die älteste Berufsendung die im deutschen Sprachraum nachweisbar anzutreffen ist, ist die Endung „-el“. Es steckt darin der zweite Teil des noch heute üblichen Fremdwortes „agil“ = handelnd. Somit kann man es als „der Handelnde“ übersetzen. Beispiele finden sich in heutigen Familiennamen eher selten. Dennoch kommen sie ab und an vor: Tischel, Fischel, Metzel, Hand(e)l. Ob der ein oder andere „Hackel“/„Heckel“ auch darunter fallen könnte, müsste eine familienbezogene Analyse erweisen, ebenso (die Mehrzahl dieser Namen aber sicher nicht).
Die nächst jüngere Berufsnamensendung ist „-ler“. Diese findet man schon in deutlich mehr Familiennamen: Tischler, Tandler, Händler, Hodler, Schäffler und viele mehr.
Dann hat sich die Sprache weiter gewandelt und das „-ner“ kam in Mode. Hier finden sich ebenfalls jede Menge dieser Berufsbezeichnungen in den heutigen Familiennamen wieder: Wagner, Fragner, Hafner, Küfner, Flaschner, Spengler und und und. Hier hast Du den Ursprung „N“ und siehst jetzt, dass dieser Buchstabe sehr wohl da hin gehört. Weiter unten, bei der Datierung, ist genau dieses „N“ ein wichtiger Altershinweis. Die schließlich heute vorherrschende Berufsendung ist bekanntnlich „-er“ (im Deutschen, bzw. -eur im Frz., -or im Englischen)
Nun zum Doppelfrikativ „ff“: Jede Konsonantenverdoppelung hat in der deutschen Sprache eine Kosequenz für die Aussprache: man spricht den davor stehenden Vokal kurz. Den Unterschied hört man gut am Wort „Küüüüfer“ im Gegensatz zum „Kifffffer“. Allerdings ist es nicht ganz so einfach, wie ich es gerade dargestellt habe. Denn auch dieses kurz oder lang Sprechen des Vokals ist Moden unterworfen gewesen. So hat sich im Laufe des 14. Jahrhunderts die sogenannte „Neuhochdeutsche Vokaldehnung“ mehr und mehr durchgesetzt. Das bedeutet: Vor dem 14. Jh. hat man die Selbstlaute generell kurz gesprochen. Da dies die Regel war, hat man jeden Buchstaben nur einmal geschrieben. Also wurde „kufner“ geschrieben, aber „kuffffner“ gesprochen. Wurde der davor stehende Vokal damals schon lang gesprochen, so wurde dies besonders gekennzeichnet (z.B. durch „^“) Daraus sind heute in den meisten Fällen die Doppelvokale geworden (z.B. Boot, See, Saal u.a.). Dann kam eben diese neue Mode auf, wonach die Vokale generell gedehnt gesprochen wurden. Somit war jetzt das Gedehnte der Standard, weshalb man ebenfalls wieder jeden Buchstaben nur einmal schrieb. In dieser Zeit war der „Kufner“ (wie heute noch) „Kuuuufner“. Somit musste man jetzt einen kurz zu sprechenden Vokal kennzeichnen. Dies geschieht bis heute durch die Verdoppelung des nachfolgenden Konsonanten: Das „u“ soll kurz sein, dem steht die Regel des gedehnten Selbstlautes entgegen, also muss das folgende „f“ verdoppelt werden. Wenn Du es Dir zeitlich überlegst, stellt somit die Aussprache mit kurzem „u“ die alte Form des Namens dar, welche in der jüngeren Zeit (als die Vokale schon gedehnt gesprochen wurden) schriftlich fixiert wurde. Somit geben die beiden „ff“ einen deutlichen Hinweis auf das Alter des Namens. Also: nix „verloren gegangen“, sondern Hinweis auf das Alter des Namens.
Wenn Du schon länger hier mitliest, hast Du vermutlich etwas weiter unten hier im Brett die Namenserklärung von „Schäfersküpper“ gelesen. auch bei diesem Namen hast Du den Doppelvokal, in dem Fall ein „pp“.
Wie Du richtig vermuten kannst, ist der Unterschied zwischen „ff“ und „pp“ ein Hinweis auf eine (leicht) andere Herkunftsregion.
Ein beliebtes Beispiel in diesem Zusammenhang ist der Familienname „Hofmann/Hoffmann“. Beantworte Dir selbst die Frage: welche Variante ist älter? ---- Richtig: HoFFmann ist älter als HoFmann. Gleiches für „Hoffenheim“ und „Hofheim“
Du sprichst die Gegend an, in der Deine Vorfahren gelebt haben: Siebenbürgen.
Dazu solltest Du wissen, dass im 12. Jahrhundert das Gebiet des heutigen Siebenbürgen fast menschenleer war. Daher wurden gezielt Deutsche angeworben (mit dem Versprechen auf Landbesitz und Steuerbefreiung), dieses Land urbar zu machen. Diese sogenannte Binnenkolonisierung (Binnen- weil der Siedlerstrom aus dem gleichen Land kam, also dem nachmaligen Deutschland) geschah hauptsächlich mit Personen aus dem linksrheinischen Gebiet. Dort herrschen schlechte Ackerböden und durch die Mittelgebirgslagen ein recht rauhes Klima vor. Somit kamen die Siedler aus dem heutigen Rheinland-Pfalz, dem Saarland, Luxemburg, Lothringen. Siehe auch
http://www.siebenbuerger.de/portal/land-und-leute/si…
Da zwischen dem deutschen Mutterland und Siebenbürgen immer fremdsprachiges Gebiet lag, waren die deutschsprachigen Siedler dort ziemlich isoliert. Isolation bewirkt aber über lange Zeit die Bewahrung des ursprünglichen Dialektes, der ursprünglichen Sprache. So kommt es, dass die heutigen Siebenbürger Sachsen ein sehr ähnliches Dialekt sprechen wie die Luxemburger (heute als eigene Sprache anerkannt). Als ich als Jugendlicher erstmals Siebenbürger Sachsen untereinander reden hörte, verstand ich das allermeiste, da mir Luxemburgisch nicht fremd war. Warum man die Siebenbürger-Deutschen als „Sachsen“ bezeichnet (obwohl sie gar nicht aus Sachsen, Niedersachsen oder Sachsen-Anhalt stammen), lässt sich nur über einen Wortbedeutungswandel erklären. Damals war „Sachse“ wohl mit einer Bedeutung belegt, die heute dem Wort „Gast“ entspricht (OT: „Gast“ bedeutet seinerseits ursprünglich eigentlich genau das Gegenteil von heute: nämlich „Feind“ - über den Umweg Feind = fremd = nicht ortsansässig = Gast). Somit waren die „Siebenbürger Sachsen“ die „Gäste in Siebenbürgen“. Und sie kamen, wie gesagt, aus dem linksrheinischen Gebiet, häufig aus dem Luxemburger Raum.
Im IN habe ich noch eine siebenbürger Textstelle zu diesem Namen gefunden:
http://www.siebenbuerger.de/forum/saksesch/290-_gesp…
Lass uns versuchen, die Formalia, die noch im Namen stecken, zu erkennen (Über den Doppelkonsonanten haben wir ja schon gesprochen):
Im heutigen Wort (Küfer) haben wir einen Umlaut (ü). Im Familiennamen den dunklen Vokal (u). Woher kann das kommen? Die Berufsbezeichnung leitet sich aus lateinisch „cuparius“ (= Böttcher, Fassbinder) ab. Dabei wurde das „u“ dieses lateinischen Wortes ebenfalls gedehnt gesprochen. Aus diesem Grunde entwickelte es sich im Althochdeutschen zum Diphthong „kuofa“ (= „Gefäß, Bottich“), woraus sich in heutiger Zeit im Deutschen das Wort „Kübel“ und im Englischen das Wort „cup“ entwickelt hat. Im althochdeutschen Wort findet sich somit auch die Ursache für das neuhochdeutsche „ü“: Aus einem alten gedehnten Laut [u:] wird meist im Zwischenschritt ein Diphthong [uo] um im Neuhochdeutschen ein Umlaut [ü] zu werden. Daraus aber jetzt ein Alter aus der vor-althochdeutschen Zeit für den Familiennamen abzuleiten, wäre über das Ziel hinaus geschossen. Statt dessen kann man das neuhochdeutsche „ü“ mit dem „u“ des Familiennamens vergleichen und stellt fest, dass das „u“ ein dunklerer Laut ist als das „ü“. Also sollte der Familiennamen in einem Gebiet entstanden sein, welches eher dunklere Vokale bevorzugt. Damit scheidet Nordbayern nördlich der Donau schon mal aus, ebenso das nördliche BaWü. Die Sprachgrenze zwischen „pp“ und „ff“ (Küpper vs. Küffer/Kuffer/Kuffner) verläuft etwa entlang der Mosel von Luxemburg bis Koblenz.
Der gleiche Beruf ist im gesamten deutschen Sprachraum vertreten, wenngleich er natürlich in unterschiedlichen Regionen unterschiedlich bezeichnet werden kann. Dass die Verteilung nicht so einseitig ist, siehst Du hier:
http://www.verwandt.de/karten/relativ/kuffner.html
Aus dieser Verteilung zeigen sich eindeutig die Gegenden im Süden überrepärsentiert, welche den Buchstaben „ü“ kaum bis gar nicht verwenden (Südbayern, Österreich), im Norden die Regionen, die keine Diphthongierung durchlebt haben (altes „hus“ ist bis heute im Norden „Huus“ und nicht „Haus“).
Wenn ich aber jetzt mal Deinen Hinweis auf Siebenbürgen außer Acht lasse, und mir zuätzlich die fehlende Umlautung und fehlende Neuhochdeutsche Vokaldehnung in Südbayern beim Familiennamen „Koller“ (Beruf: Köhler) vor Augen führe, und darüber hinaus noch die Namensverteilungskarte mir ansehe, so kann man durchaus in Erwägung ziehen, ob der Name nicht doch in Südbayern entstanden ist. Denkbar wäre z.B., dass die linksrheinischen Auswanderer auf dem Weg nach Siebenbürgen (der ja automatisch durch Südbayern führte) nicht den einen oder anderen Südbayern aufgegabelt haben, der mit ihnen mit gezogen ist / sein könnte. Auch hier ist wieder der Hinweis notwendig, dass man in der Familiennamendeutung sich nie ganz sicher sein kann. Es gibt immer Unwägbarkeiten. Ich halte es durchaus für denkbar, dass genau dies bei Deinen Siebenbürger Vorfahren zutrifft, schließe aber auch den luxemburger Raum nicht aus.
Gibt es sonst noch Deutungsmöglichkeiten? Theoretisch ja:
Beispiel: München - MünchNER, Wangen - WangeNER, Köln - KölNER. Also, es könnte einen Ort „Ku(h)f(f)en“ geben. Aber den einzigen Ort, den ich dahingehend finden konnte, ist eine Kuffenmühle bei Kitzingen in Unterfranken. Ansonsten gibt es in ganz Süddeutschland und Österreich keinen Ort, der die Zeichenfolge „*ku*fen*“ enthält (Sterne = Trunkierungszeichen als Platzhalter für gleichgültig welche Buchstaben).
Der Familienname ist eingliedrig, er besteht nur aus der namensgebenden Berufsbezeichnung.
Familiennamen, welche aus Berufsbezeichnungen entstanden sind, sind überwiegend in Städten und größeren Märkten entstanden.
Familiennamen, welche in südlichen Gebieten entstanden sind, sind älter als solche aus nördlicheren Breiten. Städtische Familiennamen sind älter als ländliche, westliche sind älter als östliche, eingliedrige Familiennamen sind älter als mehrgliedrige. Somit dürfte der Name erstmals etwa 1200 bis 1300 als Familienname verwendet worden sein.
Zusammenfassung:
Inhaltliches: Es handelt sich um den Beruf des Fassmachers.
Formales: eingliedrig, nicht umgelautet zu „ü“, Doppelfrikativ „ff“. Zweitjüngste Berufsendung „-ner“.
geografische Herkunft: vermutlich Süddeutschland oder linksrheinisches Gebiet (Luxemburg)
räumliche Herkunft: städtisch
Alter: vor der „Neuhochdeutschen Vokaldehnung“ des 14. Jahrhunderts. Die Schreibung (jüngeren Datums) konserviert ältere gesprochene Sprache; erstmalige Verwendung ca. 1200 bis 1300.
Sonstiges: Ortsname denkbar, welcher mit „-n“ endet (z.B. München, Köln etc.)
So, hoffentlich war das nicht zu viel Information.
Einen schönen Abend wünscht
Alexander