Familienname Sauerstein

Hallo,

mich interessiert die Bedeutung des Namens, die Entstehung und ob jemand eine ältere Erwähnung, als das Jahr 1713 kennt.

Bei familysearch.org kann ich meine Ahnen lückenlos bis 1713 zurückverfolgen und weiss deshalb, dass meine Vorfahren früher im Gebiet um Asch (damals Österreich heute Tschechien) wohnten. Der älteste Vorfahre war Jäger bei einem Graf von Zedtwitz. Außerdem gibt es in Hollersbach (Österreich) eine Sauerstein-Alm die meiner Meinung etwas mit dem Familiennamen zu tun haben muss. Aber Hollersbach und Asch liegen geografisch weit auseinander.

Und noch eine Frage, ist vielleicht etwas dämlich: Wer aktuellisiert die Webseite der Mormonen, also diese www.familysearch.org. Ich weiss zwar dass die 1945 das Archiv von Leipzig übernommen bzw. „kopiert“ haben, aber wo bekommen die ihre neuzeitlichen Info’s aus Europa her?

Mfg Steffen

Hallo Spotgy,

dieser Familienname ist ein typischer Fall von einem sogenannten Örtlichkeitsnamen. Eine Örtlichkeit, an der der erste Namensträger gelebt hat, galt der Umgebung als Charakteristika und Unterscheidungskriterium:

Ein Sauerstein ist mit Sicherheit ein Fels, Berg oder Gebirge (vgl. Wetterstein in den Alpen). Ob sich der Namensteil „Sauer“ auf Schwefel (=> schwefelhaltiges Gestein) bezieht, müsste eine genauere Untersuchung des konkreten Einzelfalls zeigen. Denkbar aber nicht die einzige Möglichkeit.

Da dem Familiennamen die so typische süddeutsche Herkunftsendung „-er“ fehlt („SauersteinER“), muss der Name seine Wurzeln in einem Gebiet nördlich dieser Grammatik-Grenze haben. Diese Grenze verläuft etwa entlang folgender Linie: Brüssel/Belgien - Aachen - Bonn - Bad Hersfeld - HOF/Bayern (!!!) - Chemnitz - Dresden - Breslau.

Das von Dir erwähnte „Asch“ liegt fast genau auf dieser Linie. Aufgrund des fehlenden „-er“ liegt somit der Ursprung nördlich von Asch.

Du solltest die 100km-Regel kennen: dort, wo die Familie um 1900 gelebt hat, von dort ist der Name in aller Regel nicht weiter als 100 km entfernt entstanden. Dabei kommt in diesem Fall nur ein Halbkreis nördlich von Asch mit diesem Radius in Betracht. Der Wortteil „-stein“ schließt gleichzeitig das niederdeutsche Tiefland aus, welches bereits bei Leipzig beginnt. Es deutet klar auf eine bergige Region hin. Da ich von Mitteldeutschland keine guten Landkarten besitze, kann ich nicht sagen, wo es dort konkret Bergnamen oder Ortsnamen „Sauerstein“ gibt.

Aufgrund des Diphthongs („au“) ist das niederdeutsche Sprachgebiet nördlich der sogenannten Benrather Linie ausgeschlossen, da dort die Diphthongierung erst viele Jahrhunderte nach der Familiennamensentstehung einsetzte und teilweise sich bis heute noch nicht durchgesetzt hat (Huus statt Haus).

Familiennamen, die aus Herkunftsbezeichnungen für Einheimische entstanden sind, sind weit überwiegend im ländlichen Raum entstanden.

Eingliedriger Familiennamen sind älter als mehrgliedrige (Sauerstein im Vgl. zu Obersauerstein), süddeutsche Familiennamen sind älter als solche, die in Mitteldeutschland entstanden sind, ländliche sind jünger als städtische Familiennamen. Daher dürfte dieser Name erstmals ca. 1400-1500 als Familiennamen verwendet worden sein.

Damit dürften wir alles beisammen haben:

Herkunftsbezeichung für einen Einheimischen nach seiner Wohnstätte am Sauerstein
geographische Entstehungsregion: nördlich der Grammatikgrenze „-er“ für Herkunftsnamen aber südlich der Benrather Linie, zugleich zwingend in einer hügelig-bergigen Gegend entstanden an einem gleichnamigen Berg oder durch einen gleichnamigen Ort

räumliche Herkunft: ländlich
Alter: 1400-1500 erstmals als Familienname verwendet

Besonderheiten: Sauer könnte auf einen schwefelhaltigen Stein hindeuten. Ggf. Bodenschätze-Karte für Schwefel heranziehen. 100-km-Regel beachten.

ich hoffe, ich konnte Dir ein wenig Neues erzählen.

Schönen Abend wünscht

Alexander

[Bei dieser Antwort wurde das Vollzitat nachträglich automatisiert entfernt]

Hallo Alexander,

vielen Dank für die ausführliche Erklärung. Ich habe bestimmt alle deine Kommentare hier in diesem Brett aufmerksam gelesen und konnte dabei vieles erfahren. Dein Wissen ist hier eine absolute Bereicherung.

Du schreibst Sauerstein ist ein eingliedriger Name. Ich war der Meinung Sauerstein ist ein zweigliedriger Name. Nach welchem Kriterium wird das eingeteilt?

Die 100 km-Regel kenne ich durch deine Kommentare und wenn diese stimmt, muss der Name in der Gegend von Asch entstanden sein. Also im 19. Jhr. lebten meine Vorfahren in Sachsenfeld (heute ein Stadtteil von Schwarzenberg/Erzgebirge). Und Asch ( genauer Ort heißt Schönbach) ist weniger als 60 km (Luftlinie) entfernt. Hier müsste ich nach einen örtlichen Namen suchen bzw. etwas nördlicher oberhalb von Hof.

Bei der Fernsehsendung „Namen auf der Spur“ des Mdr hatte ich einmal im anschließenden Chat auch nach Herkunft und Bedeutung von Sauerstein gefragt.

Es kam folgende Antwort von Prof. Hengst:

„Sauer“ deutet auf bitter oder grimmig bzw. wenig ertragreich. Passt aber nicht zu „Stein“. Könnte also der Differenzierung von einer anderen Person im Dorf mit Namen „Stein“ gedient haben.

Was ist deine Meinung dazu.

Mfg Steffen

Hallo Steffen,

vielen Dank für die ausführliche Erklärung. Ich habe bestimmt
alle deine Kommentare hier in diesem Brett aufmerksam gelesen
und konnte dabei vieles erfahren. Dein Wissen ist hier eine
absolute Bereicherung.

Danke für Dein Lob.

Vorab: Bei der Familiennamenserklärung sollte man nie „NIE“ sagen. Ich verweise auf meine Deutung von „Schwarzentrub“ hier in dem Brett weiter unten. Denn wenn man sich zu sehr auf eine Deutung versteift, kann man damit böse auf die Nase fallen. Man muss immer die konkrete Familie und ihre Geschichte berücksichtigen, sonst kann man eben nur „Wahrscheinlichkeiten“ aufzeigen.

Aus diesem Grund werde ich sicher nicht sagen, dass

„Sauer“ deutet auf bitter oder grimmig bzw. wenig ertragreich.
Passt aber nicht zu „Stein“. Könnte also der Differenzierung
von einer anderen Person im Dorf mit Namen „Stein“ gedient
haben

Blödsinn sei. Allerdings traue ich mir zu sagen, dass dies im allerbesten Fall eine mögliche aber ziemlich unwahrscheinliche Ursache für diesen Namen ist.

Du schreibst Sauerstein ist ein eingliedriger Name. Ich war
der Meinung Sauerstein ist ein zweigliedriger Name. Nach
welchem Kriterium wird das eingeteilt?

es ist recht einfach:
Worauf gründet sich der (Familien-)Name? Antwort: Auf eine Örtlichkeit, die „Sauerstein“ heißt. Somit ist der namensverursachende Begriff (= 1 Namensglied) (in diesem Fall sogar völlig) identisch mit dem heutigen Familiennamen. Der Familienname wäre immer noch eingliedrig, wenn dieser Familienname nur durch eine Endung verlängert wäre (z.B. SauersteinER). Zweigliedrig wäre er, wenn z.B. die Örtlichkeit „Sauerstein“ kombiniert wäre mit „Hof“ (der FN hieße dann Sauersteinhof/er). Dann setzt sich der FN zusammen aus der Örtlichkeit + einer Siedlungsform (Hof)

Geht man jedoch bei „Sauerstein“ auf die Ebene des Örtlichkeitsnamens und fragt, was „Sauerstein“ bedeutet und wie er gebildet ist, so ist „Sauerstein“ ALS ÖRTLICHKEITSNAME zweigliedrig, denn er setzt sich aus dem Adjektiv „sauer“ und dem Appelativ „Stein“ (= zwei unabhängige Begriffe) zusammen. Und man erhält so den (zweigliedrigen) Begriff der Örtlichkeit.

Also ist dazwischen ein Gedankensprung, eine andere Ebene: einmal geht es um den FAMILIENnamen, das andere Mal um den ÖRTLICHKEITSnamen.

Somit ist wichtig, was Du gerade betrachtest und analysieren willst.
Den Familiennamen mit seinem Ursprung in der Örtlichkeit (= 1 Begriff = Sauerstein) oder die Örtlichkeit, die durch zwei Aspekte charakterisiert wird (sauer + Stein; zweigliedrig). Damit wird auch deutlich, dass „-gliedrig“ nichts zu tun hat mit „-silbig“. Bitte scheue Dich nicht, nochmal nachzufragen, wenn es noch nicht klar geworden ist.

Die 100 km-Regel kenne ich durch deine Kommentare und wenn
diese stimmt, muss der Name in der Gegend von Asch entstanden
sein. Also im 19. Jhr. lebten meine Vorfahren in Sachsenfeld
(heute ein Stadtteil von Schwarzenberg/Erzgebirge). Und Asch (
genauer Ort heißt Schönbach) ist weniger als 60 km (Luftlinie)
entfernt. Hier müsste ich nach einen örtlichen Namen suchen
bzw. etwas nördlicher oberhalb von Hof.

Sehe ich genau so. Hügelige/bergige Landschaft mit (vermutlich schwefelhaltigem) Gestein.

Ich hoffe, ich konnte halbwegs gut erklären.

Viele Grüße und eine gute Nacht wünscht

Alexander

Hallt Spotgy,

noch ein Nachtrag, der mir heute noch eingefallen ist:

Zu der Eingliedrigkeit bzw. Zweigliedrigkeit von Namen ist auch der schon erwähnte Name „Schwarzentrub“ exzellent geeignet, den Unterschied zu erklären.

Ursprünglich hatte ich ihn ja gedeutet aus „schwarze Traube“ als Stellvertreterbezeichnung z.B. für den Winzer. „schwarze Traube“ sind zwei von einander unabhängige Begriffe, die erst in Kombination die Frucht der roten (manche sagen „blauen“) Trauben ergibt. Damit ist ein Name mit dieser Bedeutung zweigliedrig.

Nun ist ja noch der Ortsname „Schwarzentrub“ durch eine Forumsteilnehmerin bekannt geworden. Sie hat die Wahrscheinlichkeit, dass der Familienname „Schwarzentrub“ vom Ortsnamen „Schwarzentrub“ herzuleiten ist, sehr deutlich und überzeugend dargelegt. Nun ist der Ortsname „Schwarzentrub“ aber nur als Gesamtbegriff als eben dieser Ortsname verständlich (ich spreche hier nicht über die Bedeutung des ORTSnamens!!!) und somit in Gesamtheit die Grundlage für den Familiennamen. Daher ist der Familienname „Schwarzentrub“, welcher aus dem gleichnamigen Ortsnamen resultiert, eingliedrig.

Somit ist der gleiche Familienname, je nach dem woraus sich dieser entwickelt hat, einmal zweigliedrig (Berufsübername) manchmal aber auch nur eingliedrig.

Man könnte sagen: Das ist Haarspalterei, das ist doch egal. Meine Antwort: ja und nein gleichzeitig: Zusammengesetzte (= mehrGLIEDRIGe)Familiennamen sind halt vom Alter her tendentiell um etwa 2 bis 3 Generationen (70 bis 100 Jahre) jünger als eingliedrige Familiennamen. Und unter diesem Aspekt macht es schon einen Unterschied, ob es sich um einen eingliedrigen oder mehrgliedrigen Familiennamen handelt.

Soweit schlussendlich dazu.

Solltest Du noch Fragen haben, so scheue Dich bitte nicht, nochmal nachzufragen.

Schönen Abend und viele Grüße

Alexander

Hallo Alexander,

vielen Dank noch einmal für deine Mühe.

„Vorab: Bei der Familiennamenserklärung sollte man nie „NIE“ sagen.“

Das ist schon klar, man muss alle Argumente betrachten, nur muss man diese wissen. Deine Erklärungen sind nachvollziehbar, wenn auch die Ableitung bei „Schwarzentrub“ eine andere ist.

Jetzt kenne ich auch den Unterschied bzw. die Zuordnung eingliedrig und zweigliedrig. (gute Erklärung)

Auf jeden Fall werde ich nach einer Örtlichkeit in der Nähe von Asch bzw. nördlich davon suchen. Mal sehen, ob ich fündig werde. Ich weiss zwar noch nicht so richtig wie, aber mit Hilfe der w-w-w-Experten ist vieles möglich.

Mfg Steffen

Hallo Alexander,
unsere letzte Korrespondenz war im März 2009. Es ging um meinen Familiennamen. Leider ist dieses Forum nicht mehr das, was es einmal war. Ich weiß nun nicht, ob du noch hier Mitglied bist. Ich hatte damals geschrieben, dass ich mich melde, wenn ich neue Infos habe und die habe ich bestimmt schon seit 5 Jahren. Ich bräuchte aber hierzu deinen fachmännischen Rat.

mfg Steffen