Fanatismus bezogen auf Glaube/Religion im Wandel der Zeit

Monotheismus = Resultat von Fanatismus
Hi.

Ich habe mir dabei überlegt ob man nicht darüber schreiben
könnte wann in der Geschicht unter dem Denkmantel
Glaube/Religion der Fanatismus zum Vorschein kam.

Ich habe mich dazu schon im Geschichtsboard geäußert, aber vergessen, auf die Tatsachenverzerrung dieser Formulierung einzugehen.

Offensichtlich hast du dich von der medial verordneten Anschauung, dass religiöser Fanatismus einem Missverständnis religiöser Quellentexte entspringt, anstecken lassen. Diese Anschauung ist, in Bezug auf monotheistische Basistexte, absolut falsch. Die Ursachen für religiösen Fanatismus befinden sich in diesen Basistexten , am deutlichsten wohl im Koran. Hier ist die Religion kein „Deckmantel“ des Fanatismus, sondern vielmehr ein Resultat des Fanatismus (ihres Begründes Mohammed).

Ein großes Problem ist die Widersprüchlichkeit von Versen zueinander. Manche Verse aus mekkanischer Zeit sind relativ friedlich orientiert, die medinischen Verse dagegen in der Regel sehr kriegerisch (da Mohammed in Medina zum Warlord wurde). In der islamischen Gelehrtentradition hat sich daher das Verfahren der Abrogation etabliert, d.h. die früheren Verse werden durch spätere (medinische) Verse „abrogiert“, außer Kraft gesetzt. Wer von den Islamverharmlosern also „friedliche“ mekkanische Verse zitiert, verwendet religiös wertloses Material.

Besonders umstritten ist in diesem Zusammenhang der sog. Schwertvers (in der 9. Sure), der laut Tradition über 100 „friedliche“ Verse ungültig macht:

Und wenn nun die heiligen Monate abgelaufen sind, dann tötet die Heiden, wo (immer) ihr sie findet, greift sie, umzingelt sie und lauert ihnen überall auf!

Dieser Vers kann im Zusammenhang des restlichen Surentextes sowohl kontextfrei als auch kontextbezogen interpretiert werden. Den Akzent auf Kontextbezogenheit (d.h. die Anweisung gilt angeblich nur für die historische Situation, auf welche die Sure Bezug nimmt) begann man aber erst in moderner Zeit zu legen, was viele Interpreten, der bekannteste darunter Osama bin Laden, aber nicht daran hinderte, die klassische Auslegung, also die zeitlos generalisierende, zu bevorzugen, d.h. die Tötung Ungläubiger ist unter der Bedingung des Ablaufs der vier „heiligen Monate“ zu allen Zeiten und an allen Orten gestattet. U.a. spricht für diese radikale Auslegung, dass der Koran von seinem Selbstbild her eine göttliche Botschaft ist und als solche zeitübergreifende Geltung beansprucht. Also wäre es innerhalb dieser Logik ein Unding, wenn Allah Befehle nur für eine bestimmte räumlich und zeitlich gebundene Situation erteilt.

Da der Schwert-Vers somit keine eindeutige Auslegung ermöglicht bzw. beiden Deutungen entgegenzukommen scheint, besteht immer die Gefahr, dass gewaltbereite Muslime ihn als Legitimation von Terror gebrauchen. Bedenkt man zudem, wie extrem gewaltbereit Mohammed selbst war (brutaler Warlord, Karawanenräuber, Henker von Ungläubigen und Vergewaltiger von Frauen getöteter Ungläubiger), dann liegt die Annahme sehr nahe, dass heutige gewaltbereite Muslime der Mentalität ihres Religionsgründers sehr viel näher stehen als die von westlichen Werten beeinflussten Vertreter eines vermeintlich „modernen“ Islam.

Ein Beispiel für einen Gewaltaufruf durch Allah plus versprochene Belohnung im Paradies in Sure 61:

(die Logik verläuft so: 1) den Gläubigen wird ein Deal angeboten, dessen Zurückweisung in die Hölle führt (= Angsterzeugung ), 2), die Gläubigen werden angewiesen, um Allahs Willen Krieg zu führen (in anderen Übersetzungen: ihr eigenes Blut zu vergießen) (= Befehl zur Gewaltausübung ) und 3) das Paradies wird den gläubigen Kriegern versprochen (= Belohnung für Gewalt ):

Sure 61:

10 Ihr Gläubigen! Soll ich euch zu einem Handel weisen, der euch (dereinst) von einer schmerzhaften Strafe erretten wird?
11 (Dann rate ich euch:smile: Ihr müßt an Allah und seinen Gesandten glauben und mit eurem Vermögen und in eigener Person um Allahs willen Krieg führen. Das (zaalikum) ist besser für euch, wenn (anders) ihr (richtig zu urteilen) wißt.
12 (Wenn ihr das tut) dann vergibt er euch (dereinst) eure Schuld und läßt euch in Gärten eingehen , in deren Niederungen Bäche fließen, und in gute Wohnungen in den Gärten von Eden (Adn). Das ist (dann) das große Glück (al-fauz alaziem).

Chan

Aber ja - habe ich Vorschläge, wie Du Dir das Thema erarbeiten kannst!
Nimm ein Mikroskop und suche zwischen den Buchstaben der 10 Gebote ihren Sinn zu finden!
Schreibe dann hier darüber, was Du gefunden hast.
Der Glaube an das wunderbare der Schöpfung ist keine Frage der Religion, sondern hat mit Ehrfurcht vor dem Leben und der Welt zu tun. Mit Hoffnung und Liebe - nicht mit religiös verbrämtem Terrorismus!
Hoffnung zum Beispiel ist eine Kraft und bringt Energie in die Welt. Um Menschen, welche noch hoffen wirkt eine Kraft, die nichts niederhalten kann, sondern die sich ausdehnen kann auf die anderen Menschen um sie herum! Der Terrorismus hat nicht mit Kraft zu tun, sondern mit Gewalt! Humanismus und Ethik sind die Leitplanken unseres schweren Wegs in eine bessere Zukunft! Gewehre, Messer und Kanonen schaffen Leichenberge und keine Hoffnung! Die Ehrfurcht vor dem Leben ist der Weg und das Ziel! Fanatismus kann nichts dazu beitragen! Wenn Du die Großartigkeit der Schöpfung beschreiben möchtest musst Du Augen Herz und Seele einsetzen! Du musst Dich um Wahrheit und Wahrhaftigkeit bemühen. Alle gewöhnliche Gewalt beschränkt sich unzweifelhaft selbst! Sie erzeugt immer Gegengewalt. Nur die Ehrfurcht vor dem Leben und die Gütigkeit erzeugen keine Spannungen, sondern lösen sie!

typisches Fallbeispiel
Hallo,
dieser „Diskussionsbeitrag“ lässt sich als typisches Beispiel für die oben erwähnte modifizierte Aufgabenstellung lesen:

Man könnte auch Fanatismus gegen Glaube/Religion betrachten

  • und könnte insofern die Materialsammlung zu dem geplanten Projekt bereichern.

Bezeichnend ist hier vor allem die Beschränkung auf Argumente ad hominem - zur Ausgangsfrage trägt das natürlich nichts bei, da wird nur wieder einmal das persönliche Lieblingssteckenpferd antiislamischer Hetze geritten. Die von mir empfohlene und von ihm abgelehnte Literatur kennt Ch’an natürlich überhaupt nicht (und will sie auch nicht kennen), weswegen er sich auf persönliche Angriffe und Invektiven beschränkt. Dass die sachgerechte Auseinandersetzung mit Argumenten nicht seine Stärke ist, ist nun allerdings den Lesern hier nichts neues. Offensichtlich kennt er überhaupt keine Fachliteratur zum nachgefragten Thema, denn er empfiehlt ja auch keine Alternativen. Damit ist er hier allerdings auch nicht alleine.

Nach mittlerweile abgeschlossener Lektüre kann ich Dr. Blumes Buch nun für das geplante Projekt uneingeschränkt empfehlen. Es ist eine für Laien geschriebene, kurze Einführung (in der PDF-Version lediglich 90 Seiten), die einen guten Überblick zum Einstieg liefert mit reichlich Verweisen auf vertiefende Literatur. Insbesondere führt Dr. Blume in verschiedene wichtige Grundbegriffe der aktuellen Diskussion ein, so in die Unterscheidung von extrinsischer, intrinsischer und entwicklungsorientierter („religion as quest“) Religiosität. Natürlich gibt Blume auch Verweise auf sein Spezialgebiet, die Demografie, und hier insbesondere auf das in diesem Zusammenhang viel diskutierte Phänomen des „youth bulge“. Auch ein weiteres zentrales Thema der aktuellen wissenschaftlichen Diskussion wird angerissen - die sog. „terror management theory“ zur Auswirkung von Mortalitätssalienz. So werden Grundkenntnisse zu den wesentlichen sozialpsychologischen Ansätzen zur Untersuchung des Phänomens religiöser Extremismus vermittelt und der ‚Mechanismus‘ der Radikalisierung bei Vorliegen entsprechender Bedingungen (unabhängig von einer spezifischen Religion oder Ideologie) wird verständlich.

Zur Illustration bzw. zum Nachvollziehen der im ersten Teil des Buches umrissenen Theorien folgen dann fünf Fallbeispiele in historischer Abfolge: die jüdischen Zeloten, der christlich-baptistische Täuferstaat von Münster, der naturreligiös-synkretistische Voodoo auf Haiti, die buddhistisch-singhalesische Sinhala-Bewegung, die hinduistisch-indische Hindutva und die sunnitisch-radikalisierte Muslimbruderschaft (mit Schwergewicht auf der palästinensischen Hamas). Auch diese ‚Fallbeispiele‘ können aufgrund des beschränkten Umfangs des Buches nur als erste Einführung dienen, aber auch hier gibt es selbstverständlich Literaturhinweise zur Vertiefung.

Freundliche Grüße,
Ralf

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