Fanatismus bezogen auf Glaube/Religion im Wandel der Zeit

Hallo,

ich suche gerade ein Thema für meine Seminararbeit am Gymnasium.

Überthema ist „Glaube und Religion“.
Als eigentliches Thema denke ich an „Glaube und Fanatismus“.

Ich habe mir dabei überlegt ob man nicht darüber schreiben könnte wann in der Geschicht unter dem Denkmantel Glaube/Religion der Fanatismus zum Vorschein kam.
Ich dachte dabei z.B. an die Kreuzzüge, Inquisition oder Christianisierung.
In der heutigen Zeit vielleicht ISIS oder Al-Qaida.

Man könnte auch Fanastismus gegen Glaube/Religion betrachten z.B. das 3. Reich mit der Judenvervolgung.

Habt Ihr vielleicht noch Stichworte nach denen ich recherchieren könnte.
Sonstige Anregungen sind auch gerne willkommen.

Danke
Arni

Man könnte auch auf den Fanatismus im Namen der Vernunft eingehen, am Beispiels des „terreur“ der Französischen Revolution

Hallo,

Glaube und Religion ist nicht das gleiche, so dass „Glaube/Religion“ schon eine Unschärfe in sich trägt, die dir jede Arbeit versauen wird.

Sofern du Glaube und/oder Religion in Beziehung zu irgendeinem Phänomen - wie Fanatismus oder der Gesellschaftlichen Prägekraft, politischen Wirksamkeit o.ä. -setzen willst, solltest du das zunächst für Dich und den Leser klären.

Gruß
Werner

Hallo Arni

vergiss die Aufklärung und die Reformation nicht!

Beste Grüsse

Urs Peter

Hallo Arni,

Man könnte auch Fanastismus gegen Glaube/Religion betrachten
z.B. das 3. Reich mit der Judenvervolgung.

Es ist oft schwierig, den Anteil von Religion an Fanatismus oder Konflikte zu separieren.

In dem Beispiel ging es ausdrücklich nicht um Glaube oder Religion, da selbst langjährig katholische Ordensfrauen als jüdisch angesehen wurden (z.B. Edith Stein)

Genauso hat der Konflikt in Nordirlandzwischen Protestanten(Engländern) und Katholiken (Iren) rein gar nichts mit Religion zu tun.

Und wenn man so auch Reformation und Kreuzzüge aufdröselt, dann sind die Qualitativen Unterschiede im Vergleich zur Zeit Hitlers, Stalins oder Maos (und heute vielleicht Kim Jong-uns?) nicht sehr groß. Grußachim

Hallo,

man könnte allerdings mit einer gewissen Berechtigung die Ansicht vertreten, dass Juche in Nordkorea durchaus eine Art von Religion ist.

Ungläubige Grüße

=^…^=

Hallo Arni,

ich persönlich fände es wichtig aufzuzeigen, dass grundsätzlich jede Religion und jede Weltanschauung den Keim des Fanatismus in sich trägt bzw. durch Fanatismus seitens ihrer Anhänger unheilvoll übersteigert werden kann. Bereits im alten Rom gab es recht durchgeknallte Mysterienkulte, und heutigentags können im Zweifelsfall auch im Allgemeinen als friedfertig geltende buddhistische Mönche zu Verbrechen aus religiösem Fanatismus fähig sein.

Beste Grüße

=^…^=

Hallo,

Servus

Man könnte auch Fanastismus gegen Glaube/Religion betrachten
z.B. das 3. Reich mit der Judenvervolgung.

Hier muss du vorsichtig sein. Das 3. Reich betrieb einen völkisch-rassistischen Antisemitismus, bei dem die Religion eher eine untergeordnete Rolle spielte.

Danke
Arni

Lg,
Penegrin

Hallo Penegrin,

Hier muss du vorsichtig sein. Das 3. Reich betrieb einen
völkisch-rassistischen Antisemitismus, bei dem die Religion
eher eine untergeordnete Rolle spielte.

das ist so etwas verkürzt. Richtig ist, dass die jüdische Religion praktisch keine Rolle spielte. Richtig ist aber auch, dass der Antisemitismus der Nationalsozialisten selbst religiöse Züge hatte - z.B. u.a. eschatologische Vorstellungen einbezog. Saul Friedländer hat dafür den Begriff ‚Erlösungsantisemitismus‘ geprägt und damit den Unterschied zum christlichen Antijudaismus, aber auch zum ‚klassischen‘ rassistischen Antisemitismus von Gobineau u.a. verdeutlicht.

Nun ist Friedländers These vom ‚Erlösungsantisemitismus‘ durchaus nicht unumstritten - bezieht er doch selbst damit eine Gegenposition zu Thesen, die wesentlichen auf eine Rationalisierung des Holocaust hinauslaufen (insbesonder Götz Aly). Jedenfalls ist das Thema komplex - mE deutlich zu komplex für die Voraussetzungen, die der TE mitbringt. Insofern würde ich mit Dir nicht nur zur Vorsicht, sondern ganz davon abraten, diese Thematik in die Arbeit mit einzubeziehen.

Freundliche Grüße,
Ralf

Moin,

Habt Ihr vielleicht noch Stichworte nach denen ich
recherchieren könnte.

dogmatische Systeme möchte ich da als Stichwort in die Runde werfen.
Das ist ja viel weitreichender als Religion, denn auch politische und andere weltanschauliche Systeme fallen darunter, die gerne mal in Fanatismus münden.
Fankult mag ein weiteres Stichwort sein.

Gandalf

Hallo Arni,

Das ist Thema, welches mir wohl auch gefallen haben würde.
Fanatismus: Wie war die Situation vorher? Wie ist er entstanden? Wie ist er untergegangen? Was wirkte nach?

Da gibt es viele interessante Phasen, die zu untersuchen und zu vergleichen den Interessierten bestimmt reizt:

  • Die Gleichschaltung des Lebens unter Qin Shihuangdi
  • Kalif al-Hakim und die Zerstörung der Grabeskirche
  • Die Kreuzzüge: Wurzel der Feindschaft zwischen Islam und Christentum
  • Die Assassinen des Alten vom Berg
  • Die „Kreuzzüge“ gegen die Katherer und Pruzzen
  • Die Reconquista und die Inquisition
  • Die Wiedertäufer und deren Untergang
  • Die Pilgerväter in Amerika
  • Die sozialistische Ersatzreligion in der UdSSR

Viele weitere interessante Phasen ließen sich finden, aber das ist ja deine Arbeit.

Grüße
Hardey

Hi.

Man könnte auch Fanastismus gegen Glaube/Religion betrachten
z.B. das 3. Reich mit der Judenvervolgung.

Hier muss du vorsichtig sein.

Ja.

Das 3. Reich betrieb einen
völkisch-rassistischen Antisemitismus, bei dem die Religion
eher eine untergeordnete Rolle spielte.

Hitler habe aber genau sich aus der jüdischen Reli. bedient.
Den Satz; ihr seid Gottes auserwähltes Volk hielt er für den Grund der Erfolg der Juden.
Den Satz (sinngemäß) zu übernehmen war für ihn daher die logische Folge.

Ich seid die Übermenschen.

Und das hat geklappt. Stalin hat, dann das auch nachgemacht als er erkannte wie dadurch Hitler den er noch 38. öffentlich als Molodjetz (Prachtkerl) bezeichnet hatte damit der Massen die Skrupel nehmen konnte.

Die jedem angeborene Moral kann man offensichtlich partiell oder gar voll unterdrücken.

Danke
Arni

Lg,
Penegrin

Balázs

Hallo,

vielen Dank für die vielen Kommentare und Hinweise.

Mit dem 3. Reich habt Ihr absolut recht. Da war meine Sichweise zu eng. Zu den anderen Stichpunkten werde ich mal weiter recherchieren.

Arni

Entstehung und Motive des monotheistischen Fanatismus
Hi.

wann in der Geschicht unter dem Denkmantel
Glaube/Religion der Fanatismus zum Vorschein kam.

Bisher hat dieser Thread darauf nicht den Hauch einer sinnvollen Antwort geliefert. Der Grund dafür liegt sicher darin, dass entweder eine gewisse Angst oder Scheu vorherrscht, die Dinge beim Namen zu nennen, oder dass wegen ideologischer Verblendung die wahren Zusammenhänge verdrängt werden. In der einen oder anderen Weise ist das z.B. bei Tychiades der Fall.

Ich versuche das Versäumte also in groben Zügen nachzuholen.

Fanatismus und Religion gehören nicht zwangsläufig zusammen. Der vor-monotheistische Polytheismus hatte keine Züge, die mit Fug und Recht als „fanatisch“ bezeichnet werden können. Er kannte keine Missionierung, keine Rechthaberei und keinen Ausschließlichkeitsanspruch, wie er für monotheistische Religionen sehr typisch ist.

Das lässt sich bei der ersten monotheistischen Religion, dem Atonkult des Echnaton, bereits beobachten: Echnaton versuchte gewaltsam und geradezu besessen, die traditionelle polytheistische Götterwelt Ägyptens auszuradieren und seinen Sonnengott Aton als einzigen Gott durchzusetzen. Nach seinem Tod wurde die polytheistischen Kulte aber reaktiviert, der ägyptische Monotheismus blieb ein Zwischenspiel. Achthundert Jahre später konzipierten die Israeliten, aus ganz anderen Gründen als Echnaton, ebenfalls einen Monotheismus in Gestalt des Jahwe-Kultes. Die Gründe dafür sind weniger eindeutig bestimmbar als bei Echnaton, bei dem vermutlich eine spirituelle Einsicht gegeben war, die er allerdings materialistisch (Gott = Sonne) deutete.

Beim Jahwe-Kult dürften vorwiegend politische Motive ausschlaggebend gewesen sein, die über drei Jahrhunderte hinweg (vom 9. bis ins 6. Jh. BCE) den Kampf der Jahwe-Priester gegen innerisraelitischen Polytheismus (Baal- und Aschera-Kulte) und den Polytheismus fremder Staaten (Assyrien, Babylon) anheizten. Ohne die Auslöschung des israelitischen Staates zu Beginn des 6. Jh. BCE durch die Babylonier wäre es mit Sicherheit nie zur endgültigen Ausformung eines jüdischen Monotheismus gekommen, die erst im Babylonischen Exil Gestalt annahm. Die absolute Fokussierung und Konzentration auf den „Einen Gott“ des „Einen erwählten Volkes“ ist ein ideologisches Produkt der exilierten Priesterelite Israels, das dem polytheistisch orientierten Volk aufgezwungen werden musste.

Die Abschaffung weiblicher Gottheiten zugunsten eines patriarchalischen Mono-Gottes war ebenfalls eine Zwangsmaßnahme, die gegen viele Widerstände durchgeboxt wurde. Sinn dieses rigiden Konzepts war die Herstellung und Stabilisierung einer israelitischen Identität, die durch den Verlust des Staates und, fast noch wichtiger, des Jerusalemer Tempels höchst gefährdet war. Die Thora trat daher an die Stelle des Tempels und Jahwe, als himmlischer König, an die Stelle des verlorengegangenen Staats-Königs, der im Alten Orient ja immer die Einheit des Staates verkörperte (quasi im Sinne von L´état c´est moi), was ganz besonders, aber auch überall sonst, im pharaonischen Ägypten galt.

Da nun dieser neuartige Gott der Gott des „einen erwählten Volkes“ war und der Eine Gott für die ganze Welt, war eine fanatische Haltung gegenüber fremden religiösen Vorstellungen die zwangsläufige Folge. Denn wer anderen Göttern als Jahwe diente, diente ´falschen Götzen´ und versündigte sich gegen den wahren und einzigen Gott. Diese Obsession hatte es, wie gesagt, zuvor nur bei Echnaton gegeben. Im toleranten pluralistischen Polytheismus kannte man solche Denkmuster nicht, dort zweifelte man nie an der Existenz anderer Götter, man hielt sie schlimmstenfalls den eigenen Göttern für unterlegen.

Im Talmud finden sich zahlreiche Stellen, an denen Ungläubige (also Polytheisten) als Menschen niederen Ranges, manchmal sogar als Tiere, bezeichnet werden. Das hat es im Polytheismus nie gegeben. Also ist die Ursache religiösen Fanatismus im monotheistischen Denken zu suchen. Ein wenig bekanntes, aber äußerst krasses Beispiel für jüdischen Religionsfanatismus ist die Massentötung von 20.000 Christen durch den jüdischen König Dhu Nuwas im 6. Jh. CE im (heutigen) Jemen. Er ließ diese riesige Menschenmenge in eine Höhle treiben und darin bei lebendigem Leibe verbrennen. Grund: Sie hatten nicht ihrem christlichen Glauben abschwören wollen.

Im Christentum und Islam verhält es sich leider auch nicht anders, letzterer verschärft den fanatischen Impuls noch aufgrund der - anhand der Quellen unbezweifelbaren - extrem gewalttätigen Natur des Religionsgründers Mohammed , der keine Scheu davor hatte, männlichen Ungläubigen die Köpfe oder die Hände abschneiden oder ihnen die Augen auszustechen zu lassen und die hinterbliebenen Frauen getöteter Männer zu vergewaltigen und in die Sklaverei zu verkaufen, um aus dem Erlös seine Religion zu finanzieren. Dass diesem Fanatismus vermutlich eine geistige Störung zugrunde lag, ist eine Theorie, die ich kürzlich im Religionsboard zur Diskussion stellte.

Chan

Fanatismus und Gewalt
Hi.

ich persönlich fände es wichtig aufzuzeigen, dass
grundsätzlich jede Religion und jede Weltanschauung den Keim
des Fanatismus in sich trägt

Das stimmt sicher nicht.

bzw. durch Fanatismus seitens
ihrer Anhänger unheilvoll übersteigert werden kann.

Alles kann übersteigert werden, nicht nur das Religiöse.

Bereits im
alten Rom gab es recht durchgeknallte Mysterienkulte,

Du meinst vermutlich den Kybelekult mit den Selbstkastrationen der Galloi, der männlichen Kybele-Priester. Dem lag das Motiv zugrunde, sich von der Männlichkeit zu befreien und dem Geschlecht der Göttin Kybele anzugleichen. Die Galloi trugen ja auch Frauenkleider. Unmittelbar dahinter steht vielleicht der Mythos vom hermaphroditischen Agdistis, der aus dem Samen des Zeus entstanden sein soll und von anderen Göttern kastriert wurde, woraufhin er sich in die Göttin Kybele verwandelte. Das ist aber ein später patriarchalischer Mythos, der den wirklichen Ursprung des Kybelekultes völlig entstellt. Kybele war in viel älteren Zeiten, lange bevor es einen Zeus oder andere männliche Herrschergötter gab, eine anatolische Muttergöttin in der Tradition der neolithischen und paläolithischen Urmutter.

Mit „Fanatismus“ hat das Verhalten der Galloi aber nichts zu tun, denn dieser Begriff impliziert auch Intoleranz gegen andere religiöse Vorstellungen in der Art des monotheistischen Fanatismus. Fanatiker haben immer Feindbilder, die Kybele-Anhänger hatten aber keine Feindbilder.

heutigentags können im Zweifelsfall auch im Allgemeinen als
friedfertig geltende buddhistische Mönche zu Verbrechen aus
religiösem Fanatismus fähig sein.

Vielleicht meinst du buddhistische Gewalttaten wie die im folgenden Link berichteten, die allerdings einen stark politischen Hintergrund haben und nicht unmittelbar aus religiösen Prinzipien folgen:

http://www.badische-zeitung.de/kommentare-1/radikale…

„Die Motive für den Hass haben sowohl religiöse wie auch ökonomische Gründe“ glaubt Maung Zarni von der „London School of Economics“, der als einer der ersten vor der Bedrohung durch Birmas radikale Skinhead-Mönche warnte. „In einem der ärmsten Länder Asien geht es den Muslimen in Zentralbirma häufig besser als ihren buddhistischen Landsleuten.“

Natürlich kann das die Gewalttaten nicht rechtfertigen. Diese bedeuten vielmehr eine extreme Verletzung wahrer buddhistischer Prinzipien.

Chan