Fehler in der verlorenen Ehre?

Hallo Böll-Experten!

Ich kann mir kaum vorstellen, dass Böll beim Konstruieren dieser Novelle dieser Fehler unterlaufen ist, aber ein kleines, nicht so wichtiges Detail wundert mich:

Als Katharina Blum am Freitag zum zweiten Mal vernommen wird, holt sie, ziemlich am Ende der Vernehmung 2 (!)  Ausgaben der ZEITUNG heraus, die sie in menschenverachtender Weise verunglimpft haben (Abschnitt 27).
Es kann aber erst eine (!) Ausgabe (nämlich die Freitagsausgabe) gegeben haben, Katharina wurde erst am Donnerstag vormittag verhaftet. Und Abschnitt 22 legt ja nahe, dass diese Freitagsausgabe der Anfang der tendenziösen Berichterstattung über Katharina ist!

Kennt jemand das Buch so gut, dass er mir sagen kann, ob ich etwas übersehen habe?
Gruß!
Karl

Es war in früheren Zeiten (und ist manchmal auch heute noch so) durchaus üblich, daß Zeitungen zwei Ausgaben hatten, manche sogar drei, die sich inhaltlich voneinander unterschieden : morgens, abends und gelegentlich auch noch mittags…
Wobei diverse eventuelle „Extraausgaben“ noch gar nicht mitgerechnet sind.

Gruß
nicolai

Es war in früheren Zeiten (und ist manchmal auch heute noch
so) durchaus üblich, daß Zeitungen zwei Ausgaben hatten,
manche sogar drei, die sich inhaltlich voneinander
unterschieden : morgens, abends und gelegentlich auch noch
mittags…
Wobei diverse eventuelle „Extraausgaben“ noch gar nicht
mitgerechnet sind.

Ja, danke, das habe ich auch schon überlegt. Davon steht allerdings nichts in der Novelle, die sehr akribisch beschreibt und die Zeitungsartikel wörtlich zitiert.
Für mich sieht es weiterhin so aus, als ob sich Böll da vertan hätte (was sehr seltsam wäre).

Karl

Für mich sieht es weiterhin so aus, als ob sich Böll da vertan
hätte (was sehr seltsam wäre).

Karl

Wieso seltsam? Auch Homer soll bisweilen geschlafen haben, und bei Karl May gibt es eine Stelle, wo Old Shatterhand in der rechten Hand den Revolver hält, in der Linken ein Messer, und mit der freien Hand einen Gegner bewußtlos schlägt…

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Wieso seltsam? Auch Homer soll bisweilen geschlafen haben, und
bei Karl May gibt es eine Stelle, wo Old Shatterhand in der
rechten Hand den Revolver hält, in der Linken ein Messer, und
mit der freien Hand einen Gegner bewußtlos schlägt…

Ja witzig, dass ist dann also der Unterschied zwischen einem Karl May, der ahnungslos drauflosschrieb, und einem Vladimir Nabokov, der seine eigenen Erlebnisse mit dem Stadtplan akribisch abglich, bevor eine seiner fiktiven Personen irgendwo langspazierte! Und auch ein Böll hat nicht einfach drauflosgeschrieben, sondern dieses Werk mit einigen Vorarbeiten und Planungen vorbereitet und durchdacht (z. B. hatte er offenbar zunächst einen anderen Schluss geplant).

Außerdem: In „Die verlorene Ehre der Katharina Blum“ geht es dem Erzähler gerade darum, so sachlich, eindeutig und nachvollziehbar wie möglich die Ereignisse zu schildern und sich damit vom tendenziösen, unverantwortlichen Stil der Boulevardpresse abzusetzen. Es wäre darum eine echte Pointe, wenn Böll ebenso „Falschinformationen“ geliefert hätte wie die Bildzeitung, über die er vor Wut schäumte!

Karl

Ja witzig, dass ist dann also der Unterschied zwischen einem
Karl May, der ahnungslos drauflosschrieb, und einem Vladimir
Nabokov, der seine eigenen Erlebnisse mit dem Stadtplan
akribisch abglich, bevor eine seiner fiktiven Personen
irgendwo langspazierte! Und auch ein Böll hat nicht einfach
drauflosgeschrieben, sondern dieses Werk mit einigen
Vorarbeiten und Planungen vorbereitet und durchdacht (z. B.
hatte er offenbar zunächst einen anderen Schluss geplant).

Auch detailliert recherchierende Autoren können mal einen Schnitzer machen, davor ist auch ein Böll nicht gefeit. Und einer ansonsten sehr sorgfältigen Autorin mußte ich mal die Ohren langziehen, weil sie ihre Protagonistin im alten Rom Tomaten essen lassen wollte…

Moin,

Es wäre darum eine echte Pointe,
wenn Böll ebenso „Falschinformationen“ geliefert hätte wie die
Bildzeitung, über die er vor Wut schäumte!

je nuh, wer ist nicht fehlbar?!

Ein früherer Kollege hat ein Buch geschrieben, daß er auch sehr sorgfältig vorbereitete, aber auch ihm ist ein grober Schnitzer unterlaufen, als er eine Landmarke, die er sehr pries falsch benannte und einige Leutchen (u.a. ich :wink: an falscher Stelle danach suchten.
Als ich ihn darauf ansprach, merkte er kleinlaut an, daß es ihm durch die Lappen gegngen sei, wie auch der Lektorin, die sehr nahe an der genannte Landmarke lebt.

Gandalf

je nuh, wer ist nicht fehlbar?!

Ja, das sehe ich genauso, würde die Qualität des Buches auch nicht wirklich schmälern. Schade, dass hier niemand ist, der das Buch kennt!

Karl

Ein früherer Kollege hat ein Buch geschrieben, daß er auch
sehr sorgfältig vorbereitete, aber auch ihm ist ein grober
Schnitzer unterlaufen, als er eine Landmarke, die er sehr
pries falsch benannte und einige Leutchen (u.a. ich :wink: an
falscher Stelle danach suchten.
Als ich ihn darauf ansprach, merkte er kleinlaut an, daß es
ihm durch die Lappen gegngen sei, wie auch der Lektorin, die
sehr nahe an der genannte Landmarke lebt.

Gandalf