Fehlerfortpflanzung von Gauss

Ich hab ne Frage zu Fehlerfortpflanzung von Gauss (im Sinne einer Fortpflanzung von Unsicherheiten):

Man betrachte einen einzelnen Summanden:

Mit was genau wird das Quadrat der ersten Ableitung, in die für den jeweiligen Parameter ein empirischer Mittelwert eingesetzt wird, multipliziert? Ist es die korrigierte Stichprobenvarianz oder ist es das Quadrat des empirischen Standardfehlers?? In meinem Lehrbuch ist einmal das Symbol der empirischen Standardabweichung, und einmal das Symbol für den empirischen Standardfehler (also eine empirische Standardabweichung für den Stichprobenmittelwert) zu sehen…

(Eine kurze Antwort würde reichen; auf die Herleitung über die Taylorreihen-Theorie einzugehen wäre vergebens, da ich über keine Kenntnisse diesbezüglich verfüge.)

mfg

Hallo,

das ist egal. Du kannst auch den Größtfehler oder den Kleinstfehler einsetzen oder sonst irgendein Fehlermaß.

Das Ergebnis ist von der gleichen Art, nur eben für die Funktion.

LG
Jochen

Das versteh ich nun nicht ganz. Die beiden Ergebnisse würden sich ja eindeutig unterscheiden? Wenn ich die geschätzt Streuung der Werte, die zu diesem empirischen Mittelwert führen, anstelle der geschätzten Mittelwertstreuung einsetze, erhalte ich doch ein anderes Resultat…

Wären die Resultate einfach anderes zu interpretieren? Wenn ja, inwiefern?

[Bei dieser Antwort wurde das Vollzitat nachträglich automatisiert entfernt]

Hallo,

also, am Beispiel, von ganz, ganz vorne und Schritt für Schritt:

Du misst die Seitenlängen von Rechtecken und willst etwas über den Streuung bzw. den Fehler der Rechteckfläche aussagen.

Die Seitenlängen haben eine gewisse Standardabweichung (s). Die sagt dir was über die Varianz der Seitenlängen.

Nun kannst Du aus all den Seitenlängen viele Rechteckflächen berechnen und kannst dann zB. den Mittelwert (m) und auch die s der Rechteckflächen ausrechnen.

Manchmal ist man aber nicht interessiert, wie stark die einzelnen Flächen so streuen, sondern wie genau man den Mittelwert bestimmt hat (also wie sehr sich Mittelwerte aus gleichartigen Experimenten unterscheiden würden). Dazu kann man aus s und der Anzahl der Rechtecke (n) den Standardfehler des Mittelwertes (sm) ausrechnen (was gleich der erwarteten Standardabweichung von Mittelwerten in gleichartigen Experimenten entspricht). Während s ein Mass für die Datenstreuung ist und unabhängig von n ist, so ist sm ein Mass für die Streuung der Mittelwerte, und das ist abhängig von n.

Auch sm für den Mittelwert der Rechteckflächen kannst Du natürlich aus den vielen einzelnen Rechteckflächen berechnen.

So, nun kommt es vor, dass die Einzelwerte gar nicht vorliegen, sondern statt dessen nur Mittelwerte und ein Streumass (wobei das s als auch sm sein kann). Die mittlere Rechteckfläche läßt sich sehr leicht daraus ausrechnen: es ist einfach das Produkt der Mittelwerte. Weiterhin kann man sich fragen, welche Streuung diese Rechteckflächen denn nun haben, man kann auch fragen, welche Streuung für diese mittlere Rechteckfläche bei gleichartigen Experimentem zu erwarten ist. Im ersteren Falle bist Du an s der Rechteckflächen interessiert, im zweiteren Falle an sm. Beide Größen kannst Du mittels der Gauß’schen Fehlerfortpflanzung berechnen, indem du als Streumaße entweder die s oder die sm der Seitenlängen einsetzt.

Das ist es schon.

Am Zahlenbeispiel:

Es wurden die Seitenlängen von n = 10 Rechtecken bestimmt.
Die Seitenlängen a haben m = 10cm und s = 1cm.
Die Seitenlängen b haben m = 50cm und s = 2cm.

a) uns interessieren m und s der Rechteckflächen F = a*b

mF = ma * mb = 10*50 cm² = 500cm²
sF = Wurzel( (sa*mb)² + (sb*ma)² ) = Wurzel( (1*50)² + (2*10)² ) = Wurzel( 2500 + 400 ) = 53.9cm

Die Standardabweichung der Rechteckflächen ist also ca. 54cm.

b) uns interessieren m und sm der Rechteckflächen F = a*b

mF = wie vorher = ma * mb = 10*50 cm² = 500cm²

Um den sm der Rechteckflächen zu bekommen, müssen wir auch die sm der Seitenlängen in die Formel einsetzen. In der Aufgabe waren s gegeben und zum Glück auch n, so dass wir das ausrechnen können:

sma = sa/Wurzel(n) = 1/Wurzel(10) = 0.32cm
smb = sb/Wurzel(n) = 2/Wurzel(10) = 0.63cm

Also, Mittelwerte aus 10 Seitenlängen der Seite a zB. streuen mit einer Standardabweichung von 0.32cm.

smF = Wurzel( (sma*mb)² + (smb*ma)² ) = Wurzel( (0.32*50)² + (0.63*10)² ) = 17.2 cm.

Also, Mittelwerte aus 10 Rechteckflächen streuen mit einer Standardabweichung von 17.2cm.

Wären die Resultate einfach anderes zu interpretieren? Wenn
ja, inwiefern?

Ich hoffe, diese Frage ist damit beantwortet.

LG
Jochen

Dank dir für diese wirklich gelunge Anwtort!

Abschliessend noch drei Fragen:

i) Erhält man den selben empirischen Mittelwert für die Fläche, wenn man sie als Produkt der Mittelwerte der Seiten berechnet, wie wenn man alle aus den gemessenen Seitenlängen berechneten Flächen berechnet und anschliessend diese mittelt? Wenn ja, gilt dies generell?

ii) Darf ich sagen, dass a) die Fortpflanzung der (empirischen) Standardabweichung beschreibt, während in b) die Fortpflanzung des (empirischen) Standardfehlers beschrieben wird?

iii) Bei b) wäre es theoretisch auch möglich smF über die in a) berechnete sF und m (Anzahl aller Recktecke, die sich aus den n Messungen der Seiten bilden lassen) zu berechnen, richtig? (Indem man sF/Wurzel(m) rechnet).

mfg phychem

i) Erhält man den selben empirischen Mittelwert für die
Fläche, wenn man sie als Produkt der Mittelwerte der Seiten
berechnet, wie wenn man alle aus den gemessenen Seitenlängen
berechneten Flächen berechnet und anschliessend diese mittelt?
Wenn ja, gilt dies generell?

Nein, nicht denselben empirischen Wert aber den selben Erwartungswert. Das ist aber generell so.

ii) Darf ich sagen, dass a) die Fortpflanzung der
(empirischen) Standardabweichung beschreibt, während in b) die
Fortpflanzung des (empirischen) Standardfehlers beschrieben
wird?

Ja.

iii) Bei b) wäre es theoretisch auch möglich smF über die in
a) berechnete sF und m (Anzahl aller Recktecke, die sich aus
den n Messungen der Seiten bilden lassen) zu berechnen,
richtig? (Indem man sF/Wurzel(m) rechnet).

Auch ja.

LG
Jochen

i) Erhält man den selben empirischen Mittelwert für die
Fläche, wenn man sie als Produkt der Mittelwerte der Seiten
berechnet, wie wenn man alle aus den gemessenen Seitenlängen
berechneten Flächen berechnet und anschliessend diese mittelt?
Wenn ja, gilt dies generell?

Nein, nicht denselben empirischen Wert aber den selben
Erwartungswert. Das ist aber generell so.

Ich nehme mal an, dass die zweite Methode einen genaueren Mittelwert (also einen empirischen Mittelwert, der näher am effektiven Erwartungswert liegt) liefert. Richtig oder?

Schliesst die Fehlerfortpflanzung einer der beiden Methoden (zur Bestimmung des empirischen Mittelwertes) aus?? (Müsste man bei der zweiten Methode nicht zweimal diese beschriebene Fehlerfortpflanzung durchführen, um smF oder sF zu berechnen?)

Ich nehme mal an, dass die zweite Methode einen genaueren
Mittelwert (also einen empirischen Mittelwert, der näher am
effektiven Erwartungswert liegt) liefert. Richtig oder?

Bevor wir uns verheddern: Was meinst Du mit der ersten und der zweiten Methode? Meinst Du:

erste Methode: Bestimmung der mittleren Rechteckfläche als Mittelwert von n Rechteckflächen und

zweite Methode: Bestimmung der mittleren Rechteckfläche als Produkt der mittleren Seitenlängen aus jeweils n Werten?

?

Wenn das so ist: Ich weiß es nicht. Ich schätze, beide Methoden haben die gleiche Effizienz, bin mir aber nicht sicher und kanns auch nicht belegen.

Schliesst die Fehlerfortpflanzung einer der beiden Methoden
(zur Bestimmung des empirischen Mittelwertes) aus?? (Müsste
man bei der zweiten Methode nicht zweimal diese beschriebene
Fehlerfortpflanzung durchführen, um smF oder sF zu berechnen?)

Die Frage verstehe ich nicht.

LG
Jochen

Ich nehme mal an, dass die zweite Methode einen genaueren
Mittelwert (also einen empirischen Mittelwert, der näher am
effektiven Erwartungswert liegt) liefert. Richtig oder?

Bevor wir uns verheddern: Was meinst Du mit der ersten und der
zweiten Methode? Meinst Du:

erste Methode: Bestimmung der mittleren Rechteckfläche als
Mittelwert von n Rechteckflächen und

zweite Methode: Bestimmung der mittleren Rechteckfläche als
Produkt der mittleren Seitenlängen aus jeweils n Werten?

Genau das habe ich gemeint.

Wenn das so ist: Ich weiß es nicht. Ich schätze, beide
Methoden haben die gleiche Effizienz, bin mir aber nicht
sicher und kanns auch nicht belegen.

Schliesst die Fehlerfortpflanzung einer der beiden Methoden
(zur Bestimmung des empirischen Mittelwertes) aus?? (Müsste
man bei der zweiten Methode nicht zweimal diese beschriebene
Fehlerfortpflanzung durchführen, um smF oder sF zu berechnen?)

Die Frage verstehe ich nicht.

Die von dir beschriebe empirische Standardabweichung sF und der empirischen Standardfehler smF beziehen sich doch auf einen empirischen Mittelwert, der nach zweiten Methode bestimmt wird.
Nun Frage ich: Wenn ich den Mittelwert nach der ersten Methode berechne, wie muss ich dann sm und smF bestimmen?

mfg phychem

Nun Frage ich: Wenn ich den Mittelwert nach der ersten Methode
berechne, wie muss ich dann sm und smF bestimmen?

Aso, naja, Du hast doch n Rechteckflächen. Diese n Werte waben einen Mittelwert und eine Standardabweichung (mF und sF). Der Standardfehler des Mittelwerts ist s/Wurzel(n).

Hier hast Du nix mit Fehlerfortpflanzung, weil du keine fehlerbehafteten Größen in eine Funktion einsetzt (statt ma und mb zu haben, die in die Funktion mF=ma*mb eingesetzt werden, hast Du hier ja n Werte für F und kannst mF und sF aus diesen Werten unmittelbar berechnen).

LG
Jochen

Hallo

Vermutlich werden Sie dies gar nicht mehr lesen, ich möchte dennoch kurz noch eine Unklarheit ansprechen:

Ich zitiere:

Ich: „iii) Bei b) wäre es theoretisch auch möglich smF über die in
a) berechnete sF und m (Anzahl aller Recktecke, die sich aus
den n Messungen der Seiten bilden lassen) zu berechnen,
richtig? (Indem man sF/Wurzel(m) rechnet).“

Sie: „Auch ja.“

Dies kann eigentlich nicht stimmen!
Wie wir in späteren Beiträgen festgestellt haben, ist die Methode der Berechnung des empirischen Mittelwertes der Rechtecksfläche entscheident. Wenn ich erst die Standardabweichung, die sich auf einen empirischen Mittelwert im Sinne des Produktes aus den gemittelten Seitenlängen bezieht, berechne, dürfte ich anschliessend doch eigentlich nicht mit der Anzahl möglicher Rechtecke argumentieren. Diese dürfte ich nur dann, wenn der empirische Mittelwert als Mittel aller möglichen Rechtecksflächen bestimmt wurde.

Was meinen Sie dazu?

Hallo,

also:

Wenn man n Rechtecke hat und n Flächen (F) berechnet, kann man aus diesen n Flächen einen Mittelwert (mF) und aus die Standardabweichung berechnen (sF). Ganz simpel. Den Standardfehler des Mittelwerts (smF) bekommt man dann, indem man sF durch Wurzel(n) teilt.

Das hatte ich gemeint.

Wenn man aber „nur“ die Mittelwerte und Streuungen der Seitenlängen a und b gegeben hat (nämlich dann ma und mb sowie sa und sb) und möchte daraus irgendwie mF und sF berechnen, so kann man das über die Fehlerfortpflanzung machen. Auch so kommt man dann zu einem mF und auch einem sF. Wenn auch hier n bekannt ist, dann kann man - analog zu oben - smF berechnen.

Wenn man statt sa und sb direkt die Standardfehler der Mittelwerte von a und b gegeben hat (also sma und smb), dann ist das, was bei der Fehlerfortpflanzung rauskommt, auch smF.

Die unterschiedlichen Rechenwege führen bei endlich großen Stichproben zu unterschiedlichen Ergebnissen, aber die Erwartungswerte sind immer die selben.

LG
Jochen

Wenn man aber „nur“ die Mittelwerte und Streuungen der
Seitenlängen a und b gegeben hat (nämlich dann ma und mb sowie
sa und sb) und möchte daraus irgendwie mF und sF berechnen, so
kann man das über die Fehlerfortpflanzung machen. Auch so
kommt man dann zu einem mF und auch einem sF. Wenn auch hier n
bekannt ist, dann kann man - analog zu oben - smF berechnen.

Sind Sie sich sicher, dass man bei einem Mittelwert der Fläche, der dem Produkt der Mittelwerte der Seitenmessungen entspricht, und einer Standardabweichung, die über die Fortpflanzung von Gauss bestimmt wurde, mit der Anzahl möglicher Rechtecke argumentieren darf um zum Standardfehler zu kommen? Mir scheint dies nur dann sinnvoll, wenn auch die Standardabweichung ohne Fortpflanzung, sondern direkt über die Anzahl möglicher Flächen bestimmt wurde. Der Standardfehler smF müsste hier also auch über die Fortpflanzung bestimmt werden…

Ich sehe ja ein, dass es mehre Rechenwege gibt, aber ich finde es irgendwie falsch Standarfabweichung, Standardfehler und Mittelwert auf je einem anderen Rechenweg zu bestimmten. Schliesslich stehen sie ja in einer bestimmten Relation zueinander…