Nun ja, die Gefühle der Männer sind ja gerade deshalb verletzt, weil sie verinnerlicht haben, dass sie einen Anspruch auf - individuelle oder ganz allgemein - Frauen haben.
Es geht dabei nicht nur um den Schmerz beispielsweise durch eine Trennung, sondern vielmehr darum, dass sie Frauen nicht zugestehen, ein eigenes Leben ohne sie und eventuell sogar mit einem anderen Mann zu führen. Es wird nicht nur ein Gefühl, sondern quasi ihre „männliche Ehre“ verletzt - wobei diese „männliche Ehre“ zu einem großen Teil darauf gründet, sich Frauen im Allgemeinen und Besonderen überlegen zu fühlen. Ein Täter tötet sein Opfer also, um sein frauenfeindliches Weltbild aufrecht erhalten, denn der Mord macht ihn zu demjenigen, der über das Leben der Frau entscheidet.
Die Aufnahme des Konzepts des Femizids in die Rechtsprechung gleicht zudem die bisherige Benachteiligung von Frauen im Bereich Partnertötung aus. Bislang kamen viele Männer, die ihre (Ex)Partnerinnen töteten, mit vergleichsweise niedrigen Strafen davon, da ihnen ihre verletzten Gefühle zugutegehalten wurden und die Tat als Totschlag im Affekt verstanden wurde, ohne das zugrunde liegende Weltbild zur berücksichtigen. Andererseits wurden selbst in der Beziehung schwer misshandelte Frauen, die ihren Mann beispielsweise vergifteten, weil sie sich nicht anders zu helfen wussten, als Mörderinnen bestraft.
Nota bene: Auch wenn das Konzept des Femizids akzeptiert wird, ist nicht automatisch jede Tötung einer Frau durch einen Mann ein Femizid. Wenn das Motiv beispielsweise Habgier ist, liegt kein Femizid vor.