Hallo,
merkwürdig, ich empfinde es nahezu immer genau umgekehrt.
Zugegeben: beides sollte von gleicher Qualität sein, um miteinander verglichen zu werden. Aber gutes Theater ist einem Film m.E. nach meistens, was die Echtheit der Emotionalität angeht, überlegen.
Mir persönlich erscheinen echte Menschen in einer emotionalen Theaterszene verglichen mit einem Film weitaus glaubwürdiger und lebendiger. Bei einem Film wird massenhaft geschnitten und „weggelassen“, die Perspektive beeinflusst, Geschwindigkeit gerafft usw. Allein schon richtig gute Schauspieler auf der Bühne vollständig zu sehen, eröffnet eine andere Ebene. Ein Opfer einer Gewalttat zB sitzt „wirklich verstört“ keine 10 m vor einem. Man sieht Schweiss, Tränen, Haut, Haare, zerrissene Kleidung. Alles was man in einem Film häufig nicht in der Fülle wahrnehmen kann. Es wirkt allein schon durch den echten Menschen an sich. Solche Szenen brauchen im Theater zB auch keine Dialoge. Macht man sowas im Film, wirkt es in der Regel aufgesetzt und langweilig.
Das gleiche bei einer (guten) Liebesszene (ich meine keine Nacktszenen koppulierender Schauspieler, sondern zB das erste Verlieben o.ä. ). Auch hier sieht man die Akteure vollständig mit ihrem gesamten Körper und das häufig gleichzeitig. Sowas wirkt im Film einfach nicht bzw. anders und wird durh Schnitte und Nahaufnahmen ersetzt. Gut gemachtes Theaterschauspiel benötigt auch das alles nicht.
Könnte das von Dir beschriebene Schamgefühl genau damit zusammenhängen? Theaterschauspieler, die eine sehr emotionale Rolle spielen, verausgaben sich sehr, verinnerlichen die geforderte Emotion und wirken nun mal weitaus echter als Filmbilder. Könnte es sein, dass es derart berührt, dass man lieber gar nicht das Gefühl haben mag, dort sitzt ein echter Mensch und leidet wirklich?
Gruß vom
Schnabel