Finanzamt-Betreuung

Liebe Wissende,

kurz vor der Scheidung erleidet der Ehemann einen Unfall mit Hirnschaden. Krankenhaus, Reha, betreutes Wohnen usw. Aus der Scheidung wird nun nichts. Stattdessen übernimmt die fast Ex-Ehefrau die ehrenamtliche Betreuung.
Nun kommt Post vom FA, die ehemalige Schwiegermutter, 2019 gestorben hat keine Steuern bezahlt und nun soll der Ehemann als Erbe, eine Steuererklärung über deren gesamtes Rentnerdasein, zumindest aber die letzten 3 Jahre, nachreichen. Der kann noch nicht mal seinen Namen schreiben. Muss die Ehefrau sich darum kümmern? Oder reicht eine Info an das FA? Eine echt groteske Situation. Was denkt Ihr?
Gruß Owi.

Wahrscheinlich ja. Das hängt davon ab, worauf genau sich die angeordnete Betreuung erstreckt.

Wenn Du das mal heraussuchst und vorträgst, lässt sich mehr sagen.

Schöne Grüße

MM

Ja, stimmt. Da steht u.a.
Postangelegenheiten
Vermögenssorge
Vertretung vor Behörden, Institutionen und Sozialversicherungen.

Aber die Ausführung einer Steuererklärung für eine völlig fremde Person ohne irgendwelche Unterlagen betrachte ich als völlig unmöglich.

Sollte man das versuchen dem FA zum Verständnis zu bringen? Der Ehemann ist ja auch
zahlungsunfähig da die komplette Rente in die Heimunterbringung fliest.

Ratlose Grüße.

Das ist sie nicht.

Der Betreuer kann bei diesem Umfang der Betreuung sämtliche notwendigen Unterlagen besorgen. Man fängt mit den Kontoauszügen, zunächst für das erste noch nicht festsetzungsverjährte Jahr an und stellt fest, ob außer der Altersrente noch andere Einkünfte da waren. Dann besorgt man sich die Rentenbescheide (kommen regelmäßig um Jahresmitte bei Erhöhungen) in Zweitschrift und ggf. die übrigen nötigen Unterlagen, falls überhaupt andere Einkünfte da waren.

Jo, und dann macht man, was nötig ist.

Wichtig ist, parallel ohne weiteres Zögern mit der Beschaffung der Kontoauszüge zu beginnen und dem FA die Situation zu schildern und um stillschweigende Fristverlängerung bis zu einem realistischen Datum, z.B. 30.11.2021, zu bitten. Stillschweigende F. deswegen, weil für die Gewährung einer Fristverlängerung bestimmte Regeln einzuhalten sind, die das im gegebenen Fall schwierig machen werden - wenn man aber keinen Zettel braucht, auf dem „Fristverlängerung“ steht, wird bei vernünftigem Vortrag und vor allem auch konkreter Schilderung der einzelnen Schritte, die zeigt, dass der Betreuer sich kümmert, der Mitarbeiter auf dem FA gerne bereit sein, den Deckel noch ein bisselchen liegen zu lassen - allerdings keinesfalls über Jahresende hinaus, weil dann ein weiteres Jahr in die Festsetzungsverjährung läuft.

Last, but not least: Wo deutlich wird, dass Einkünfte da waren, aber trotz aller Mühe keine konkrete Bezifferung der Einnahmen und der Werbungskosten bzw. Ausgaben möglich ist, macht man in so einem Fall das, was ein Mitarbeiter des FA auch machen würde: Man nimmt eine gewissenhafte Schätzung der Werte vor und weist in einer Anlage bzw. einem Begleitschreiben zur ESt-Erklärung darauf hin, dass und wie welche Werte geschätzt sind.

Ich hab mal eine Überschussrechnung für eine Gaststätte gemacht, für die keinerlei Aufzeichnungen über die Einnahmen vorlagen. Es gab nur Belege über den Wareneinkauf und die Getränkekarte. Der Kneipier hat sich fast auf den Hosenboden gesetzt, als er im Einkommensteuerbescheid sah, wie genau ich ihm seinen Überschuss ermittelt hatte…

Schöne Grüße

MM

Vielen lieben Dank für die ausführliche Antwort.
Damit sind ja die weiteren Wege schon vorgezeichnet.
Mir kommt gerade der Gedanke ob man das nicht einem Steuerberater übergeben könnte?
Oder würde man jetzt dem Finanzamt die Schätzung der Steuerschuld überlassen und die könnten sich dann damit amüsieren die Schuld beim Erben einzuholen, wäre doch die Betreuerin raus aus der Nummer. Oder?

LG O

Natürlich, aber der arbeitet nicht für lau, und ohne Unterlagen kann er auch nur schätzen.

Die Erstellung der ESt-Erklärungen sicherlich, aber nicht das Beibringen der notwendigen Unterlagen. Ein Steuerberater arbeitet immer nur mit dem, was man ihm vorlegt.

Davor würde einiges an Zwangsgeldern, ggf. Verspätungszuschlägen etc. stehen. Das wird richtig teuer, und Schätzungen durch das Finanzamt werden immer zu Ungunsten des Steuerpflichtigen vorgenommen, das ist höchstrichterlich auch so abgesegnet.

Nein, weil die Vermögenssorge eben auch die Verpflichtung zur Vermögenssorge einschließt. Die Betreuerin müsste im Zweifelsfall gute Gründe dafür haben, weshalb sie durch Versäumnisse eine so empfindlichie Minderung des Vermögens des Betreuten zugelassen hat.

Die Vollstreckungsstellen an den Finanzämtern amüsieren sich da nicht groß. Sie pfänden in eigener Sache, brauchen keinen Gerichtsbeschluss und keinen Gerichtsvollzieher dazu. Ruck-zuck ist das Konto dicht.

Es ist absolut keine gute Idee, hier nicht zu kooperieren. Zusammen mit dem FA lassen sich viele Lösungen finden, freilich wird von dort ein Minimum an eigenen Bemühungen erwartet. Gegen das FA zieht man immer den Kürzeren.

Schöne Grüße

MM

Nochmals vielen Dank. Ich denke das ist für mich erschöpfend beantwortet.

Beste Grüße OD

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