Finanztransaktionssteuer

Hi,

die Regierung hat sich ja kürzlich mit der SPD auf eine Finanztransaktionssteuer geeinigt.
In den Medien war in der jüngeren Vergangenheit desöfteren davon die Rede, daß die meisten dieser Transaktionen computergesteuert so oft und so schnell stattfinden, daß die Rechner nahe der Börse stehen, weil schon die Leitungslänge Vorteile im Sekundenbruchteil bieten kann um so Milliarden mit dem Zeitvorteil zu verdienen.Den Zeitvorteil von 100 Meter Leitungslänge bei Lichgeschwindigkeit rechne ich jetzt nicht aus, für so kleine Zahlen fehlen mir die Vokabeln.

Auf Phoenix habe ich gerade Herrn Gysi gesehen, der behauptet hat, diese computergesteuerten Transaktionen wären von der Finanztransaktionssteuer ausgenommen. Stimmt das? Wenn ja, wieso? Sind nicht gerade diese Transaktionen, die nur Algorithmen folgen das Problem? Die Computer tun was ihnen ‚gesagt‘ wurde, auch wenn es noch so unvernünftig und falsch ist.

Kann es sein, daß das Problem angefasst wird und dabei das Problem ausgeklammert?

Hat Herr Gysi Unrecht oder habe ich etwas falsch verstanden, oder … ?

Gruß Rainer

Guten morgen,

Auf Phoenix habe ich gerade Herrn Gysi gesehen, der behauptet
hat, diese computergesteuerten Transaktionen wären von der
Finanztransaktionssteuer ausgenommen. Stimmt das?

eigentlich zielt die Steuer genau auf den Computerhandel ab. Wann bzw. in welcher Sendung hat Herr Gysi das denn gesagt? Vielleicht kann man die Sendung in der Mediathek noch einmal sehen.

Wenn ja,
wieso? Sind nicht gerade diese Transaktionen, die nur
Algorithmen folgen das Problem?

Ich kann eigentlich überhaupt kein Problem erkennen. Wenn es zwischen Börse A und B eine Preisdifferenz für eine Aktie oder eine Währung gibt, dann kann man an Ort A kaufen und an Ort B verkaufen und macht damit einen Gewinn. Wo genau darin ein Problem liegen soll, erschließt sich mir nicht.

Den Handel eines Wertpapiers aufgrund unterschiedliche Kurse an verschiedenen Börsenplätzen habe ich schon als Azubi vor 20 Jahren gesehen und damals fand diese Arbitrage nicht mittels Computer, sondern mit Telex und Telefax statt. Das Ergebnis war, daß sich die Kurse an Börse A und B schnell anglichen und die Bank damit ein paar Mark verdiente (von Milliarden kann dabei übrigens keine Rede sein).

Übrigens gab es bis 1991 noch eine Börsenumsatzsteuer von 0,1 bzw. 0,25%. Was es bringen soll, eine Steuer, die man absichtlich von gut 20 Jahren abgeschafft hat, wieder einzuführen, erschließt sich mir nicht.

Gruß
Christian

Guten Morgen Christian,

Auf Phoenix habe ich gerade Herrn Gysi gesehen, der behauptet
hat, diese computergesteuerten Transaktionen wären von der
Finanztransaktionssteuer ausgenommen. Stimmt das?

eigentlich zielt die Steuer genau auf den Computerhandel ab.
Wann bzw. in welcher Sendung hat Herr Gysi das denn gesagt?
Vielleicht kann man die Sendung in der Mediathek noch einmal
sehen.

Ich habe gerade ins Programm gesehen. ‚Der Tag‘.
Das muss etwa 23:45 gewesen sein. Mich hat das so überrascht, weil ich auch gedacht habe, daß die Finanztransaktionssteuer genau auf den Computerhandel abzielt. Nun sagr Gysi plötzlich, der wäre ausdrücklich davon ausgenommen. Das hat für mich keinen Sinn ergeben, deshalb habe ich gehofft, daß Du mich da aufklären kannst.

Wenn ja,
wieso? Sind nicht gerade diese Transaktionen, die nur
Algorithmen folgen das Problem?

Ich kann eigentlich überhaupt kein Problem erkennen. Wenn es
zwischen Börse A und B eine Preisdifferenz für eine Aktie oder
eine Währung gibt, dann kann man an Ort A kaufen und an Ort B
verkaufen und macht damit einen Gewinn. Wo genau darin ein
Problem liegen soll, erschließt sich mir nicht.

Da kam es doch vor einigen Wochen zu einem ‚fast-Crash‘, weil die Programme auf sinkende Preise mit ‚Verkauf‘ reagiert haben und das weitere Verkäufe ausgelöst hat, eine unkontrollierte Abwärtsspirale, die so schnell gelaufen ist, daß es beinahe zum Börsencrash gekommen wäre, ohne daß die Beteiligten das überhaupt bemerkt hätten.
Deshalb soll die Finanztransaktionssteuer den Computerhandel teuer machen um da die Geschwindigkeit zu drosseln … So habe ich das Vorhaben jedenfalls verstanden. Wenn der Computerhandel ausgenommen wird, verstehe ich nicht mehr, was mit der Steuer überhaupt bezweckt werden soll. Die Einnahmen sind am gesamten Steueraufkommen gemessen ja eher gering, um die wird es nicht gehen.

Den Handel eines Wertpapiers aufgrund unterschiedliche Kurse
an verschiedenen Börsenplätzen habe ich schon als Azubi vor 20
Jahren gesehen und damals fand diese Arbitrage nicht mittels
Computer, sondern mit Telex und Telefax statt. Das Ergebnis
war, daß sich die Kurse an Börse A und B schnell anglichen und
die Bank damit ein paar Mark verdiente (von Milliarden kann
dabei übrigens keine Rede sein).

Die Computeranlagen, die im Fernsehen gelegentlich gezeigt werden, sind nicht ganz billig. Da muss schon einiges abfallen, bis die erst mal bezahlt sind. In ganz, ganz klein habe ich Teile einer solchen Anlage hier auch, ich kenne die Preise. :smile:

Übrigens gab es bis 1991 noch eine Börsenumsatzsteuer von 0,1
bzw. 0,25%. Was es bringen soll, eine Steuer, die man
absichtlich von gut 20 Jahren abgeschafft hat, wieder
einzuführen, erschließt sich mir nicht.

Wie gesagt, so weit ich verstanden habe, soll der superschnelle Computerhandel unattraktiv gemacht werden, um zu vermeiden, daß die Computer gegen den Willen der Eigentümer extrem schnell extrem viele Fehler machen und der Wirtschaft schaden.

Gruß Rainer

Hallo Christian,

Übrigens gab es bis 1991 noch eine Börsenumsatzsteuer von 0,1
bzw. 0,25%. Was es bringen soll, eine Steuer, die man
absichtlich von gut 20 Jahren abgeschafft hat, wieder
einzuführen, erschließt sich mir nicht.

Seit den 80er Jahren breitete sich eine gewisse Sichtweise der Welt, im Volk Neoliberalismus genannt, in der Politik aus.
Eingriffe des Staates in die Wirtschaft gelten in dieser Weltsicht als böse und schädlich und müssen dementsprechend möglichst minimiert werden. Dementsprechend gab es Gesetzesänderunegen.
Vielleicht kommt die Politik, bedingt durch das jämmerliche Versagen dieser Weltsicht, wieder zum Schluß, dass manche Maßnahmen doch nützlich und sinnvoll sind.

Gruß
Carlos

Hallo,

Seit den 80er Jahren breitete sich eine gewisse Sichtweise der
Welt, im Volk Neoliberalismus genannt, in der Politik aus.
Eingriffe des Staates in die Wirtschaft gelten in dieser
Weltsicht als böse und schädlich und müssen dementsprechend
möglichst minimiert werden.

eine interessante Sichtweise, die ich mir aufgrund des ideologischen Einschlages nicht weiter kommentieren möchte.

Dementsprechend gab es
Gesetzesänderunegen.

Die Abschaffung der Börsensteuer wurde zusammen mit der Abschaffung der Wechselsteuer beschlossen. Beide Steuern brachten keinen nennenswerten Ertrag für die Staatskasse (was der Hintergrund der Abschaffung war), schafften aber einen erheblichen Verwaltungsaufwand. Der unmittelbare Nachfolger des abschaffenden Gesetzes war das Gesetz, das den Insiderhandel unter Strafe stellte und das Bundesaufsichtsamt für den Wertpapierhandel ins Leben rief. Insofern läßt sich Deine obige Generalkritik m.E. nicht begründen.

Vielleicht kommt die Politik, bedingt durch das jämmerliche
Versagen dieser Weltsicht, wieder zum Schluß, dass manche
Maßnahmen doch nützlich und sinnvoll sind.

Es gäbe andere Möglichkeiten, unheilvolle Entwicklungen zu verhindern, als ausgerechnet eine leicht umgehbare und letztlich wirkungslose Steuer einzuführen.

Gruß
C.

Hallo Rainer,

Ich habe gerade ins Programm gesehen. ‚Der Tag‘.

leider habe ich keine Möglichkeit gefunden, mir die Sendung noch einmal anzuschauen. Insofern kann ich nicht beurteilen, was Gysi wirklich gesagt hat.

Deshalb soll die Finanztransaktionssteuer den Computerhandel
teuer machen um da die Geschwindigkeit zu drosseln … So habe
ich das Vorhaben jedenfalls verstanden.

Um die Vermeidung von unkontrollierten Kursrückgängen geht es den Protagonisten m.E. nicht:
http://www.spd.de/aktuelles/finanztransaktionssteuer/

Die Computeranlagen, die im Fernsehen gelegentlich gezeigt
werden, sind nicht ganz billig. Da muss schon einiges
abfallen, bis die erst mal bezahlt sind.

Trotzdem reden wir dabei noch nicht von Milliarden. Mal abgesehen davon, daß die Rechenzentren ja nicht nur dazu dienen, Computerhandel zwecks Zockerei zu ermöglichen, sondern der Abwicklung jeglicher Börsengeschäfte dienen.

Gruß
C.

Seit den 80er Jahren breitete sich eine gewisse Sichtweise der
Welt, im Volk Neoliberalismus genannt, in der Politik aus.

Schön wärs. Statt dessen wurde munter eine soziale Wohltat nach der anderen eingeführt… Wie das finanziert wurde ist ja bekannt.

Hallo Christian,

Ich habe gerade ins Programm gesehen. ‚Der Tag‘.

leider habe ich keine Möglichkeit gefunden, mir die Sendung
noch einmal anzuschauen. Insofern kann ich nicht beurteilen,
was Gysi wirklich gesagt hat.

ich hab’s auch nicht, nicht als Video und auch nicht als Text, gefunden. Wenn ich mich nicht verhört habe, taucht das wieder au.

Deshalb soll die Finanztransaktionssteuer den Computerhandel
teuer machen um da die Geschwindigkeit zu drosseln … So habe
ich das Vorhaben jedenfalls verstanden.

Um die Vermeidung von unkontrollierten Kursrückgängen geht es
den Protagonisten m.E. nicht:
http://www.spd.de/aktuelles/finanztransaktionssteuer/

den Punkt: ‚High Frequency Trade - und niemand zieht den Stecker…?‘ hast Du gelesen? Der ganze Abschnitt dreht sich um dieses Thema. Ich habe schon den Eindruck, daß es darum geht.

Die Computeranlagen, die im Fernsehen gelegentlich gezeigt
werden, sind nicht ganz billig. Da muss schon einiges
abfallen, bis die erst mal bezahlt sind.

Trotzdem reden wir dabei noch nicht von Milliarden. Mal
abgesehen davon, daß die Rechenzentren ja nicht nur dazu
dienen, Computerhandel zwecks Zockerei zu ermöglichen, sondern
der Abwicklung jeglicher Börsengeschäfte dienen.

Wo wird mehr umgesetzt? Bei drei großen Transaktionen im Monat, die ein Trader entscheidet, oder bei 100 000 kleineren Transaktionen pro Sekunde? Was die Rechner neben dem Highspeed-Handel noch zu tun haben, bemerken die gar nicht. Dafür wäre diese Leistung nicht nötig.

Welche gewinne damit tatsächlich erzielt werden, weißt Du aber natürlich besser als ich, da werde ich mich nicht trauen, Dir zu widersprechen. Schon gar nicht ohne nähere Informationen.

Klar ist aber, daß die Betreiber dieser Rechner aus Versehen eine Weltwirtschaftkrise auslösen können. Da eine zusätzliche Schwelle einzubauen, wann der Handel Geld abwirft, finde ich schon richtig. Bei einem Gewinn von weniger als der Transaktionssteuer wird die Transaktion nicht stattfinden. Es werden sehr viel weniger Transaktionen, die Geschwindigkeit nimmt ab. Fehler können früher bemerkt werden.

Die Steuer in einer Zeit abzuschaffen, als Rechner zu solche Leistungen noch nocht fähig waren, kann richtig gewesen sein. Genau so richtig ist es aber jetzt, sie wieder einzuführen. Die Technik hat sich weiterentwickelt. Und die Rechner werden immer noch schneller, nie wieder langsamer.

Gruß Rainer

Guten morgen,

Um die Vermeidung von unkontrollierten Kursrückgängen geht es
den Protagonisten m.E. nicht:
http://www.spd.de/aktuelles/finanztransaktionssteuer/

den Punkt: ‚High Frequency Trade - und niemand zieht den
Stecker…?‘ hast Du gelesen? Der ganze Abschnitt dreht sich um
dieses Thema. Ich habe schon den Eindruck, daß es darum geht.

ich habe den Eindruck, daß hinter der Auflistung eine diffuse Angst vor automatischem Handel geht, ohne daß die Abneigung konkretisiert oder begründet wird.

Trotzdem reden wir dabei noch nicht von Milliarden. Mal
abgesehen davon, daß die Rechenzentren ja nicht nur dazu
dienen, Computerhandel zwecks Zockerei zu ermöglichen, sondern
der Abwicklung jeglicher Börsengeschäfte dienen.

Wo wird mehr umgesetzt? Bei drei großen Transaktionen im
Monat, die ein Trader entscheidet, oder bei 100 000 kleineren
Transaktionen pro Sekunde?

Da es weder drei große manuelle Transaktionen pro Monat noch 100.000 automatische pro Sekunde gibt, läßt sich die Frage nicht beantworten.

Klar ist aber, daß die Betreiber dieser Rechner aus Versehen
eine Weltwirtschaftkrise auslösen können.

Das ist eine dieser diffusen Ängste, die zur Begründung dieser Steuer unter das Volk gebracht werden. Tatsächlich hat jeder größere Börsenbetreiber Schwankungsbreiten definiert, bei deren Überschreiten der Handel automatisch unterbrochen wird. Eine Weltwirtschaftskrise wird insofern durch automatischen Handel sicherlich nicht ausgelöst.

Schwelle einzubauen, wann der Handel Geld abwirft, finde ich
schon richtig. Bei einem Gewinn von weniger als der
Transaktionssteuer wird die Transaktion nicht stattfinden. Es
werden sehr viel weniger Transaktionen, die Geschwindigkeit
nimmt ab. Fehler können früher bemerkt werden.

Handel ist auch jetzt schon nicht kostenlos. Ohne die Gebührenmodelle für „Großkunden“ gerade vorliegen zu haben, dürften 0,1% den Kohl auch nicht fett machen.

Versteh mich nicht falsch: mir ist es völlig gleichgültig, ob die Steuer eingeführt wird oder nicht. Mich regt es nur auf, daß die Menschen schon wieder mit einer völlig nutzlosen Maßnahme beruhigt und letztlich verarscht werden sollen, nachdem ihnen vorher die dazu passenden Ängste eingeimpft wurden.

Vom Computerhandel geht keine Gefahr aus und mit der Steuer wird diese nicht existente Gefahr (logischerweise) auch nicht aus der Welt geschafft.

Gruß
C.

Guten Morgen Christian,

Versteh mich nicht falsch: mir ist es völlig gleichgültig, ob
die Steuer eingeführt wird oder nicht. Mich regt es nur auf,
daß die Menschen schon wieder mit einer völlig nutzlosen
Maßnahme beruhigt und letztlich verarscht werden sollen,
nachdem ihnen vorher die dazu passenden Ängste eingeimpft
wurden.

nur um Missverständnisse zu vermeiden, ich habe nur die Argumente der Befürworter der Finanztransaktionssteuer so wiederholt, wie ich sie verstanden habe. Mir ist die Geschichte auch relativ egal, weil ich nicht glaube, daß die Wirkung, so es eine gibt, lang anhält. Wen ein Loch gestopft wird, wird an einer anderen Stelle eins gefunden oder auf gemacht.

Gruß Rainer

Hallo Christian,

Es gäbe andere Möglichkeiten, unheilvolle Entwicklungen zu
verhindern, als ausgerechnet eine leicht umgehbare und
letztlich wirkungslose Steuer einzuführen.

Welche wären das?

Ich habe keine Ahnung von Finanzwissenschaften. Ich höre die Nachrichten und lese Beiträge und bilde mir völlig unfundierte höchstwahrscheinlich falsche Laienmeinung.
Ich würde mich ja gerne der gut erklärten Meinung von Experten anschließen, z.B. deiner, :wink:
nur habe ich ein gewisses Grundmißtrauen, und damit stehe ich in der Bevölkerung nicht alleine dar.

Gruß
Carlos

Hallo Christian,

Trotzdem reden wir dabei noch nicht von Milliarden. Mal
abgesehen davon, daß die Rechenzentren ja nicht nur dazu
dienen, Computerhandel zwecks Zockerei zu ermöglichen, sondern
der Abwicklung jeglicher Börsengeschäfte dienen.

gerade habe ich mir in der ZDF-Mediathek ‚Pelzig hält sich‘ vom 3.7.12 angesehen. Zu Gast Prof. Lesch. Zu Anfang reden die beiden genau über dieses Thema.

Erzählt Lesch da Blödsinn? Der erzählt irgendwie das Gegenteil von dem was Du schreibst.

Gruß Rainer

Guten morgen,

Erzählt Lesch da Blödsinn? Der erzählt irgendwie das Gegenteil
von dem was Du schreibst.

was genau meinst Du? Er spricht über ein neues Unterseekabel, das einen schnelleren Handel ermöglicht (wird stimmen), daß ein großer Hedgefonds (welcher?) deswegen 100 Mio. Euro oder Dollar im Jahr mehr verdient (was ich für ausgemachten Unsinn halte), daß der Privatanleger keine große Rolle spielt (was stimmt) und daß eine Transaktionssteuer nichts bringt (was ich auch so schrieb).

Gruß
C.

Hallo Christian,

was genau meinst Du? Er spricht über ein neues Unterseekabel,
das einen schnelleren Handel ermöglicht (wird stimmen), daß
ein großer Hedgefonds (welcher?) deswegen 100 Mio. Euro oder
Dollar im Jahr mehr verdient (was ich für ausgemachten Unsinn
halte), daß der Privatanleger keine große Rolle spielt (was
stimmt) und daß eine Transaktionssteuer nichts bringt (was ich
auch so schrieb).

an die 100 Millionen erinnere ich mich auch, aber pro Jahr? Ich habe verstanden, er spricht von Microsekunden. Über den Gewinn pro Jahr spricht er später, da redet er aber von Billionen.

Habe ich mich so verhört? Ich sehe es mir heute Abend noch einmal an. Das bleibt ja für ein paar Tage stehen.

Gruß Rainer

Hallo,

Es gäbe andere Möglichkeiten, unheilvolle Entwicklungen zu
verhindern, als ausgerechnet eine leicht umgehbare und
letztlich wirkungslose Steuer einzuführen.

Welche wären das?

das kommt darauf an, welche Zustände man abstellen möchte. Wenn man den Kreditinstituten den Eigenhandel verbietet (wofür ich schon seit längerem bin), nimmt man damit die Markteilnehmer vom Markt, die auf diesen mit praktisch kostenloser und unbegrenzt verfügbarer Liquidität einen zumindest nennenswerten Einfluß ausüben.

Das Problem des schnellen Handels ist im Grunde kein Problem, auch wenn es in Diskussionen immer wieder so geschildert wird. Zu Unterscheiden sind dabei die reine Arbitrage und die kurzfristige Spekulation (Schlagwort Hedgefonds).

Zur Arbitrage: dabei handelt es sich um Kursdiffernzen, die zwischen den verschiedenen Börsenplätzen bei einem Wertpapier (oder Währung, Derivat usw.) bestehen. Erkennt man eine solche Differenz, kauft man das Wertpapier an Börse A und verkauft es an Börse B. Dadurch steigt der Kurs an Börse A und er fällt an Börse B. Die Kursdifferenz wird damit (teilweise) ausgeglichen. Ein Nachteil ist damit nicht verbunden, sondern nur ein Vorteil: ein (privater) Käufer zahlt an Börse B nicht mehr zu viel und ein Verkäufer bekommt an Börse A nicht zu wenig.

Das gleiche gilt für die Spekulation: ein Großanleger kommt zu der begründeten Einschätzung, daß die Risiken für deutsche Staatsanleihen von den Märkten nicht richtig, sondern zu niedrig eingeschätzt werden. Das führt dazu, daß deutsche Staatsanleihen zu teuer sind und die Absicherung deutsche Staatsanleihen zu billig. Wenn nun dagegen spekuliert wird, werden diese falschen Bewertungen früher ausgeglichen, d.h. Anleihen und Derivate gehen zum richtigen Preis über den Tisch.

Bleibt der Fall, daß der Spekulant falsch liegt. Dann wird der Spekulant im Regelfall viel Geld verlieren, weil praktisch kein Anleger groß genug ist, um gegen einen funktionierenden Markt anzuspekulieren. Bei engen Märkten kann es passieren, daß ein einzelner Spekulant eine Kursbewegung auslöst aber die löst er auch aus, wenn er sich von der Position wieder trennen will und wenn bis dahin die erwartete Entwicklung nicht eingetreten ist, wird er am Ende auch in diesem Fall Geld verlieren.

Und noch eines wird in der öffentlichen Debatte oft übersehen: es besteht objektiv kein Unterschied darin, ob jemand eine Aktie kauft und diese in zwei Minuten, zwei Tagen oder zwei Jahren wieder verkauft und aus welchen Motiven heraus er dies tut. Und vor allem: bis zum Zeitpunkt des Verkaufes merkt der Markt auch nicht, ob jemand die Aktie im Bestand hat, weil er langfrister Anleger ist oder ob er kurzfristig spekuliert.

Die öffentliche Meinung stützt sich also insgesamt im wesentlichen auf Gefühle: Neid und Angst. Neid, daß da jemand den schnellen Euro macht, und Angst, daß da irgendetwas passiert, das man nicht richtig versteht und irgendeinen diffusen Schaden anrichtet.

Gruß
C.

P.S.
Natürlich gibt es auch schädliche Spekulation. Nur ist die in den meisten Fällen sowieso schon verboten (Schlagwort: Marktmanipulation).

Hallo nochmal,

an die 100 Millionen erinnere ich mich auch, aber pro Jahr?
Ich habe verstanden, er spricht von Microsekunden.

ich habe es mir gerade noch einmal angehört: er sagt, daß jede Millisekunde für einen großen Hedgefonds 100 Mio. (schon wieder nicht aufgepaßt, welche Währung) mehr Gewinn bedeutet. Eine haarsträubende Behauptung.

Gruß
C.

Hallo Christian,

ich habe es mir gerade noch einmal angehört: er sagt, daß jede
Millisekunde für einen großen Hedgefonds 100 Mio. (schon
wieder nicht aufgepaßt, welche Währung) mehr Gewinn bedeutet.
Eine haarsträubende Behauptung.

eine Währung wird er nicht genannt haben. Bei so schwammigen Angaben ist es auch nicht wichtig, ob es um Dollar oder Euro geht.

Aber ja, das war der Punkt, weshalb ich gefragt habe, ob er da Unfug redet. Ähnliche Aussagen habe ich auch an anderer Stelle schon gehört. Lesch ist da nicht allein. Deshalb hette ich so ungläubig gefragt, als Du bei den Beträgen gegenüber der Rede sonst in den Medien, ein paar Nullen entfernt hast. Auch Politiker aller Parteien sehen das Problem in der Größenordnung wie Lesch. Du bist der einzige Banker, von dem ich in diesem Zusammenhang Zahlen/ Größenordnungen gehört habe. Über 100 Millionen pro Jahr würde sich wohl Niemand so aufregen. Die allgemeine Aufregung dreht sich um mehrere Millionen pro Tag. Wenn die alle auf dem Holzweg sind frage ich mich, wer die so falsch informiert hat und warum.

Gruß Rainer

Korrektur
Hallo Christian,

Über 100 Millionen pro Jahr …

100 000 wollte ich schreiben.

Wir nähern uns dem Kern, um den es in der Diskussion um die Finanztransaktionssteuer und dem damit verbundenen Aktionismus geht.

Wenn SPD und die Grünen von der Notwendigkeit reden, die automatisierten Transaktionen zu bremsen, meinen die auch solche Zahlen wie Lesch. Manchmal werden sie auch genannt. Für Dich wird das so absurd sein, daß Dir das bisher noch nicht aufgefallen ist.

Gruß Rainer

Guten mittag,

ich denke, da läuft in der öffentlichen und politischen Diskussion viel durcheinander: Umsatz, Gewinn, Gesamtvolumen.

Fangen wir mit dem an, was die meisten beschäftigt: Gewinn. Der ist überhaupt nicht greifbar, weil er nicht veröffentlicht wird. Weder der Gewinn pro Geschäft, noch Gewinn pro Jahr (bezogen auf den Eigenhandel). Ich bezweifle, daß es Einzelgeschäfte gibt, bei denen am Ende mehr hängenbleibt als ein fünfstelliger Betrag. Höhere Gewinne lassen sich mit komplizierteren Transaktionen erzielen aber die zerfallen dann in diverse Einzelgeschäfte. Zudem sollte man nicht vergessen, daß es weltweit hunderte von Leuten und Systemen gibt, die alle nach den gleichen Gelegenheiten suchen und somit jede kleine Chance ausgenutzt wird, bevor sie zu einer großen wird.

Einzelne Geschäfte können vom Umsatz her sicherlich mal einen zweistelligen Betrag erreichen und das Gesamtvolumen pro Jahr liegt sicherlich im Billionenbereich. Allerdings muß man sich dann wieder anschauen, worüber man redet. Aktien, Anleihen, Derivate - menschlicher Handel, halbautomatischer Handel oder reiner Computerhandel. Ehrlich gesagt weiß ich auch gar nicht, woher man die Informationen bekommen sollte. Die Börse, über die man das Geschäft laufen läßt, wird den Unterschied nicht merken und die einzelnen Marktteilnehmer rücken die Informationen ganz sicher auch nicht heraus.

Mir kommt es ein bißchen so vor, als würde jeder auf die zuletzt genannten Zahlen noch einen Schnaps drauflegen, um sich wichtiger und die Situation bedrohlicher zu machen.

Gruß
C.

Hi Christian,

ich denke, da läuft in der öffentlichen und politischen
Diskussion viel durcheinander: Umsatz, Gewinn, Gesamtvolumen.

daß der Umsatz beim vollautomatischen Handel gigantisch ist, kann ich mir bei den Geschwindigkeiten leicht vorstellen. Wenn dabei keine weiteren Kosten anfallen lohnt sich das auch bei sehr kleinen Gewinnen.

Was da durch die Medien geistert sind aber durchaus gigantische Gewinne. Du könntest Recht haben, daß da gelegentlich Jemand von Umsätzen gesprochen hat und Jemand anderes hat Gewinn weitererzählt.

Aber das muss doch in der Politik auffallen! Wenn über die Einführung einer Finanztransaktionssteuer wegen solcher Gewinne diskutiert wird, muss sich doch Jemand wehren und denen verraten daß das Umsätze, nicht Gewinne sind? …

Ich habe den Faden gerade mal weitergesponnen und den Text wieder gelöscht, als ich gesehen habe, daß ich da eine Verschwörungstheorie zusammenschreibe. :smile:

Gruß Rainer